Protokoll der Sitzung vom 13.03.2014

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja!)

Wir haben also ein Loch von 44 Millionen Euro, und Sie geben 26 Millionen Euro hinzu und reden noch davon, dass wir angeblich sogar noch mehr ausgeben würden. Das will nicht in meinen Kopf hinein. Das verstehe ich intellektuell nicht, aber vielleicht bin ich auch zu dumm dazu; keine Ahnung. Wenn ich 44 Millionen Euro weniger habe und nur 26 Millionen Euro zusätzlich bekomme, dann scheint mir dort eine Lücke zu sein.

Wenn ich dann noch in die mittelfristige Finanzplanung schaue und mir ansehe, dass Sie sogar vorhaben, aus den 57 Millionen Euro Landesmitteln nach dem nächsten Doppelhaushalt, im Jahr 2017, sogar nur 47 Millionen zu machen, dann kann nicht die Rede davon sein, dass Sie den Krankenhäusern die Investitionsgarantie und Investitionssicherheit in der Zukunft geben wollen, meine Damen und Herren von der Koalition. Oder Sie müssten es mir einmal erklären. Ich komme da logisch einfach nicht mit.

Dazu kommt erschwerend, dass die Krankenhäuser gesagt haben: Wir haben eigentlich einen Investitionsbedarf, mit Gutachten unterlegt, von jährlich 240 Millionen und einen Investitionsstau von 300 Millionen Euro, und sogar Ihr eigenes Sozialministerium, das für die Krankenhäuser zuständig ist, spricht davon, dass ein Investitionsbedarf von 140 Millionen Euro jährlich notwendig wäre, um die regulären Investitionen abzufinanzieren. Also, wenn Sie mit diesem Zukunftssicherungsfonds – der einen tollen Namen hat, das gebe ich zu; da haben sich ein paar Leute etwas einfallen lassen – aber wirklich Probleme bewältigen wollen, müssten Sie erstens mehr Geld hineinlegen und zweitens aber auch jährlich mehr daraus verausgaben. Beides ist nicht der Fall.

Insofern sehe ich dieses Vorhaben insgesamt positiv. Das kann man alles machen. Wir haben es in der Anhörung auch hoch- und runterdiskutiert, ob das alles möglich ist. Aber davon zu sprechen, dass das ein langfristiges Zukunftssicherungsprogramm für den Freistaat Sachsen sei,

ist einfach Etikettenschwindel. Das sieht man allein daran: Schulhausbau: 100 Millionen Euro, zwei Chargen à 50 Millionen, dann ist das Geld alle. Das heißt, beim nächsten Doppelhaushalt ist das Thema dann schon erledigt, außer, Sie füllen auf.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Das sind zusätzliche Mittel!)

Das habe ich von Ihnen bisher noch nicht gehört. Wenn sich der Staatsminister an dieses Pult stellt und sagt, zu dem, was wir bisher in die Krankenhausinvestitionen hineingegeben haben, kommen die 26 Millionen Euro obendrauf, dann glaube ich es, erst in dem Moment. Bisher ist davon noch nicht die Rede, Herr Patt.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Digitale Offensive: 60 Millionen sind drin, 3 mal 20 sind möglich. Da kommen wir sogar mal über den Doppelhaushalt hinaus, aber nur ein Jahr. Krankenhäuser: 52 Millionen, 2 mal 26 Millionen. Auf dieses Problem habe ich eben bereits hingewiesen.

Wir begleiten das also positiv und enthalten uns der Stimme; aber erzählen Sie uns bitte nicht, dass Sie mit diesem Gesetzentwurf langfristige Vorsorge für den Freistaat Sachsen erzielen würden.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN)

Herr Michel, was wünschen Sie?

Herr Präsident, mein Begehr ist, kurzzuintervenieren.

Dann tun Sie das, bitte.

Danke, Herr Präsident! – Ich möchte einige Dinge klarstellen, die man so nicht im Raum stehen lassen kann. Der Unterschied zwischen einem Zukunftssicherungsfonds und einer allgemeinen Haushaltsrücklage ist die zielgenaue Bindung. Wir haben durch die Themenfestlegung schon den Adressaten – zum Beispiel beim Schulhausbau damals den Kommunen – erst einmal eine Größenordnung in Aussicht gestellt und Planungssicherheit hergestellt. Wir signalisieren hier a) der Krankenhausgesellschaft und b) den kommunalen Krankenhausbetreibern, dass wir das Thema sehen und freie Mittel zur Verfügung stellen, so wie sie verfügbar sind.

Wir sind ein Nehmerland; das ist so. Was ich ebenfalls nicht im Raum stehen lassen will, ist – nicht, dass hier gesagt wird: Rücklagen, Rücklagen, Rücklagen – ein ProKopf-Vergleich der Haushaltsrücklagen mit anderen Ländern: Mecklenburg-Vorpommern: 313 Euro pro Kopf, Brandenburg: 262 Euro pro Kopf, Sachsen: 241 Euro pro Kopf. So überbordend kann es eigentlich gar nicht sein. Aus diesem Grund möchte ich das hier kurz richtigstellen. – Danke.

(Beifall bei der CDU)

Das war die Kurzintervention von Herrn Michel. – Herr Scheel, Sie möchten erwidern?

Herzlichen Dank. – Mein Petitum ging in eine Richtung, die Sie meines Erachtens schon nachvollziehen können. Wir befinden uns im Vorfeld einer Haushaltsaufstellung für das Haushaltsjahr 2015/2016. Dass man dabei gern mal symbolische Akte macht und hineinschreibt, wir würden gerne auf jeden Fall diese drei Bestandteile – Investitionsvorhaben – gesichert haben, kann ich nachvollziehen. Das ist alles gut und schön. Aber Sie haben sich dort hingestellt und davon gesprochen, es sei die langfristige Sicherstellung der Krankenhausfinanzierung, und das können wir Ihnen einfach nicht durchgehen lassen; denn Sie haben ja noch nicht einmal für die nächsten zwei Jahre die Antwort für die Sicherstellung der Krankenhausfinanzierung, geschweige denn, dass Sie von Langfrist reden können.

Entschuldigung, aber die Mittelfristige Finanzplanung heißt aus einem Grund Mittelfristige Finanzplanung: Sie umfasst vier Jahre. Wir sprechen hier über ein Gesetzesvorhaben, das nicht einmal drei Jahre erreicht, also sprechen Sie bitte nicht von Langfrist, Herr Michel.

Meine Damen und Herren, in der allgemeinen Aussprache ist nun die SPDFraktion an der Reihe. Herr Abg. Pecher; bitte, Sie haben das Wort.

Recht herzlichen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen mit unserer Argumentation dem treu bleiben, was wir schon im Ausschuss gesagt haben, und wir fühlen uns auch im Ergebnis der Anhörung bestätigt: Man kann das machen. Über die Inhalte braucht man auch nicht zu diskutieren. Es ist klar, dass das alles sinnhaft ist. Aber es gibt eigentlich keinen Grund dafür, warum man es macht; denn wir stehen vor der Einbringung eines neuen Doppelhaushaltes 2015/2016 in knapp fünf Monaten – im Übrigen genau die Laufzeit dieses Gesetzes. Deshalb, sage ich einmal, ist dieses Gesetz weder Zukunft noch Sicherung;

(Heiterkeit der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

denn alles, was drinsteht, wäre im Zuge eines Doppelhaushaltes zu verankern.

Ich hatte bei dem Thema Steuermehreinnahmen schon einmal versucht, es der Koalition nahezubringen, insbesondere den Fachpolitikern: Der Vorteil eines Gesetzesvorhabens Doppelhaushalt ist der, dass man im Gesamtkontext der Ausgaben und Einnahmen bewerten kann, wofür man Mittel einsetzt. Was wir hier tun, ist ein – Herr Scheel nannte das Beispiel bereits: die Universitätskliniken – punktuelles Herausgreifen von Themen, die erst einmal grundsätzlich unstrittig sind. Dort werden Millionenbeträge verankert, die aber vollkommen losgelöst von jedweder gesamten, komplexen Betrachtung des Staatshaushaltes des Freistaates Sachsen bewertet und – ich behaupte das nochmals – in den Fachgremien der Koali

tion, auch bereichsübergreifend, überhaupt nicht diskutiert werden. Es wird einfach festgelegt.

Dazu kommt, dass wir hier wieder einen klassischen Nebenhaushalt schaffen. Das hat auch der Rechnungshof eindeutig in der Anhörung eingeräumt. Er sagte, man brauche ihn überhaupt nicht. Es ist wieder einer der – ich habe jetzt die Zahl nicht im Kopf – 23 oder 27, ich weiß nicht, wie vielen Nebenhaushalte, die der Freistaat mittlerweile aufgebaut hat, den wir hier klassischerweise schaffen, und aus unserer Sicht vollkommen überflüssig. Es könnte alles im Zuge des jetzigen Haushalts abgebildet werden.

Die Themen sind unstrittig. Über die Höhe kann man natürlich streiten: zu viel, zu wenig, zeitliche Streckung – ja oder nein; kurz, komprimiert, wie bei den Universitätskliniken, sofort abfinanziert. Das kann man alles diskutieren. Das könnte man alles in diesem Gesamtkontext Haushalt machen.

Wir werden dieses Gesetz ablehnen; denn für uns bleibt Nonsens Nonsens, auch wenn er in diesem Fall keinen Schaden anrichtet.

Vielleicht noch ein Wort zur Debattenkultur. Gestern hat sich Herr Schreiber, der Kinnmuskelspanner, hier hingestellt und zum Thema Schulsozialarbeit gesagt: Wir werden doch nicht 80 Millionen Euro binden, wenn wir jetzt den nächsten Doppelhaushalt vor der Tür haben. Dort kann man das beraten. Ich könnte ja nachvollziehen, wenn man sagt: Okay, inhaltlich wollen wir das bei der Schulsozialarbeit nicht. Darüber kann man sich streiten. Das ist ein Argument. Aber gestern hier zu behaupten, wir werden nicht 80 Millionen Euro binden, und jetzt haben wir die Ausschussberatungen... Was machen Sie mit diesem Gesetz? Sie machen haargenau dasselbe, und das ist die banale Dreistigkeit dieser Argumentation, die sich im Übrigen in dieser Legislaturperiode immer mehr verstärkt: dass es genommen wird, wie es gerade in der Argumentation gebraucht wird. Wenn Sie das selbst machen, dann halten Sie doch bei anderen Sachen die Klappe und werfen Sie nicht den anderen vor, sie würden das tun, obwohl es in der gestrigen Debatte überhaupt nicht der Fall gewesen ist. Das ist einfach widerlich.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

Dabei kann man es auch bei diesem kurzen Gesetz belassen. Es ist überflüssig. Man kann es machen. Man kann rechtlich nicht dagegen vorgehen. Machen Sie es – Sie werden es auch tun –, und ich sage Ihnen eines: Wenn wir in die Situation kommen, im Rahmen des Doppelhaushaltes ein Wörtchen mitreden zu können, dann werden wir das wieder einkassieren. Das sei Ihnen versprochen.

(Christian Piwarz, CDU: Da müssen Sie sich aber zur Decke strecken! – Mario Pecher, SPD: Das wird nicht einfach!)

Meine Damen und Herren, nun die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Abg. Hermenau. Sie haben das Wort; bitte.

(Wortwechsel zwischen Abgeordneten der SPD und der CDU)

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Wenn man heute abschließend über diesen Zukunftssicherungsfonds beraten will, muss man eigentlich drei Fragen in den Mittelpunkt stellen. Bevor ich dies tue, würde ich gern noch einmal in Erinnerung rufen, über das Zustandekommen nachzudenken.

Im Februar 2011 habe ich einen Brief an die Kämmerer im Lande geschickt und versucht, auf die Schuldenbremsendiskussion einzustimmen, und deutlich gemacht, dass ich der Auffassung bin, dass man sich gegenseitig Vertrauen entgegenbringen muss, denn die kommunale Finanzsituation ist wichtig.

Ich habe darauf hingewiesen, dass man vielleicht zu einem Fonds kommen könnte, mit dem man langfristig den Schulhausbau für die Städte abfinanziert und mit dem man für den ländlichen Raum kommunale Energieparks anstößt, damit diese zukünftig zu Eigeneinnahmen befähigt werden. Eine vergleichbare Idee hat dann unter dem Gusto von Schwarz-Gelb in den Doppelhaushalt

2013/2014 Einzug gefunden. Ich halte das prinzipiell erst einmal für positiv.

Ich komme zu den drei Fragen, mit denen wir uns hier kurz auseinandersetzten müssen.

Erstens. Sind die Projekte, die gefördert werden, für die Gegenwart und die Zukunft von Sachsen sinnvoll? Zweitens. Sind die Mittel dafür ausreichend? Die dritte Frage kann man stellen: Ist dafür ein Sondervermögen nötig oder nicht?

Zur ersten Frage, ob die Projekte sinnvoll sind: Das haben wir GRÜNE mit Ja beantwortet. Der Schulhausbau, der Breitbandausbau und die Krankenhausinvestitionen sind Themen, die auch mittel- und langfristig und nicht nur kurzfristig angepackt werden müssen. Es sind sinnvolle Investitionsbereiche.

Der Schulhausbau ist kein Projekt, das mit einem laufenden Doppelhaushalt abgeschlossen werden kann. Das sind langfristige Entscheidungen, die hierzu fallen müssen. Erstens hat es keinen Sinn, den Markt zu überhitzen und die Kapazitäten aufzubauschen; denn nachher müssen Handwerk, Industrie und Wirtschaft wieder runterfahren – das ist absurd –, und zweitens ist es so, dass die Kommunen nicht in der Lage sind, die Planungsverläufe so zu gestalten, dass sie hohe Beträge schnell abbauen könnten.

Insofern sage ich: Für den Schulhausbau haben Sie für die Jahre 2015 und 2016 jeweils 50 Millionen Euro vorgesehen. Das halten wir für vertretbar. Ich habe gerade begründet, warum ich das so sehe. Ich sage: Das Tempo stimmt, die Summe stimmt – diesbezüglich haben Sie unsere volle Unterstützung.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich komme zum Breitbandausbau. Für den Breitbandausbau sollen in den nächsten Jahren jährlich 20 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Das ist nicht ausreichend.

(Staatsminister Sven Morlok: Das wissen wir ja auch!)

Erstens musste Sie die Europäische Union erst einmal darauf stupsen, denn in einem der vier Schwerpunkte der nächsten Förderperiode der Europäischen Union spielt der Breitbandausbau neben der Förderung der kleinen und mittelständischen Unternehmen eine gewichtige Rolle. Das gehört unbedingt zusammen, wie alle wissen, die im ländlichen Raum wohnen. Vor diesem Hintergrund ist das zu wenig Geld.

Ich hätte mir sehr gewünscht, dass Sie die Sachsenmittel, die wir aus dieser Effizienz- bzw. Nichtverschuldungsrendite haben, nicht in den Straßenbau verpulvern, sondern in den Breitbandausbau stecken, denn es kommt mehr aufs Internet als auf so manche Straße an, wenn man die wirtschaftliche Entwicklung im ländlichen Raum stabil halten will. Das wäre eine Entscheidung gewesen, die Sie hätten fällen können. Diese haben Sie nicht getroffen. Aber bei zukünftigen Haushalten kann man das deutlich mehr verstärken. Die Haushaltsberatungen werden entsprechend dazu beitragen müssen.