Protokoll der Sitzung vom 30.04.2015

(Heiterkeit und Beifall bei den LINKEN)

Ich habe das vorhin schnell gemacht: Erst kommt „Gefällt mir“, dann „Gefällt mir nicht mehr“ – die Frage haben Sie ja beantwortet –, dann die organischen „Gefällt-mir“Angaben, dann die bezahlten „Gefällt-mir“-Angaben, und daraus kann man die Nettozahl berechnen. Bei einer hoch bezahlten Agentur wie Ketchum Pleon müsste es doch möglich sein, die Daten im Detail zu ermitteln – ich habe es gerade vorgemacht – und eine für das Controlling wichtige Aussage zu treffen. Wir brauchen die Angaben, um prüfen zu können, ob das Werbebudget ordentlich verwendet wird. Dies und nichts anderes übrigens – wenn Sie die Frage noch einmal lesen – wollten wir von der Staatsregierung wissen.

Hier stellt sich die Frage – jetzt mache ich wirklich ernst –, wie die Staatsregierung mit dem Geld umgeht. Entweder war es Unvermögen oder Absicht. Sie können

die Frage gleich beantworten. Ich sage Ihnen: Beides ist nicht zu akzeptieren.

Um bei der Dachmarke zu bleiben: Dass diese auch in anderen Ministerien keine Rolle spielt, zeigt mit entwaffnender Deutlichkeit die Antwort auf die Frage, wie denn die Kampagne mit der im vorigen Jahr im Wirtschaftsministerium – jetzt ist Herr Dulig weg; na so was – aufgelegten Fachkräftekampagne „Heimat für Sachsen“ verbunden ist. Bei einer Dachmarke geht man davon aus, dass die Verbindung eng ist.

Dachmarkenstrategie, meine sehr geehrten Damen und Herren, heißt auch, dass sämtliche Werbeprojekte der Staatsregierung unter einer Marke zusammengefasst werden. Das würde zumindest bedeuten, dass das Logo bei Veröffentlichung der Kampagne „Heimat für Sachsen“ einheitlich verwendet wird. Aber schauen Sie auf die Internetseite: Leider ist auf der gesamten Seite „Heimat für Sachsen“ keine Verbindung zur Dachmarke „So geht sächsisch.“ erkennbar, sodass der Eindruck entsteht, dass Staatskanzlei und SMWA parallel an unterschiedlichen Kampagnen arbeiten.

Das glauben Sie nicht? Die Staatsregierung sagt, selbstverständlich gebe es Abstimmungen. Konkretes kann sie aber nicht benennen.

Ich kann Ihnen etwas Konkretes benennen: Wenn man keine Markenstrategie hat, führt das dazu, dass beide Ministerien parallel arbeiten. Im Juni vorigen Jahres sollten am selben Tag Veranstaltungen für interessierte Fachkräfte, die nach Sachsen zurückkehren wollen, stattfinden. Beide sind ausgefallen! Das ist ein Beispiel dafür, wie man eine Markenstrategie nicht entwickeln kann.

Ich könnte fortsetzen, höre aber an dieser Stelle auf. Bevor gleich wieder mit allgemeinen Sprechblasen von bunten Heimatbildern und ungewöhnlichen Aktionen die Dachmarkenstrategie der Staatsregierung schöngeredet wird, fasse ich – ernst gemeint – die Meinung unserer Fraktion zusammen: Die Kampagne „So geht sächsisch.“ ist nirgendwo als Dachmarke für Sachsen nachweisbar eingeführt. Sie hat keinerlei kontinuierliche Rückkopplung zu den Leistungserbringern der sächsischen Wirtschaft. Anerkannte Methoden der Werbewirksamkeitsmessung sind nicht einmal im Ansatz vorhanden. Die bereits eingetretene Verschwendung von Steuermitteln ist in jedem Fall ein Fall für den Sächsischen Rechnungshof.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, so geht sächsisch wahrlich nicht!

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Wir fahren in der Aussprache fort. Für die CDUFraktion Herr Abg. Ursu. Sie haben das Wort, Herr Ursu.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! So geht also sächsisch – das habe ich in den vergangenen 25 Jahren immer mal wieder gedacht. Das tue ich bis heute, manchmal schmunzelnd, oft bewundernd.

Sächsisch ist viel mehr als ein Dialekt. Sächsisch ist eine Lebenseinstellung. Seit Jahrhunderten stehen die Sachsen für gelassenen Pragmatismus und die Entschlossenheit, Dinge ohne viel Gerede anzupacken, neue Ideen zu entwickeln und umzusetzen und auf diese Weise ständig voranzukommen. Genau diese Stärken, die Sachsen ausmachen, zeigen wir in unserer Kampagne für Sachsen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Wir wollen allen zeigen – in Deutschland und darüber hinaus –, wie die Sachsen denken und handeln, wie sie die Dinge anpacken und was unser Land an Vielfalt zu bieten hat: an Wirtschaft und Wissenschaft, an Kunst und Kultur, an Landschaft und Gastfreundschaft. Deshalb tragen wir unsere Botschaft „So geht sächsisch.“ in die Welt hinaus. Die Standortkampagne soll für Bekanntheit und Beliebtheit des Freistaates sorgen und versammelt unter dieser Dachmarke zahlreiche Kampagnen, Initiativen, Kooperationen und Aktivitäten.

Im Mittelpunkt der Imagekampagne stehen die Stärken des Freistaates: wunderschöne Landschaften, weltberühmte Sehenswürdigkeiten und eine große kulturelle Vielfalt.

„So geht sächsisch.“ stellt – das liegt mir besonders am Herzen – auch den Kultur- und Wissenschaftsstandort Sachsen in den Mittelpunkt und die Besonderheiten Sachsens in Sachen Innovations- und Investitionsfreude, Kreativität, Erfindergeist, Bodenständigkeit und Familienfreundlichkeit heraus.

Sachsen hat seit der Wiedervereinigung Großes erreicht. Dessen müssen wir uns immer wieder auch selbst bewusst werden. Wir haben, jeder auf seinem Feld, durchaus Grund zum Stolz. Und: Wer überzeugt von dem Geleisteten ist, ist der beste Botschafter in eigener Sache.

Sachsen braucht viele gute Botschafter, um sich im Wettbewerb mit anderen Regionen dieser Welt zu behaupten. Darauf baut die Imagekampagne „So geht sächsisch." auf. Sie ist ein wichtiger Schritt, um als Sachsen gemeinsam entschlossen und deutlich aufzutreten. Sie richtet sich an unsere Bürgerinnen und Bürger, an Besucher, aber auch an Investoren, Meinungsmacher und Multiplikatoren.

Dabei verkauft eine Imagekampagne kein Produkt, sondern soll das positive Image Sachsens nach außen stärken. Das ist zugegeben schwer messbar, aber dennoch notwendig. Wir haben uns immer wieder mit Themen wie Selbstbewusstsein und Außenwirkung auseinandergesetzt und dabei sehr wohl erste messbare Erfolge der Imagekampagne festgestellt. Laut einer repräsentativen Befragung durch das Marktforschungsinstitut GMS Dr. Jung 2014 ist die Bereitschaft, zum Arbeiten oder Studieren nach Sachsen zu kommen, um 10 % gestiegen. Damit das

aktuell leider mit vielen negativen Bildern verbundene Image von Sachsen wieder ins Positive gerückt wird, sage ich und möchte hier unterstreichen: Ja, wir brauchen diese Imagekampagne und, ja, wir müssen sie fortsetzen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der SPD)

Entschuldigen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, aber als nicht gebürtiger Sachse darf ich das sagen. Dresdner Barock, Leipziger Freiheit und Chemnitzer Industrie in allen Ehren, aber wir sind nicht der Nabel der Welt. Wir befinden uns mit unserem Ansehen, aber auch als Kulturland und Wissenschaftsstandort im knallharten Wettbewerb innerhalb Deutschlands, Europas, sogar weltweit.

Lassen Sie mich das am Beispiel von Kunst und Kultur, Hochschule und Wissenschaft deutlich machen. Raffaels Sixtinische Madonna mit den berühmten Engeln mag seit 250 Jahren ein Aushängeschild sein, die Sächsische Staatskapelle auf eine jahrhundertelange Tradition zurückschauen können und die Dichte an außeruniversitären Forschungseinrichtungen mit überdurchschnittlich vielen Helmholtz-, Leibniz- und Fraunhofer-Instituten in Sachsen sehr hoch sein. Was bringt das aber – ich überspitze absichtlich –, wenn keiner davon weiß. Wir können nicht von der Substanz leben, sondern müssen an die Zukunft denken. Das bedeutet, dass wir nicht nur um die besten Köpfe kämpfen müssen, sondern nachwachsenden Generationen den besonderen Klang der Sächsischen Staatskapelle und die außerordentliche Schönheit der Sixtinischen Madonna auch auf neuen Wegen nahebringen müssen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wenn Menschen gefragt werden, was sie positiv mit Sachsen verbinden, dann werden neben der erfolgreichen Bildungspolitik und der großartigen Architektur immer die Kunst und Kultur als herausragende Eigenschaften Sachsens betont. In der Kampagne „So geht sächsisch.“ ist dieser Bereich deshalb einer der wichtigsten Punkte. Wir lesen Biografien von Wissenschaftlern und Künstlern, sehen Bilder von Kreuzchor und Thomanerchor, begegnen der Sixtinischen Madonna, der Semperoper, dem vogtländischen Musikinstrumentenbau oder dem GörlitzZittauer Gerhart-Hauptmann-Theater, das das Europa im Dreiländereck erlebbar macht und kulturell verbindet. Jan Vogler, Neo Rauch, Thomanerchor, Gewandhausorchester, Kreuzchor, Palucca-Hochschule und viele andere fungieren als Kampagnenbotschafter im In- und Ausland. Wir haben in Sachsen ein hervorragendes Wissenschafts- und Forschungsangebot, Universitäten, die im Exzellenzwettbewerb Erfolg haben. Auch das unterstützt die Kampagne mit Geschichten und Gesichtern.

Dass solch ein Vorhaben Geld kostet, Professionalität fordert und Kapazitäten bindet, müsste klar sein. Wenn DIE LINKE in den 22 Fragen ihrer Großen Anfrage jedoch rein auf Formalien und das Verfahren abhebt, ist das wenig zielführend.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Wir haben in den vergangenen Monaten immer wieder über die Notwendigkeit gesprochen, Fachkräfte für Sachsen zu gewinnen und im Freistaat zu halten. Dafür müssen wir massiv werben, weil sich Sachsen nun einmal im globalen Wettbewerb befindet. Wenn wir Talente aus Deutschland und aller Welt gewinnen wollen, müssen wir mit unserer Kunst, Kultur, Wissenschaft, Forschung und Bildung sowie all den anderen Standortfaktoren werben, die Sachsen gegenüber anderen Regionen Vorteile verschaffen. Und wir müssen Sachsen als Land der Talente und Chancen erlebbar machen, damit diese Talente später bei uns in Sachsen Nobelpreise gewinnen oder sich an Spitzenforschung und -entwicklung beteiligen können.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Erlauben Sie mir abschließend einige persönliche Worte. Wie Sie alle wissen, bin ich kein gebürtiger Sachse. Ich habe mich aber als Neuankömmling hier schnell willkommen gefühlt und habe Wurzeln geschlagen. Meine neue Heimat und die Menschen hier in Sachsen geben mir persönlich sehr viel: ein neues Zuhause und berufliche Erfüllung. Meine Ehefrau habe ich hier kennengelernt, meine Kinder sind hier geboren, und viele Freunde bereichern hier mein Leben. Sachsen ist ein lebenswertes Stück Erde und dafür dürfen und sollen wir nach außen unbedingt werben. Ruhig auch mit einer gehörigen Portion Stolz und Selbstbewusstsein. So geht sächsisch!

(Bravorufe und Beifall bei der CDU, Beifall bei der SPD)

Herr Abg. Vieweg spricht für die SPD-Fraktion. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Lieber Klaus Tischendorf, man sollte in der Debatte aufpassen, dass man nicht so rüberkommt, als würde der Blinde von der Farbe reden.

(Widerspruch bei den LINKEN – Sebastian Scheel, DIE LINKE: Jetzt müssen Sie sagen, dass Sie das nicht so meinen!)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte ein kleines Déjà-vu-Erlebnis, deswegen habe ich diese Anmerkung außerhalb des Manuskripts gemacht. Wir haben eine ganz ähnliche Diskussion in Chemnitz geführt. Auch dort führen wir gerade eine Marke ein „Die Stadt bin ich“.

Ich werde jetzt versuchen, mit meinem Redebeitrag bei Ihnen um Vertrauen zu werben, und aus unserer Sicht ein paar Dinge geraderücken. Es ist unbenommen Ihr gutes Recht, lieber Herr Tischendorf, hier zu kritisieren. Sie haben als Opposition die Aufgabe, genau hinzusehen. Ich kann die Haltung gut nachvollziehen. Ich sage Ihnen ehrlich, die SPD-Fraktion hat in der vergangenen Legislaturperiode diese Kampagne kritisch gesehen. Wir haben aber auch an zwei Kriterien festgemacht, warum wir das kritisch sehen. Wir haben einerseits gesagt, es ist ein falsches Signal, in Zeiten von sozialen Kürzungen eine

teure Imagekampagne zu verabschieden, und wir haben andererseits gesagt, es ist schwierig, eine Art Negativkampagne vorzuschlagen und sich am Ende des Tages als Sachsen in einer Negativkampagne gegenüber anderen Bundesländern zu profilieren.

Aus unserer Sicht haben wir jetzt eine etwas andere Situation. Wir haben das an den beiden Kriterien festgemacht. Die Kampagne hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Betrachten Sie meine Rede noch einmal als Versuch, um Vertrauen zu werben. Um auf das Argument einzugehen, die Kampagne sei zu teuer: Aus politischer Sicht, lieber Klaus Tischendorf, kann man das Argument teilen. Da sind Marketing-Kampagnen immer zu teuer. Aus kommunikativer bzw. aus Werbesicht ist das Budget gerade so richtig, gerade so ausreichend.

(Beifall bei der SPD)

Ein weiterer Vorwurf, den ich aus Ihrer Großen Anfrage herauslese, ist, die Kampagne sei methodisch schlecht gemacht. Es seien Regionen ungenügend einbezogen. Sie verweisen aufgrund Ihres Wahlkreises auf das Erzgebirge, das ungenügend eingebunden wäre. Ich sage Ihnen aber, das ist eine Kampagne für ganz Sachsen. Das Erzgebirge ist aus Chemnitzer Sicht eine wunderschöne Tourismusregion. Es geht hier aber nicht um eine Kampagne für das Erzgebirge, sondern für ganz Sachsen. Sie hat den Anspruch zu werben vom Vogtland bis zur Lausitz, vom Leipziger Seenland bis hinein ins Erzgebirge.

(Beifall bei der CDU – Widerspruch des Abg. Klaus Tischendorf, DIE LINKE)

Noch ein Vorwurf, den ich herauslese: Die Kampagne ist methodisch fehlerhaft. Sie pochen auf die sogenannte Aida-Methode. Ganz klasse, Klaus!

(Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Aha! – Zuruf von der CDU: Klasse Klaus – KK!)

Wir reden nicht über klassisches Produktmarketing. Es geht nicht darum, einen Schokoriegel oder ein Waschmittel zu verkaufen.

(Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Ja!)

Wir reden über eine Imagekampagne für ein Bundesland. Wir reden über eine langfristige, mehrstufige Kampagne.

Wir werben auch hier noch einmal um Vertrauen. Wir haben in den Jahren seit 2013 eine Aufmerksamkeitsphase gehabt. Wir gehen jetzt in die Mitmachphase. In diesem Jahr und in den Folgejahren wird es viele Mitmachangebote geben.