wir bereits gesagt, es besteht die Notwendigkeit, Vor- und Nachbereitungszeit – Patrick Schreiber, du hattest das ins Spiel gebracht – zur Verfügung zu stellen. Auf welchem Wege wir den Kita-Schlüssel ändern, ist erst einmal nicht entscheidend.
Entscheidend ist, dass wir ihn ändern. Ob wir das zunächst über die Vor- und Nachbereitungszeit tun und schauen, wie sich das auswirkt, und dann den nächsten Schritt gehen, soll mir, ehrlich gesagt, egal sein. Aber was ich satthabe, ist, ein Modellprojekt und eine Zusatzstärkung für Kitas nach der anderen durchzuführen. Die Frau Staatsministerin hat hierzu ausgeführt, dass die Bindung besonders wichtig sei.
Wir hatten einmal ein Modellprojekt „Familienbildung in Kitas“, und ich möchte echt wissen, wie sich dieses, nachdem die Modellphase beendet war, in den Kitas wirklich niedergeschlagen und welche Erfahrungen man dabei gewonnen hat. Das war nämlich ein Projekt, um die Familien stärker mit der Kita zu vernetzen.
Wir haben an manchen Stellen in Sachsen eine beängstigende Tendenz bei der Integration, von der wir immer sagen, dass sie in Kitas besonders gut sei: dass Kitas schon Integrationskinder ablehnen müssen, und zwar nicht, weil sie das nicht wollen, sondern weil sie das mit diesem Personalschlüssel nicht mehr schaffen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Noch ein Punkt: Wir haben gestern über den 10-PunktePlan zu Crystal diskutiert und gesagt, wir brauchen eine breite Aufstellung, um frühzeitig Gefahren festzustellen, die aus dem Missbrauch, beispielsweise von Crystal, resultieren, und Hilfestellung zu geben. Damit waren explizit auch Schulen und Kitas angesprochen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das können diese nicht auch noch machen. Natürlich wird in einer Kita, wenn Kinder auffällig sind, damit umgegangen, seit Jahren schon. Aber die Aufgaben werden zu viele, und es sind zu wenige, die diese Aufgaben in den Kitas bewältigen können. Deshalb hätte ich mir eine ganz klare Aussage der Staatsministerin zum Personalschlüssel gewünscht. Auf welchem Wege der Schlüssel verbessert wird, soll mir, wie gesagt, erst einmal egal sein. Ich möchte, dass er verbessert wird, und dazu habe ich hier leider noch nichts gehört.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum einen können wir unserer Kultusministerin sehr dankbar sein, dass sie uns
die Chance gegeben hat, noch etwas tiefer in das Thema einzusteigen. Ich finde das gut, und ich finde auch, dass die Debatte über dieses Thema wichtig ist. Allerdings möchte ich eines sagen, und ich meine, es ist immer ein Stück weit eine Frage von Ehrlichkeit und Fairness: Es war doch nie zu erwarten, dass sich jemand im Rahmen einer Aktuellen Debatte dazu äußert, wie der künftige Doppelhaushalt im Freistaat Sachsen im Jahr 2015/2016 aussieht.
Bleiben Sie doch an dieser Stelle einfach fair und ehrlich. Sagen Sie, wir haben bald eine Landtagswahl, wir haben am Sonntag eine Kommunalwahl. Wir setzen uns hier hin, weil wir das Thema so wie im Monat Januar, im März und im November immer und immer wieder durchspielen wollen und auf einen Missstand aufmerksam machen wollen. Aber tun Sie nicht so, als hätten Sie tatsächlich erwartet, dass sich die Staatsministerin hier hinstellt und sagt, wie der Betreuungsschlüssel im Jahr 2015 aussieht.
Frau Jähnigen, das können Sie genausowenig sagen, weil Sie nämlich überhaupt nicht wissen, wie der Gesamthaushaltsansatz im nächsten Doppelhaushalt in welchem Ressort tatsächlich aussieht.
Damit bin ich noch einmal bei Frau Dr. Stange. Wenn Sie von der Staatsministerin enttäuscht sind, dann kann ich das sehr gut verstehen; denn Sie sind ja immer von anderen enttäuscht, außer von sich selbst. Aber sich hier hinzustellen und zu sagen, wir investieren nur dort, wo dann schöne Bändchen durchgeschnitten werden – dann möchte ich gern mal irgendwann dabei sein, wenn ein Mittelschullehrer, der höhergruppiert worden ist, seinen Gehaltsscheck mit einem Bändchen bekommt, und dieses gern durchschneiden. Ich möchte gern einmal dabei sein, wenn die Grundschullehrer, die höhergruppiert worden sind – was Geld kostet, das ist richtig –, ihre Gehaltsschecks bekommen, und möchte das Bändchen durchschneiden. Ich möchte bei der Höhergruppierung von Justizbediensteten dabei sein, ich möchte bei der nicht investiven, sondern konsumtiven Sportförderung, die erhöht worden ist, dabei sein, und ich möchte auch dabei sein, wenn der Polizist, der ab sofort eher in Rente gehen darf und das Bändchen, wenn er in den Ruhestand eintritt, für sich persönlich durchschneidet.
Damit habe ich Ihnen nur einmal einige Beispiele für konsumtive Ausgaben genannt, die rein gar nichts mit investiven Dingen zu tun haben. Investive Beispiele könnte ich Ihnen auch noch nennen: Kita-Invest, Investitionen in Sportstätten, in Schulen usw. Also, bleiben Sie doch, bitte schön, an dieser Stelle mal ehrlich.
Abschließend, Frau Dr. Stange, bin ich auch sehr gespannt, wann die freien Schulen, die in den nächsten drei Jahren – berechtigterweise – zusätzliche 35 Millionen Euro bekommen, diese überwiesen bekommen.
Ich wäre gern dabei, wenn das rote Bändchen um den Kontoauszug erscheint, um es durchzuschneiden. Bleiben Sie einfach ehrlich.
Doch, zu Frau Klepsch. – An dem Beispiel, das Frau Klepsch vorgetragen hat, sieht man einfach den grundlegenden Ansatz von Gesellschaftspolitik zwischen LINKEN – ich würde sogar sagen, zwischen LINKEN und GRÜNEN und zwischen LINKEN und CDU oder FDP.
Frau Klepsch, der Staat ist nicht dafür da, den Eltern jegliche Aufgabe abzunehmen, die sie verantwortlich angehen, wenn sie sich entscheiden, ein Kind in diese Welt zu setzen. Dazu ist der Staat erstens nicht in der Lage, und zweitens sollten wir viel mehr dafür tun, Familien zu stärken.
Deshalb sage ich Ihnen ganz konkret: Das Vorlesen in einer Kindertageseinrichtung, das Sie als Beispiel brachten, ist natürlich notwendig und wichtig, und natürlich muss dafür Personal vorhanden sein. Aber zuallererst muss das Vorlesen mal zu Hause stattfinden, nämlich dort, wo die Kinder den Hauptteil ihres Tages verbringen, außer den acht Stunden, in denen sie in einer Kita sind. Deshalb ist es doch zuallererst wichtig, dazu zu kommen, dass Vorlesen – das ist nur ein Beispiel –, Spielen oder andere Dinge mit den Kindern wieder zu Hause stattfinden, und etwas dafür zu tun, dass dies wieder verstärkt stattfindet und die Entwicklung nicht weiter in die andere Richtung läuft.
Herr Schreiber, stimmen Sie mir zu, dass in § 1 SGB VIII Kinder- und Jugendhilfegesetz steht: „Jedes Kind hat das Recht auf eine Entwicklung zur gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“, und stimmen Sie mir auch darin zu, dass dann auch der Freistaat Sachsen als Landesgesetzgeber gehalten ist, dieses Bundesgesetz umzusetzen, auch im Bereich der Kindertagesbetreuung, und stimmen Sie mir ebenfalls darin zu, dass sich Eltern, die in Vollzeit erwerbstätig sind, nicht noch vier oder fünf Stunden am Tag zu Hause um die Sprachentwicklung des Kindes kümmern können,
sondern dass bei Vollzeit-erwerbstätigen Eltern ein Großteil der Bildungsarbeit und der Sprachentwicklung auf der Kindertagesbetreuung beruht?
Frau Klepsch, es fällt wirklich schwer, auf so eine Frage zu antworten. Sie sind eine junge Mutter, Ihre Zwillinge sind vor etwas mehr als einem Jahr geboren. Entschuldigung, wenn ich das jetzt so sage, aber mir wird richtig schlecht, wenn ich das höre.
Zuallererst sind eine Mutter und ein Vater und beide zusammen vielleicht sogar noch mit den Großeltern dafür verantwortlich, dass das Kind zu einem gesellschaftsfähigen Menschen heranwächst – zuallererst!
und wenn im Freistaat Sachsen mittlerweile 98 % aller Kinder ab 3 Jahren und circa 58 % der 0- bis 3-Jährigen durch eine Kindertageseinrichtung betreut werden, dann ist das richtig so, und dann hilft der Staat den Eltern. In diesem Fall geht es ja in der Regel um die Zeit, um das Kind betreuen und erziehen zu lassen, während die Eltern ihrer Arbeit nachgehen. Aber es entmündigt die Eltern in der Zeit, in der das Kind in der Kindertagesstätte ist, nicht und entbindet sie nicht von dieser Aufgabe.
(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Wer sagt denn das? Das hat doch gar niemand gesagt! – Thomas Schmidt, CDU: Sie haben das gerade gesagt, genau! Unglaublich!)
Genau das erzählen Sie doch. Sie erzählen eben gerade, dass Eltern, die acht Stunden arbeiten gehen, doch dann nicht mehr in der Lage seien, den Kindern zu Hause die deutsche Sprache beizubringen. Das haben Sie soeben gesagt.
Genau aus diesem Grund, weil wir als staatliche Institution, Frau Klepsch, den Eltern helfen, finde ich es überhaupt nicht verwerflich, wenn sich Kitas zum Beispiel rüstiger Rentner bedienen. Das heißt nicht, dass der Fachkraftschlüssel dadurch ausgehebelt werden soll. Ich finde es auch überhaupt nicht schlimm, wenn eine Kita mit einem Mehrgenerationen- oder einem Seniorentreff zusammenarbeitet, eher im Gegenteil: Ich finde es toll, dass es noch Orte in dieser Gesellschaft gibt, an denen man auch einmal daran denkt, dass es im Alter noch Leute gibt, die noch etwas zu tun haben wollen. Ich finde das toll, aber von Ihnen wird das jedes Mal negativiert, indem