Protokoll der Sitzung vom 26.05.2016

(Christian Piwarz, CDU: Was ist denn das?!)

Frau Falken, das kann ich mir durchaus vorstellen.

Ich möchte Sie aber darum bitten, dass Sie sich im Zweifel auf das Wesentliche konzentrieren und keine Einzelbeispiele, die Sie irgendwo aufschnappen oder die Ihnen ein GEW-Funktionär in die Hosentasche steckt, eins zu eins vortragen. Wir müssen uns über die konkreten Punkte unterhalten und nicht über Einzelbeispiele sprechen. Die

Antwort lautet wie folgt: Natürlich kann ich mir vorstellen, dass Sie noch mehr zu sagen haben.

Bleiben wir einmal bei Deutzen. Sie fordern auf der einen Seite, dass das Ministerium die Klassenobergrenzen einhält. Diese liegt bei 28. Der 29. Schüler ist etwas Schlimmes. Das Gesetz soll eingehalten werden. Sie haben mich auf Ihrer Seite. Wenn es aber auf der anderen Seite um die Klassenuntergrenzen geht, also um die Mindestschülerzahl, dann stellen Sie sich hier hin und prangern das Ministerium und die Regierung an. Sie fordern dann, dass sich die Regierung in dieser Frage nicht an das Gesetz halten soll. Ich frage mich ehrlich, was Sie für gesetzlose Menschen sind.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Es gibt einen Unterschied zwischen der Mitwirkung bei der Einrichtung einer 1. Klasse und einer Schulschließung. Vielleicht sollten Sie dies für die geneigte Öffentlichkeit im Zweifel einmal darstellen.

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Das habe ich aus der Zeitung zitiert, Herr Schreiber!)

Dies könnte in Form einer Kurzintervention geschehen.

Ich war von den Ausführungen von Frau Friedel angetan. Vieles davon ist nicht in der Regierungszeit der SPD umgesetzt worden, sondern in der Regierungszeit von 2009 bis 2014. Sieben Jahre braucht ein Lehramtsstudent. Wir befinden uns im Jahr 2016. Zurückgerechnet sind wir somit im Jahr 2009. Diejenigen, die heute mit dem Studium fertig werden – es sind zu wenige –, haben im Zweifel im Jahr 2009 oder eher ihr Studium begonnen. Ich sage einmal nicht, wer bis zum Jahr 2009 im Wissenschaftsministerium gesessen und Politik gemacht hat.

(Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange: Bis dahin lag kein Personalentwicklungsplan vor!)

Der nächste Punkt, den ich hier aufführen möchte, ist das von Lothar Bienst angesprochene Konzept für die Zukunft. Wir haben große Probleme. Das kann man nicht mehr wegdiskutieren. Das gilt übrigens für jedes Bundesland in Bezug auf das Thema der Lehrer und Köpfe. Wir haben Probleme, Köpfe in dieses Land zu bekommen, die Unterricht auf qualitativ hohem Niveau geben. Diese Probleme werden zunehmen, wenn wir nicht anfangen umzusteuern.

Ich komme noch einmal auf Frau Friedel zurück. Frau Friedel, auch die CDU-Fraktion hat im Jahr 2011 ein Papier verabschiedet. Ich darf dieses jedoch nicht hochhalten. Es nennt sich wie folgt: Qualität des sächsischen Bildungssystems langfristig garantieren, Lehrerbedarf sichern. Frau Dr. Stange kann sich sicherlich an unseren Disput erinnern. Wir hatten damals elf Punkte. Sie hatten damals zehn Punkte. Wer war der Erste? Wer war der Zweite? Es war eine wunderbare Geschichte.

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Wie haben Sie das denn umgesetzt?!)

Ich sage es einmal selbstkritisch: Aus diesem Elf-PunkteProgramm haben wir bis heute noch nicht alles umgesetzt. Ein Punkt davon ist folgender: Umstrukturierung im Bereich der Lehramtsausbildung. Das müssen wir dringend angehen.

(Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange: Wir haben ihn umstrukturiert!)

Bis zum heutigen Tag ist nichts umstrukturiert. Frau Dr. Stange, Sie könnten 2 000 Studienplätze schaffen.

(Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange: Haben wir doch!)

Wenn aber alle für ein Lehramt im Gymnasium die Fächer Geschichte und Deutsch studieren, dann haben wir nichts gekonnt. Uns fehlen in der Oberschule in den Fächern Mathematik und Physik die qualifizierten Lehrer.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Albrecht Pallas, SPD)

2 000 Studienplätze reichen nicht aus. Es müssen die richtigen Leute das richtige Fach studieren. Ich komme zum letzten Punkt: Das ist die Eingruppierung. Die Forderung, dass zukünftig jeder Mittelschul-, Oberschul- oder Realschullehrer in die Entgeltgruppe E 13 eingruppiert werden muss, ist eine fachpolitische Forderung. Diese vertritt mittlerweile auch der CDU-Arbeitskreis für Schule und Sport.

Die Redezeit ist abgelaufen.

Ich führe den Gedanken noch zu Ende.

Der Witz an der Nummer ist, dass die Vorkehrungen dafür im Haushalt bereits getroffen wurden. Wir haben beschlossen, dass wir bis zum Jahr 2017 oder 2018 alle Stellen der Oberschule in die Entgeltgruppe 13 umwandeln.

Herr Schreiber, die Redezeit ist schon lange abgelaufen.

Wenn wir die Leute mit der Entgeltgruppe 13 einstellen, dann bekommen wir auch wieder qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer für die Oberschulen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Die CDU hat noch Redezeit. Wird das Wort noch gewünscht? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Somit bitte ich die Staatsregierung um das Wort. Frau Kurth, bitte.

Danke schön. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, wir haben sehr große Herausforderungen im Bildungssystem im Freistaat Sachsen zu

bestehen. Der Generationenwechsel in den Lehrerzimmern ist binnen kurzer Zeit erfolgreich umzusetzen. Der Generationenwechsel in den Lehrerzimmern schließt auch den Generationenwechsel bei unseren Schulleiterinnen und Schulleitern mit ein. Dies geschieht vor dem Hintergrund steigender Schülerzahlen im Freistaat Sachsen. Es ist gut, dass bei uns viele Kinder geboren werden, gerade vor dem Hintergrund der großen Anzahl von zu beschulenden Flüchtlingen und der steigenden Nachfrage an Lehrerinnen und Lehrern auch in den anderen Bundesländern.

Die Staatsregierung stellt sich gemeinsam dieser Situation, nicht erst seit gestern, sondern seit einiger Zeit. Wir haben einen ganzes Paket von Maßnahmen für aktives Handeln zur Absicherung des Unterrichts entwickelt. Meine Damen und Herren! Dazu zählt die seit dem Jahr 2013 anhaltende Einstellungsoffensive von Lehrerinnen und Lehrern in Größenordnungen, wie es sie vorher niemals gegeben hat. Wir haben einen zusätzlichen Einstellungstermin im Monat Februar in das Leben gerufen, der sehr erfolgreich absolviert wird. Wir haben den Vorbereitungsdienst maßvoll gestrafft, von zwei auf jetzt wieder 1,5 Jahre. Es ist uns bis jetzt gut gelungen, Personal und Arbeitsvermögen an sächsischen Schulen zu rekrutieren.

Meine Damen und Herren! Es zeichnen sich allerdings drei Trends ab, denen es mit geeigneten Mitteln zu begegnen gilt. Es wurde bereits gesagt: Mehr als die Hälfte der Bewerbungen, das sind in diesem Jahr für das derzeit laufende Einstellungsverfahren 1 700 junge Menschen, stammen von angehenden Gymnasiallehrerinnen und -lehrern. Hierbei müssen wir gemeinsam nachsteuern. Drei Viertel der Bewerberinnen und Bewerber möchten ausschließlich in Dresden und Leipzig ihren Dienst absolvieren. Ein Drittel der Bewerberinnen und Bewerber sind Seiteneinsteiger.

Das laufende Einstellungsverfahren zum August 2016, das jetzt läuft, ist das bisher größte im Freistaat Sachsen seit dem Jahr 1990. Wir stellen 1 200 junge Lehrerinnen und Lehrer ein. Die Höhe der angestrebten Einstellungen, die Anzahl der Absolventen der sächsischen Lehrerausbildung und die Bewerberlage ermöglichen es, jedem interessierten und grundständig ausgebildeten Bewerber ein Angebot zu unterbreiten. Da nützen die Panikmache und die negativen Schlagzeilen unseren jungen Lehrerinnen und Lehrern gar nichts, die sich hier bewerben.

Sachsen hat als erstes Bundesland das Einstellungsverfahren in diesem Jahr begonnen. Meine Damen und Herren, wir nutzen alle rechtlichen Spielräume, um unsere jungen Lehrerinnen und Lehrer für den sächsischen Schuldienst zu gewinnen. Ja, wir stellen ab sofort Gymnasiallehrerinnen und Gymnasiallehrer mit dem entsprechenden Einstiegsgehalt E 13 ein und ordnen sie an die Oberschule ab, meine Damen und Herren; denn ich lege Wert darauf, dass Recht und Gesetz eingehalten werden. Wir haben ein gültiges Tarifrecht und ein gültiges Haushaltsrecht. Genau in diesem Rahmen habe ich mit dem Finanzminister

verhandelt und diese wunderbare Maßnahme für unsere jungen Lehrerinnen und Lehrer treffen können. Sie wird seit Montag dieser Woche intensiv angenommen, und wir werden auch alle bisher in diesem Einstellungsverfahren bereits geschlossenen Arbeitsverträge auf E 13 ändern.

Derzeit läuft, meine Damen und Herren, zur Entwicklung der Attraktivität des Lehrerberufs im Freistaat Sachsen ein Höhergruppierungsverfahren an Grund-, Förder- und Oberschulen, wie schon seit zwei Jahren. Wir haben das für die Förder- und Oberschullehrer abgeschlossen. Wir unternehmen intensive Werbemaßnahmen für unsere Lehrerinnen und Lehrer, die bereit sind, im ländlichen Raum Dienst zu tun. Hier bin ich sehr dankbar, dass wir mit der kommunalen Ebene sehr gut zusammenarbeiten. Ich konnte erst gestern in einem Diskussionsforum kundtun, dass wir Lehrerinnen und Lehrer unterstützen, die bereit sind, im ländlichen Raum ihren Dienst zu tun – beispielsweise bei der Bereitstellung eines Kita-Platzes, bei der Wohnungssuche oder Baulandbereitstellung oder sogar bei der Arbeitsplatzsuche für den Partner. Hier sind wir in einer guten Gemeinschaft. Genau so wird es gelingen, den Arbeitsort sächsische Schule attraktiv zu machen. Hier sind wir alle gemeinsam gefragt. Hier brauchen wir keine Panikmache und keine negativen Schlagzeilen für unseren Freistaat Sachsen.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben das Einstellungsverfahren seit diesem Jahr umgestellt. Die Lehrerinnen und Lehrer können eine Einsatzschule angeben. Das haben zwar erst 10 % angenommen, aber ich bin mir ganz sicher, dass die Umstellung des Einstellungsverfahrens schon im nächsten Jahr von sehr viel mehr Lehrerinnen und Lehrern angenommen werden wird. Wir haben sehr erfolgreich ein Sachsen-Stipendium eingeführt. Das haben die jungen Menschen sehr gern angenommen. Sie verpflichten sich, wenn sie dieses Stipendium erhalten, für eine bestimmte Zeit in einer Bedarfsregion zu unterrichten. Wir zahlen sofort höhere Eingangserfahrungsstufen für Lehrerinnen und Lehrer, die im ländlichen Raum tätig sind.

Ja, meine Damen und Herren, wir haben auch sehr gute Kontakte zu unseren Nachbarbundesländern sowie zu Polen und Tschechien. Dort gibt es hervorragend ausgebildete Lehrer mit exzellenten Deutschkenntnissen, die sich sehr freuen, an unseren sächsischen Schulen Dienst zu tun. Sie sind nicht nur in den Naturwissenschaften hervorragend ausgebildet, sondern werden auch Einstellungen im Freistaat Sachsen annehmen. Daher freue ich mich, dass ich mit der polnischen Kultusministerin darin übereingekommen bin.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind auf einem guten Weg, das Mammutprogramm an Einstellungen zu bewältigen. Es wird ganz bestimmt nicht leicht werden, das für den Schuljahresstart hinzubekommen. Wenn unsere Wettbewerber, unsere Nachbarbundesländer, mit Einstellungen beginnen, kann es durchaus sein, dass Arbeitsverträge wieder gelöst werden. Auch da

werden wir mit unseren Nachbarbundesländern im intensiven Gespräch bleiben; diese laufen jetzt schon. Der Lehrerarbeitsmarkt ist leer gefegt; wir sind in einem Wettbewerb und wir müssen uns gemeinsam diesem Wettbewerb stellen.

Meine Damen und Herren! Die Absicherung des Unterrichts hat für mich oberste Priorität. Unterricht hat stattzufinden, und die Qualität des Unterrichts wird von den Lehrerinnen und Lehrer bestimmt. Der Unterrichtsausfall der drei letzten abgeschlossenen Schuljahre betrug im Durchschnitt 4,1 %. Der Ausfall im ersten Halbjahr des abgeschlossenen Schuljahres betrug 3,7 %, weil dort keine Streikmaßnahmen eingeflossen sind. Heute heißt es: Unterrichtsschluss ab der vierten Stunde, und das bedeutet Unterrichtsausfall. Wir werden bei den 3,7 % nicht bleiben, wenn es demnächst wieder heißt: Unterrichtsschluss ab vierter Stunde. Ich plädiere dafür, dass unserer Lehrerinnen und Lehrer Unterricht halten und mit uns konstruktiv über attraktivitätssteigernde Maßnahmen sprechen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wir werden die Unterrichtsversorgung trotz schwieriger Bedingungen gewährleisten. Wir haben die Rahmenbedingungen dafür geschaffen, und wir haben ein Programm Unterrichtsversorgung, das in einigen Regionen schon sehr gut angewandt wird.

Meine Damen und Herren, die Lage im sächsischen Schulsystem war in Zeiten des massiven Schülerrückgangs und den damit verbundenen Lehrerüberhängen sicherlich komfortabler. Wir haben diese komfortable Situation in sehr gute Qualität umgesetzt. Aber heute zu sagen, unsere Schulen seien in Not und Gefahr, das ist nicht gerechtfertigt, meine Damen und Herren. Ich möchte sagen: Das ist fahrlässig und das ist eine Abwerbemaßnahme für den Freistaat Sachsen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Ich stehe zu unseren Lehrerinnen und Lehrern. Ich wertschätze ihre Arbeit, weil ich diese selbst sehr gut einschätzen kann. Ich weiß, dass die Situation sehr herausfordernd ist. Wir alle, die wir an einem Strang ziehen, werden verstärkte Anstrengungen unternehmen und attraktivitätssteigernde Maßnahmen ins Leben rufen, um diese Situation zu bewältigen. Ich bin mir einer großen Unterstützung sicher und möchte das für unsere sächsischen Schülerinnen und Schüler sowie für unsere sächsischen Schulen abschließend sehr wertschätzen. Ich sage daher herzlichen Dank für die Arbeit, die Sie tagtäglich an unseren Schulen leisten! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Die Aktuelle Debatte ist abgeschlossen. Es gibt noch eine Kurzintervention.