Protokoll der Sitzung vom 10.04.2014

Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 5/14229, EFRE; er bezieht sich auf die Drucksache 5/13983. Wer seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Bei einigen Stimmenthaltungen und zahlreichen DafürStimmen ist mehrheitlich die Drucksache 5/14299 nicht beschlossen.

Erklärung zu Protokoll

Durch die Operationellen Programme werden wichtige Weichen für die sächsische Förderlandschaft der kommenden Jahre gestellt. Die Weichen wurden richtig gestellt. Dafür gebührt der Staatsregierung und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien unser Dank.

Es ist beeindruckend, was hier in so kurzer Zeit auf die Beine gestellt wurde. Das Ergebnis der Verhandlungen um die Mittelausstattung ist deutlich besser ausgefallen als ursprünglich angenommen. Insgesamt stehen für die neue Strukturfondsperiode 2,7 Milliarden Euro zur Verfügung. Europaminister Martens und der gesamten Staatsregierung vielen Dank für den Verhandlungserfolg!

Danken möchte ich aber auch den Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen; auch – und das ist selten – den Kolleginnen und Kollegen der Opposition. Wir waren uns darin einig, dass das parlamentarische Verfahren schnellstmöglich abgeschlossen werden muss. Nur so können die Unterlagen zügig bei der EU eingereicht werden; denn je schneller wir einreichen, umso schneller kann die Genehmigung erfolgen. Dann können wir die entsprechenden Förderrichtlinien in Kraft setzen und die Mittel ausreichen. Insofern schafft ein schnelles Verfahren Planungssicherheit für die potenziellen Antragsteller.

Ich hatte es bereits erwähnt: Wir werden künftig weniger Fördermittel als bisher zur Verfügung haben. Daher ist es wichtig, die verbleibenden Mittel – im Rahmen der EU-Vorgaben – möglichst sinnvoll einzusetzen, um in Sachsens Zukunft zu investieren. Hier wurden die Weichen klug gestellt: Die Mittel für die Technologieförderung sollen aufgestockt werden.

In Sachsen, dem Land der Tüftler und Ingenieure, hat technologischer Fortschritt nicht nur eine lange Tradition. Auch in der jüngeren Vergangenheit haben wir Sachsen es geschafft, an alte Traditionen anzuknüpfen und neue Wege zu gehen. Wir sind die Ingenieurschmiede Deutschlands, Autoland und einer der bedeutendsten Mikroelektronikstandorte Europas.

Um die Hochschulen gründen sich zukunftsträchtige High-Tech-Unternehmen aus und die mittelständischen Zulieferer, zum Beispiel in der Automobilindustrie, sind innovativ. Es ist also eine richtige Entscheidung, an diese Erfolge anzuknüpfen und weiter auf Technologie und Innovationen zu setzen.

Sachsen muss wieder einer der bedeutendsten Technologie- und FuE-Standorte in Europa werden. Gleichzeitig müssen die sächsischen KMU weiter wachsen, um in einer der oberen Ligen mitspielen zu können. Daher soll die Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstandes gezielt unterstützt werden.

Weiterhin müssen wir die Investitionen in die Köpfe im Blick behalten: Ein Schwerpunkt ist die Förderung von Ausbildung und lebenslangem Lernen – durch eine gute Berufsorientierung und die Unterstützung für Weiterbildungsangebote. Wir setzen auf Technologie, auf Innovationen, gut ausgebildete Sachsen und einen starken Mittelstand. Die Operationellen Programme im EFRE und im ESF bieten dafür in den kommenden Jahren einen guten Rahmen.

Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

Illegale Graffiti sind Straftaten – Bekämpfung verstärken –

Eigentum respektieren!

Drucksache 5/13724, Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, FDP, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile den einreichenden Fraktionen das Wort. Herr Pohle für die CDU-Fraktion, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die TourismusMarketinggesellschaft Sachsen bündelt gegenwärtig alle touristischen Marketingmaßnahmen für Sachsen unter der touristischen Dachmarke „Sachsen – Land von Welt. Markenkern im Sinne eines relativen Alleinstellungsmerkmals sind Kultur, Geschichte und Internationalität Sachsens.“

Dieses Zitat entstammt der Tourismusstrategie 2020 des Freistaates und umschreibt kurz und knapp einen großen Teil des Selbstverständnisses unseres Landes. Erreichen die von uns umworbenen Touristen Sachsen, bietet sich ihnen zunächst ein anderes Bild: Es ist zunehmend geprägt von zumeist illegalen Graffiti auf Hauswänden, Mauern, Denkmälern, Brücken, Verkehrsmitteln, Hinweis- und Verkehrsschildern.

Die Schadensbilanz wird gut erfasst. Allein die Deutsche Bahn AG beziffert ihren sich daraus ergebenden bundesweiten Schaden für das Jahr 2012 auf 33 Millionen Euro. Wer wie ich am 14. Dezember 2013 die Gelegenheit nutzte, an der Eröffnung des Leipziger City-Tunnels teilzunehmen, der sah, dass bereits große Teile der neuen Tunnelröhren verunstaltet waren. Bereits am 10. Januar berichtete die „Bild“-Zeitung über die Graffitieentfernung an den eben erst in Dienst gestellten Talent-2-Zügen. Keine zwei Monate später, am 5. März, zitiert die „Leipziger Volkszeitung“ einen Bahnsprecher: „Allein im Januar mussten wir 800 Quadratmeter Graffiti entfernen.“

Die Leipziger Verkehrsbetriebe registrierten 2012

9 897 Graffitiattacken – 1 314 oder 15,3 % mehr als im Vorjahr. Die Kosten für die Schadensbeseitigung beziffert das Unternehmen auf circa 300 000 Euro.

Meine Heimatstadt Leipzig – leider als Kriminalitätshochburg bekannt – wandte im gleichen Jahr

276 000 Euro für die Reinigung öffentlichen Eigentums auf, wobei sie sich auf das dringend Notwendige zu beschränken scheint. Die Aufzählung ließe sich unendlich fortsetzen. Eine neu errichtete Eisenbahnbrücke quasi vor meiner Haustür war innerhalb einer Woche nach ihrer Freigabe restlos verunstaltet. Der Verband „Haus und Grund“ schätzt den jährlichen Schaden an Immobilien allein im Stadtgebiet von Leipzig auf 1,8 bis

2,1 Millionen Euro, die Höhe der Aufwendungen für die Schadensbeseitigung auf etwa 1 Million Euro pro Jahr –

was einen jährlichen Schadensaufwuchs von

1 Million Euro bedeutet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir beschäftigten uns schon mehrfach mit dem Thema Graffiti in diesem Hause. Allein die von mir kurz umrissenen volkswirtschaftlichen Schäden liefern dafür eine ausreichende Begründung. Millionen und Abermillionen Euro gehen für die Schadenseindämmung verloren – Millionen, die wir für sinnvolle Investitionen verlieren.

Dabei haben wir noch nicht über die psychologischen Wirkungen gesprochen, die diese Art der Kriminalität erzeugt – etwa bei Hauseigentümern, die oft glauben, einen Kampf gegen Windmühlen zu führen, bei Bürgern, die der Verwahrlosung überdrüssig sind, und bei Polizisten, die sich in ihrer ohnehin schweren Arbeit allzu oft an das Märchen von Hase und Igel erinnert fühlen. Hier helfen die Akzeptanz der Bevölkerung zur Kameraüberwachung und der damit einhergehende gesellschaftliche Schulterschluss von Polizei, Justiz und aktiver Bürgerschaft, die mit konzertierten Aktionen den Schmierern Einhalt gebieten.

Hierzu passt, dass die Aggressivität der Sprayer stetig wächst. Herr Nowak, Geschäftsführer des Vereins „Haus und Grund“ Leipzig, verwies darauf, dass die Sprühattacken zunehmend auf Schadensmaximierung ausgerichtet werden. Kostet die Reinigung eines Quadratmeters besprühter Hausfassade den Eigentümer etwa 80 bis 90 Euro, so werden für den Austausch der immer häufiger bevorzugten Klingeltafeln gleich um die 800 Euro fällig.

In der Nacht vom 20. auf den 21. Februar dieses Jahres wurde das weiß Gott nicht versteckt gelegene Hauptpostamt am Leipziger Augustusplatz vollständig besprüht. Nur um Haaresbreite konnte in diesem Zusammenhang ein Großbrand verhindert werden.

Auch immer neue aggressive Zerstörungstechniken wie Scratching, das Zerkratzen von Oberflächen, oder Etching belegen diese Entwicklung. Bei letzterer Methode werden Oberflächen mit Flusssäure zerstört. Kommen Unbeteiligte, etwa Kinder, mit dieser Säure in Kontakt, drohen enorme gesundheitliche Schäden.

Wir geben uns nicht der Vorstellung hin, das Problem mit unserem Antrag lösen zu können. Wir sind aber der Auffassung, dass die Bürger von uns erwarten können, dass wir uns dem Problem stellen und alle Möglichkeiten zur Eindämmung dieser gesellschaftlichen Pest beleuchten und nutzen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Jürgen Schuster, FDP – Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Mit dem 39. Strafrechtsänderungsgesetz von 2005 wurden der Justiz Möglichkeiten eröffnet, sich offensiv mit dieser Kriminalitätsform auseinanderzusetzen und die notwendige Präventionsarbeit durch wirksame Restriktion zu begleiten. Die §§ 303 und 304 des Strafgesetzbuches erlauben ein Strafmaß von bis zu zwei Jahren; bei der Beschädigung von Grabmälern, Denkmälern und Kulturgütern sogar bis zu drei Jahren Haftstrafe.

Umso verblüffender fand ich deshalb ein Interview mit Patrick Gau, einem auf die Verteidigung von Sprayern spezialisierten und der Szene bestens bekannten Rechtsanwalt. Auf die Frage, wie lange und warum er sich gerade auf die Verteidigung von Sprayern spezialisiert habe, antwortet Gau wie folgt: „Die Spezialisierung auf Graffitiverfahren kommt durch mein Interesse an Kunst, nicht zuletzt an revolutionärer. Einige meiner Bekannten haben außerdem gemalt und da war es nur eine kurze Frage der Zeit, bis die ersten Graffitifälle auf dem Tisch lagen. Die Ergebnisse waren wirklich sehr gut und so kamen die ersten Empfehlungen, die sich in kurzer Zeit vervielfachten. Dazu kam, dass Graffiti ein Strafrechtsgebiet ist, auf dem sich wenige Polizisten und kaum Richter auskennen. Die meisten Entscheidungen sind nicht veröffentlicht, ernsthafte Arbeiten zu dem Thema gibt es auch kaum. Wer sich daher in dieser Materie auskennt oder einen Anwalt hat, der weiß, wovon er redet, hat enorm viele Möglichkeiten. Diese Überlegenheit reizt mich, zumal Maler als Mandanten auch sehr angenehm sind. Der gemeinsame Kampf gegen den Goliath der Staatsgewalt macht Spaß, und jedes Mal, wenn der David der Straße den Kampf gewinnt, weiß ich, dass ich das einzig Richtige tue.“

Er beantwortet auch die Frage nach der höchsten jemals ausgesprochenen Strafe in diesem Interview: Um auf die Frage zurückzukommen, was das höchste Urteil, das einer meiner Mandanten jemals erhalten hat, war: eine dritte parallele Bewährung. Bislang hat noch keiner meiner Mandanten wegen Graffiti eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung bekommen.

Bei solcherlei Auskunft muss man sich schon fragen, ob tatsächlich das Mögliche zur Kriminalitätsbekämpfung getan wird. Wenn gut honorierte Juristen sich nach fast einem Jahrzehnt noch nicht so richtig auskennen sollten, dann weckt das auch bei mir Zweifel an deren Verständnis von Rechtsstaatlichkeit und ihrer gesellschaftlichen Verantwortung.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Torsten Herbst, FDP – Zuruf des Abg. Klaus Bartl, DIE LINKE)

Hier also die Ermutigung und Ermunterung an die sächsische Justiz, die seit 2005 veränderte Rechtslage im Interesse der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger umzusetzen: Neben der Evaluierung und Fortsetzung der Präventionsarbeit muss auch die gesetzeskonforme Bestrafung zur Abschreckung der Täter offensiver angewandt werden.

Wie kann es denn sein, dass die von mir schon zitierte „Leipziger Volkszeitung“ am 21. März, einen Tag nach der Meldung über die Verhaftung des sogenannten Leipziger Graffitikönigs und Chefs der „ORG“-Crew, des 28jährigen Rene E., die Frage stellt, ob die betroffene Sprayerbande jetzt zurückschlagen werden? Für mich ist das ein ernst zu nehmendes Zeichen, dass wir es hier weder mit harmloser Protestkunst noch mit Bagatellkriminalität zu tun haben, sondern mit einer gezielten aggressiven Herausforderung des Rechtsstaates und des gesellschaftlichen Friedens, der es sich zu stellen gilt.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Jürgen Schuster, FDP)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist eben gerade unsere Aufgabe, uns den Problemen zu stellen, auch wenn schnelle und einfache Lösungen nicht zu erreichen sind. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns zu Recht, dass wir alles uns Mögliche zu ihrem und zum Schutze privaten und öffentlichen Eigentums unternehmen und Rechtsstaatlichkeit durchsetzen.

(Beifall bei der CDU, des Abg. Dr. Hans-Jürgen Schuster, FDP, und bei der Staatsregierung)

Ich bitte Sie daher um Unterstützungen dieses Antrages.

(Beifall bei der CDU, des Abg. Dr. Hans-Jürgen Schuster, FDP, und bei der Staatsregierung)

Nächster Redner für die miteinreichende FDP-Fraktion ist Herr Abg. Karabinski. – Es gibt jetzt noch den Wunsch nach einer Kurzintervention. Herr Gansel, bitte schön.

Herr Präsident! Ich möchte in der Tat eine Kurzintervention anbringen und vorausschicken, dass die NPD-Fraktion den Redebeitrag von Herrn Pohle außerordentlich zustimmungsfähig findet. Wir finden darin kein einziges kritikwürdiges Wort.

Ich möchte allerdings Herrn Pohles Einschätzung widersprechen, dass hier und heute erstmals dieses wichtige Thema auf der Ebene des Sächsischen Landtages diskutiert wird. Das mag für die CDU zwar richtig sein, aber ich möchte daran erinnern, dass erst im Oktober letzten Jahres die NPD einen sinnidentischen Antrag in den Landtag eingebracht hat, und die Abgeordneten, die schon dem vorherigen Landtag angehörten – das ist bei Herrn Pohle in der Tat nicht der Fall –, möchte ich daran erinnern, dass die NPD bereits im Jahr 2006 auch wiederum einen sinnidentischen Antrag in den Landtag eingebracht hat, um wirksam gegen Graffitikriminalität vorzugehen.

Wenn die CDU jetzt hier das Thema bringt, freut uns das nach dem Motto „besser spät als nie“, aber man muss an die Doppelmoral und die Heuchelei der CDU erinnern, denn ähnliche Anträge hätten Sie bereits 2006 – –