Protokoll der Sitzung vom 09.04.2014

Bitte sehr.

Herr Michel, ich muss Folgendes sagen: Es widert mich ein wenig an, wie Sie sich hier drehen und winden und die Tatsachen verdrehen.

Erstens waren wir ein verlässlicher und fairer Verhandlungspartner. Wir haben dieser Verfassungsänderung zugestimmt. Wir brauchen uns von Ihnen oder von Ihrer Fraktion keinen innerparteilichen oder sonstigen Blödsinn vorwerfen zu lassen.

Zweitens muss ich noch einmal Folgendes in Erinnerung rufen: Es handelte sich um einen Deal, weil noch eine

andere Anhörung bei den LINKEN in der Pipeline war. Wir hätten auch noch eine dritte Anhörung durchführen können. Der Deal bestand darin, das Verfahren abzukürzen, damit Sie in der Lage sind, den Entwurf heute verabschieden zu können. Sie haben uns gelinkt. Sie haben Ihre Kollegen betrogen.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Das ist der Sachverhalt. Vielleicht sind Sie aber auch zu arrogant und dumm, einen simplen Fehler einzugestehen. Das gesamte Verfahren ist eine Katastrophe für die Demokratie und den Parlamentarismus. So kann man nicht miteinander umgehen; simples Kameradenschwein. Sie sollten sich schämen.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN – Zurufe von der CDU)

Herr Pecher!

Herr Pecher, ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Sie die Regeln des Anstandes verletzt haben. Das zwingt mich dazu, gegen Sie hier einen Ordnungsruf zu verhängen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Herr Michel, möchten Sie darauf erwidern? – Nein; das finde ich sehr bedauerlich.

Meine Damen und Herren! In der Aussprache setzen wir fort. Für die Fraktion DIE LINKE spricht nun der Abg. Scheel. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Ich muss zugeben, dass auch mir die Worte fehlen. Kollege Michel, an Ihren ersten Redebeitrag sind Sie noch mit der nötigen Sachlichkeit und vielleicht auch Ruhe und Gelassenheit hergegangen. Meines Erachtens haben Sie sich in Ihrem zweiten Beitrag dazu verstiegen, einen Rundumschlag zu veranstalten. Das kann ich nur als unwürdig für den von uns gemeinsam verhandelten und von Teilen des Hauses, auch meiner Fraktion, getragenen Kompromiss bezeichnen.

Ich möchte nicht noch einmal auf das Verfahren eingehen. Ich möchte darauf eingehen, wie holterdiepolter wir in ein Verfahren eingestiegen sind und uns entscheiden sollten, ob wir eine Anhörung durchführen möchten oder nicht. Unsere Fraktion, guten Willens, hat gefragt, ob der Union und FDP vielleicht noch Punkte eingefallen sind, die noch zusätzlich hineinsollen. Wir kamen nicht auf die Idee, dass es sein könnte, dass nicht alle Bestandteile der Verfassungsänderung, die in der Sächsischen Haushaltsordnung regelungsnotwendig und -möglich sind, Einzug finden.

Nun kann man darüber streiten, ob man dies früher oder später hätte ansagen können. Wir sind in den Haushaltsausschuss gegangen und haben Sie darauf hingewiesen, dass etwas vergessen wurde. Daraufhin haben wir – um

des guten Friedens willen – beschlossen, dass wir keinen Antrag stellen werden. Es wäre das Sinnvollste gewesen, dass von denen, die den Änderungsantrag einbringen, der Hinweis käme. Das war aus der tiefen Überzeugung, dass die im letzten Jahr getroffenen Absprachen eingehalten werden und der Geist weitergetragen wird.

(Jürgen Gansel, NPD: Sind alles parlamentarische Ehrenmänner!)

Dass dies nicht der Fall ist, hat uns so sehr überrascht, dass wir nicht einmal in diesem Moment auf eine Anhörung bestanden haben. Wir waren auch zu diesem Zeitpunkt der Auffassung, dass es möglich sein muss, mit gutem Verstand und der nötigen Ruhe diese Fragen zu klären.

Nun kommen Sie mit dem Haushaltsgrundsätzegesetz. Das ist zwar richtig. Das Haushaltsgrundsätzegesetz setzt Mindeststandards, die in die Haushaltsordnungen übernommen werden. Wir haben uns im letzten Jahr auf einen originären sächsischen Beitrag in Bezug auf die Haushaltsgrundsätzegesetz verständigt, meine Damen und Herren. Dass sich dieser dann nicht in der Haushaltsordnung wiederfindet – als Arbeitsanleitung für den Finanzminister Herrn Prof. Unland, damit er weiß, worauf er sich einstellen muss –, ist schon ein starkes Stück. Natürlich kann ich verstehen, dass Ihnen die Fragen der Ausgestaltung des Neuverschuldungsverbotes wichtiger sind als die Fragen der Ausgestaltung des sozialen Ausgleichs. Davon zu sprechen, dass dies eine Umsetzung eins zu eins darstellt, ist etwas weit hergeholt.

Sie haben die Chance auf Heilung ausgeschlagen. Wir alle werden heute, wenn Sie dies heute hier so verabschieden und nicht die Hand annehmen, die Ihnen in Form der Rücküberweisung gereicht wird, einen Preis zahlen. Der Preis, den Sie zahlen, sehr verehrte Damen und Herren der CDU, ist der Preis der Glaubwürdigkeit.

(Kerstin Köditz, DIE LINKE: So ist es!)

Diesen werden Sie noch lange zahlen.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Das war Herr Scheel für die Fraktion DIE LINKE. Gibt es weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Fraktionen? – Das kann ich nicht erkennen. Somit frage ich Herrn Michel, ob er noch einmal das Wort ergreifen möchte? – Er möchte das Wort ergreifen. Sie haben selbstverständlich die Gelegenheit dazu. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte.

Herr Präsident, ich bedanke mich für die Gelegenheit. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal klarstellen und zurückweisen, dass unlauter gearbeitet wurde. Es gab die Gelegenheit, die Anhörung zu beantragen. Herr Kollege Pecher hat es vorhin gesagt. Es tut mir leid. Jeder, der acht Seiten lesen kann – der Gesetzentwurf ist nicht so lang –, hätte sehen können, was dort geschrie

ben steht. Von einem Parlamentarier kann man verlangen, dass er dies überschaut.

(Zuruf des Abg. Klaus Tischendorf, DIE LINKE)

Es hätte eine Anhörung beantragt werden können. Das steht fest.

Ich möchte noch etwas sagen: Wenn es um den Rang der Verfassung und deren Bedeutung geht und wie ernst die Fraktionen dies nehmen oder nicht, dann bitte ich einen Blick in die Runde zu werfen, wie es um die Anwesenheit steht. Sie sehen, wie ernst wir die Verfassung nehmen.

(Enrico Stange, DIE LINKE: Das ist primitiv!)

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Es gibt eine Wortmeldung im Rahmen der Aussprache. Ich unterstelle, dass die FDP-Fraktion keinen weiteren Redebedarf hat. Damit wäre die Fraktion DIE LINKE an der Reihe. Herr Abg. Bartl, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es besteht eine originäre Situation. In einem von 16 Bundesländern hat sich eine parlamentarische Mehrheit, die die Verfassung ändern kann, nach einem langen Verhandlungsprozess mit den Stimmen der fünf Fraktionen entschieden, eine Verfassungsänderung vorzunehmen. Dazu sollten im Bereich der Kommunalfinanzverfassung und der Finanzstrukturgrundsätze entsprechende Neueinfügungen vorgenommen werden. Dazu gibt es eine Bestimmung im Artikel 94 Abs. 2 in der Sächsischen Verfassung. Eine solche Regelung hat kein anderes Bundesland in den Finanzstrukturgrundsätzen.

Heute ist ein Gesetzentwurf aufgerufen. Das ist der erste seit Inkrafttreten der geänderten Verfassung. Genau diese Verfassungsänderung soll er nach eigener Erklärung im Vorblatt umsetzen.

(Zuruf des Abg. Klaus Tischendorf, DIE LINKE)

Nun soll von den zu ändernden Bestimmungen, die zur Finanzverfassung gehören, nur der Artikel 95 umgesetzt werden. Artikel 85 war die dritte Regelung, die geändert wurde. Sie gehört nicht dort hinein. Es ist ein Streit um des Kaisers Bart, ob dies mit einem Änderungsantrag im Haushalts- und Finanzausschuss beantragt wurde oder nicht. Die Souveränität, dies zu entscheiden, hat dieses Hohe Haus bzw. das Plenum.

(Beifall bei den LINKEN)

Hier im Plenum wird eine Diskussion darüber geführt. Damit wollte man verdeutlichen, was man sich dabei gedacht hat. Man wollte es einvernehmlich und mit derselben Kultur ändern, wie die Verfassungsänderung verhandelt wurde. Das geschah durch Rückverweisung an den federführenden Ausschuss und, damit man es verfas

sungsrechtlich vertiefen kann, an den Fachausschuss, der Verfassungs-, Rechts- und Europafragen behandelt.

Herr Kollege Michel, erklären Sie um Himmels willen, wieso Sie nun die Bundeshaushaltsordnung anführen.

(Jens Michel, CDU: Weil Sie das in Ihrem Antrag zitiert haben!)

Das ist nur ein Verweis auf die Umsetzungen der dort enthaltenen Grundsätze. Wir haben andere.

Nun stellt sich schlichtweg eine Frage. Sie können letzten Endes nicht ausweichen. Die Frage ist folgende: Ist in diesem Hohen Haus darauf Verlass, dass, wenn man über einen Zeitraum von fast 200 Stunden hinweg – nachdem die Verfassung 23 Jahre nicht geändert wurde – über fast zwei Jahre in einer Arbeitsgruppe unter entsprechender Prokura der Fraktionsvorsitzenden verhandelt und zu einer Änderung gelangt, die das Hohe Haus billigt und mit dem die Änderungen umgesetzt werden sollen, jeder bei seinem Wort bleibt und das umgesetzt wird, was vereinbart wurde? Wenn Sie das nicht tun, sind Sie schäbig wortbrüchig! Das wird diese Republik zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei den LINKEN)

Diejenigen, die zugestimmt haben, auch in unserer Fraktion, werden sich fragen müssen, ob und in welcher Weise es überhaupt geht, mit Ihnen zu verhandeln, wie so etwas hält.

(Beifall bei den LINKEN – Zuruf von der CDU: Das müssen Sie in Ihrer Fraktion klären!)

Meine Damen und Herren! Ich schaue in die Reihen der Fraktionen. Gibt es noch weitere Wortmeldungen von Ihnen? – Das sehe ich nicht. Ich frage die Staatsregierung. Das Wort wird gewünscht. Selbstverständlich, Herr Staatsminister

Prof. Unland, haben Sie jetzt die Gelegenheit, das Wort zu ergreifen. Bitte sehr.