Protokoll der Sitzung vom 10.04.2014

Sozialfonds (ESF) im Förderzeitraum 2014 – 2020

Drucksache 5/13982, Unterrichtung durch den

Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

Drucksache 5/14070 Beschlussempfehlung des

Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

Operationelles Programm des Freistaates Sachsen für den Europäischen

Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) in der Förderperiode 2014 – 2020

Drucksache 5/13983, Unterrichtung durch den

Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

Drucksache 5/14071, Beschlussempfehlung des

Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

Das Präsidium hat dafür eine Redezeit von 15 Minuten je Fraktion festgelegt. Die Reihenfolge in der Aussprache: CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, NPD und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht.

Wir beginnen mit der Aussprache. Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abg. Heidan. Herr Heidan, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hatten bereits im Januar dieses Jahres das Vergnügen, hier im Hohen Haus über die Ausgestaltung der Operationellen Programme zu diskutieren und die Ansätze europäischer Förderpolitik zu erörtern. Damals hat mein Kollege Jan Hippold für unsere Fraktion Stellung bezogen.

Zum damaligen Zeitpunkt haben wir uns hier über die inhaltliche Ausgestaltung verständigt, wohlwissend, dass der Finanzrahmen noch nicht feststeht und somit die Operationellen Programme nicht vollständig zur Genehmigung vorgelegt werden konnten.

Nunmehr ist uns der finanzielle Rahmen bekannt, er steht fest. Sachsen wird für EFRE und ESF rund 2,7 Milliarden Euro erhalten, 2 Milliarden Euro für EFRE, 0,7 Milliarden Euro für ESF. Das sind zwar 1,3 Milliarden Euro weniger als in der alten Förderperiode, allerdings 600 Millionen Euro mehr als ursprünglich erwartet. Es gilt daher, mit den Mitteln noch gezielter als bisher auf Beschäftigung und Wachstum, aber auch auf Innovation zu setzen.

Die Operationellen Programme bilden den Rahmen für die Ausgestaltung unserer Förder- und Finanzierungsprogramme. Es ist die Aufgabe der Staatsregierung, diese Programme in enger Abstimmung mit den Sozialpartnern,

mit der Wirtschaft und Verbänden unter Beachtung der strategischen Vorgaben der Europäischen Kommission vorzubereiten und soweit zur Beschlussfassung zu bringen.

Noch im Januar konnten Anregungen und Hinweise eingereicht werden. Im Rahmen dieses Dialogs wurden viele Hinweise geprüft und in nicht unerheblichem Maße im Zuge der weiteren Programmierung berücksichtigt.

Der Landtag wurde von Staatsminister Morlok bereits zu Beginn dieses Jahres im federführenden Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr zum Zeitplan und der geplanten Vorlage der Operationellen Programme informiert, und auch in den Ausschusssitzungen Ende März dieses Jahres ist die Staatsregierung ihrer Informationspflicht nachgekommen und hat den Landtag über die finanzielle Ausgestaltung und Schwerpunktsetzung der Operationellen Programme in Kenntnis gesetzt und offene Fragen beantwortet. Dafür unseren herzlichen Dank.

Die Schwerpunktsetzung sehen wir dabei mit Blick auf das nötige Größenwachstum unserer Unternehmen und die Stärkung der Innovationsfähigkeit als richtig angesetzt. Auch die schulische Bildung, die bessere Aus- und Weiterbildung von Fachkräften sowie die Reduzierung der Zahl von Schul- und Ausbildungsabbrechern sehen wir vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des Fachkräftebedarfs als richtige Weichenstellung an; ich hatte in Tagesordnungspunkt 4 schon darauf hingewiesen.

Unternehmensnahe Forschung und Entwicklung, die Stärkung des Technologietransfers und die Schaffung eines innovationsorientierten Umfelds durch Forschungsinstitute und leistungsfähige Hochschulen bilden den Rahmen für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und die Zukunftsfähigkeit unserer Unternehmen.

Meine Damen und Herren, die Förderperiode 2014 bis 2020 wird für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung unseres Freistaats zu einem der entscheidendsten Zeiträume zählen, sollten wir doch bedenken, dass mit der weiteren Entwicklung und dem Wachsen der Europäischen Union die Mittel künftig auch anderen zu entwickelnden Regionen zur Verfügung gestellt werden. Genauso, wie wir in der Vergangenheit Solidarität erhalten haben, müssen wir uns für die Zukunft solidarisch verhalten, weil wir an einem gesamten und gut entwickelten Europa interessiert sind und dieses weiterentwickeln werden. Vor uns steht die Aufgabe, die noch vorhandenen Mittel effizient und effektiv für Wachstum, Beschäftigung und gesamtgesellschaftlichen Wohlstand im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger einzusetzen.

Die zukünftige Förderung aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung – EFRE – ist eng mit der EU2020-Strategie verknüpft. Stärkung von Forschung, technologischer Entwicklung und Innovation, Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen, Förderung der Verringerung von CO2Emissionen, Risikoprävention und nachhaltige Stadtentwicklung – so lauten die Schwerpunkte.

Für den Europäischen Sozialfonds – ESF – in Sachsen geht es vor allem darum, eine Reihe von zentralen Herausforderungen auf dem Feld der Beschäftigungspolitik anzugehen. So wird die Beschäftigung im technologischen, wirtschaftlichen und demografischen Wandel erhalten und ausgebaut. Existenzgründungen und Unternehmergeist werden gestärkt. Individuelle Bildungspotenziale sollen besser ausgeschöpft und die Qualität von Bildungssystemen noch weiter verbessert werden. Zu diesen Herausforderungen zählt auch, die Langzeitarbeitslosigkeit zu reduzieren und die Langzeitarbeitslosen sozial zu integrieren.

Ich bin der Staatsregierung außerordentlich dankbar, dass sie den breiten Dialog mit den Sozialpartnern, Kammern, Verbänden, Gewerkschaften und Interessengruppen

geführt und verantwortungsvoll die Programmierung für den Zeitraum 2014 bis 2020 vorgenommen hat. Ich glaube, dass wir in diesen Dialog auch als Landtag umfassend einbezogen wurden und auf Entschließungsanträge hierzu gut verzichten können; zumal es Aufgabe der Regierung ist und bleibt, die Operationellen Programme zu erarbeiten und zur Genehmigung zu führen. Politische Grabenkämpfe werden uns hier nicht weiterhelfen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Nächste Rednerin ist Frau Meiwald für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es ist geschafft: Wir haben heute eine wichtige Etappe auf dem Weg zur

Förderung von Maßnahmen und Projekten in Sachsen mit Mitteln der EU-Förderperiode 2014 bis 2020 erreicht – leider etwas spät; wir befinden uns im April des Jahres 2014.

Ich erspare es mir, an dieser Stelle noch einmal auf alle Gründe, die zu dieser späten Fertigstellung der Programmentwürfe geführt haben, im Detail einzugehen. Aber eines ist sicher: Den Freistaat Sachsen trifft diesmal nicht die Schuld, auch wenn es natürlich nicht zutrifft, dass es, wie Staatsminister Kupfer gestern sagte, schneller gegangen wäre, wenn die Beamten in Brüssel so gearbeitet hätten wie seine.

(Zuruf des Staatsministers Frank Kupfer)

Nein, Herr Kupfer. – Vielmehr waren es das lange Ringen um den EU-Haushalt und den Mittelfristigen Finanzrahmen, an dem zum ersten Mal das Europäische Parlament beteiligt war, und die Diskussionen um die Mittelverteilung unter den Mitgliedsstaaten und innerhalb Deutschlands. Hinzu kamen die zähen Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl im vergangenen Jahr.

Wir haben hier im Hohen Haus bereits mehrfach über die neue Förderperiode, die Strukturfonds und die Operationellen Programme debattiert. Bislang war es mehr oder weniger eine Phantomdebatte; denn der tatsächliche Rahmen von rund 2,75 Milliarden Euro und die Verteilung der Mittel zwischen den Fonds waren uns lange nicht genau bekannt.

Vor allem die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN namens Frau Kallenbach verwies immer wieder auf die mangelnde Beteiligungs- und Informationspolitik der Staatsregierung und mahnte Verbesserungen an. Das ist eine Kritik, die man durchaus teilen kann, wenn auch nicht in Gänze. Beteiligt waren wir als Landtag nicht; das muss man feststellen.

Aber in der Pressemitteilung des Verfassungsgerichtshofes vom 23.04.2008 zum ergangenen Urteil heißt es, dass der Verfassungsgerichtshof den Landtag in seinen Informationsrechten verletzt sehe, da die Staatsregierung den Landtag nicht vollständig und rechtzeitig über die Vorschläge zu den Operationellen Programmen unterrichtet habe, bevor sie die erarbeiteten Vorschläge bei der Kommission eingereicht hatte.

In seinem Urteil von 2008 stellte der Verfassungsgerichtshof zudem fest, dass eine Verletzung der Mitwirkungs- und Beschlussfassungsrechte nicht vorgelegen habe, da es sich bei den Formulierungen zu den Programmvorschlägen um ein eigenständiges Planungsverfahren außerhalb der Haushaltsgesetzgebung handele. Eine Mitwirkung des Landtages sei also weder geboten, um Vorwirkungen der Programmplanung zu kompensieren und das parlamentarische Budgetrecht zu sichern, noch sei dies mit dem verfassungsrechtlichen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung vereinbar. Die Erarbeitung der Programme unterfalle der Befugnis der Staatsregierung zur Leitung eines Staates.

Nun kann man sich anderes wünschen. Bislang war die Erstellung der Operationellen Programme reinstes exekutives Handeln. Ich fürchte, meine Damen und Herren, das wird sich auch nicht mehr ändern lassen; denn diese Operationellen Programme sind möglicherweise die letzten, die überhaupt in dieser Form erstellt werden, da abzusehen ist, dass wir in der Förderperiode nach 2020 nicht einmal mehr ansatzweise so üppig in den Genuss europäischer Fördergelder kommen werden.

Aber das ist Zukunftsmusik; zunächst zurück zum Verfahren. Beteiligt wurden die Wirtschafts- und Sozialpartner – Herr Heidan hat darauf verwiesen –, unter anderem die kommunalen Spitzenverbände, die LIGA der Freien Wohlfahrtsverbände und die Gewerkschaften. Auch an dieser Stelle kann man durchaus Kritik üben. Die Entwürfe, die den WiSos im Sommer vergangenen Jahres vorlagen und die von ihnen genau unter die Lupe genommen sowie mit zahlreichen Änderungen und Anregungen versehen wurden, haben leider keine deutliche Veränderung erfahren. Vielmehr war es so, dass es der gleiche Stand der Entwürfe war, der auf der Herbstkonferenz der Strukturfonds vorlag. Auch für die öffentliche Anhörung, die danach auf der Homepage der Strukturfonds ermöglicht wurde, gab es leider keinen zweiten oder geänderten Entwurf, sondern immer noch die Entwürfe mit Stand Sommer 2013.

Meine Damen und Herren! Die Möglichkeit zu einer öffentlichen Anhörung, an der sich neben jeder Bürgerin und jedem Bürger auch jeder einzelne Landtagsabgeordnete beteiligen konnte, hat eher einen Placeboanschein erweckt. Vier Wochen Anhörungszeit über Weihnachten sind nun wahrlich nicht üppig.

Aber sei es drum! Die Vertreterinnen der Verwaltungsbehörden der Strukturfonds konnten zumindest im federführenden Ausschuss über die Bündelung der Weiterbildungsmaßnahmen als Resultat der Anhörung der Wirtschafts- und Sozialpartner berichten. Die vielen restlichen Anregungen seien auf Fördergegenstände und die Ausgestaltung der Richtlinien ausgerichtet und würden so im Erarbeitungsverfahren berücksichtigt bzw. die Wirtschafts- und Sozialpartner in diese einbezogen.

Informiert fühle ich mich dennoch über den gesamten Zeitraum. Bereits vor zwei, drei Jahren wurden die neue Förderperiode vorbereitet und uns kontinuierlich der aktuelle Stand bei den Tagungen der Verwaltungsbehörden zu EFRE und ESF mitgeteilt. Struktur und wesentliche Inhalte der Operationellen Programme waren für uns somit keine großen Geheimnisse und Überraschungen; lediglich die tatsächliche Ausrichtung, die tatsächliche Prioritätensetzung und die Mittelausstattung waren hier, wie schon erwähnt, die Variablen.

Wer aber nun glaubt, die Förderung könne demnächst beginnen, der irrt. Uns liegen hier als Unterrichtung die Entwürfe der Operationellen Programme vor, wie sie in Brüssel eingereicht werden. Sofern alles gut geht und die Operationellen Programme tatsächlich den Ansprüchen und Anforderungen der EU genügen, also kein Nachbes

serungsbedarf besteht, können sie genehmigt werden. Damit wirklich das erste Geld fließen kann, benötigen wir aber zunächst einmal einen Haushaltsentwurf und dann – für die Umsetzung – die entsprechenden Förderrichtlinien.

Nun könnte man glauben, das sei reine Formsache und diese lägen bereits in den Schubladen. – Er schüttelt den Kopf. Vielleicht, sogar bestimmt ist das so, weil das Gerüst ja feststeht. Aber die WiSos wollen und müssen gerade an der Erarbeitung beteiligt werden.

Doch, meine Damen und Herren, was nützen uns die Förderrichtlinien ohne Haushalt? Wir müssen uns wohl oder übel noch ein wenig gedulden. Ohne Ihnen allen den Mut nehmen zu wollen: Dieser Landtag wird das nicht mehr erleben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Damit hat die Förderlücke, über die wir bereits im Plenum diskutiert haben, immer noch Zeit zu wachsen. Schon jetzt gibt es Projekte, die dringend darauf angewiesen sind, eine klare Aussage für die Zukunft zu erhalten. Es geht hierbei natürlich auch um die Projekte, die an das Schuljahr gekoppelt sind, wie die Projekte für die Berufs- und Studienorientierung.

Nun hat Ministerin Kurth gestern Abend einen 5Millionen-Deal mit der Bundesagentur für die Zwischenfinanzierung von Projekten der Berufs- und Studienorientierung angekündigt. Das ist für alle Träger, die in diesem Bereich arbeiten, eine langersehnte und wichtige Botschaft. Für die ESF-Projekte, die leider nicht in das Raster passen, reicht das aber nicht aus. Lehnen Sie sich also bitte nicht zurück, weil Sie einen Teilerfolg erreicht haben! Es gibt nach wie vor jede Menge zu tun!

Das Problem des fehlenden Bundeshaushalts ist schon erwähnt worden.