Protokoll der Sitzung vom 12.03.2014

Die von mir genannten Punkte sind also kein sozialpolitisches Gejammer der LINKEN oder Besitzstandswahrung von Sozialpädagogen, sondern der Landkreistag hat dieses Papier vorgelegt, und die Landkreise sind am Ende ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit. Ich werde in der zweiten Runde noch auf einige Punkte eingehen, insbesondere auf die Antworten der Kultus- und der Sozialministerin.

(Beifall bei den LINKEN)

Vielen Dank, Frau Klepsch. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr

Abg. Schreiber. Bitte, Herr Schreiber, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Na ja, Frau Klepsch, sagen wir es mal so: Es hilft Ihnen wahrscheinlich, dass sich der sächsische Landesjugendhilfeausschuss in der vergangenen Woche mit dem Positionspapier beschäftigt hat. Dadurch ist natürlich eine gewisse Aktualität zu dem Thema gegeben. Allerdings – das haben Sie selbst gesagt – gibt es das Positionspapier mittlerweile, zumindest in ersten Entwürfen, seit November 2013.

(Zuruf der Abg. Annekatrin Klepsch, DIE LINKE)

Wenn man sich aber – ich habe Ihnen gerade zugestanden, dass aufgrund der Behandlung am letzten Donnerstag im Landesjugendhilfeausschuss das ganze Thema sogar noch einen Hauch von Aktualität hat – die darin beschriebenen Punkte anschaut, stellt man fest, dass es zum Großteil berechtigte Forderungen sind, jedoch keine Forderungen, bezüglich derer ich sage: Es hat sich etwas Grundsätzliches in der Welt geändert. – Grundsätzlich in der Welt geändert hat sich eben auch nicht, dass es eine klare Aufgabentrennung zwischen Kommunen und dem Freistaat Sachsen gibt, wer für welche finanziellen Aufwendungen verantwortlich ist.

Auch wenn mir das persönlich nicht gefällt: Momentan ist es bundeseinheitlich so geregelt, dass die Kommunen für die Hilfen zur Erziehung zuallererst zuständig sind. Wenn man an dieser Stelle – wo wir ja völlig beieinander sind – eine Novellierung möchte, weil den Kommunen trotz sinkender Kinderzahlen die Kosten aus dem Ruder laufen und die Probleme vielfältiger werden, dann muss man eine Gesamtstrukturdiskussion führen – das habe ich auch letzten Donnerstag gesagt, vielleicht können Sie sich daran erinnern –, ähnlich wie eine Föderalismusstrukturdiskussion. Da kann man aber nicht sagen: „Der Freistaat muss jetzt dort einspringen, wo es den Kommunen zu teuer wird“, sondern da muss man sich gemeinsam mit

der Bundesebene darüber unterhalten, wie der Bereich notwendige Hilfen zur Erziehung künftig ausgestaltet werden soll.

(Beifall bei der CDU)

Unsere Ministerin hat nicht nur bei diesem Thema, sondern auch bei vielen anderen Themen immer wieder deutlich gemacht, dass sie sich – egal, unter welcher Bundesministerin – dafür einsetzt, dass der Bund auch sieht, was vor Ort, in den Kommunen, in den Ländern auf gut Deutsch abgeht, und dass sie immer wieder dazu aufgefordert hat, dass sich der Bund an bestimmten Kosten beteiligt.

Zur Jugendpauschale nur so viel, Frau Klepsch: Man kann das vierte Jahr in Folge sagen – wir machen es auch mehrmals im Jahr –: Wir haben vor vier Jahren die Jugendpauschale gekürzt. Die ganze Welt ist zusammengebrochen.

(Lachen des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Ja, ja, Herr Gebhardt, die ganze Welt ist zusammengebrochen, ganz sicher. – Aber dann seien Sie doch wenigstens so ehrlich und sagen Sie dazu, dass die Jugendpauschale in dem Sinne heute, im Jahr 2014, gar keine Pauschale in Höhe von 10,40 Euro pro Kind und Jugendlichem mehr ist, sondern dass man zum Beispiel in Görlitz oder Nordsachsen mittlerweile pro Kind und Jugendlichen mehr Geld bekommt als beispielsweise in Dresden, wo es tatsächlich die 10,40 Euro sind.

Woran liegt das? – Weil wir gemeinsam den Mut hatten, etwas daran zu ändern, die Jugendpauschale nämlich einzufrieren. Die Summe ist nicht abgesunken, obwohl es weniger Kinder und Jugendliche im Jahr 2013/14 gibt. Es sind die gleichen Gelder wie 2011 und 2012. Wir haben gesagt, dass wir das flexibilisieren – weil es sinnlos ist, nach Nordsachsen irgendwann nur „noch 3,50 Euro“ auszureichen. Das müssen Sie dann auch dazusagen. Ich frage mich, ob bei der Landtagswahl der Break ist, wo Sie kurz wieder den neuen Schubkasten aufmachen und alles, was in der Legislatur passiert, einsortieren. Irgendwann ist man es leid, über Dinge von vor vier Jahren zu diskutieren.

(Beifall bei der CDU)

Eines möchte ich jetzt nicht tun – das sage ich von vornherein –: Ich möchte jetzt nicht über das Thema Schulsozialarbeit reden, denn wir haben heute noch einen Tagesordnungspunkt dazu. Da können wir sehr ausführlich darüber reden. Ich weiß nicht, ob wir dann wieder das Vergnügen miteinander haben, Frau Klepsch.

Um noch einmal auf die Diskussion zur Kita zurückzukommen, die ich auch sehr gut verstehe – wobei man sich einmal einig werden muss, ob man auf der einen Seite die Kommunen entlasten will, dagegen habe ich grundsätzlich nichts, oder aber auf der anderen Seite zwei Tagesordnungspunkte bzw. zwei Debatten später wieder über Qualität und Vor- und Nachbereitungszeiten, Schlüssel

absenken usw. sprechen will –: Sie wissen ganz genau, was die Dinge an Geld kosten.

Ich habe mir für die Debatte zusammengesucht, was wir für Kinder und Jugendliche ausgeben. Wenn man sich die Zahlen anschaut, stellt man fest, dass das schon enorm ist. Nicht nur im Sozialhaushalt, sondern auch im Kultushaushalt – alles, was mit Kita zu tun hat – stehen mittlerweile knapp 450 Millionen Euro, die allein für den Bereich Kita, Kinder und Jugendliche zur Verfügung gestellt werden. Das heißt: Man muss wahrscheinlich irgendwann sagen – denn alles auf einmal kann man nicht haben –, was die Präferenz ist. Das vermisse ich bei Ihnen.

Bitte zum Schluss kommen.

Das tun Sie bis zum heutigen Tag nicht. Sie wollen alles und immer sofort. Aber auch in dieser Debatte haben Sie nicht an einer Stelle gesagt, wie Sie das alles finanzieren wollen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das war Herr Schreiber für die CDU-Fraktion. Jetzt ist die SPD-Fraktion an der Reihe. Herr Abg. Homann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kinder- und Jugendhilfe bedarf einer besseren finanziellen Unterstützung. Denn wer selbst kaum laufen kann, von dem kann man wohl kaum erwarten, dass er andere unterstützt.

Wir wissen: Ausgaben bei den örtlichen Trägern sind in den letzten Jahren – auf 220 Millionen Euro im Jahr 2012 – massiv angestiegen. Das entspricht gegenüber dem Jahr 2011 einer Steigerung von über 8 %. Eine vergleichbare Steigerung konnten wir auch im Zeitraum 2010/2011 beobachten.

Diese Mehrkosten resultieren leider nicht aus einer Stärkung der Kinder- und Jugendarbeit in Sachsen. Trotz des ausdrücklichen Rats von Kirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden, Wissenschaft, Kinder- Jugend- und Kulturverbänden zieht die schwarz-gelbe Koalition ihre Kürzungspolitik in der Jugendhilfe durch. Da reicht auch nicht der Hinweis, dass man das seit vier Jahren erzählt. Ausgerechnet Sie, Herr Schreiber, sind dafür bekannt. Sie zum Beispiel werfen meiner Kollegin Stange Dinge vor, die in einer anderen Legislaturperiode stattgefunden haben, über fünf, sechs, sieben, acht Jahre her sind. Deshalb sollten Sie etwas vorsichtig sein.

(Patrick Schreiber, CDU: Ursache und Wirkung, Herr Homann!)

Diese Kürzungspolitik ist ein roter Faden, der sich durch diese Legislaturperiode und Ihre Regierungszeit – auch in Ihrer Verantwortung als kinder- und jugendpolitischer Sprecher – zieht.

(Patrick Schreiber, CDU: Ursache und Wirkung, Herr Homann!)

In Summe wurden die Mittel für die Förderrichtlinie Jugendpauschale und die Förderrichtlinie Weiterentwicklung von 2010 auf 2011 um insgesamt 4,2 Millionen Euro gekürzt. Die Folge sind weiße Flecken, prekäre Arbeitsverhältnisse und – was ich immer wieder schlimm finde – : Ich erlebe Jugendeinrichtungen, in denen sich ein Bürgerarbeiter und kein Sozialpädagoge mehr um die Jugendlichen kümmert.

Dass die Opposition das kritisiert, ist so weit nichts Neues. Nun liegt aber ein kinder- und jugendpolitisches Papier des Sächsischen Landkreistages vor, und ich gebe meiner Kollegin Klepsch recht: Allein dieses Papier rechtfertigt die Aktuelle Debatte, denn es hat es in sich. Ich möchte nur einen Absatz zitieren. Dort heißt es:

„Um die Aufgaben der Jugendhilfe wirkungsvoll erfüllen zu können, bedarf es einer funktionierenden, belastbaren, auskömmlichen Finanzierungsstruktur, die auf breiten Schultern verteilt ist.“

Jetzt kommt es:

„Dies ist nach Auffassung der sächsischen Landkreise jedoch nicht mehr gegeben.“

Das nenne ich eine klare Ansage aus den Landkreisen in Ihre Richtung. Sie finanzieren nicht auskömmlich.

Spätestens beim Thema Hilfen zur Erziehung kommen Sie auch nicht mehr aus der Verantwortung. Wir stellen also fest – und zwar in Übereinstimmung mit dem Landkreistag –, dass die Kostensteigerungen im Bereich der Hilfen zur Erziehung enorm sind, und zwar Jahr für Jahr. Man kann sich auch nicht jedes Jahr darauf hinausreden: Ja, wir haben das Thema im Blick, und wir wollen da gern etwas machen. – Das konnten Sie vor drei Jahren sagen, aber doch nicht mehr in diesem Jahr.

(Zuruf des Abg. Patrick Schreiber, CDU)

Und was erleben wir dann? Wir erleben in der Regel eine Verantwortungsverschiebung. Bei den offenen Angeboten sagen Sie immer, dafür sei die Kommune zuständig, und bei den Hilfen zur Erziehung sagen Sie jetzt immer, in der Regel sei der Bund zuständig. Aber spätestens bei den Hilfen zur Erziehung kommen auch Sie nicht aus der Verantwortung, denn § 85 Abs. 2 des SGB VIII sagt: „Der überörtliche Träger“ – und das ist mit Einschränkungen auch das Land, Frau Staatsministerin – „ist zuständig für die Sicherstellung eines bedarfsgerechten Angebotes an Hilfen zur Erziehung, Eingliederungshilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und Hilfen für junge Volljährige.“

Hier ist Ihre Verantwortung, und da lassen Sie die Landkreise und in letzter Konsequenz die betroffenen Kinder und Jugendlichen im Stich. Dort besteht bei Ihnen Handlungsbedarf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir machen seit Jahren Vorwürfe.

(Beifall des Abg. Patrick Schreiber, CDU)

Ja, es ist richtig, wir machen Vorwürfe, aber berechtigte! Seit Jahren legen wir den Finger in die Wunde. Natürlich machen wir Vorschläge, wie man es besser machen kann. Die Kinder- und Jugendhilfelandschaft in Sachsen ist an sich von den vorhandenen Kompetenzen her fit. Wenn man sie ernst nehmen und sich mit ihnen an einen Tisch setzen würde, würde man feststellen, dass es viele Möglichkeiten gibt, um mit ihnen gemeinsam sinnvolle Konzepte zu entwickeln.

Wir erleben zum Beispiel in der Schulsozialarbeit, dass Konzepte auf dem Tisch liegen. Was passiert? Nichts! Wir erleben es im Bereich der mobilen Jugendarbeit, wo wir gerade im ländlichen Raum stärker einsteigen könnten, stärker einsteigen müssten. Aber Sie tun am Ende nichts. In diesem Sinne sind – das muss man leider feststellen – für die Kinder- und Jugendhilfe die Jahre dieser Legislaturperiode verlorene Jahre. Das ist bedauerlich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nun spricht für die FDP-Fraktion Frau

Abg. Schütz. Bitte sehr, Frau Schütz, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Homann, ich darf Ihnen da ganz klar widersprechen. Die letzten vier Jahre sind in der Kinder- und Jugendarbeit nicht verlorene Jahre. Ich kann das aus persönlicher Einschätzung sagen. Mein Sohn ist im vergangenen Jahr in die Schule gekommen. Wir meistern gerade die Schuleingangsphase – und das mit viel Erfolg.