Protokoll der Sitzung vom 19.06.2014

Meine Damen und Herren, ich stelle nun die Drucksache 5/14600 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und zahlreichen Dafür-Stimmen ist die Drucksache 5/14600 mehrheitlich nicht beschlossen worden. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Erklärung zu Protokoll

Im Anschluss an die Ausführungen von Herrn Kollegen Robert Clemen will ich zur von der SPD-Fraktion nicht zum ersten Mal und auch heute wieder aufgewärmten Debatte nur so viel ausführen:

Erstens. Die Hochschullandschaft hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert. Auch im Freistaat Sachsen ist der Anspruch gestiegen, einen möglichst großen Teil der Bevölkerung akademisch zu qualifizieren. Mit der Verabschiedung des Hochschulfreiheitsgesetzes hat der Freistaat Sachsen deshalb einen wichtigen Schritt getan und den sächsischen Hochschulen die Autonomie und Selbstständigkeit zugesprochen, die sie innerhalb der deutschen und der internationalen Hochschullandschaft wettbewerbsfähig machen. Die Hochschulautonomie ist eine der großen Chancen für unsere Hochschulen, zukunftsfähig zu werden, im globalen Wettbewerb zu bestehen, marktfähig zu bleiben und sich weiterzuentwickeln. Ich verweise auf meinen Debattenbeitrag hier an selber Stelle am 20.04.2011 und am 17.10.2013.

Zweitens. Insbesondere die im Hochschulfreiheitsgesetz vorgesehene Hochschulentwicklungsplanung, damit

einhergehend die Vereinbarung von Zielen zwischen SMWK und Hochschulen und schließlich die im Dezember 2013 verabschiedete Zuschussvereinbarung markieren den Beginn einer neuen Hochschulsteuerung.

Beim Hochschulentwicklungsplan geht es insgesamt um Merkmale der strategischen Ebene. Strukturell geht es um

die autonome Wahrnehmung, um den Dialog vor Ort, der aus der lokalen autonomen Verantwortung erwächst.

Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes (SächsHSFG) sind in den Zielvereinbarungen Festlegungen zu Immatrikulations- und Absolventenzahlen zu treffen. Die festgelegten Zahlen sind das Ergebnis der Verhandlungen mit den Hochschulen und berücksichtigen sowohl die Leistungsfähigkeit der Hochschulen als auch die Leistungsanforderungen seitens des Freistaates Sachsen. Als Orientierung dienten jeweils die bisherige Entwicklung der entsprechenden Werte, die Anforderungen zur Erfüllung des Hochschulpaktes 2020 sowie die weitere Entwicklung des Hochschulprofils auf Grundlage des Sächsischen Hochschulentwicklungsplanes bis 2020 und der hochschuleigenen Entwicklungspläne.

Schließlich ist die Hochschulzuschussvereinbarung im Dezember 2013 vom sächsischen Ministerpräsidenten mit den Rektorinnen und Rektoren einvernehmlich auf den Weg gebracht worden. Alles in allem sind unsere Hochschulen damit zukunftsfest aufgestellt.

Damit ergeben sich hinsichtlich des SPD-Antrags die folgenden Ergebnisse:

Richtig ist, dass wir mit dem Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetz eine tragfähige und zukunftsfeste Regelung geschaffen haben, die – deutschlandweit gesehen – die modernste Grundlage für eine Steuerung auf dem Gebiet der Hochschulpolitik ist.

Richtig ist, dass die Staatsregierung mit der Ende 2013 im Konsens mit der Landesrektorenkonferenz vereinbarten Zuschussvereinbarung und mit den einschlägigen Zielvereinbarungen die richtigen Weichenstellungen für die nächsten Jahre gestellt hat.

Richtig ist, dass der Hochschulentwicklungsplan und die damit zusammenhängenden Fragestellungen evaluiert werden. Das wird absprachegemäß im kommenden Jahr geschehen. Soweit Anpassungsbedarf besteht, werden wir dem natürlich Rechnung tragen.

Und richtig ist, dass die SPD-Fraktion selbst über kein eigenes tragfähiges hochschulpolitisches Konzept verfügt. Ihr hochschulpolitisches Handeln beschränkt sich darauf,

vermeintliche, tatsächlich nicht existente Mängel aufdecken zu wollen. Oder Sie versuchen in Ansehung unseres Hochschulfreiheitsgesetzes die Rückwärtsrolle zum

Gestern – Kramen und Festhalten am Vergangenen. Das ist alles ein bisschen wenig, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion.

Fakt ist: Sachsen ist auch und vor allem durch den „Rohstoff“ Geist groß geworden. Das wollen wir auch für die Zukunft sichern und das werden wir sicherstellen. Unser Hochschulsystem ist zukunftsfest aufgestellt.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 8

Ergebnisse des 2. Sächsischen Drogen- und Suchtberichts

ernst nehmen – Prävention stärken, Beratungs- und

Behandlungsstrukturen in der Suchthilfe verbessern

Drucksache 5/14605, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: GRÜNE, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, NPD; Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile der einreichenden Fraktion das Wort; Frau Herrmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Fraktion hat bereits im Sommer 2012 die Entwicklung eines Landessuchthilfeplanes gefordert. Frau Sozialministerin Clauß lehnte unsere Forderung damals mit der Begründung ab, dass der 2013 erscheinende 2. Sächsische Drogen- und Suchtbericht die weitere Suchthilfeplanung für Sachsen beinhalten werde.

Der nach Verzögerung im Januar 2014 vorgelegte Bericht konzentriert sich auf eine Bestandsanalyse des Hilfesystems für suchtgefährdete und suchtkranke Menschen im Freistaat und bildet die aktuelle epidemiologische Entwicklung ab. Im Kapitel IX werden dann Weiterentwicklungsbedarfe kurz zusammengefasst. Deren Umsetzung steht jedoch unter dem Vorbehalt der Finanzierung im jeweiligen Einzelplan sowie der Einhaltung der Schwellenpläne – Sie können das auf Seite 91 finden – und beinhaltet somit keine konkreten Maßnahmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser 2. Sächsische Drogen- und Suchtbericht bildet die Grundlage für unseren Antrag, der drei Ziele verfolgt:

Erstens – die Konkretisierung des 10-Punkte-Planes „Sachsen gegen Drogen“. Wir schlagen – zweitens – konkrete Maßnahmen vor, die sich aus den Ergebnissen des 2. Sächsischen Drogen- und Suchtberichts ableiten. Im Rahmen dieser Maßnahmen legen wir – drittens – einen besonderen Schwerpunkt auf die Prävention, indem

wir die Staatsregierung auffordern, ein landesweites Präventionskonzept zu erarbeiten.

Eine Konkretisierung des 10-Punkte-Planes „Sachsen gegen Drogen“ ist dringend notwendig, und wir hatten auch im letzten Plenum bereits darüber diskutiert. Das von der Staatsregierung vorgestellte Programm ist bisher weder finanziell und personell noch konzeptionell ausreichend untersetzt. Deshalb fordern wir die Staatsregierung auf, noch vor dem Ende dieser Legislaturperiode – das heißt, bis zum 9. Juli – zu folgenden Punkten zu berichten:

Wir möchten wissen, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum welche Staatsministerien in den nächsten Jahren vorhaben, finanzielle Mittel für die Umsetzung dieses 10Punkte-Planes bereitzustellen. In den Vorplanungen sind laut Antwort der Staatsregierung auf eine mündliche Anfrage unserer Fraktion im kommenden Doppelhaushalt Erhöhungen für das sächsische Suchthilfesystem von insgesamt 1,4 Millionen Euro enthalten. Bisher ist uns nicht bekannt, in welche Bereiche das Geld fließen soll.

Der vorgelegte 10-Punkte-Plan ist sehr ambitioniert. Dabei wird eine Erhöhung von 700 000 Euro jährlich für die im Programm formulierten Maßnahmen vermutlich nicht ausreichen. Wir stellen deshalb in diesem Zusammenhang auch die Frage, wie der 10-Punkte-Plan „Sachsen gegen Drogen“ in den kommenden Jahren sowie in diesem Jahr, also 2014, 2015 und 2016, personell untersetzt wird. Welche finanziellen Mittel werden im Doppelhaushalt 2015/2016 eingeplant, um den empfohlenen Einwohner-Fachkraft-Schlüssel von 1 : 20 000 für Suchtberatung und -behandlung zu gewährleisten? Denn es gibt in Sachsen große regionale Unterschiede.

Von der Finanzierung der Suchtberatungs- und -behandlungsstellen wird es aber letztlich abhängen, ob die

Soforthilfe für erstauffällige Konsumenten, wie unter Punkt 6 im 10-Punkte-Programm formuliert, überhaupt möglich ist; denn für eine schnelle Überführung in das bestehende sächsische Suchthilfesystem braucht Sachsen eine weitgehend flächendeckende Versorgung mit Suchtberatungs- und -behandlungsstellen. Wir wollen deshalb wissen, welche konkreten Maßnahmen im Rahmen des 10-Punkte-Planes „Sachsen gegen Drogen“ noch in diesem Jahr umgesetzt werden; denn ein zeitlicher Ablauf zur Umsetzung dieser 10 Punkte liegt bisher nicht vor und konnte auf die Mündliche Anfrage hin unserer Fraktion auch nicht genannt werden.

Wichtig ist darüber hinaus die Erarbeitung eines landesweiten Präventionskonzeptes in enger Kooperation mit den Kommunen, dem Landespräventionsrat, dem Fachausschuss Suchtprävention und den Fachstellen für Suchtprävention in Sachsen. Die Präventionsarbeit darf sich nicht auf die schon angekündigte Informationskampagne in Form von Onlineplattformen beschränken. Das ist unter Umständen für Angehörige von CrystalKonsumenten, für Lehrer, Sozialpädagogen und andere Fachleute durchaus von Interesse, es ist aber kein wirksames Mittel bei Suchtgefährdeten oder bereits CrystalAbhängigen.

Präventionsarbeit muss direkt vor Ort stattfinden, deshalb fordern wir die Stärkung der Weiterbildungsarbeit in den drei Fachstellen für Suchtprävention in Sachsen. Dadurch soll die suchtpräventive Arbeit in den Landkreisen und Kommunen, zum Beispiel an Schulen, in der Jugendhilfe und in Beratungsstellen, gezielt gefördert werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zunehmend greifen auch Frauen zu Crystal. Die Zahl der Kinder, die durch Entzugserscheinungen auffallen, nimmt in Sachsen zu. Auch im Dresdner Uniklinikum ist die Zahl der betroffenen Babys angestiegen. 2009 waren acht Neugeborene mit Entzugserscheinungen aufgefallen, 2012 20, 2013 24, und im I. Quartal 2014 sind es sieben. Darüber haben zum Beispiel die „DNN“ im März berichtet. Dieser Trend ist sachsenweit zu verzeichnen, wie die „Freie Presse“ in der letzten Woche berichtete, und das stellen Ärzte in der Geburtsmedizin auch schon länger fest. Die Mediziner nehmen an, dass die Dunkelziffer hoch ist. Beispielsweise fallen die Entzugserscheinungen bei ambulanten Geburten überhaupt nicht auf.

Liebe Frau Staatsministerin Clauß, Prävention und Kinderschutz sind uns allen ein Anliegen; Sie haben das hier oft betont. Es geht mir nicht darum, Ihnen etwa Untätigkeit vorzuwerfen. Ich möchte Sie vielmehr auffordern, gemeinsam Konzepte zu entwickeln, auch wenn klar ist, dass sie Geld kosten.

Was ist mit dem Handlungskonzept „Hinsehen – Erkennen – Handeln“ an der Uniklinik Dresden? Wir brauchen an den großen Kinderkliniken eine Kinderschutzambulanz, zum Beispiel nach dem Vorbild des pädiatrischen Kinderschutzzentrums in Freiburg oder des Kompetenzzentrums Kinderschutz an der Rechtsmedizin Hannover.

(Staatsministerin Christine Clauß: Wir brauchen sie an allen Kliniken!)

Wir brauchen sie sicher an allen, aber wir können ja bei den großen Kinderkliniken beginnen. Aber dafür, Frau Staatsministerin, müssen auch finanzielle Mittel bereitgestellt werden.

Weiterhin fordern wir die Staatsregierung auf, eine Handlungsempfehlung für die Landkreise und Kommunen zu erlassen, die verbindliche Kooperationsvereinbarungen zwischen dem Jugendamt, dem Gesundheitsamt, der Kinder- und Jugendhilfe und der Suchthilfe enthalten soll. Es kann zum Beispiel nicht sein, dass es keine Zusammenarbeit bzw. keine Handlungsvereinbarung zwischen Suchtberatung, Ärzten und der Jugendhilfe bei Eltern gibt, die im Substitutionsprogramm sind. Außerdem sollen die Angebote für suchtbelastete Familien ausgebaut werden, indem dafür Gelder im kommenden Doppelhaushalt eingestellt werden. Diese Angebote müssen nach unserer Auffassung regelfinanziert werden.

Es ist gut, dass die Präventionsarbeit an den Schulen Bestandteil des 10-Punkte-Planes ist. Dies soll nach dem Willen der Staatsregierung verstärkt durch Beratungslehrer übernommen werden, indem – ich zitiere – „an allen weiterführenden Schulen ein kompetenter Ansprechpartner für rat- und hilfesuchende Lehrer, Eltern und Schüler zur Verfügung steht.“ Es ist wichtig und sinnvoll, verlässliche Ansprechpartner für Schüler, Eltern sowie Kolleginnen und Kollegen an den Schulen zu haben, die auch beim Thema Crystal sensibel und kompetent reagieren können.

Aber fragen wir uns einmal, ob die Beratungslehrer auch die Zeit dafür haben.

Die Beratungsstunden liegen im Entscheidungsrahmen der Schulen. Wenn Sie sich an die Debatte heute Morgen erinnern, dann wissen Sie, dass Lehrer knapp sind und demzufolge auch die Zeit, die Beratungslehrer für das Thema Crystal aufbringen können, wahrscheinlich sehr gering ist.

Deshalb sind wir der Meinung, dass die Staatsregierung die Aufgaben nicht nur an die Schule delegieren kann, sondern dass auch die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung gestellt werden müssen. Das sind zum Beispiel Weiterbildungsangebote, aber auch Personal. Wenn wir nicht ausreichend Lehrer zur Verfügung haben, dann wäre die Forderung, dass an den Schulen Sozialarbeiter eingestellt werden müssen.

Wir fordern die Staatsregierung auf zu berichten, welche Weiterbildungsmaßnahmen in welchem Umfang und durch welche Träger für Beratungslehrerinnen und -lehrer im Rahmen des 10-Punkte-Plans „Sachsen gegen Drogen“ zur Verfügung stehen werden und wie sie darüber hinaus die personellen Voraussetzungen an den Schulen schaffen will.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Dialog mit den Kommunen und den Fachkräften vor Ort ist besonders bei weiteren Schritten zur Bekämpfung der Droge Crystal

dringend nötig. Um Präventions- und Suchthilfemaßnahmen zu entwickeln, muss die Staatsregierung die konkrete Problemlage in Sachsen kennen. Doch das ist nicht immer der Fall, wie sich bei einer Kleinen Anfrage unserer Fraktion zur Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen drogenabhängiger Eltern exemplarisch gezeigt hat.

Die Staatsregierung musste die Antwort schuldig bleiben, da ihr dazu keine vertieften Erkenntnisse vorliegen. Sie antwortete mit Blick auf von Crystal abhängige Eltern: Diese Daten werden von der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik bisher nicht erfasst und müssten demzufolge bei den Jugendämtern und in den Landkreisen und kreisfreien Städten abgefragt werden. Den dafür notwendigen Aufwand und die Recherchearbeit sieht die Staatsregierung als nicht gerechtfertigt an.