Protokoll der Sitzung vom 09.04.2014

Im Haushalts- und Finanzausschuss wurde eine Bedenkzeit vereinbart. Nach deren Ende kam die Mail aus dem Ausschusssekretariat des HFA, dass die Fraktionen DIE LINKE, SPD, GRÜNE und NPD keine Anhörung wünschen. Deshalb weise ich Täuschungsvorwürfe ausdrücklich zurück. Jeder hatte die Gelegenheit, den Antrag zu lesen; er ist auch nicht so lang, dass man irgendetwas nicht hätte entdecken können.

Das Gesetzgebungsverfahren ist aber nicht nur formell korrekt, sondern auch materiell richtig aufgebaut. Das Recht der Haushaltsordnung ist ein Verfahrensrecht, denn die Adressaten sind die beteiligten Akteure am Haushaltsverfahren. Aus dem Grund fällt es auch in die Zuständigkeit des HFA. Haushaltsordnung – allein das Wort Ordnung steht für Verfahrensrecht, wie zum Beispiel Zivilprozessordnung oder Verwaltungsgerichtsordnung.

(Eva Jähnigen, GRÜNE: Gemeindeordnung! – Klaus Bartl, DIE LINKE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Die vorliegende Änderung der Sächsischen Haushaltsordnung dient der Anpassung des Verfahrens im Haushaltsrecht an die Verfassungsänderung. Sie dient nicht dazu, materielle Aspekte nachzuverhandeln oder innerparteiliche Konflikte zu klären.

Herr Michel, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Michel, geben Sie mir darin recht, dass die teilweise als Kommunalverfassung bezeichnete Gemeindeordnung Ordnung heißt und dennoch ein Vollgesetz mit erheblichem politischem und materiell-rechtlichem

Regelungsgehalt ist?

(Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Da braucht man jetzt nicht lange nachzudenken!)

Die Gemeindeordnung enthält sowohl materiell-rechtliche als auch verfahrensrechtliche Regelungen.

(Eva Jähnigen, GRÜNE: Wie jedes Gesetz!)

Wir können uns hier streiten, aber ich will mich gar nicht auf diese Debatte einlassen. Ich bleibe dabei, dass es eine verfahrensrechtliche Kategorisierung in puncto Ordnung gibt. Speziell bei der Haushaltsordnung können wir ganz sicher sein, dass es ein Ausführungsgesetz ist.

Ich würde gern in meiner Rede fortfahren, Herr Präsident.

Bitte, Herr Michel.

Ich möchte an meine Rede bei der Einbringung der Verfassungsänderung erinnern. Ich zitiere richtig, nicht nur pauschal oder mit Einfügungen: Die Änderung von Artikel 94 Abs. 2 war die Wiederholung des Sozialstaatsprinzips aus Artikel 1, aber kein neues Recht. Ich kann Ihnen versichern, wir achten das Sozialstaatsprinzip, aber wir achten es in der Verfassung verortet. Wir müssen nicht alles, was in der Verfassung ist, wiederholen. Was DIE LINKE hier begehrt, ist außerdem widersprüchlich und auch aus meiner Sicht missbräuchlich.

(Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Was?)

Ich komme noch dazu. Wir haben zum Beispiel auch andere – ich bleibe dabei – Staatsziele in der Verfassung. Sollen die denn alle in die Sächsische Haushaltsordnung?

(Widerspruch des Abg. Klaus Bartl, DIE LINKE)

Ganz ruhig. Wir kommen noch dazu.

Weiter: § 7 der Sächsischen Haushaltsordnung ist mit seinem Wortlaut wie andere 14 Landeshaushalts

ordnungen an das Haushaltsgrundsätzegesetz des Bundes angelehnt. In Artikel 42 Abs. 2 der Sächsischen Verfassung ist auch vorgeschrieben, den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen. Wo bleibt das denn bei der Betrachtung der Antragsteller? Einseitig wird auf den sozialen Ausgleich abgestellt.

(Widerspruch bei den LINKEN)

Das andere ist auch Verfassungslage.

Es liegt nahe, parteipolitische Spielchen zu vermuten. Fakt ist eines: Der HFA hat mit guten Gründen die Beschlussvorlage mit 11 : 4 : 2 Stimmen gebilligt. Auch die Vertreter der LINKEN haben dort keine Einbeziehung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses gefordert. Jetzt, acht Wochen nach Einbringung, fällt Ihnen auf, dass die vermeintlich so wichtige Norm nicht im Gesetz steht, und beantragen Sie die Behandlung im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss. Das kann fachlich nicht ernst gemeint sein.

Dann möchte ich, wie Sie es in Ihrem Antrag haben, den früheren Bundesrechnungshofpräsidenten aus seinem Kommentar zitieren. Hätten Sie die Vorbemerkungen zu seinem Kommentar gelesen, wüssten Sie, was dort unter Nummer 14 steht: „Diese grundgesetzlichen Normen sind in ihrem verfassungsrechtlichen Sinngehalt ohne Rückgriff auf die Bundeshaushaltsordnung zu bestimmen, und zwar auch dann, wenn die Bundeshaushaltsordnung diese Grundgesetznormen wörtlich aufgreift, sie konkretisiert oder sie flankiert und ergänzt.“ Das bedeutet, unabhängig davon ist letztendlich die Verfassung auszulegen. Das ist auch logisch. Es kann nicht einfachgesetzlich definiert

werden. Das wissen Sie als Jurist: Es gilt in der Auslegung immer höherrangiges Recht.

Des Weiteren möchte ich darauf hinweisen, dass wir die Haushaltsordnung eigentlich schon bis zum 01.01. dieses Jahres hätten verabschieden müssen. Im Falle einer verheerenden Naturkatastrophe mit notwendiger Kreditaufnahme ständen wir ohne Verfahrensvorschriften da. Deshalb haben wir auch keine Zeit für solche politischen postkonstitutionellen Spielchen. Wir werden Ihren Antrag ablehnen.

(Widerspruch bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Ich halte es auch für einen Witz, dass eine Fraktion, die zwei Mal die Gelegenheit hatte, der Verfassung mehrheitlich zuzustimmen, sich jetzt als Hüter der Verfassung hinstellt.

(Beifall bei der CDU – Widerspruch bei den LINKEN)

Ich habe gesagt: mehrheitlich.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Gelinkt, einfach gelinkt!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie über acht Wochen benötigen, um festzustellen, dass die Wiederholung des Sozialstaatsgebotes in der Haushaltsordnung nicht enthalten ist, dann wäre ich persönlich ruhig, aber ich stelle hier einfach mal die These auf, dass Sie Gründe suchen, vielleicht auch innerparteiliche Gründe, um diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen zu müssen.

Wir werden Ihrem Antrag auf Verweis in den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss nicht folgen und bitten um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU – Widerspruch bei den LINKEN – Eva Jähnigen, GRÜNE, und Mario Pecher, SPD, stehen an den Mikrofonen.)

Ich sehe eine Wortmeldung am Mikrofon 3. Frau Jähnigen, bitte.

Danke schön, Herr Präsident.

Sie möchten intervenieren? – Bitte schön.

Jetzt muss ich wirklich mal etwas Ärgerliches sagen.

(Oh-Rufe von der CDU)

Erstens. Als wir über die Verfassung verhandelt haben, wurde sehr viel über die Haushaltsordnung gesprochen. Wir haben keine Festlegungen vereinbaren können. Damals war klar, dass das einfache Gesetz zum Haushalt die wesentlichen Grundlagen der Umsetzung einer Schuldenbremse, eines neuen Wirtschaftens regeln sollte. Dass Sie das jetzt als reines Verfahrensrecht abstempeln wol

len, was nicht geht, das dequalifiziert Ihre Ernsthaftigkeit, mit der Sie die Schuldenbremse einführen wollen. Auch Sie müssen sich fragen, wie Sie das sächsische Haushalten so verändern, dass Sie den großen Anspruch der Schuldenbremse erfüllen können. Ich fand, dass das jetzt, Herr Kollege Michel, kein Beitrag dazu war.

Zweitens. Dass am 01.01.2014 noch kein Gesetzentwurf vorlag, können Sie uns nun wirklich nicht vorhalten. Klären Sie das mit Ihrem Finanzminister, warum Sie als Fraktion den Entwurf einbringen mussten und das nicht von der Regierung kam.

Drittens. Die Bundeshaushaltsordnung angesichts der viel weicheren Schuldenbremse und der dortigen Haushaltswirtschaft nun als Maßstab zu nehmen geht in der Sache fehl. Einerseits loben Sie sich selber im Sinne des Föderalismus für die Sächsische Verfassung, die wir zusammen beschlossen haben, andererseits wollen Sie auf die Bundeshaushaltsordnung zurückgreifen. Wo ist Ihre Konsequenz? Was wollen Sie reformieren? Nichts. Ich will nicht sagen, dass mich das enttäuscht hätte, aber es ist doch ein Missstand.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Michel, Sie möchten erwidern?

Ja. Danke, Herr Präsident. – An der Verfassungsänderung wird nichts geändert. Das geht auch nicht mit einer einfachgesetzlichen Regelung. Ich bleibe dabei, dass wir das Verfahrensrecht ändern. Wenn Sie auf das Zitat des Kommentars von Prof. Engels zurückkommen, dann habe ich das gebracht, weil in dem Antrag der LINKEN ein Zitat von Prof. Engels aufgeführt ist. Ich habe versucht, das richtigzustellen, weil man nicht einfach etwas herausgreifen kann, was ein paar Seiten vorher näher definiert ist. So kommt es dazu. Ich möchte nicht grundsätzlich die weichere Bundeshaushaltsordnung auf Sachsen anwenden, sondern es war ein Eingehen auf meinen Vorredner.

Es gibt eine weitere Wortmeldung. Herr Pecher, bitte.

Ja, ich möchte von dem Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen.

Bitte sehr.