Abschließend kann ich sagen: Wir sind im Freistaat Sachsen gut aufgestellt, die Förderinstrumentarien greifen, und wenn es an der einen oder anderen Stelle eine Nachschärfung geben muss, dann kann man sich gern damit auseinandersetzen; aber das sollte auf einer sachlichen Basis erfolgen.
(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung – Enrico Stange, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)
Für die Staatsregierung sprach Herr Staatsminister Ulbig. Jetzt ergreift nochmals für die einbringende SPD-Fraktion Kollege Dulig das Wort. – Es wird noch eine Kurzintervention angezeigt. Bitte.
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich möchte auf Herrn Staatsminister Ulbig reagieren. Herr Staatsminister, ja, vor dem Krieg haben sicherlich mehr Menschen in der alten Kernstadt Leipzig gewohnt als heute. Allerdings waren damals auch die Wohnungsgrößen für die Masse der Bevölkerung wesentlich geringer als heute. Herr Staatsminister, wir wollen auch nicht auf dieses Niveau zurück. Ich denke, darin sollten wir uns einig sein.
Ich habe Sie sehr wohl verstanden, aber das muss man berücksichtigen, wenn man diesen Rückblick auf die Vorkriegszeit wagt.
Zweitens. Herr Staatsminister, nein, die Förderinstrumentarien sind nicht alle bedarfsgerecht ausgerichtet. Ich gehe ganz kurz nur auf die Mehrgenerationenrichtlinie ein. Sie gilt nicht für den ländlichen Raum. Damit wird für viele Menschen das Leben im Alter in ihrem angestammten Umfeld einfach nicht möglich sein. Hier wäre dringend geboten nachzusteuern. Das lege ich Ihnen hiermit noch mal ans Herz – das haben wir ja schon öfter diskutiert –, vor allem auch mit Blick auf die Haushaltsverhandlungen Ende des Jahres.
Drittens. Ja, wir wollen Mietwohnungsbau und Eigentumsförderung auch nicht gegeneinander ausspielen. Aber Fakt ist auch eins: Die Überbetonung, die Sie auch jetzt wieder vorgenommen haben – aus dem Wohnraumförderfonds in Richtung Wohneigentum –, sollten wir dringend überdenken, weil auch der Mietwohnungsbau gefördert werden muss. – Danke.
Eine Kurzintervention, vorgetragen von Kollegen Stange bezieht sich auf den vorhergehenden Redebeitrag. Herr Staatsminister, Sie hätten die Möglichkeit zu reagieren. – Das ist nicht der Fall. Wir fahren jetzt fort und das Wort ergreift jetzt Kollege Dulig für die einbringende SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn in München und in Hamburg die Mieten steigen, dann liegt das genau an der wirtschaftlichen Kraft dieser Region und an der Verknappung, wie schon festgestellt wurde.
Interessant ist nur, dass in Hamburg 30 % des neu geschaffenen Wohnraums sozialer Wohnraum ist. Das ist sozialdemokratische Wohnungsbaupolitik.
In Dresden und in Leipzig steigen die Mieten. Bezahlbarer Wohnraum wird knapp. Wer das leugnet, der kann das Problem nicht lösen.
Die 5 % Leerstand in Dresden besagen ja auch nicht, wie viel davon in einem vermietbaren Zustand ist. Reden Sie
mal mit den Wohnungsbaugesellschaften und mit dem Mieterverband. Die sagen, in den nächsten fünf Jahren ist dieses aufgebraucht. Das heißt, Ihre Aussage, dass das in zehn Jahren immer noch kein Problem ist, stimmt schlichtweg nicht. Sie müssen die Dynamik berücksichtigen.
Erstens brauchen wir einen sozialen Wohnungsbau in den Ballungszentren, um ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Zweitens brauchen wir auch ein Wohnungsbauprogramm für altersgerechten Umbau; denn der Druck, dass wir bezahlbaren Wohnraum benötigen, wird noch einmal dadurch größer, dass wir auch mit der Problematik der wachsenden Altersarmut zu kämpfen haben bzw. unabhängig davon der Wunsch der Menschen besteht, so lange wie möglich in Würde in ihren eigenen vier Wänden alt zu werden. Das bedarf Sanierungen und Umbau von Wohnungen zu altersgerechten Wohnungen, und eher dafür brauchen wir ein Wohnungsbauprogramm. Das sind die Dinge, die wir fordern. Dazu muss man aber das Problem vorher verstanden haben.
Das war Kollege Dulig für die einbringende SPD-Fraktion. – Gibt es jetzt Bedarf bei den anderen Fraktionen, an das Rednerpult zu treten? – Das ist nicht der Fall. Wir sind damit am Ende der 1. Aktuellen Debatte angelangt und schließen diese.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Wir haben eine Aktuelle Debatte zum Betreuungsschlüssel an den sächsischen Kitas beantragt. Wir haben das getan, weil es aktuell ist. Ich weiß, einige werden sich fragen: Ist das eine Aktuelle Debatte? Das Problem ist schon so alt. – Das kann ich verstehen. Aber ja, es ist ein aktuelles Thema, und zwar aus folgenden Gründen:
Zum einen gibt es einen demokratisch sehr wertvollen Druck von den Bürgerinnen und Bürgern selbst. Wir haben inzwischen eine Massenpetition mit über 77 000 Unterschriften vorliegen. Das heißt, das Thema berührt sehr viele Menschen in diesem Land.
Zum anderen ist es so – ich glaube, das ist eine der größten Petitionen, die es jemals im Sächsischen Landtag gab –, dass vor den letzten Wahlen, 2009, sehr viele Menschen davon gesprochen haben, dass sie beim Kitaschlüssel etwas verbessern wollen, dass wir die Relation von Kindern und Betreuern verbessern wollen; das hat die FDP getan, das hat die CDU getan, davon haben sie alle geredet. Aber was passierte in all diesen Jahren, in den fünf Jahren Schwarz-Gelb? – Nichts. Dieses Mal stehen wir wieder vor der Wahl, es ist also offenbar der richtige Zeitpunkt.
Hinzu kommt, dass wir die Vorlage eines Doppelhaushalts zu erwarten haben; es gibt erste Eckpunkte. Das heißt, das ist genau der richtige Zeitpunkt, um diese Frage hier zu besprechen, denn es geht ja am Ende auch um Geld. Die Verbesserung des Betreuungsschlüssels der Kitas war bei
den Eckpunkten, die vor einigen Wochen zum neuen Doppelhaushalt bekannt geworden sind, nicht dabei. Das waren Größenordnungen von circa 90 Millionen Euro. Da darf man erwarten, dass so etwas erwähnt wird. Das wurde nicht erwähnt, also gehen wir davon aus, dass die amtierende Koalition kein solches Vorhaben in ihrem Doppelhaushaltsentwurf vorschlagen wird.
Seit dem Jahre 2005 aber – das sind neun Jahre, das liegt zwei Legislaturperioden und zwei Landesregierungen zurück, eine schwarz-rote und eine schwarz-gelbe – sind die Zuschüsse pro Kopf, pro Kinderkopf nicht gestiegen, sind eingefroren gewesen. Sie betrugen und betragen 1 875 Euro pro Kinderkopf. Es hat zwar Mehrausgaben gegeben, aber das hat damit zu tun, dass es mehr Kinder gab; das ist Tatsache.
Also: Alle, die davon gesprochen haben, dass die Bildung bei Ihnen in der Politik eine Priorität einnimmt, haben bis jetzt nichts getan, wenn sie an der Regierung waren. Das finde ich einen schwierigen Befund. Wir haben jetzt die Möglichkeit, dort besser zu werden als Sachsen insgesamt. Wir können dabei auch gern versuchen, der Staatsregierung ein wenig zu helfen, das ist ja auch eine edle Aufgabe der Opposition.
Wie gesagt, die Kostensteigerungen, die Mehrausgaben, die getätigt worden sind, waren eigentlich Mehrausgaben aufgrund der gestiegenen Kinderzahl. Es gab aber allgemein überall Kostensteigerungen, die seit 2005 da waren, und die wurden auf die Eltern und die Kommunen abgewälzt. Da ist der Freistaat schön raus, hat sich da einen schlanken Fuß gemacht. Zwischen 2005 und 2011 sind die Kosten für Heizung und Warmwasser um circa 30 % gestiegen. Das ist eine reichliche Million Euro, die die Kommunen jetzt obendrauf bekommen haben und selbst finanzieren müssen.
Wir haben, was die Mehrkosten beim Personal betrifft – wenn man einmal unterstellt, dass es in den letzten acht Jahren Lohnerhöhungen von vielleicht 5 % gab, sehr konservativ geschätzt, ich gebe das zu –, mindestens 50 Millionen Euro Unterfinanzierung. Auch das ist nicht in der Erhöhung der Betriebskosten, die gegeben worden ist, widergespiegelt worden. Das heißt, auch darauf bleiben die Bürgerinnen und Bürger, die Eltern und Kommunen im Prinzip sitzen. Was also tun Freistaat und Regierung? – Regelmäßige Versprechen, die nicht eingehalten werden. Wir haben am Sonntag Wahlen, unter anderem auch Kommunalwahlen, da geht es um Stadträte und Kreisräte. Auch da wird die Frage der Kitas erörtert, das ist ganz klar; Stichwort Zuständigkeit.
Ende August haben wir die Landtagswahl. Hier, jetzt und heute, vor den Wahlen, geht es nicht nur um eine Plakatserie „Kostenlose Kita“, oder was da immer seit 2009 herumgeschwirrt ist, sondern es geht darum, eine klare Positionierung abzugeben, auch vonseiten der noch amtierenden Koalition, und zu sagen: Ja, wir machen das.
Wenn Sie Sorge haben, Sie könnten sich das finanziell nicht leisten, helfen ich gern weiter aus. Circa 90 Millionen Euro Mehrkosten muss man unterstellen. Wenn das
ein Grund zu schwanken wäre – das kann ich sogar nachvollziehen –, zu sagen, man macht das aus den exorbitanten Steuermehreinnahmen, weil auch der Sockel der Steuermehreinnahmen ansteigt und nicht nur Steuermehreinnahmen da sind, dann würden wir sagen: Na gut, das machen wir lieber nicht, weil das vielleicht eine Einmaleinnahme ist, die einer Dauerausgabe gegenübersteht.
Darüber kann man ja fachpolitisch diskutieren. Da habe ich gar keine Schmerzen. Dann bleiben wir bei unserem Vorschlag, nämlich die Grunderwerbsteuer in Sachsen endlich von 3,5 % auf 5 % anzuheben. Das sind round about 85 Millionen Euro, von denen nicht ganz 20 Millionen Euro den Kommunen und circa 65 Millionen Euro dem Land zufließen. Dann hätten wir fast exakt das abgebildet, was an Mehrkosten für die Anhebung des Personalschlüssels, für die Verbesserung des Personalschlüssels nötig wäre, nämlich circa 90 Millionen Euro, und dann wäre es auch dauerhaft und solide gegenfinanziert, und man hätte endlich einmal an eine Frage, die sehr viele Menschen berührt, einen Knopf drangemacht.
Dynamische Kostenanpassung wollen Sie nicht, aber die Abgeordnetendiäten, die Sie beschlossen haben – –
Den Satz bringe ich noch zu Ende, danke Herr Präsident. – Die Abgeordnetendiäten, die im Haus beschlossen worden sind, die werden dynamisch angepasst: Inflation, Lohnentwicklung etc. wird alles hineingerechnet – bei Kitas nicht. Dann machen sie es wenigstens alle zwei Jahre beim Doppelhaushalt!
Als Antragstellerin hatte zunächst die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Es wurde von Frau Kollegin Hermenau ergriffen. Jetzt gehen wir weiter in der Rednerrunde: CDU, DIE LINKE; SPD, FDP, NPD, Staatsregierung, wenn gewünscht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Hermenau, vielen Dank für die Debatte, auch wenn wir sie – so fühlt es sich für mich jedenfalls an – in jeder Plenarsitzung, also jeden Monat, hier erneut unter den verschiedensten Aspekten oder Debattenhintergründen führen.