Protokoll der Sitzung vom 10.04.2014

Das ist die notwendige Schlussfolgerung.

Das ist Ihre Schlussfolgerung.

Ich setze fort. – Von sozial schwachen Familien werden keine Eigenbeteiligungen erhoben, kinderreiche Familien erhalten Vergünstigungen. Dem gegenüber stehen 12 Millionen Euro Finanzierungsbeiträge von Eltern und Landkreisen; dazu hat Frau Dr. Stange schon ausgeführt.

Aber nun konkret zu Ihrem Antrag: Es gibt volle Übereinstimmung mit Punkt 2 Ihres Antrags. Genau das haben die Sachverständigen in der Anhörung deutlich gemacht.

Inhaltlich müssen wir über Punkt 3 nachdenken; die Formulierung in dem Antrag ist aber total daneben. Ich möchte jedoch der Diskussion über den Doppelhaushalt 2015/2016 nicht vorgreifen. Dennoch gilt – darin waren sich die Sachverständigen mehrheitlich einig –: Über eine auskömmliche Finanzierung des ÖPNV in den ländlichen Regionen und über die Finanzierung des freigestellten Schülerverkehrs müssen wir nachdenken. Welche Auswirkungen das letztlich auf die Finanzierung des Schülerverkehrs und auf die Elternbeiträge, also auf die Eigenbeteiligung in Gänze hat, kann ich heute nicht sagen.

Die Feststellung unter Punkt 4 des Antrags ist einfach falsch. Ja, bis 1996 hatte der Freistaat den Zuschuss zur Schülerbeförderung extra ausgewiesen. Danach wurde dieser Zuschuss über das FAG der kommunalen Ebene übertragen. Wie kommen Sie zu der Behauptung, der Freistaat habe „sich aus der Finanzierung des Schülerverkehrs zurückgezogen“?

Unter Punkt 5 unterstellen Sie, dass aufgrund der Schließung von Schulstandorten und rückläufiger Schülerzahlen die Schülerbeförderungskosten „erheblich gestiegen“ seien. Von welcher Zeit reden Sie? Ich erinnere an das Schulschließungsmoratorium und die Initiativen von Frau Staatsministerin Kurth und Herrn Staatsminister Kupfer zum Erhalt von Schulen im ländlichen Raum.

Wir haben in Sachsen unterschiedlich organisierte ÖPNVStrukturen, die zum Teil sogar länderübergreifend sind. Insofern kann es bei den Schülerbeförderungssatzungen eben keinen Einheitsbrei geben. Von Chancengleichheit kann man übrigens nur dann sprechen, wenn zur gleichen Zeit an gleicher Stelle gleiche Angebote vorhanden sind.

Meine Damen und Herren! Unterschiede zwischen verschiedenen Ballungsräumen, aber auch zwischen ländlichen Strukturen und urbanen Zentren wird es auch in Zukunft geben.

Zum Schluss: Ich lese in Artikel 102 Abs. 4 unserer Verfassung – schön, dass Sie es auch gemerkt haben –, dass „Unterricht und Lernmittel an den Schulen in öffentlicher Trägerschaft … unentgeltlich“ sind. Sie behaupten in Ihrem Antrag, der Freistaat erfülle die Vorgaben dieses Artikels nicht. Ich dagegen bin der festen Überzeugung, dass wir den Vorgaben in Artikel 102 Abs. 4 unserer Verfassung voll gerecht werden. Der Besuch der Schule im Rahmen der Schulpflicht ist von den Eltern sicherzustellen.

Zuletzt möchte ich – zu Ihrer Information – auf die richterliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Pots

dam vom 12.08.2004 in der betreffenden Sache eingehen. Ich habe die Entscheidung auf die sächsischen Rahmenbedingungen bezogen:

Erstens. Der Erhebung eines Eigenanteils an den Kosten für die Schülerbeförderung steht auch nicht Artikel 102 der Sächsischen Verfassung entgegen. Danach ist das Land verpflichtet, öffentliche Bildungseinrichtungen zu schaffen. Jeder hat das Recht auf gleichen Zugang zu öffentlichen Bildungseinrichtungen unabhängig von

seiner wirtschaftlichen und sozialen Lage. Zu dem dadurch gewährleisteten Zugang zu öffentlichen Bildungseinrichtungen zählt jedoch nicht die kostenlose Beförderung zu ihnen. Die Schülerbeförderung zählt nicht zu den verfassungsrechtlich normierten Verpflichtungen der Landkreise.

Zweitens. Im Übrigen begründen weder die staatlichen Verpflichtung zum besonderen Schutz der Familie aus Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes noch das durch Artikel 6 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes gewährleistete Recht der Eltern, den Bildungsweg ihrer Kinder zu bestimmen, einen Anspruch darauf, dass die öffentliche Hand die Kosten der notwendigen Schülerbeförderung vollständig übernimmt. Entsprechendes gilt für das Grundrecht des Schülers aus Artikel 2 Abs. 1 des Grundgesetzes und das in Artikel 20 Abs. 1 des Grundgesetzes verankerte Sozialstaatsprinzip.

Nein, meine Damen und Herren, einem solchen Antrag können wir nicht zustimmen. Wir stehen für eine moderate und kostengünstige Elternbeteiligung am Schülerverkehr. Wir greifen nicht in die kommunale Selbstverwaltung ein und sind gegen eine Beitragsfreiheit. Wir stehen für eine gerechte Lastenverteilung. Gleiche Angebote und eine Gleichbehandlung im Hinblick auf Verkehre in ländlichen und in Ballungsräumen wird es auch in Zukunft nicht geben.

Aber eines ist auch uns bewusst: Wir müssen auf die sich verändernden Strukturen und Gegebenheiten reagieren. Kommunale Selbstverwaltung heißt eben auch, Schulnetzpläne mit den notwendigen Schülerverkehren abzugleichen, zu evaluieren und über die zuständigen Gremien – Kreistag oder Stadtrat – die Regularien für bestimmte Zeiträume festzulegen. Aber gerade das machen diese kommunalen Gremien momentan mit hoher Verantwortung. Dazu braucht es einen solchen Antrag nicht.

Aus den genannten Gründen können wir, wie bereits erwähnt, diesem Antrag nicht zustimmen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Kollege Bienst sprach für die CDU-Fraktion. Für die Fraktion DIE LINKE kommt jetzt Herr Stange zum Zug.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Bienst, ich bin von Ihren Redebeiträgen immer wieder so

„angetan“, dass ich mir an mancher Stelle Ihren Vorgänger als Fachsprecher zurückwünsche.

(Vereinzelt Beifall bei den LINKEN)

Bei ihm war meist wesentlich mehr Verständnis für die Schülerinnen und Schüler und auch für die Eltern anzutreffen als bei Ihnen.

Wenn Sie von Schwierigkeiten sprechen, Schulbeginn und Schülerbeförderung aufeinander abzustimmen, so kann ich Ihnen sagen: Das war im MDV-Gebiet bei der Einführung des PlusBus-Systems nicht anders, aber man hat miteinander gesprochen, um diese Schwierigkeiten zu überwinden. Insofern halte ich Ihre Einwendungen für vorgeschoben.

Wir haben es insgesamt mit der Grundfrage zu tun, ob neben der Unentgeltlichkeit des Unterrichts auch der Weg zu diesem unentgeltlich sein soll. Das ist die Gretchenfrage an dieser Stelle.

Wenn Sie mit Ihrer Schulpolitik der letzten Jahrzehnte dafür gesorgt haben, dass die Wege zu den Schulen immer länger geworden sind, dann müssen Sie sich – als wohlsorgende Staatspartei in diesem Freistaat – die Frage gefallen lassen, ob Sie mit Ihrer Auffassung zur Schülerverkehrsfinanzierung noch up to date sind. Diese Frage ist mehr als nur berechtigt.

Erstens. Fakt ist, dass auch über das FAG die Finanzierung des freigestellten Schülerverkehrs nicht ausreichend gesichert ist.

Zweitens. Fakt ist, dass sich der Freistaat bei der Finanzierung der Ausbildungsverkehre nur noch ausschließlich auf die Regionalisierungsmittel bezieht.

Das sind Fakten, die Sie nicht wegbeten oder wegschwadronieren können; die sind knallhart.

Zum Antrag: Wir unterstützen den Grundgedanken vollkommen – darin sind wir uns einig –, dass die Schülerbeförderung unentgeltlich sein muss. Wir sind auch der festen Überzeugung, dass es Schülerinnen und Schülern möglich sein muss, über die Unterrichtsangebote hinaus auch zu Freizeitangeboten – sprich: zu Bildungsangeboten im weiteren Sinne – mindestens zu günstigen Preisen unterwegs zu sein. Über die Systematik, wie wir das lösen, wenn wir gemeinsam an einer solchen Gesetzesinitiative arbeiten, können wir noch sprechen. Ich glaube, dass die Struktur in Sachsen hinsichtlich der Aufgabenträgerschaft einerseits der Zweckverbände und andererseits – für den Schülerverkehr – der Landkreise und kreisfreien Städte eine Neuordnung erfahren muss.

Darin sind wir uns einig, wenn ich den Tenor Ihres Antrags betrachte. Wie gesagt, wir hätten uns an dieser Stelle gewünscht, es über eine Gesetzesinitiative zu machen. Dennoch vereint uns dieser Grundgedanke und den sollten wir uns auch nicht wegreden lassen.

Wir werden diesem Antrag in Gänze zustimmen, weil wir der Auffassung sind, es ist endlich an der Zeit, das anzupacken. Allerdings werden wir über den Antrag hinaus

auch gemeinsam an den entsprechenden Gesetzen arbeiten müssen, und das sollten wir uns, wenn wir es in dieser Legislatur nicht mehr schaffen, auf jeden Fall für die nächste Legislatur vornehmen. Das ist kein Wahlkampf, Kollege Bienst. Das ist kein Wahlkampf. Fragen Sie die Elternbeiräte da draußen in diesem Land, dann sehen Sie, dass das ein sehr, sehr akutes Problem ist und den Eltern die Sache mittlerweile bis hier steht – auch deswegen, mit welcher Arroganz Sie an dieses Thema herangehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Nach Kollegen Stange spricht jetzt der Kollege Bläsner für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Schülerverkehr und dessen Finanzierung ist ohne Zweifel ein wichtiges Thema. Deswegen haben wir uns auch um Lösungen bemüht, um die Situation im Freistaat Sachsen zu verbessern. Wir haben Mittel zur Verfügung gestellt und den Schulschließungen im ländlichen Raum endlich ein Ende gesetzt. Wir können zusammenfassen: lieber kurze Wege zur Schule als lange kostenlose Busfahrten.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP – Widerspruch der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Mit dem Moratorium zuerst für die Oberschulen und jetzt auch für die Grundschulen im ländlichen Raum haben wir die Schulschließungspolitik beendet.

(Enrico Stange, DIE LINKE: Nur ausgesetzt!)

Mit den Änderungen des Schulgesetzes, die in der nächsten Legislaturperiode kommen sollen, werden wir dauerhaft Schulen im ländlichen Raum sichern. Die Schule im Dorf und in der Kleinstadt zu lassen ist für uns ein wesentlicher Beitrag dafür, kurze Wege zu garantieren und die Schülerbeförderung kindgerecht zu gewährleisten.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Was wir als sächsische FDP nicht wollen, sind Verhältnisse wie in Sachsen-Anhalt, welche die dortige Regierung von SPD und CDU zu verantworten hat, wobei vor allem der SPD-Kultusminister zu Felde gezogen ist. Ja, dort gibt es eine kostenlose Schülerbeförderung. Ja, dort gibt es jetzt eine Schulschließungswelle für Grundschulen. 27 oder 23 Grundschulen – darüber lässt sich streiten – sollen jetzt mit einer rigorosen Politik geschlossen werden, die wir in Sachsen jetzt für Grundschulen gerade beendet haben.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP – Widerspruch von den LINKEN)

Das ist typisch sozialdemokratische Politik. Lieber ein kostenfreies Angebot als ein gutes Angebot. Wir erinnern uns, auch in Sachsen wurden unter SPD-Mitregierung 166 Schulen geschlossen. Diese Politik zu beenden ist gut für das Bildungsland und ist auch gut dafür, dass die

Kosten im Bereich der Schülerbeförderung nicht weiter anwachsen.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP – Widerspruch bei den LINKEN)

Gerade beim Thema Schulschließung sieht man den Unterschied zwischen SPD und FDP. Wir betrachten das Thema Schülerbeförderung im Kontext mit dem lokalen ÖPNV. Wenn Sie aus der Anhörung im Schulausschuss die richtigen Schlüsse gezogen hätten – mein Kollege Lothar Bienst hat es gesagt –, dann hätten Sie heute einen anderen Antrag gestellt. Dennoch ist es gut, dass wir uns mit diesem Thema befassen, zeigt es doch auch ein paar unterschiedliche Ansätze. Wir sollten dabei aber sachlich bleiben. Sie schreiben in Ihrem Antrag, der Freistaat habe sich aus der Finanzierung des Schülerverkehrs zurückgezogen. Das ist nicht richtig. Wir geben mehr Mittel für den Ausbildungsverkehr aus als noch unter dem SPDVerkehrsminister Thomas Jurk.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)