Die Statistik zeigt zum Beispiel auch, dass Altersgruppen signifikant unterschiedlich betroffen sind. Deutlich über dem Bundesdurchschnitt werden Beschäftigte in der Altersgruppe der 15- bis 17-Jährigen, also der Azubis, und die Gruppe der Beschäftigten über 65 Jahre Opfer von Arbeitsunfällen. Eine Untersuchung der Landesdirektion Sachsen ergab zudem; dass etwa drei Viertel der Unfälle auf Fehlverhalten der Beschäftigten, also auf individuelle Verstöße gegen geltende Arbeitsschutzbestimmungen, zurückgehen. Beiden Sachverhalten ist nur wenig durch staatliche Kontrollen zu begegnen. Hier muss die individuelle, an die konkrete Person und auf den konkreten Arbeitsprozess gerichtete Beratung der Beschäftigten, aber auch die Arbeitsschutzkompetenz der Arbeitgeber gestärkt werden.
An dieser Stelle komme ich noch einmal auf unser duales Arbeitsschutzsystem zurück. Die Verantwortung für den Arbeitsschutz liegt auch, aber nicht ausschließlich in staatlicher Hand. Gefordert sind hier genauso die Unfall- und Krankenkassen, die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer.
Gerade im Hinblick auf die große Anzahl kleiner und kleinster Unternehmen in Sachsen sehe ich die Berufsgenossenschaften in der Pflicht, ihre beitragszahlenden Unternehmer kostenfrei oder zu erträglichen Kosten in die Lage zu versetzen, ihre Beschäftigten kompetent und wirksam in Arbeitsschutzfragen anzuleiten. Ebenso müssen sie besser in die Lage versetzt werden, Arbeitsschutzbedingungen ihrer Unternehmen prozessbezogen zu
verbessern. Wir unsererseits könnten den Unternehmern die dazu notwendige Zeit verschaffen, indem wir in anderen Bereichen bürokratische Hindernisse, wie etwa die Doppeltberechnung der Löhne zur Sozialversicherungsvorauszahlung oder zweifelhafte Dokumentationspflichten, beseitigen. Mir als betroffenem Unternehmer würden noch zahlreiche weitere einfallen.
Ein umfassendes und durchdachtes Konzept zum Arbeitsschutz halte auch ich für notwendig. Mit einem solchen Konzept ist das SMWA meiner Kenntnis nach im Rahmen der Umsetzung der Koalitionsvereinbarung befasst und genau dort sollte diese Arbeit doch auch in den besten Händen liegen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, unabhängig von meinen vorherigen Ausführungen benötigt die Sächsische Arbeitsschutzverwaltung einen Personalbestand, der ihr erlaubt, ihren Arbeitsauftrag zu erfüllen. Die Mitarbeiter dieser Behörden benötigen Arbeitsbedingungen, die es ihnen ermöglichen, Ihre Aufgaben qualitativ einwandfrei zu erfüllen. Die von Ihnen im Antrag geforderte Festlegung konkreter Einstellungskorridore wird deshalb ohnehin Teil der anstehenden Verhandlungen zum nächsten Doppelhaushalt sein, aber sinnvollerweise eben Teil dieser Verhandlungen.
Das bundesweite „Arbeitsprogramm Psyche", dessen Ziel es ist, den Anteil jener Arbeitsunfähigkeitstage zu senken, die psychischen Erkrankungen geschuldet sind, wurde bereits im Februar dieses Jahres in Sachsen gestartet. Evaluationen, die aktuell Nachsteuerungen oder Änderungen erforderlich machen, sind mir nicht bekannt.
Schließlich noch ein Wort zu Ihrer Forderung nach der Zusammenlegung von Dienst- und Fachaufsicht über die Arbeitsschutzverwaltung. Diese ist aus unserer Sicht eindeutig abzulehnen. Gerade die Wahrnehmung der Fachaufsicht durch die zuständigen Fachressorts in der Staatsregierung sichert ja die für die Aufsicht erforderliche Qualität. Eine Änderung oder Verlagerung der Dienstaufsicht würde dann tatsächlich eine überdimensionale und nicht zu rechtfertigende Stellenaufstockung im SMWA erfordern und ist vor dem Hintergrund unserer finanziellen Möglichkeiten und Herausforderungen nicht darstellbar. Auf die Fähigkeit von SMWA und SMI, sich in den relevanten Fragen auch weiterhin sachgerecht abzustimmen, sollten wir vertrauen.
Wie Sie nach meinen Ausführungen nicht anders erwarten werden, lehnt die CDU-Fraktion den vorliegenden Antrag ab.
Zuerst sei vorangestellt, dass Sachsen bereits im vorvorigen Jahrhundert dem Arbeitsschutz eine besondere Bedeutung zumaß. Sachsen war das erste der deutschen Länder, das sogenannte Fabrikeninspektionen einrichtete (1872).
Sachsen beschäftigte damals vergleichsweise mehr Aufsichtsbeamte als die anderen Länder – mit schon damals gutem Erfolg: Die Anzahl der durch Arbeitsunfäl
le tödlich oder schwer Verletzten ging deutlich zurück, Betriebsanlagen wurden sicher, Sachsen erblühte in der Folge zu einem bedeutenden Wirtschaftsstandort.
Das wollen wir auch heute: Mit dem Projekt und der Grundhaltung der Staatsregierung „Gute Arbeit für Sachsen“ haben wir nicht nur Zeichen gesetzt, sondern wir wollen Zustände ändern. Sachsen soll für Fachkräfte attraktiv sein, die Sozialpartner sollen einen insgesamt förderlichen Dialog führen, und gute Arbeitsbedingungen zu schaffen für leistungsfähige Beschäftigte ist nur mit gutem Arbeits- und Gesundheitsschutz erreichbar.
Das durchzusetzen erfordert große Anstrengungen, auch von uns. Das Erbe, das wir übernommen haben, ist hinsichtlich Arbeitsschutz allerdings nicht gut.
Wir kennen die Schwachstellen. Wir wissen, dass die Anzahl der tödlichen und schweren Arbeitsunfälle wieder gestiegen ist, übrigens entgegen dem Bundestrend. Wir wissen, dass es in der Arbeitsschutzbehörde ein Personalproblem gibt, dass die Anzahl der Betriebskontrollen viel zu niedrig ist, dass Sachsen derzeit die Programme zur Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie nicht erfüllt und in nicht unwichtigen arbeitsschutzbezogenen Rechtsbereichen ein rechtskonformer Vollzug bedroht ist.
Daran, das zu ändern, arbeiten wir hart und konsequent. In meinem Haus, das als oberste Arbeitsschutzbehörde Sachsens fungiert, habe ich meine Hausaufgaben erledigt: Wir haben dem Arbeitsschutz wieder jenen Stellenwert gegeben, der nötig ist. Wir haben die Aufgabenerledigung der Abteilung Arbeitsschutz nach Risikobereichen priorisiert. Wir haben eine leitende Arbeitspsychologin für das Arbeitsprogramm Psyche der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie eingestellt. Wir stehen auf Staatssekretärsebene mit dem SMI und dem SMF über Personal- und Neuorganisationsfragen in Verhandlungen.
Allerdings – das darf ich in diesem Hohen Haus sagen – mit der Entscheidung aus dem Jahre 2003, die Fach- und Dienstaufsicht beim Arbeitsschutz zu trennen, wurde – nach mehr als zehn Jahren muss man das bilanzieren – keine glückliche Entscheidung getroffen. Die Arbeitsschutzbehörde ist eine Eingriffsinstanz mit sonderpolizeilicher Befugnis. Sie wurde – das war mit Gründung des Freistaates Sachsen sehr weise – dem Wirtschaftsressort zugeordnet. Arbeitsschutz ist ein Wirtschaftsfaktor!
Das sollte wieder aktiv gelebt werden. Denn es ist in Zeiten innovativer Technologien, der Arbeitswelt 4.0, Digitalisierung und Flexibilisierung, eines Wettbewerbs um Fachkräfte, in Zeiten einer nicht nur älter werdenden Bevölkerung, sondern auch älter gewordener Belegschaften existenzwichtig, gute und gesundheitsfördernde Arbeitsbedingungen zu haben.
Fazit: Wir alle haben erkannt, dass der staatliche Arbeitsschutz eine Baustelle ist. Wir sind dabei, diese zu bearbeiten.
Die Staatsregierung hat bereits mit Wirkung zum 1. Februar 2015 die im Koalitionsvertrag vorgesehene Kommission zur umfassenden Evaluation der Aufgaben, Personal- und Sachausstattung des Freistaates eingesetzt. Auch sie widmet sich dem Thema, wie die Landesdirektion Sachsen angesichts erheblicher Altersabgänge auch zukünftig leistungsfähig gehalten werden kann. Im Vordergrund stehen dabei nicht Strukturfragen, sondern Sachfragen.
Der Innenminister und ich werden diese Fragen im Rahmen der bevorstehenden Haushaltsverhandlungen gemeinsam angehen.
Meine Damen und Herren! Das Präsidium hat dafür eine Redezeit von 10 Minuten je Fraktion festgelegt. Die Aussprache erfolgt in der Reihenfolge CDU, DIE LINKE, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staats
nungshof hat in seinem Jahresbericht, Band 1, die Arbeit der Staatsregierung in 32 Punkten geprüft. Für diese Prüfung bin ich ausdrücklich dankbar; denn sie ist das Zeugnis, in dem der Regierung bescheinigt wird, wie sie gearbeitet hat.
Lassen Sie mich einige Punkte ausführen. Der Bericht besteht aus zwei grundsätzlichen Elementen: zum einen aus der grundlegenden Bewertung der Finanzpolitik und zum anderen aus der Darstellung von Einzelfällen, bei denen aus Sicht des Rechnungshofes etwas schiefgelaufen ist.
Zu Recht verweist der Rechnungshof auf kommende Herausforderungen für den Haushalt hin. Zum Zeitpunkt der Erstellung des Berichtes war noch nicht absehbar, welche Herausforderungen Sachsen wegen der aktuellen Flüchtlingskrise zusätzlich stemmen muss. Doch auch darüber hinaus kommt der Rechnungshof zum Schluss, dass die Ausgaben des Freistaates jährlich um 0,5 % zurückgeführt werden müssen. Ein ambitionierter Wunsch – das ist uns allen klar.
Dreh- und Angelpunkt sind nach Aussage des Rechnungshofes dabei die Personalausgaben. Egal, ob der ermittelte Konsolidierungsbedarf in der Höhe so geteilt wird, tun wir gut daran, in diesen Zeiten Personalausgaben stets kritisch zu hinterfragen. Hilfreich für die Staatsregierung ist dabei zum Beispiel die im Beitrag Nr. 2 dargestellte Untersuchung zur unterschiedlichen Disponibilität der jeweiligen Ausgaben.
Trotz hoher Steuereinnahmen besteht wenig Spielraum für zusätzliche Ausgabenwünsche. Dass der Rechnungshof in dieser Situation eine langfristige Konsolidierungsstrategie fordert, ist richtig. Bisher sei in Sachsen gemäß Bericht nur unzureichend Vorsorge für den Fall des Konjunktureinbruchs getroffen worden. Diese Kritik müssen wir uns zu Herzen nehmen.
Ein anderes wertvolles Beispiel ist die Kritik am Vollzug des Wohngeldgesetzes. Drei Viertel aller Wohngeldbescheide würden nicht von der Fach- und Rechtsaufsicht überprüft, betont der Rechnungshof. Hier gilt es, Verwaltungsaufwand zu straffen und vor allem Doppelarbeit zu vermeiden. Inzwischen hat auch das SMI bereits die Geschäftsprüfung durchgeführt. Damit sind wesentliche Forderungen des Rechnungshofes mittlerweile erfüllt.
Zudem zeigt der Sächsische Rechnungshof in seinem Bericht verschiedene Einzelfälle auf, die oftmals hätten anders laufen sollen. Ob eine Reinigung von Amtsgebäuden hätte preiswerter organisiert werden können, ob Chefärzte vermeintlich zu viel verdienen oder ob die Förderung von Schmalspurbahnen unwirtschaftlich ist – der Rechnungshof hat dies alles intensiv geprüft.
Aber – diese Anmerkung sei mir gestattet – oftmals werden Entscheidungen nicht am Schreibtisch getroffen. Viele der gewählten Beispiele sind so komplex wie das Leben insgesamt. Das zeigen auch die jeweiligen Stellungnahmen der Staatsregierung.
Wir als CDU-Fraktion haben uns daher nicht in jedem Punkt den Ausführungen des Rechnungshofes anschließen können. Der Haushalts- und Finanzausschuss hat sich in insgesamt fünf Sitzungen zwischen September und Dezember mit dem Bericht beschäftigt. Der Ausschuss schlägt die Entlastung der Staatsregierung vor. Dem liegt zugrunde, dass der Sächsische Rechnungshof für das Haushaltsjahr 2012 der Staatsregierung insgesamt eine ordnungsgemäße Haushalts- und Wirtschaftsführung bescheinigt.
Ich darf mich ganz herzlich beim Präsidenten des Rechnungshofs, Herrn Prof. Binus, für den Bericht und die Hinweise bedanken. Bitte richten Sie diesen Dank auch Ihren Mitarbeitern aus.
Die Diskussion der Jahresberichte des Rechnungshofs ist ein wichtiger Bestandteil unserer demokratischen Parlamentskultur, und ich bin für Ihre Arbeit, die Ihnen zweifellos nicht immer nur Freunde beschert, sehr dankbar.