Protokoll der Sitzung vom 20.11.2015

800 Millionen Euro – es ist schon angesprochen worden –: 156 Millionen Euro sind Bundesgelder, 322 Millionen Euro kommunale Gelder und 322 Millionen Euro originäre Landesgelder. Jetzt kann man natürlich sagen, es sind ja nur 322 Millionen Euro, das haben wir alles schon in der Presse gelesen, aber ich frage mich, was denn noch? Wie viel sollen wir denn noch investieren? Da müsste uns einmal eine klare Hausnummer genannt werden, denn neben den 322 Millionen Euro gibt es ja

auch noch zusätzliche Gelder im Bereich Asyl, zusätzliche Gelder im Bereich Schulhausbau; das Betreuungsgeld wird überwiegend an die Kommunen, ins Land verteilt.

Es müsste uns irgendjemand einmal konkret sagen – da bin ich sehr gespannt gleich in dieser Debatte –, wie sehr wir die Druckerpresse noch anwerfen sollen. Ich bin der Meinung, dass dieses Paket wirklich gelungen ist; denn neben den Geldern, die wir ausreichen, gibt es auch eine klare Planbarkeit für die nächsten fünf Jahre. Darüber hinaus sind diese Mittel auch kofinanzierungsfähig, und die Förderquoten sind deutlich höher als das, was man sonst bei Förderrichtlinien im Land sieht. Nehmen wir zum Beispiel die Förderung des Schulhausbaus, der ansonsten mit 40 % gefördert wird: Hier sind wir jetzt bei 75 %. Das heißt, in Verbindung mit der Klarheit, die ein vereinfachtes Förderverfahren bringen soll, ist dieses ganze Paket eindeutig ein Gewinnerpaket.

Wir legen den Fokus in diesem Paket auf die kreisfreien Städte. Etwas mehr als die Hälfte der Gelder soll in die kreisfreien Städte gehen. Warum? Weil – das gehört zur Ehrlichkeit dazu – der Gleichmäßigkeitsgrundsatz II verändert werden soll. Es muss eine gutachterliche Überprüfung im nächsten Jahr noch abgewartet werden, aber es wird mit allergrößter Wahrscheinlichkeit eine Verschiebung der Verteilung in Richtung kreisangehörigem Raum geben. Das ist auch gerechtfertigt, denn in den letzten Jahren ist die Einwohnerentwicklung sehr unterschiedlich gewesen. Zur Jahrtausendwende lebten circa 28 % der Menschen in Sachsen im kreisfreien Raum, mittlerweile sind es 33 %. Es ist insofern gerechtfertigt, eine Anpassung vorzunehmen. Das haben wir auch im Koalitionsvertrag vorweggenommen. Sie können auf Seite 111 nachlesen, dann brauche ich es jetzt nicht zu zitieren.

Das heißt, wir warten diese Anpassung ab, werden aber dann eine Verschiebung sehen. Wir haben aber dennoch dem kreisfreien Raum für die nächsten Jahre Planungssicherheit gegeben, denn wir sind für beide verantwortlich: für die wachsenden kreisfreien Räume, die wir in ihrem Investitionsbedarf stärken und unterstützen müssen, aber auch für die – sind wir ehrlich – schrumpfenden kreisangehörigen Räume, die Städte. Wir haben Verantwortung für beide, und die übernehmen wir mit diesem Paket.

Zur Wahrheit gehört auch, dass wir noch ein Problem zu lösen haben, denn wir wollen, dass es ein Gewinnerpaket für alle wird. Es gibt ein doppisches Problem in Chemnitz. Dort sind wir dran. Wir werden es im Gesetzgebungsverfahren lösen. Wenn wir es in den nächsten zwei Wochen gelöst haben, dann wird dieses Paket, davon bin ich fest überzeugt, ein Gewinnerpaket für alle werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Das war die einbringende SPD-Fraktion, vertreten durch Herrn Kollegen Panter. Jetzt geht es weiter in der Rednerreihe mit der Fraktion

DIE LINKE. Herr Schollbach, bitte. Das Pult gehört Ihnen, jedenfalls für eine gewisse Weile.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! CDU und Co. scheinen hier etwas verwechselt zu haben. Wir befinden uns hier in einer Aktuellen Debatte und nicht in der Märchenstunde. Den Eindruck hat man nämlich angesichts ihrer extensiven Selbstbeweihräucherung.

(Demonstratives Stöhnen bei der CDU)

Vom größten Sonderprogramm in der Geschichte unseres Landes wird da fabuliert. Ich finde, größte Mogelpackung des Jahres dürfte es eher treffen, denn das Investitionspaket wird künstlich zu einem Scheinriesen großgerechnet, nur damit sich die CDU-Fraktion schön darin sonnen kann. Von den 800 Millionen Euro kommen schon einmal schlappe 156 Millionen Euro vom Bund, dann stammen noch 322 Millionen Euro aus dem kommunalen Vorsorgevermögen. Das heißt, dieses Geld wurde den Kommunen erst vom Freistaat weggenommen, nur damit es CDU und Co. jetzt der Öffentlichkeit mit viel Tamtam als Investitionsprogramm des Freistaates für die Kommunen verkaufen können.

(Widerspruch bei der CDU)

Sie benehmen sich wie Eltern, die ihren Kindern erst das Sparschwein klauen, nur um es anschließend mit großer Geste zu Weihnachten zurückzuschenken.

(Beifall bei den LINKEN – Gelächter bei der CDU)

Von den 800 Millionen Euro, meine Damen und Herren, sind lediglich 322 Millionen Euro originäre Landesmittel. Die werden auch noch – das ist interessant – über einen Zeitraum von fünf Jahren gestreckt. Das heißt, wir reden faktisch von lediglich rund 64 Millionen Euro pro Jahr, die unter den sächsischen Kommunen aufgeteilt werden. Damit sollen die Probleme gelöst werden, die wir ohne die verfehlte Politik der CDU gar nicht hätten.

(Gelächter bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Und so schwand sie hin, die große Herrlichkeit. Es ist übrigens recht interessant, welche Parallelen sich hier zur Planerfüllung in der DDR ergeben.

(Schallendes Gelächter bei der CDU)

Die hat ja bekanntlich häufig ihre Planziele auch nicht erreicht, der Öffentlichkeit wurde dann aber großartige Planübererfüllung präsentiert. Da haben sich die Politfunktionäre gegenseitig auf die Schulter geklopft und allen erzählt, was für tolle Hirsche sie sind. Wir haben das in der letzten Viertelstunde hier gerade sehr schön erleben dürfen. Wenn man zurückschaut, meine Damen und Herren, die Staatspartei CDU hat von der Staatspartei SED sehr gut gelernt.

(Gelächter und Widerspruch bei der CDU)

Aber das ist ja noch nicht alles, –

(Frank Kupfer, CDU: So was Niederträchtiges!)

denn die Art und Weise, wie dieses Geld verteilt wird, fügt sich – –

Ich weiß, jetzt sind Sie sehr aufgeregt.

(Zuruf von der CDU: Keine Ahnung, Herr Schollbach!)

Meine Damen und Herren! Die Art und Weise, wie dieses Geld verteilt wird, fügt sich nahtlos in die Wirklichkeit sächsischer Demokratie ein. Wer schön artig ist und immer brav CDU wählt, der wird freundlich bedacht; und jene dagegen, die es wagen, von ihrem demokratischen Recht Gebrauch zu machen, und sich erdreisten, Mehrheiten jenseits der CDU zu wählen, die werden künftig kurzgehalten.

(Zuruf von der CDU: Welche Mehrheiten?)

So funktioniert das in Sachsen.

(Zurufe von der CDU)

Im Windschatten des angepriesenen Investitionspaketes wird eine massive strukturelle Umverteilung der kommunalen Finanzmittel, weg von den eher linken Großstädten hin zu Landkreisen und kleineren Gemeinden, organisiert.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch: Freie Rede!)

Zunächst ist das Ganze noch als Nullsummenspiel getarnt, aber ab 2021 werden den Großstädten jährlich rund 50 Millionen Euro entzogen. Trotz der dort stetig wachsenden Bevölkerung organisieren Sie also sehenden Auges ein riesiges Problem, und das aus rein parteipolitischem Kalkül. Ich nenne das verantwortungslos.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Jetzt könnte man fragen: Warum macht denn da die SPD mit, sie ist doch auch in den Großstädten an den Mehrheiten jenseits der CDU beteiligt? Na ja, das ist im Grunde ganz einfach. Die sächsische Sozialdemokratie ist bislang nicht gerade durch besonders selbstbewusstes oder gar mutiges Verhalten im Landtag aufgefallen. Sie ist ein pflegeleichter, ein braver Koalitionspartner für den Ministerpräsidenten.

(Widerspruch bei der SPD)

So sägt sie letztlich an dem Ast, auf dem sie in den großen Städten sitzt.

Meine Damen und Herren! Die Redezeit ist leider vorbei.

(Schallendes Gelächter und Beifall bei der CDU)

Ich hätte Ihnen noch eine Menge zu erzählen. Das machen wir aber beim nächsten Mal.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN – Frank Kupfer, CDU, und Dirk Panter, SPD, stehen an den Mikrofonen.)

Das war Herr Kollege Schollbach. Er sprach für die Fraktion DIE LINKE und hatte die Redezeit fest im Blick. Ich wiederhole noch einmal, fünf Minuten, das Redepult gehört ihm nur auf diese Redezeit begrenzt.

Jetzt haben wir eine Kurzintervention am Mikrofon 1 durch Herrn Kollegen Panter.

Vielen Dank. Ich möchte nur kurz auf die Frage antworten, die Herr Schollbach gestellt hat. Sie haben gefragt, warum wir bei diesem Programm mitmachen. Ich sage einfach nur: weil wir rechnen können. Das können Sie offensichtlich nicht.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Ich habe in meiner Rede schon antizipiert, dass es diese sachlich unbegründete Kritik geben wird. Ich würde mir wünschen, dass es von den LINKEN auch mal konkrete Vorschläge gibt. Ich finde, 322 Millionen Euro plus ein ganzer Batzen extra ist ordentliches Geld. Das sind Landesmittel, mit denen wir verantwortungsvoll umgehen. Wenn Sie alternative Vorschläge haben, bitte gern, ansonsten höre ich mir die Polemik an und lache mich dann tot.

(Beifall bei der SPD)

Das war Herr Kollege Panter, der nicht auf Fragen antwortete, sondern auf den Redebeitrag seines Vorredners intervenierte. Sie könnten jetzt, Herr Kollege Schollbach, auf diese Kurzintervention reagieren. – Sie verzichten.