Protokoll der Sitzung vom 01.09.2015

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: In der Sackgasse noch Gas gegeben!)

Dieser Befund wiegt schwer, auch wenn genau diese Landesspitze zugleich in den vergangenen Jahren alles getan hat, um die sächsische Polizei an den Rand der Handlungsfähigkeit zu treiben. Eine andere Vermutung, als dass man Ihnen in den Rücken gefallen ist, wäre skandalös, meine Damen und Herren, deshalb will ich sie auch gar nicht aussprechen.

(Sebastian Fischer, CDU: Oh!)

Wer Sicherheit für alle hier lebenden Menschen organisieren will, der darf eben nicht nur auf die Sicherheit durch das staatliche Gewaltmonopol setzen. Sicherheit braucht vor allem Freiheit und die freie Entfaltungsmöglichkeit für jeden. Freiheit ist die Voraussetzung für Sicherheit, und die gesellschaftliche Verständigung auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung ist ihre Grundlage.

Bitte zum Schluss kommen.

Denn diese Grundlage besteht aus dem Konsens der Achtung der Menschenwürde und der Gewaltlosigkeit sowie in der Ausübung der

Grundrechte durch das Verbürgen der Grundrechte für jeden.

Herr Abg. Stange, die Redezeit ist abgelaufen.

Ich beende an dieser Stelle.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN)

Herr Urban.

Ich würde gern eine persönliche Erklärung abgeben. Ich wurde von Herrn Stange angesprochen.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Nach Abschluss des Tagesordnungspunktes!)

Das können Sie zum Ende des Tagesordnungspunktes tun. Sie hätten jetzt die Gelegenheit, eine Kurzintervention zu geben.

Dann würde ich jetzt gern die Kurzintervention nutzen.

Bitte.

Herr Stange, Sie haben versucht, meine Worte zu verdrehen. Sie haben mir mit diesem Versuch Rassismus und Fremdenfeindlichkeit unterstellt. Ich bin noch in der DDR zur Schule gegangen. Wir hatten das Fach Staatsbürgerkunde. Auch dort hatten wir Lehrer, die uns vorschreiben wollten, wie bestimmte Dinge angesprochen werden, und sie haben uns mit schlechten Noten und Direktorenbesuchen „geehrt“, wenn wir nicht mitgespielt haben. Die DDR war ein Staat, der seine Bürger eingesperrt und drangsaliert hat, wenn sie nicht den vorgegebenen Definitionen des kommunistischen Regimes gefolgt sind. Herr Stange, in der DDR wären Sie ein guter Staatsbürgerkundelehrer gewesen.

(Beifall bei der AfD – Leichte Heiterkeit bei der CDU)

Das war die Kurzintervention des Abg. Urban. – Herr Stange, Sie möchten nicht erwidern. – Wir setzen die Aussprache fort. Herr Abg. Kiesewetter für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kaum ein anderes Thema bewegt die Menschen derzeit so wie die aktuelle Flüchtlingskrise und die Frage, wie wir Menschen, die in unserem Land Schutz suchen, aufnehmen, versorgen und integrieren. Allein in diesem Jahr hat der Freistaat Sachsen mit über 40 000 Asylbewerbern zu rechnen. Viele davon bleiben für längere Zeit oder sogar für immer, ob als anerkannte Asylberechtigte oder Geduldete. Bereits die Zahlen machen deutlich, dass Bund, Länder und Kommunen vor einer der größten Herausforderungen seit der Wiedervereinigung stehen. Unser

Bundesfinanzminister Dr. Schäuble hat es mit einem Satz auf den Punkt gebracht – Zitat –: „Die Art und Weise, wie wir diese Aufgabe meistern, wird unser Land für die Zukunft prägen.“

An dieser Stelle möchte ich es nicht versäumen, den zahlreichen Helfern, Hilfsdiensten, Initiativen, Kirchen, Vereinen und Verbänden, der Polizei sowie den Mitarbeitern der staatlichen und kommunalen Behörden für ihr tägliches Engagement und die bisher geleistete Arbeit Dank und Anerkennung auszusprechen.

(Beifall bei der CDU)

Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind gewaltig. Nur gemeinsam können Bürgerschaft, öffentliche Verwaltung und Politik die Aufgaben lösen. Nötig sind Mut und Ausdauer, pragmatisches Denken und eine feste Entschlossenheit, die bereit ist, die Situation zu meistern. Gestatten Sie mir, dass ich mich bei meinen weiteren Ausführungen auf zwei ausgewählte Themen im Bereich Integration beschränke, die neben den bereits vielfach diskutierten wichtigen Fragen der Unterbringung, Sicherheit, Kommunikation und Finanzierung ebenfalls im Blick zu behalten sind.

Ein zentrales Integrationsthema ist für mich der Zugang zu Ausbildung und Beschäftigung. Die aktive Teilnahme am Arbeitsleben ermöglicht eine eigenständige, auskömmliche Lebensführung. Sie befreit aus der sozialen Isolation und fördert die Integration. Durch den Bundesgesetzgeber wurden bereits Ende 2014 arbeitsmarktzugangsrechtliche Beschränkungen für Asylbewerber und Geduldete gelockert. Darüber hinaus wurden mit dem zum 1. August 2015 in Kraft getretenen Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts weitere Verbesserungen erreicht. Es ist deshalb auch folgerichtig und konsequent, die schnelle berufliche Eingliederung von Asylbewerbern mit guten Bleibeperspektiven auch auf Landesebene voranzutreiben. Das SMWA prüft gegenwärtig Maßnahmen zur Förderung der Arbeitsmarktintegration und zur Existenzgründung. Frau Staatsministerin Köpping hat in ihren Ausführungen bereits auf entsprechende Aktivitäten hingewiesen.

Jedoch sind ohne Kenntnis der deutschen Sprache die Chancen von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt sehr gering, deshalb müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, damit auch Asylbewerber und Geduldete mit einer Bleibeperspektive so zeitig wie möglich Anspruch auf einen Sprachkurs erhalten. Mit dem Bestreben nach einer eigenen, das Bundesrecht ergänzenden sächsischen Regelung zur Sprachförderung sehe ich uns im Bereich der Integration auf einem guten Weg; denn werden die für den Spracherwerb sinnvollen und notwendigen Grundinvestitionen nicht getätigt, droht ein Vielfaches an Folgekosten, wenn die Integration in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft nicht gelingt.

Der zweite für mich wichtige Aspekt ist folgender: Integration ist keine Einbahnstraße. Hier sind alle Beteiligten gefordert, diesen Prozess aktiv gemeinsam zu gestal

ten. Ziel muss es sein, die Integration und gleichberechtigte Teilhabe aller Bereiche des Lebens zu verbessern und den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu stärken. Darüber hinaus sind die Landkreise und kreisfreien Städte bei aktuellen Herausforderungen in der Integrationsarbeit vor Ort zu stärken. Die neue Richtlinie „Integrative Maßnahmen“ greift genau diese Zielstellungen auf. Die erst kürzlich verabschiedete Richtlinie „Soziale Betreuung“ flankiert die Arbeit vor Ort.

Ich denke, wir sind mit den angeschobenen integrativen Maßnahmen auf einem richtigen Weg. Gleichwohl besteht fortlaufender Evaluierungs- und Handlungsbedarf. Wichtig ist und bleibt, dass bei der Umsetzung immer ein enger Schulterschluss mit der kommunalen Ebene geübt werden muss. Wir werden die Staatsregierung bei der Umsetzung und Weiterentwicklung ihres vorgelegten Maßnahmenkataloges umfassend begleiten und unterstützen. Das Thema Asyl ist und bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es geht bei Unterbringung, Sicherheit und Integration nur gemeinsam. Das ist das Gebot der Stunde.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, nun Frau Abg. Pfeil für die SPD-Fraktion. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade in der momentanen Stimmungslage, in der Rassismus, Fremdenhass und Intoleranz Alltag im öffentlichen und im digitalen Leben sind, reicht es eben nicht nur, klar und deutlich diesen zu verurteilen. Heute müssen wir mehr denn je denjenigen, die Tag für Tag zeigen, dass Sachsen sehr wohl in der Lage ist, Flüchtlinge herzlich willkommen zu heißen, unsere Unterstützung zusagen, aber auch denjenigen, die Spenden sammeln, die Willkommenskaffees organisieren oder Babypartys veranstalten, und denjenigen, die Zivilcourage zeigen und sich Hass und Aggression entgegenstellen. Diesen Menschen müssen wir endlich die Unterstützung und die Achtung entgegenbringen, die sie verdienen.

So heißt Unterstützung zum Ersten, ausreichend Fördermittel bereitzustellen, Kollege Kiesewetter hat es eben angesprochen. Eine schnelle Anpassung an die neue Flüchtlingslage muss daher zügig erfolgen, und wir müssen auch die Kontinuität der Arbeit gewährleisten. Es bedarf einer dauerhaften und langfristigen Förderung der Projekte und Initiativen.

Dass das Ehrenamt kreativ ist, sehen wir jeden Tag. Wir finden es im Großen beim THW, beim DRK und auch im Kleinen in den Stadtteilen, in Patenschaften und in einfachen Gesten. Daher heißt Unterstützung auch Strukturen stärken und Vernetzungen schaffen, als Mittler fungieren.

So zeigt uns die aktuelle Lage, dass wir alle persönlich gefordert sind, über die Grenzen in unseren Köpfen hinwegzuschauen, seien es nun kulturelle, politische oder religiöse.

Unterstützung heißt weiterhin, Personal bereitzustellen, das Ehrenamt darf nicht alleingelassen werden. Es ist mit dem Hauptamt in Einklang zu bringen. Eine Koordinierung der strukturellen, der organisatorischen und der finanziellen Unterstützungen muss ermöglicht werden.

Unterstützung heißt auch, eine offene und aktive Kommunikationsstruktur zu gewährleisten. Das darf nicht nur die Kommunen betreffen, sondern auch die ehrenamtlichen Helfer, denn auch sie brauchen Zeit für Vorbereitung, zur Aufklärung und zur Sensibilisierung in unserer Gesellschaft.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Unterstützung ist nur ehrlich mit genügend Achtung; Achtung für die Zivilcourage, für die Offenheit, ja, auch für den Mut, sich Hass und Anfeindungen entgegenzustellen und uneigennützig den Menschen zu helfen, die bei uns Schutz, Hilfe und eine Perspektive suchen. Wir sind auf die vielen Ehrenamtlichen angewiesen. Nur mit ihnen kann Integration gelingen, nur mit ihnen können die Flüchtlinge in unseren Kommunen wirklich ankommen.

Sind wir doch mal ehrlich: Ohne dieses starke Ehrenamt wäre der braune Dunst über Sachsen noch viel undurchsichtiger.

Sie sind diejenigen, die Haltung zeigen, die selbstverständlich über Glauben, Nationalität, Fluchtgründe, Bleibedauer, Vorurteile und geschürte Ängste hinwegschauen. Ihnen gehört mehr als der heute oft genannte Dank, ihnen gehört auch unser Respekt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Bis auf die CDU-Fraktion haben die Fraktionen ihre Redezeiten aufgebraucht. Möchte aus den Reihen der CDU-Fraktion noch jemand sprechen?

(Christian Piwarz, CDU: Wie viel haben wir denn noch?)

Noch 13 Minuten! – Nein, Herr Piwarz? – Vielen Dank. Dann erteile ich jetzt dem Sächsischen Ausländerbeauftragten Herrn Abg. Mackenroth das Wort. Bitte sehr, Herr Mackenroth.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die heutige Debatte in weiten Teilen, besonders heute Vormittag, als wohltuend empfunden. Ich möchte nur kurz fünf kleine Punkte ergänzen.

Für die in Sachsen lebenden Ausländer wünsche ich mir ausdrücklich ein überparteiliches Handeln. Die aktuellen Angebote, die heute ausgesprochen worden sind, begrüße ich. Lassen Sie uns in diesen Punkten möglichst bald konkret werden.

Erster Punkt. Tatsache ist: Auch wir im Freistaat stehen vor einer menschlichen, wirtschaftlichen und kulturellen