Das ist für mich auch eine Frage der Leistungsgerechtigkeit. Deswegen sollten wir das nicht schlechtreden. Wir haben beim Thema Rente sehr viele gute Punkte. Man kann über Einzelheiten streiten, das ist vollkommen legitim, aber ich glaube, wir sind mit diesem Rentenpaket auf dem richtigen Weg, und wir tun damit etwas für die Menschen in unserem Land, die ihr Leben lang gearbeitet haben.
Es liegt mir noch eine Wortmeldung von Frau Herrmann vor. 46 Sekunden haben Sie noch, die Sie nutzen können.
Genau, die ich nutze. – Erstens bin ich nicht gegen die Mütterrente. Ich habe gesagt, dass man sie nicht unter dem Label der Gerechtigkeit verkaufen kann. Ich bin nach wie vor dafür, dass sich Kindererziehung auszahlen sollte, aber nicht aus der Rentenversicherung, sondern steuerfinanziert, das habe ich gesagt.
Zweitens: Sie beheben die Altersarmut damit nicht – das haben Sie nicht verstanden –, da Frauen, die in der Grundsicherung sind, nichts davon haben. Die bleiben nach wie vor in der Grundsicherung, und die Grundsicherung erhöht sich nicht. Deshalb ist es nicht gerecht.
Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann hat Frau Staatsministerin Clauß das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ja, das Thema Angleichung der Ostrenten an die Westrenten ist aktuell, und es bleibt so lange aktuell, bis die Renten auch
vollständig angeglichen sind. Es bleibt auch so lange aktuell, bis für vergleichbare Tätigkeiten und Qualifikationen auch die Löhne und Gehälter in Ost und West gleich sind. Denn das sind zwei Seiten ein und derselben Medaille.
Deshalb war es auch ein Gebot der Gerechtigkeit und Anerkennung der Lebensleistung – und ist es auch bis heute –, dass 1992 der Höherwertigkeitsfaktor zur Ermittlung der Entgeltpunkte Ost eingeführt wurde. Das heißt, faktisch wird das im Osten erzielte Einkommen rentenrechtlich auf Westniveau angehoben, und die Höherwertung wirkt auch dort, wo bereits 100 % gezahlt werden.
Ein Beispiel, sehr verkürzt, aber anschaulich und deutlich aufgezeigt: 1 000 Euro im Westen verdient, so werden dafür auch 1 000 Euro für die Rente gutgeschrieben. 1 000 Euro im Osten verdient, werden 1 177 Euro gutgeschrieben, Monat für Monat, Jahr für Jahr, summa summarum. So wurden 2013 für uns in den neuen Ländern die Löhne um 18 % hochgewertet. Das wirkt sich sehr wohl positiv auf die zukünftigen Rentenansprüche aus und wirkt Altersarmut entgegen. Das ist auch generationengerecht.
So werden wir als Staatsregierung auch keine Initiativen unterstützen, die die Diskussion um die Höherwertung neu entfachen, wie das jetzt zum Beispiel bei der Angleichung der Mütterrente geschehen ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Es darf keine regionalen Unterschiede geben. Es darf keine Unterschiede danach geben, wo Kinder geboren oder großgezogen werden. Das hört sich gut an, ist populär. Gegenteiliges ist auch schwer zu kommunizieren. Natürlich, egal, wo man seine Kinder großgezogen hat, die Lebensleistung bleibt dieselbe. Da macht es auch nicht den Unterschied von 2,40 Euro. Da darf es keine Abstriche geben.
Dennoch können wir einerseits keine Angleichung der Rentenwerte fordern und andererseits gleichzeitig auf der Höherwertung der Löhne und Gehälter bestehen. Das nehmen die strukturschwachen alten Bundesländer nicht hin, und zwar aus Sorge um eine Schlechterstellung einkommensschwacher Menschen im Westen. Dort gibt es ebenfalls strukturschwache Regionen. Deshalb ist es ein Gebot der Gerechtigkeit, dies auch von der anderen Seite zu sehen. Auch das müssen Sie erklären.
Ich halte es nach wie vor für geradezu unverantwortlich, ständig unrealistische Maximalforderungen zu stellen. Denn bekanntlich hängt alles immer mit allem zusammen. Diese Forderungen werden letztlich das Gegenteil bewirken, nämlich eine rentenrechtliche Schlechterstellung. Viele Menschen in unserem Freistaat würde das betreffen, jetzt und in der Zukunft. Sagen Sie das bitte auch laut.
Das bestehende Rentensystem hat sich bewährt. Die Rentenangleichung ist auf einem guten Weg. Selbstverständlich bleibt es erklärtes Ziel der Staatsregierung, die Renten anzugleichen, so wie es auch im Koalitionsvertrag des Bundes für das Jahr 2020 festgeschrieben ist.
Meine Damen und Herren! Die bisher bestehende Gerechtigkeitslücke bei den Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder wird mit der Erhöhung der Anrechnung um einen Entgeltpunkt erst einmal verringert. Dies ist sozialpolitisch zu begrüßen. Auch ich freue mich für die Mütter und die Väter, die ab 1. Juli dieses Jahres diese Rentenleistung erhalten. Um die Finanzierung solidarisch und generationengerecht zu gestalten, habe ich mich im Bundesrat bzw. im Freistaat Sachsen mit einem Antrag dafür eingesetzt, dass die Mittel nicht von den Beitragszahlern aufgebracht werden müssen, sondern über einen Bundeszuschuss aufgebracht werden. Leider war dies nicht mehrheitsfähig, so wie der Antrag „Angleichung der Mütterrente Ost-West“ ebenfalls nicht mehrheitsfähig gewesen ist. Das muss man hier deutlich sagen, auch in die Richtung der Koalitionspartner im Bund.
Wenn Sie noch reden wollen, dann können Sie das noch. Ich eröffne eine dritte Runde. Herr Dr. Pellmann, Sie haben natürlich das Recht zu reden.
Wenn ich die heutige Debatte zusammenfasse, überraschen mich die Ergebnisse natürlich nicht. Ich bleibe bei meiner Position: Die Regierungskoalition und die Staatsregierung haben letztlich keine wirklichen Vorstellungen von einer Lösung hinsichtlich einer zukunftsfähigen Rente.
Auch ich unterstütze selbstverständlich jeden Euro, den Rentnerinnen und Rentner mehr bekommen. Aber Sie gehen davon aus, dass man das auch als Beruhigungspille in Bezug auf die bevorstehenden Landtagswahlen ansehen könnte.
Um es heute noch einmal protokollarisch deutlich zu machen, möchte ich in einigen wenigen Punkten erklären, worauf es uns ankommt.
Erstens. Ja, Frau Clauß, ob Sie wollen oder nicht, wir bleiben bei unserer Position. Ich sage heute: Innerhalb der nächsten fünf Jahre muss es gelingen, den aktuellen Rentenwert Ost an den aktuellen Rentenwert West anzugleichen. Ich habe sehr wohl zugehört, als Sie in Ihrem Debattenbeitrag vom Hochwertungsfaktor sprachen. Ich sage Ihnen: Wir bleiben dabei, dass der Hochwertungsfaktor bestehen bleiben muss, weil Rentnerinnen und Rentner nicht doppelt bestraft werden können. Gerade in Sachsen haben sie oft die Auswirkungen eines Niedriglohnlandes zu spüren bekommen. Dann sollen sie zu einem späteren Zeitpunkt auch noch niedrigere Renten bekommen. Das geht so nicht.
Zweitens. Ja, wir wollen zurück zum Rentenniveau 53 und wollen, dass die Staatsregierung sich dafür einsetzt, dass endlich die unsäglichen Rentendämpfungsfaktoren – es gibt nicht nur Hochwertungsfaktoren –, die seit 2000 eingeführt wurden, zurückgenommen werden.
Drittens. Bei den Erziehungszeiten sollen drei Jahre für alle angerechnet werden. Zugleich soll keine Anrechnung auf Arbeitsleistungen und auf die Altersgrundsicherung erfolgen. Ich möchte dazu eine Nachfrage stellen: Wie viele von den 650 000 Betroffenen bekommen denn Altersgrundsicherung? Die haben davon gar nichts. Im Übrigen werden auch die Witwenrenten gegengerechnet.
Viertens. Wir fordern eine wesentliche Besserstellung von Erwerbsminderungsrenten – ich hatte das gesagt – und einen Verzicht auf jegliche Abschläge bei diesen Renten. Es ist kein freiwilliger Zustand, in die Erwerbsminderungsrente zu gehen. Wer gezwungenermaßen diese Rente bezieht, weil er nicht mehr arbeiten kann, darf nicht mit Abschlägen bestraft werden.
Fünftens. Wir wollen die volle Zahlung für alle sozialen Leistungen, die jetzt über die Rentenkasse abgerechnet werden, aus Steuermitteln.
Schon jetzt. Ich hatte Ihnen das schon vor längerer Zeit gesagt. Bereits heute fehlen in der Rentenkasse eigentlich 40 Milliarden Euro, die die Rentenkasse für allgemeine soziale Leistungen über den Zuschuss hinaus ausgibt.
Sechstens. Aus den Überschüssen, die die Rentenkasse jetzt hat und über die wir froh sind, müssen wir eine Demografiereserve anlegen, damit für künftige Rentengenerationen aus der Rentenkasse noch genügend Geld da ist. Wir wollen eine Demografiereserve gegen die Schröpfung der Rentenkasse für soziale Leistungen.
Gibt es noch Wortmeldungen in der dritten Runde? – Das kann ich nicht mehr erkennen. Damit ist die 2. Aktuelle Debatte abgeschlossen und dieser Tagesordnungspunkt beendet.