Protokoll der Sitzung vom 17.09.2015

Daher ist es wichtig, dass wir uns heute noch einmal darüber verständigt haben, liebe Koalition. Sie wollten diese Debatte führen, aber Sie haben an meinen Ausführungen wie auch aus den Ausführungen der anderen Kollegen aus der Opposition gemerkt, dass es hier noch genug Hausaufgaben gibt, die erledigt werden müssen. Das heißt Qualitätsverbesserung ja, aber nicht auf dem Rücken der Fachkräfte und nicht auf dem Rücken der Kinder, sondern immer im Interesse einer guten Bildungsqualität in den Kitas.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Herr Kollege Wendt spricht jetzt erneut für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Schreiber, Sie können doch nicht abstreiten, dass sich die CDU in den letzten Jahren dieser Thematik nicht angenommen hat. Das ist ein Faktum, das es zu belegen gilt und das man auch belegen kann. Gut, man kann auch belegen, dass diese Dorfhilfskräfte, die Sie angesprochen haben – in Baden-Württemberg –, bei den Berechnungen des Betreuungsschlüssels nicht mit enthalten sind. Das wollte ich einmal in den Raum stellen.

Die Berechnungen, die Herr Pecher angestellt hat, sind in meinen Augen sehr platt und nicht nachvollziehbar.

Ganz kurz zum Mitschreiben für alle. Vielleicht sollten Sie es sich auch hinter die Ohren schreiben: Wir benötigen einen spürbar besseren Betreuungsschlüssel. Das ist nunmal ein Faktum und darf auch nicht am Geld scheitern. Wir verbinden damit kleinere Gruppen, ein größeres Platzangebot, den Abbau überbordender Bürokratie und motivierte Erzieher. Kinder sind ein hohes Gut, das haben Sie heute hier zur Debatte gemacht. Beherzigen Sie das bitte. Sorgen Sie endlich für angemessene Betreuungsschlüssel und lassen Sie auch die Erzieher an diesen Qualitätsverbesserungen teilhaben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Nach Herrn Kollegen Wendt könnte jetzt erneut die Fraktion GRÜNE das Wort ergreifen. Gibt es da Redebedarf? – Nein. Dann eröffnen wir eine dritte Rederunde. Kollege Schreiber schreitet jetzt erneut zum Rednerpult.

Sehr geehrter Herr Präsident! Nur ganz kurz: Ich glaube, man muss noch einmal an eines erinnern, ohne dass es in irgendeiner Art und Weise eine Rechtfertigung oder Ausrede ist: Wir reden hier über eine kommunale Pflichtaufgabe. Die Kindertagesbetreuung, die Betreuung im Hort und in der Tagespflege, ist eine kommunale Pflichtaufgabe. Aus diesem Grund ist zuallererst die kommunale Familie verantwortlich. Der Freistaat Sachsen – das ist richtig – gibt den gesetzlichen Rahmen vor und unterstützt die Kommunen auch bei der Wahrnahme dieser Aufgabe.

Aber, Frau Klepsch, schauen Sie sich das Kita-Gesetz bitte zum Thema Elternbeiträge an. Das Sächsische KitaGesetz schreibt nirgendwo vor, dass die Kommunen in der Ausgestaltung ihrer Elternbeitragssatzungen in irgendeiner Art und Weise gehemmt sind, zum Beispiel Staffelungen vorzunehmen. Darin steht lediglich eine Obergrenze, wie viel der anfallenden Betriebskosten, zu denen auch die Personalkosten zählen, maximal auf die

Eltern umgelegt werden können. Alles andere liegt in der Freiheit und in den Möglichkeiten der Kommunen vor Ort. Zur Ehrlichkeit gehört auch, dass sich sozusagen die Kommunen so viel wie möglich an Geldern von den Eltern holen.

Ich habe vorhin von anderen regulären Kita-Gebühren in Deutschland gesprochen. Aber ich sage Ihnen auch deutlich: Wenn im Jahr 2013 in einer Kinderkrippe in der Stadt Dresden – ich gebe zu, das ist jetzt auch schon wieder fast zwei Jahre her – der Elternbeitrag bei einer neunstündigen Betreuung im Monat bei 192 Euro lag und im Kindergarten bei 133 Euro, dann muss ich ehrlich sagen, dass ich das nicht für zu viel Geld halte, wenn wir hier über Qualität reden. Dabei sind die Beiträge in Dresden mit die höchsten in ganz Sachsen. Ich bin aber sehr dafür, dass man darüber spricht, wie man bestimmte Elternbeitragssatzungen gestaffelt gestalten kann.

Zum Qualitätsdialog, den Sie angesprochen haben: Ich glaube, Sie haben deutlich gemacht, dass wir den führen. Es ist nicht so, dass wir nicht miteinander reden.

Herr Wendt, ich bin etwas empfindlich, wenn Sie sagen, wir hätten uns der Thematik nicht angenommen. Es ist richtig, es hat sich beim Betreuungsschlüssel in den letzten Jahren nichts getan. Das heißt aber noch lange nicht, dass wir uns der Thematik nicht angenommen hätten. Wir haben in dem Moment haushalterisch Prioritäten für andere Dinge gesetzt. Die will ich jetzt nicht aufzählen. Das ist so. Aber wir haben in der Koalition vereinbart, dass es jetzt an der Zeit ist, zumindest die ersten vier – wenn auch kleineren – Schritte zu gehen, die dazu führen, dass sich die Fachkräftesituation verbessert.

Man muss realistisch bleiben. Ich bin etwas skeptisch, wenn es um solche Rechnungen mit Minuten geht. Ich frage mich immer, wie man das bei einem so ausdifferenzierten Betreuungssystem ausrechnen will, weil nicht jeder neun Stunden in Anspruch nimmt usw. Fakt ist eines: Zum 01.09.2018 stehen den sächsischen Kindertagesstätten im Kindergarten ungefähr 5 % mehr Personal zur Verfügung, und in der Kinderkrippe sind es dann immerhin schon 20 %. Das mag sicher nicht reichen. Das kann man immer noch besser machen. Aber dass sich etwas verbessert, sollte man nicht einfach abqualifizieren.

Was die Fachkräfteverordnung betrifft: Wir haben im Haushalt – das sage ich hier noch einmal ganz deutlich – nicht gesagt, dass die Kommunen im Kinderkrippenbereich 20 % Sozialassistenten einstellen müssen. Wir haben gesagt, sie können das tun, wenn sie vor Ort die Möglichkeit oder die Notwendigkeit sehen. Vielleicht besteht die Notwendigkeit, weil die Personalversorgung in manchem ländlichen Gebiet – ich habe vorhin von den benötigten Fachkräften gesprochen – nicht mehr so ist, dass jede Stelle, die zum Beispiel durch Altersabgang frei wird, sofort mit einer Fachkraft besetzt werden kann. Dann ist es der Kommune möglich, 20 % Sozialassistenten einzustellen, wohl wissend – darüber sind wir uns fachpolitisch einig –, dass das nicht die Traumvorstellung der Qualitätsentwicklung in den sächsischen Kitas ist. Die Anhö

rung im Schulausschuss hat gezeigt, dass es in den Kitas um mehr geht, als immer auf Fachkräfte zu pochen.

Die Redezeit geht zu Ende.

Wir brauchen künftig noch ganz andere Professionen in den Kitas, um die Herausforderungen, die wir heute in den Kindertageseinrichtungen haben – und Kita heißt nicht mehr nur noch „Kind aufbewahren“ –, meistern zu können. Wir packen das an, und ich hoffe, Sie tun mit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Jetzt wird Frau Kollegin Klepsch gleich eine Kurzintervention zum vorhergehenden Redebeitrag von unserem Kollegen Schreiber vortragen. Bitte.

Korrekt, Herr Präsident. Herr Schreiber, selbstverständlich kenne ich das Kita-Gesetz. Ich will es Ihnen aber noch einmal erklären. Die kommunale Ebene hat in den Haushaltsdebatten darauf aufmerksam gemacht, dass es aufgrund des Sächsischen Kita-Gesetzes und der Deckelung der Elternbeiträge bei 23 bzw. 30 % der Betriebskosten nicht möglich ist, besser verdienende Eltern entsprechend an den Betriebskosten zu beteiligen, sondern dass das gedeckelt ist, während die Ermäßigungstatbestände für Eltern, die wenig verdienen, aber über den Ermäßigungstatbeständen liegen, diese Eltern über den Durchschnitt belasten. Dort ein neues Finanzierungssystem zu finden war eine Erwartung an den Gesetzgeber, und das ist der Sächsische Landtag. Das können die Kommunen nicht ändern. Das kann nur hier im Landtag geändert werden. Die Koalition hat sich an keiner Stelle positioniert, was sie von diesen Vorschlägen der kommunalen Ebene hält.

(Beifall bei den LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Klepsch. – Jetzt erfolgt wie gewohnt die Reaktion von Kollegen Schreiber.

Frau Klepsch, dem ist nicht ganz so, wie Sie es hier darstellen. Sie wissen genau, der ursprüngliche Entwurf sah vor, die Elternbeitragsobergrenzen um jeweils 3 % anzuheben. Das wäre eine Nummer gewesen, bei der man sagt, man könnte nach oben etwas tun. Das wurde dann politisch nicht gewollt. Der Vorschlag wurde fallengelassen.

(Mario Pecher, SPD: Die LINKEN haben ja geschimpft ohne Ende!)

Richtig, die LINKEN haben geschimpft ohne Ende, weil es die Personengruppe kurz über der Bemessungsgrenze, was das Einkommen angeht, unverhältnismäßig hoch belasten würde. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass die Kommune sagt, alle, die in meiner Kommune am meisten verdienen, zahlen die 30 oder die 23 %. In Dres

den zahlen 37 % aller Eltern keine Elternbeiträge, weil sie unter der Einkommensgrenze liegen. Aber dass die, die vielleicht mit einem Euro darüber liegen, im Zweifel nur 16 oder 15 % bezahlen müssten, ist Sache der Kommune und der Gestaltung der kommunalen Elternbeitragssatzung. Das hat mit dem Landtag nichts zu tun. Der Landtag legt die möglichen Obergrenzen fest. Das haben wir getan. Ursprünglich wollten wir sie erhöhen. Das war politisch nicht gewollt, unter anderem auch von Ihnen. Alles andere hat sich in der Gesetzgebung nicht geändert.

Sie sind künftig in der Stadtspitze von Dresden aktiv. Ich wünsche gute Reise. Tun Sie es einfach. Schlagen Sie es Herrn Hilbert vor.

(Beifall bei der CDU)

Das war die Reaktion auf die erste Kurzintervention. Es folgt eine weitere Kurzintervention von Herrn Wendt.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Schreiber, richtig, ich möchte mich revidieren. Sie haben sich dieser Thematik – –

Darf ich Sie auf etwas hinweisen, Kollege Wendt? Sie können nur eine Kurzintervention auf den Redebeitrag machen von – –

(Patrick Schreiber, CDU: Von mir. Ich habe gesprochen!)

Entschuldigung. Es ist richtig. Sie handeln vollkommen korrekt.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Schreiber, ganz kurz: Ich möchte meine Aussage revidieren: Sie haben sich dieser Thematik unzureichend angenommen. Zweitens möchte ich festhalten: Wenn Sie das Ganze mit haushalterischen Gesichtspunkten begründen, muss ich Ihnen sagen: Dann wurden die Schwerpunkte in der vergangenen Regierungszeit falsch gesetzt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das war die Kurzintervention von Herrn Kollegen Wendt. Gibt es darauf eine Reaktion? – Das kann ich nicht erkennen. Wir fahren in der Rednerrunde fort. Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Das kann ich nicht erkennen. Damit hat jetzt die Staatsregierung das Wort. Das Wort ergreift Frau Staatsministerin Kurth.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Debatte hat an mehreren Stellen auf die jüngsten Verlautbarungen der aktuellen Bertelsmann-Studie verwiesen. Diese Studie stellt Sachsen an das Ende der Skala und nimmt sehr einseitig Bezug auf den Personalschlüssel. Einige Worte von mir dazu:

Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2014, also bevor die Änderung des Sächsischen Kita-Gesetzes beschlossen wurde. Zum anderen – dieser Punkt ist mir noch sehr viel wichtiger als der Punkt mit den Zahlen –: Die Qualität der pädagogischen Arbeit, ob in der Kita, in der Schule oder im universitären Bereich, lässt sich nicht allein mit einer nominalen Personalausstattung oder der Finanzausstattung messen. Qualität misst sich vielmehr an der Arbeit der beteiligten Menschen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Unser Sächsisches Kita-Gesetz beschreibt Mindeststandards. Aber die Realität zeigt, dass in nicht wenigen Kitas zusätzliches Personal aus Programmen und Projekten des Bundes und des Landes eingesetzt ist. Ich möchte einmal ganz kurz auf einige wenige eingehen.

Da sind beispielsweise das Projekt „Schwerpunkt Sprache und Integration“ oder das Programm „Bildungschancen“ zu nennen. Auch unsere sächsischen Kommunen engagieren sich in ganz beachtlichem Maße über den Pflichtpersonalschlüssel hinaus, beispielsweise in Dresden mit dem Programm „Aufwachsen in sozialer Verantwortung“. Hier werden 30 Stellen für Sozialpädagogen oder Sozialarbeiter, die an den Kitas tätig sind, aus kommunalen Mitteln finanziert. In Leipzig hat die Stadt 14 Kinder- und Familienzentren aufgebaut und finanziert ebenfalls zusätzliches Personal.

Meine Damen und Herren! Diese Aktivitäten fallen bei Bertelsmann jedoch durchs Raster und werden in keiner Weise berücksichtigt.

Ich möchte die Frage stellen: Was ist denn gute Qualität in der pädagogischen Arbeit? Ich habe dies am vergangenen Freitag sehr anschaulich im Kinder- und Familienzentrum in der Eisenbahnstraße in Leipzig gesehen. Das ist eine Kita mit 230 Plätzen und einem sehr hohen Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund. 36 Sprachen sind dort vertreten. Mit den Kindern wird sehr differenziert gearbeitet, und es gibt Kinder mit den unterschiedlichsten Problemlagen. Das sind Kinder mit Sprachschwierigkeiten, Kinder mit Behinderung, Kinder, deren Eltern Hilfen zur Erziehung durch das Jugendamt in Anspruch nehmen müssen. Damit, meine Damen und Herren, müssen die Erzieherinnen und die Erzieher umgehen, und sie tun dies mit einer absolut professionellen Haltung. Dafür gebührt ihnen auch von dieser Stelle ein ganz großes Dankeschön.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Das Erzieherteam an der Eisenbahnstraße in Leipzig wird durch zusätzliche Kultur- und Sprachmittler aus unterschiedlichen Kulturkreisen verstärkt. Das ist wahre Integration von Kindern bei uns in Sachsen. Das Kinder- und Familienzentrum in der Eisenbahnstraße hat eine enge Verbindung zum Familienbildungszentrum und den Beratungsstellen in der Stadt Leipzig aufgebaut. Die Kita baut die Leistungen der Familienbildungs- und Beratungsstellen niedrigschwellig in ihre Angebote ein. Hier

spreche ich von wahrer Qualität in unseren Kindereinrichtungen. Das ist meines Erachtens ein sehr gutes Beispiel für die im Koalitionsvertrag genannten Eltern-KindZentren.