Protokoll der Sitzung vom 23.06.2016

Bei allen Herausforderungen und Problemen, die wir zweifelsohne bei der sächsischen Polizei zu lösen haben, gilt es also, ein differenziertes Bild zu malen.

(Widerspruch des Abg. Enrico Stange, DIE LINKE)

Der Antrag spricht immer von der sächsischen Polizei, dabei handelt es sich hierbei um ein sehr komplexes und feingliedriges Organisationsmodell, das keinesfalls mit generalisierten Lösungsansätzen zu beglücken ist.

An der Stelle lassen Sie mich zu dem Antrag kommen. Da steht beispielsweise „Polizeiaufgabenevaluierung strikt an die der Polizei nach geltenden gesetzlichen und untergesetzlichen Bestimmungen übertragenen Aufgaben“. Herr Stange, dann sollten Sie bitte in die Verantwortung der kommunalen Ebene hineingehen, weil in § 64 ff. des Sächsischen Polizeigesetzes hinsichtlich der Zuständigkeit von Polizeibehörden, nämlich der Orts- und Kreispolizeibehörden und deren Aufgabenwahrnehmung, die nämlich zu beantworten sind, bevor sie sich überhaupt der Fragestellung widmen, wofür der Polizeivollzugsdienst und die Zuständigkeit der Abteilung 3 im Sächsischen Staatsministerium des Innern anzusetzen ist. Und auch dort, meine sehr geehrten Damen und Herren, kommen wir zu den Fragen der Zuständigkeit von Kriminalpolizei

auf der einen Seite, von Bereitschaftspolizei auf der anderen Seite und den Reviertätigkeiten der Schutzpolizei. Man könnte das jetzt weiter ausgliedern, indem man sich der Prävention bis hin zu der verkehrspolizeilichen Aufgabenwahrnehmung widmet.

Auch die hier vorgebrachte Pauschalkritik ist wahrlich nicht hilfreich. Ich halte sie sogar für kontraproduktiv. Sie verunsichert die Bürgerinnen und Bürger, sie demoralisiert die Polizei und ist im Gegenteil eher ein Beitrag zur Zerstörung von Motivation und Förderung von Unruhe.

(Widerspruch des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Herr Lippmann, damit Ihr Ausruf auch aufgenommen wird, unterbreche ich gern.

Natürlich ist bei der sächsischen Polizei nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. Es gibt einzelne Bereiche, die an deutlicher Überlastung leiden, beispielsweise die sächsische Bereitschaftspolizei oder das Landeskriminalamt. Dass hier Handlungsbedarf besteht, bedarf keines neuen Evaluierungsberichtes, sondern das ist allgemein bekannt. Im Übrigen komme ich gleich dazu. Es ist ein wesentlicher Bestandteil auch dessen, was aktuell an Maßnahmen aus Sicht der Staatsregierung in Vorbereitung ist.

Das gilt auch für die IuK-Ausstattung und die Aus- und Fortbildung. Viele der aktuellen und zukünftigen Handlungsfelder sind bekannt, zumal sie wesentlicher Bestandteil der Erkenntnisse des aktuellen Berichts der Fachkommission sind, dem Sie leider eine grundlegende Legitimation absprechen. Auf der anderen Seite will ich deutlich sagen: Hier finden Sie konkrete Punkte und Handlungsbedarfe als einen ersten zentralen Schritt. Es wäre für alle Beteiligten hilfreich, sich mit der Umsetzung der bisherigen Feststellungen zu befassen. Sicherlich gab es auch bei der Anhörung eine ganze Menge an Hinweisen und auch Kritik zur Methodik und den Berechnungsverfahren. Diese Fragen sind zu Recht gestellt worden. Dass dies weiter zu vertiefen ist und bei zukünftigen Arbeiten der Fachkommission zu berücksichtigen ist, ist wohl klar geworden. Auch für die weitere Evaluierung der Polizei ist das wichtig, denn selbst der vorliegende Bericht der Fachkommission spricht davon, dass wir mit Blick auf die nächsten Jahre weiter evaluieren müssen. Ob es tatsächlich sinnvoll ist, von einer Evaluierung in die nächste zu gehen, darf bezweifelt werden. Es ist eher ein weiterer Schritt, den wir in den Folgejahren machen werden.

Was sollte im Übrigen eine erneute Evaluierung jetzt konkret bringen? Vielleicht nur die Tatsache, dass wir anfangen, uns zu Tode zu evaluieren.

(Widerspruch bei den LINKEN)

Eine Evaluation zum jetzigen Zeitpunkt. Ihr Antrag stellt auf eine Sofortmaßnahme ab. Ich habe davon gesprochen, dass wir nach der Umsetzung der ersten Schritte weiter evaluieren werden. Da rede ich nicht vom

Jahr 2016, sondern von 2018/19, wo die weiteren Schritte zu betrachten sind.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Sie haben doch gesagt, wie lange das dauert!)

Auch bei Vorliegen einer weiteren Evaluierung ist zu fragen, zu welchen unterschiedlichen Bewertungen und Erkenntnissen dieses Hohe Haus kommen würde, nämlich die Frage der Regierungskoalition und ihrer Bewertung und unterschiedliche Fraktionen in ihrer Bewertung. Ich habe meine Zweifel, ob noch mehr Zahlen, Daten und Fakten, zusätzliche Informationen und Detailfragen der Entscheidung an dieser Stelle wesentliche neue Impulse hinzufügen würden.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Keine Details!)

Wir müssen handeln und uns nicht immer hinter neuen Maßnahmen und Daten verstecken.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Einfach mal losmachen!)

Im Übrigen, Herr Scheel, beim Doppelhaushalt 2017 nehme ich gern Ihre Anregung vom Mal-Losmachen auf. Das ist der Unterschied zwischen uns und Ihnen. Wir reden nicht nur darüber, sondern beginnen das Thema umzusetzen.

(Widerspruch bei den LINKEN)

Insoweit will ich Ihnen gleich den Zahn ziehen, dass Sie in die Öffentlichkeit gehen, es wäre der fulminante Antrag der LINKEN gewesen, der dazu geführt habe, dass die Staatsregierung gehandelt hat. Sie können sich diese Geschichte in die eigene Jacke sticken, aber das glaubt Ihnen auf der Straße kein Mensch.

Es ist ganz einfach so, dass wir mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf, den die Staatsregierung erst vor wenigen Tagen präsentiert hat und der dem Parlament jetzt zugeleitet wird, deutlich gemacht haben, dass das Thema innere Sicherheit und Polizei ein zentraler Bestandteil sein wird, und zwar bei den baulichen Investitionen, bei der IuK-Ausstattung, also Netz- und IT-Bereich, bei der Aus- und Fortbildung und der dafür erforderlichen Kapazitäten bis hin zur Frage der entsprechenden Personalerhöhung im Ergebnis der Beurteilung des vorliegenden Evaluationsberichts, der hier einen Mehrbedarf von 1 000 Stellen zum einen und den Verzicht auf kw-Vermerke in Höhe von 676 Stellen zum anderen vorsieht.

Im Übrigen unterliegen wir mit Blick auf die Polizei auch einer sich ständig ändernden Kriminalitäts- und Sicherheitslage. Es gilt, dieser Rechnung zu tragen und neue Impulse und Innovationen für die Polizeiarbeit aufzunehmen. Dazu gehören ausdrücklich auch die Prüfung und Bewertung neuer Einsatztechniken und -möglichkeiten.

Noch einmal konkret zu den Haushaltspunkten: 1 000 neue Stellen, 667 weitere Stellen durch den Wegfall von kw-Vermerken, die Anhebung des Ausbildungskorridors auf 600 Stellen, die Schaffung räumlicher und personeller Grundlagen für die Ausbildung in der Polizei sowohl für

den mittleren als auch für den gehobenen Polizeivollzugsdienst, die Bauinvestitionen an verschiedenen Standorten der Polizei und die Investitionen in neue IuKTechnik. Insofern bleibt bei mir ein Fragezeichen zurück, warum Sie die bei Ihnen unter Punkt 3 genannten Forderungen in einem Plenumsantrag einbringen, anstatt sie in den kommenden Debatten zu den Haushaltsverhandlungen konkret vorzutragen.

(Beifall des Abg. Albrecht Pallas, SPD – Sebastian Scheel, DIE LINKE: Das machen wir auch noch!)

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Was?)

und vielleicht sogar an reine Stimmungsmache und Populismus. Wollen wir nicht so weit gehen.

(Albrecht Pallas, SPD: Nein! – Weitere Zurufe von der CDU und der SPD: Nein! – Beifall des Abg. Sebastian Fischer, CDU)

Man muss ja wirklich hinterfragen, wie ernst Sie Ihren eigenen Antrag eigentlich in Gänze meinen.

Jetzt noch zu einigen Forderungen in Ihrem Antrag:

Die Aufstockung der Mittel für die polizeiwissenschaftliche Forschung im Freistaat Sachsen ist eine gute Sache, aber wir haben diese auch schon entsprechend auf der Agenda

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Ach so!)

mit Blick auf die nächsten Monate und den Haushalt.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Wir kennen den Haushaltsplan ja noch nicht! Sie können ihn uns ja gern einmal zuleiten!)

Die Forderung nach der Erhöhung des Einstellungskorridors auf 800 Anwärterinnen und Anwärter: Also, ich muss sagen, warum sind Sie so bescheiden? Warum nur 800? Warum lösen Sie das Problem nicht gleich und sagen 1 600, und das am besten noch einmal im zweiten Jahr. Dann haben wir das Thema in zwei Jahren durch.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: 1 600 zu fordern ist blanker Populismus!)

Wissen Sie warum: weil Sie eigentlich schon selbst über Ihre 800 lachen müssen;

(Lachen bei der AfD)

denn wir werden riesige Schwierigkeiten bekommen. Abgesehen von der Bewerberlage ist es utopisch, die Ausbildungskapazitäten für diese Zahlen zur Verfügung zu stellen, und nicht nur die Kapazitäten, sondern auch die Lehrer und die Praktikumsbegleitung. Ebenso sprechen strukturelle Gründe bei der Einarbeitung einer solch großen Zahl von Anwärterinnen und Anwärtern dagegen.

Es heißt also, einen maßvollen Einstellungskorridor zu schaffen, der die Polizei nicht überlastet,

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ach, Überlastung ist das Thema!)

damit sie diese Kapazitäten entsprechend ihren Ressourcen auch umsetzen kann. Wir halten deswegen einen Einstellungskorridor von 600 Stellen für sehr valid und den Kapazitäten und Strukturen angepasst.

Auch beim Gesundheitsmanagement bin ich im Grundsatz bei Ihnen. Für eine älter werdende Belegschaft sowie angesichts der hohen beruflichen Beanspruchungen der Beamtinnen und Beamten ist es wichtig, um seinen Beruf so lange wie möglich ausüben zu können, dass es ein entsprechendes Gesundheitsmanagement gibt.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ist doch richtig!)

Ob aber durch Ihre Maßnahmen und Ideen an dieser Stelle ein vernünftiges Gesundheitsmanagement erreicht wird, das möchte ich zumindest einmal infrage stellen.

Gesundheitsmanagement ist als Erstes eine Frage der Führungsaufgabe.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ach! Stimmt!)

Wird sie dort nicht wahrgenommen, dann ist jeder Euro für den Gesundheitsbeauftragten vergebens, das heißt, es bedarf auch einer entsprechenden Steuerung über die Führungsbereiche, einer entsprechenden Sensibilisierung und vor allen Dingen auch Fortbildung der Führungskräfte.