Gesamtgesellschaftliche Aufgaben wie die Energiewende müssen so ausgestaltet sein, dass die Lasten fair verteilt werden. Einerseits müssen Versorgungssicherheit und Zukunftsfähigkeit des Energieträgermixes gewährleistet werden, andererseits muss bei der Verteilung der Kosten und derzeitigen Ausgestaltung des Wandels Augenmaß walten. Es stimmt mich nachdenklich zu hören, dass energieintensive Produktionsprozesse wie etwa die Produktion von Karbonfasern für die Automobilindustrie schon jetzt in die Vereinigten Staaten ausgelagert werden.
Energie darf aber auch für die Konsumenten und die kleinen und mittleren Unternehmen nicht zum Luxusgut werden, nur weil sie ihren Standort nicht schnell nach Übersee verlagern können.
Sehr geehrte Damen und Herren! Es gäbe noch vieles zum sächsischen Handwerk zu sagen. Mit Blick auf die Uhr und meinen Fraktionskollegen Frank Heidan, der gewiss weitere Aspekte ausleuchten wird, bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag, damit das sächsische Handwerk goldenen Boden behält und zum Wohle der Allgemeinheit weiterhin goldene Eier legen kann.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Wenn ich so ins Rund schaue, sehe ich, dass der Anteil der anwesenden Abgeordneten ungefähr so hoch ist wie auch der Anteil der Handwerker an der Gesamtanzahl der arbeitenden Bevölkerung. Insofern kann ich das gar nicht so schlecht finden.
Ja, das ist richtig. Die Wichtigen, die tatsächlich für das Handwerk einstehen, sind anwesend. Frau Köpping, damit gebe ich Ihnen recht.
Mit den guten Nachrichten geht es auch weiter; denn in der vergangenen Woche erreichte uns die Nachricht des Statistischen Landesamtes, dass das sächsische Handwerk mit fast 24 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2011 – und damit über 9 % mehr als im Vorjahr – abgeschlossen hat. Das ist doch eine Zahl, die sich sehen lassen kann. Die guten Rahmenbedingungen in Sachsen haben dazu sicherlich maßgeblich beigetragen.
Sachsen, meine Damen und Herren, ist Handwerkerland. Unser sächsisches Handwerk ist mit rund 59 000 Betrieben und circa 320 000 Beschäftigten ein sehr wichtiger Motor für Wachstum und Wohlstand in unserem Freistaat. Die Handwerksunternehmen schaffen Arbeitsplätze und beteiligen sich mit hohem Engagement an der Berufsausbildung und der Nachwuchsgewinnung. Die Betriebsinhaber tragen persönlich Verantwortung, sind regional verankert und prägen so ihr eigenes Unternehmen. Im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmensformen haften die Inhaber der Handwerksbetriebe in der Regel mit ihrem persönlichen Vermögen – wie es so schön heißt: mit ihrem Haus und Hof für das Unternehmen.
Der Anteil des Handwerks an der Gesamtwirtschaft liegt bundesweit bei nur 15,9 %, in Sachsen sind es 22,2 %. Eine weitere positive Besonderheit finden wir in Sachsen: Der Anteil des produzierenden Gewerbes liegt gegenüber dem Dienstleistungsanteil bei erstaunlichen 70,9 %.
Wir als FDP-Fraktion im Sächsischen Landtag haben uns in Zusammenarbeit mit unserem Koalitionspartner in den letzten Jahren für die weitere Stärkung der Leistungsfähigkeit des sächsischen Handwerkes eingesetzt, und zwar durch den Abbau von Bürokratie, den Einsatz für ein faires Steuersystem – auch die Stromsteuer gehört dazu –, die Unterstützung bei Innovationen, bei der Fachkräftegewinnung und der überregionalen Markterschließung und bei der Überprüfung der Förderpolitik in Sachsen mit Blick auf übersichtlichere Gestaltung von Förderangeboten. Bei all den genannten Punkten sind wir in den zurückliegenden Jahren entscheidend vorangekommen.
So haben wir beispielsweise ein – wie ich finde – grandioses neues Vergabegesetz mit schlanken und transparenten Regelungen verabschiedet. Es beinhaltet statt den bisherigen 23 nur noch elf Paragrafen. Wenn ich richtig informiert bin, hat NRW – als Vergleich, dort sind wir gerade nicht in der Regierung – darin 60 Paragrafen.
Unser Gesetz ist kurz, klar, regelt nur das Nötige, enthält keine auftragsfremden Regelungen und schreibt die Auftragsvergabe an den wirtschaftlichsten und nicht an den billigsten Anbieter vor.
Mit dem Weiterbildungsscheck Sachsen wurde eine unkomplizierte Förderung der berufsbegleitenden Weiterbildung zusätzlich eingeführt und bereits von 8 800 Teilnehmern in Anspruch genommen. Die Innovationsprämie ermöglicht Kleinbetrieben, Dienstleistungen für Forschung und Entwicklung zusätzlich zu finanzieren.
Das Sächsische Ladenöffnungsgesetz enthält weniger Vorschriften und ist konsequent auch auf Handwerkerlä
den ausgerichtet; denn es erlaubt beispielsweise vor allem den Bäckern, den Fleischern, den Kunsthandwerkern und eben nicht den Discountern und den Großanbietern, ihre Geschäfte bei Ortsfesten am Sonntag zu öffnen.
Die Mittelstandsrichtlinie wurde durch den Wegfall von Auflagen und die Zusammenführung von bestehenden Richtlinien vereinfacht und entbürokratisiert. Unternehmensnachfolgen und -gründungen sind zwei der wichtigsten Punkte aus dieser Richtlinie, die den Handwerkern direkt helfen.
Die Sicherung des Fachkräftebedarfs unterstützen wir bisher mit einer Förderung der überbetrieblichen Lehrunterweisung in Höhe von 3 Millionen Euro jährlich. Die Anzahl der Ausbildung zum Meister blieb in den letzten Jahren konstant und wurde ebenfalls mit dem MeisterBAföG unterstützt. Dies bedeutet eine Förderung von 6 650 Euro bei einer Vollzeitqualifikation.
In dieser Legislatur hatten wir beinahe 1 600 mehr Anmeldungen als Betriebsschließungen. Die Anzahl der Insolvenzen sank von 335 im Jahr 2009 auf 185 im letzten Jahr. Das zeigt, dass unser Handwerk nicht nur stabil ist, sondern eine funktionierende Wachstumsbranche darstellt.
Wir haben die Mittelschule zur Oberschule weiterentwickelt und damit die wichtigste Nachwuchsquelle des Handwerks aufgewertet und ihr neue Instrumente für die Berufsorientierung dazugegeben.
Das sächsische Handwerk brummt. Kaum ein Betrieb klagt derzeit über mangelnde Aufträge. Mehr noch: Es wird wieder schwieriger, ausgezeichnete Handwerker zu bekommen. Das zeigt auch der Geschäftsklimaindex, der derzeit nur eine Richtung kennt, und zwar vorwärts. Damit dies auch so bleibt, werden wir uns weiterhin für das Handwerk und damit unseren Freistaat starkmachen.
So hat Sachsen im Bundesrat nicht für die Einführung des flächendeckenden Mindestlohnes gestimmt. Die Höhe der Löhne soll von den Inhabern der Handwerksunternehmen und ihren Mitarbeitern ausgehandelt werden. Nur so können regionale Besonderheiten wirklich berücksichtigt werden.
Wir Liberale scheuen uns nicht, weiterhin auf die Gefahren eines flächendeckenden Mindestlohnes für Sachsen und gerade auch für das Handwerk hinzuweisen. Was bringt der Mindestlohn, wenn dadurch Handwerksleistungen verteuert werden, während auf der anderen Seite die sozialdemokratische Koalition in Berlin den Mittelstand langsam, aber stetig ausblutet?
Kommen Sie mir bitte nicht mit dem Argument, durch den Mindestlohn hätten alle mehr Geld, und damit würden auch mehr Handwerksleistungen nachgefragt werden. Das ist Unsinn. Handwerksleistungen werden beispiels
weise beim Eigenheimbau vom Mittelstand nachgefragt. Diese Bürger haben jetzt schon oft einen deutlich höheren Mindestlohn als 8,50 Euro. Sie haben also nicht mehr Geld in der Tasche, aber sie müssen mehr bezahlen.
Auch beim Lebensmittelhandwerk wird sich Ihr Wunschdenken ins Gegenteil verkehren. Der Großbäcker kann den Mindestlohn sicherlich verkraften; er kauft sich auch viele Sachen außerhalb dazu. Der Bäcker um die Ecke muss dagegen die Preise erhöhen. Lassen Sie uns einmal überlegen, wohin die Bürger dann ihr Brötchengeld bringen. Der Mindestlohn ist eine scharfe Waffe, die Sie der Industrie gegen das Handwerk in die Hand geben. Sie ist zutiefst handwerkerfeindlich, ob Sie es einsehen oder noch nicht.
Die sarkastische Frage müssen Sie mir noch erlauben: Wenn der Mindestlohn für Sie das Allheilmittel gegen Armut darstellt, warum dann 8,50 Euro? Warum führen Sie nicht gleich 20 Euro ein? Nach Ihrer Logik müsste damit das Elend der Welt mit einem Schlag beendet sein.
Ähnlich sieht es mit den Rundfunkgebühren aus. Wir wollen uns nicht damit zufrieden geben, dass Handwerksbetriebe durch die Berechnungsmethoden Mehrfachbelastungen tragen müssen, die einem überteuerten und nicht mehr zeitgemäßen öffentlichen Rundfunk zugutekommen und den Sie nie in dem Umfang nutzen können, wie er zu bezahlen ist. Das müssen wir mit Blick auf die finanzielle Ausstattung der Betriebe einfach angehen.
Auch im Handwerk sind noch Spielräume für mehr Wettbewerb. Das betrifft weniger die Handwerksbetriebe selbst. Sie sind schon immer im Wettbewerb geprüft und gereift. Aber gerade in Bezug auf die Sozialkassen sehen wir Entwicklungschancen, wie man Kosten senken kann, ohne Leistungen abzubauen. Man muss nur offen für neue Ideen sein und nicht an alten Zöpfen festhalten.
Für das produzierende Handwerk im Besonderen und auch für alle anderen wirtschaftlichen Bereiche stellt das EEG eine besondere finanzielle Belastung dar. Der Freistaat Sachsen hat bereits 2012 ein mengengesteuertes Quotenmodell der erneuerbaren Energien vorgelegt und einen entsprechenden Gesetzesantrag über den Bundesrat eingebracht. Auch das 2013 für Sachsen beschlossene Förderprogramm für Investitionen in dezentrale Speicher und Stromerzeugungstechnologien bremst den Anstieg der EEG-Umlage, wenn es denn auch von anderen Ländern übertragen werden würde.
Der sächsische Vorschlag zur Einführung eines sogenannten Netz-Soli, mit dem die Betreiber von erneuerbaren Energien-Anlagen sich an den Ausbaukosten der Energiewende beteiligen, stieß auch auf Interesse beim Bund, aber es wird dort nicht weiter verfolgt.
Mit dem Entschließungsantrag zur Großen Anfrage setzen wir uns weiter für die Entbürokratisierung, den Abbau von steuerlichen Belastungen und den Erhalt bestehender Regelungen, wie der steuerlichen Absetzbarkeit von Handwerksleistungen, ein.
Wir sehen auch weiterhin unsere Prioritäten in der Unterstützung von Unternehmensnachfolgen, der Aus- und Weiterbildung und insbesondere der Meisterausbildung. Hier werden wir uns weiterhin für die Erhaltung des Meisterbriefes einsetzen. Er ist das Qualitätssiegel des sächsischen Handwerks. Die durch die EU beabsichtigte Änderung beim Zugang zu reglementierten Berufen ist für uns das falsche Signal. Auch deshalb werden wir die Förderung der Meisterausbildung in Sachsen fortführen.
Das duale Ausbildungssystem basiert auf der hohen Qualifikation der Meister. Dieses Ausbildungssystem werden wir weiter stärken. Die Schulnetzplanung der Berufsschulen, inklusive der Fachklassenstandorte, soll gemeinsam mit der kommunalen Ebene stärker als bisher durch den Freistaat Sachsen koordiniert werden,
um damit eine flächendeckende Berufsschulausbildung besonders im ländlichen Bereich sicherzustellen.
Meine Damen und Herren! Wir wissen auch um die Gefahren, denen sich das sächsische Handwerk in den nächsten drei Jahren durch die sozialdemokratische Koalition im Bund stellen muss. Die dünne Kapitaldecke, die unsere kleinen Handwerksbetriebe zwangsläufig haben, und die starke Ausrichtung auf den regionalen Markt machen jedes Abwürgen der Binnennachfrage zu einem beständigen Angriff auf die Handwerkerschaft.
Wenn Lohnnebenkosten erhöht und Mautpläne erweitert werden sowie ständig neue Ideen aufkommen, wie man die Bürger zur Kasse bitten kann, fehlt dem Markt das Geld, um gut ausgebildete Handwerker zu bezahlen. Wir werden uns weiterhin dagegen wehren, dass unsere Maßnahmen, die wir in Regierungsverantwortung für das sächsische Handwerk gemeinsam mit unserem Koalitionspartner durchgesetzt haben, durch falsche Entscheidungen im Bund „verfressen“ werden. Hier in Sachsen, im Handwerkerland, machen wir Politik für ein starkes Handwerk mit starker Nachfrage in dieser Legislatur – heute und in Zukunft.