Christian Hartmann
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Aktuelle Debatte über Klima und Umweltschutz, aber nicht nur diese Debatte, zeigt, dass wir uns dem Thema viel intensiver und deutlicher widmen müssen. Klimawandel ist ein Faktum. Das ist auch nicht in Abrede zu stellen. Die Frage dabei ist jedoch erstens: Was davon hat der Mensch zu verantworten? Das ist wissenschaftlich nicht abschließend geklärt, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Zweitens. Es gibt einen Anteil, den der Mensch mit Sicherheit zu verantworten hat, und da, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es unstreitig, dass wir das tun müssen, was wir tun können.
Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden wir aber weder allein in Sachsen, noch in Deutschland leisten können.
Das gilt für das – – Warum sind Sie nicht in der Lage, zuzuhören? Im Übrigen möchte ich Ihnen deutlich sagen, ich habe das bisher bei den Redebeiträgen getan, und vielleicht ist es zumindest eine Art von Respekt des
Umgangs, ausreden zu lassen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir werden die Herausforderungen weltweit lösen müssen, und wir sind davon, meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr weit entfernt. Da hilft es auch nichts, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, dem Pariser Klimaschutzabkommen sind viele Staaten beigetreten, und das zeigt, dass wir geschlossen handeln. Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren, von der Unterschrift allein ist noch gar nichts passiert. Es gehört auch zur Wahrheit, wenn wir uns die CO2-Emissionen anschauen, dass Deutschland einen Anteil von 2,3 % hat, China 28 %, die Vereinigten Staaten 15 %.
Natürlich hat Deutschland im europäischen Kontext Herausforderungen bei der CO2-Bilanz zu lösen. Aber das trennen wir doch bitte nicht von den Fragestellungen, die wir insgesamt zu diskutieren haben. Nach meiner Überzeugung und der meiner Fraktion besteht zum Beispiel ein wesentlicher Unterschied zwischen der CO2-Bilanz in Frankreich und in Deutschland in der Tatsache, dass Kernenergie als CO2-arme Technologie verwendet wird, und wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben uns entschieden, aus der Kernenergie auszusteigen. Wir haben uns jetzt entschieden, aus der Braunkohleverstromung auszusteigen.
Das stellt uns vor die Herausforderung, die Frage zu beantworten, wie wir eigentlich die Energieversorgung der Zukunft sichern, und das auch vor einer Herausforderung, die da heißt: Wir wollen zum Beispiel auf EMobilität setzen. Ich habe zumindest irgendwie das Gefühl, dass E-Mobilität irgendetwas mit Strom und Strombedarfen zu tun hat. Da stellt sich schon die Frage, wie wir die Energieversorgung in Zukunft sicherstellen.
Es gehört auch zur Wahrheit dazu, dass der Effizienzgrad sächsischer Braunkohlewerke weltweit der höchste ist, dass die Energiebilanz – oder wenn wir wollen die Gesamtproduktivität zu betrachten oder zu bewerten ist; denn es ist nicht damit getan, zu sagen, da haben wir eine Batterie. Da ist alles in Ordnung. Es gibt eine Herstellungsbilanz, die erforderlich ist, und es gibt eine Nachsorgebilanz. Ich glaube, auch die Entsorgungsfrage für Fotovoltaikpaneele ist eine der Fragestellungen, die bisher nicht geklärt sind.
Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, stellt uns schon vor die Frage, nicht nur Thesen in den Raum zu stellen, sondern tatsächlich vernünftige Antworten zu geben. Noch einmal ganz deutlich: Wir stehen dafür, dass wir Herausforderungen im Klima- und Umweltschutz zu lösen haben. Tun Sie bitte nicht so, als ob in den letzten Jahren nichts passiert wäre. Zumindest aus sächsischer und ostdeutscher Sicht möchte ich einmal daran erinnern, wie sich die Lebenswirklichkeit der Jahre 1989/90 hier gestaltet hat und in welchem Zustand wir uns hier befunden haben. Das war natur- und klimaschutzrechtliches
Niemandsland. Wenn wir nur einmal nach Bitterfeld schauen, wenn wir uns den Zustand der Elbe anschauen, wenn wir uns die CO2-Ausstoßsituation in Schwarze Pumpe oder anderen Orten angeschaut haben, und wenn wir überlegen, was in den letzten 30 Jahren in diesem Bereich passiert ist, dann kann man nicht so tun, meine sehr geehrten Damen und Herren, als ob wir hier seit 30 Jahren Raubbau an der Natur, an der Umwelt und am Klima betrieben haben.
Im Übrigen noch kurz zur Verantwortung der CDU: Ich glaube mich noch sehr deutlich daran erinnern zu können, dass 1997 die Frage der Entscheidung über einen Beitritt zum Kyoto-Protokoll maßgeblich auch durch das Engagement der damaligen CDU-Umweltministerin Angela Merkel vorangetrieben worden ist, um sich in eine Situation weltweiter Betrachtung dieser Herausforderungen anzunehmen. Genau darum geht es auch, meine sehr geehrten Damen und Herren: um eine deutliche Ansprache in der Diskussion, die wir insbesondere und verstärkt seit dieser Woche führen.
Ich finde es gleichermaßen gut, wenn junge Menschen Fragen stellen über ihre Zukunft und ihre Perspektive. Das ist ihr Recht und es ist unsere Pflicht, darauf Antworten zu geben. Da kann man sich – das sage ich auch kritisch gegenüber Vertretern meiner Fraktion in Berlin – der Diskussion nicht einfach entziehen, meine Damen und Herren!
Aber Sie können sie nicht loslösen von den Rahmenbedingungen. Und wer das eine will, muss bereit sein, das andere zu mögen. Diese Diskussion, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen wir auch offen und ehrlich miteinander führen. Dann gehört es eben zur Wahrheit dazu, dass wir weltweite Lösungsmöglichkeiten brauchen. Ich glaube, wir sind nicht das Land mit den höchsten Bevölkerungszuwächsen, sondern unsere Herausforderung besteht eher in einem demografischen Wandel und einer Situation mit weniger werdenden Menschen – das scheint insgesamt ein europäisches Phänomen zu sein. Natürlich stellt sich da die Frage, wie wir mit solchen Themen umgehen.
Ich denke, dass wir auch nicht das Land sind, das weltweit die größten Energieprobleme verursacht. Ich rede dabei nicht nur über China und ich rede nicht nur über die Herausforderungen, die wir in den Vereinigten Staaten mit einer Politik der jetzigen Trump-Administration erleben, sondern ich rede auch von der Frage des Raubbaus an Natur und Rohstoffen, Regenwaldabholzung sowie unverantwortlicher Rohstoffverarbeitung in Afrika mit erheblichen umweltrechtlichen und klimatischen Problemen und Fragestellungen. Diese, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind damit in Kontext zu setzen.
Doch auch Deutschland hat mit Sicherheit noch nicht alles getan. Es ist sicherlich anzumerken, dass die Bundesrepublik, die Bundesregierung und auch wir hier im
Hohen Hause noch einiges ergänzend tun können. Aber die Diskussion so zu führen, als ob wir dem Industriekapital folgen und die Menschheit hier vernichten würden, das ist weder Realität, noch entspricht es dem wahren Anspruch einer ernsthaften Diskussion zur Lösung der Herausforderungen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Natürlich gibt es neben dieser internationalen Fragestellung eine europäische Fragestellung. Wenn diese Rahmenfragen alle europäisch geklärt, weltweit in die Diskussion kämen und wir nicht nur Äpfel mit Birnen vergleichen würden, sondern eine Vergleichbarkeit der Fakten herstellen und gemeinsam auch bereit sind, diese Fragestellungen anzugehen, dann ist das, was der Anspruch junger Menschen ist, nämlich die Frage beantwortet zu bekommen, wie ihre Zukunft gesichert werden kann, nur schwer zu erreichen. Den Eindruck zu vermitteln, dass wir nur in Deutschland etwas beschließen und tun müssen, wird der Realität nicht gerecht, meine sehr geehrten Damen und Herren. Dadurch verändert sich weder auf dem asiatischen noch auf dem nordamerikanischen Kontinent irgendetwas. Ohne diese Fragestellung werden wir dieses Thema nicht lösen können.
Damit bin ich bei einem weiteren Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Damit bin ich wieder bei uns. Natürlich können wir eine ganze Menge mehr tun. Wenn man sich anschaut, wo es um Kaltluftentstehungszonen geht, wenn es um Begrünung der urbanen Stadtzentren geht, wenn es um die Frage geht, was wir zum Umweltschutz und gegen das Bienensterben tun können, dann haben wir mehr Möglichkeiten und Potenziale, das voranzutreiben. Das geht schon bei uns selbst los, beispielsweise wenn wir uns hier unsere Wasserspender anschauen und wie selbstverständlich wir die kleinen Plastebecher benutzen und wegwerfen. Dann geht es darum, wie bewusst wir mit solchen kleinen Dingen umgehen.
Genau das ist auch die Fragestellung, meine sehr geehrten Damen und Herren, die wir in Richtung einer gesellschaftlichen Diskussion zu führen haben.
Ich habe Ihnen auch zugehört, aber Sie ertragen es ja nicht, wenn Ihre Meinung nicht als Allheilmittel gesehen wird. Vielleicht lernen Sie es ja noch und erkennen, dass die Welt nicht eindimensional, sondern dreidimensional ist und man sich Themen aus verschiedenen Perspektiven anschauen kann.
Reden Sie doch nicht andauernd dazwischen, sondern lassen Sie mich ausreden. Das gebietet zumindest der Respekt in diesem Hohen Hause.
Noch einmal zurück zu der Frage, was wir an dieser Stelle tun können, meine sehr geehrten Damen und Herren. Hier ist es eine gesellschaftliche Diskussion, die wir auch über die Frage führen müssen, inwieweit wir bereit sind, Einsparungen beim Stromverbrauch, beim Plastikmüll und bei der Ressourcenverteilung vorzunehmen. Da ist es eben nicht so einfach zu sagen: Ich demonstriere für ein besseres Klima, und danach gehe ich zu McDonald‘s und hole mir den Kaffee im Pappbecher oder nehme das Handy und fahre los.
Sie müssen die Fragen miteinander verbinden! Solange Sie nicht in der Lage sind, die Fragestellung von Ökonomie und Ökologie in einen vernünftigen Einklang zu bringen und auch die Frage zu beantworten, dass die Menschen, die hier leben, auch einen gewissen Standard – vielleicht an vielen Stellen mittlerweile viel zu selbstverständlich – als Grundlage ihres Lebens sehen, dann können Sie diese Frage von der Diskussion nicht loslösen. Denn es ist eine Wahrheit dabei: Alle Entscheidungen, die wir treffen können – auch umweltschutz- oder klimarechtliche –, haben Auswirkungen auf unser Leben. Dabei muss gesellschaftlich klar sein: Wer das eine will, muss das andere mögen.
Unter diesen Voraussetzungen, meine Damen und Herren, will ich eine sachliche und faire Debatte darüber führen, was wir an einem Mehr an klimatischen Herausforderungen dadurch haben. Im Übrigen kann das auch eine wirtschaftliche Fragestellung sein.
Wenn es nämlich nicht darum geht, nur der Frage von Batterietechnologien aus dem asiatischen Kontinent hinterherzurennen, sondern auch die Frage zu stellen, wie wir beispielsweise mit Brennstoffzelle und Wasserstoff innovativ eigene Impulse setzen und damit einen Beitrag zur Versorgung mit sauberer Energie leisten können, um weltweit ein innovativer Motor sein zu können, dann setzt das Technologieakzeptanz voraus.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank für die Frage. Erstens möchte ich vorausschicken, dass die Emissionen zwischen 1990 und 2017 um 27,5 % zurückgegangen sind. Insoweit ist es ja nicht so, dass nichts passiert ist.
Zweitens können Sie doch bitte nicht so tun, als ob nichts passiert sei, und immer sagen: Das alles ist unerheblich; nehmen Sie zur Kenntnis, wenn Sie da nicht ankommen, haben Sie versagt. So funktioniert das Spiel nicht, sondern es heißt, schrittweise die Herausforderungen anzugehen, und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir begonnen.
Noch einmal: Ich habe nicht behauptet, dass wir alles richtig gemacht haben oder richtig machen. Aber wir sind dabei, diese Herausforderungen anzugehen. Ich habe auch deutlich gesagt, dass wir in Deutschland auch Entschei
dungen getroffen haben: Atomausstieg, Braunkohleausstieg. Wir haben riesige Standards, wenn es um die Frage von Filteranlagen, Emissionsbeschränkungen, um energetisches Bauen und Ähnliches geht. Da waren Sie auch maßgeblicher Motor. Ich sage Ihnen ausdrücklich: Natürlich brauchen wir für die Diskussion auch die Perspektive der GRÜNEN. Es ist aber Verantwortung insgesamt, diese Impulse in den Kontext einer gesellschaftlichen Entwicklung zu setzen. Ich stelle überhaupt nicht in Abrede, dass wir eine Verantwortung haben, auch in diesem Prozess als Vorbild voranzugehen.
Man muss aber auch überlegen, bis zu welchem Punkt man überall der Erste sein kann, sondern es heißt, auch diesen Prozess vernünftig miteinander zu führen und die eigenen Optionen dabei zu sehen. Sie werden nicht ein souveränes Land wie China oder die Vereinigten Staaten so einfach in die Diskussion hineinzwingen können. Wir können auch nicht sagen: Das ist jetzt unerheblich, die haben ja ein Recht darauf, die können jetzt noch einmal 150 Jahre lang ordentlich loslegen, und wir müssen demgegenüber einsparen.
Noch einmal: Selbst wenn wir alles einsparen, sind die Werte, die bei uns die Diskussionsgrundlage sind, nicht das, was am Ende der Belastung steht. Deshalb – ich habe es deutlich gesagt – setzen wir auch auf entsprechende neue Technologien, die CSC-Technologie gehört dazu und die Diskussion auch über Brennstoffzellen und entsprechende Möglichkeiten des Wasserstoffs.
Herzlichen Dank, Frau Friedel. Im Wesentlichen kann ich Ihren Ausführungen zustimmen. Das ist eine der zentralen Fragen in einer Demokratie, auch die gesellschaftliche Akzeptanz zu bekommen. Deshalb sind die Impulse und die Diskussionen so wichtig. Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen wir auf Diskussion, Argumentation und Auseinandersetzung setzen, weil zumindest für uns in der Union Verbotspolitik nicht Kern des demokratischen Selbstverständnisses ist und wir deshalb auf freiwillige Erkenntnisprozesse in der Debatte setzen, auch wenn es steuernde Entscheidungen braucht.
Sie sind ja der Experte Ihrer Fraktion zu diesen Fragen. Können Sie mir bitte kurz die Frage beantworten, wie die CO2-Bilanzen aus der Belastung des Braunkohlekraftwerks Schwarze Pumpe Anfang der 90er-Jahre waren und wie sich die Bilanzen auf Grundlage der entsprechenden Vorgaben und Regelungen aktuell verhält?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die beantragte Debatte hatte das Thema: „Rechtsextreme
Netzwerke zerschlagen – jetzt!“ Insoweit möchte ich am Anfang gern über das Thema rechtsextreme Netzwerke und Rechtsextremismus/Rechtsterrorismus sprechen.
Ja, wir haben in Sachsen ein Problem. Ja, die CDU bekennt sich ganz klar dazu, dass wir im Kampf gegen Rassismus, Ausländerfeindlichkeit, Extremismus und Gewalt eine klare Position bei denen haben, die die demokratischen Werte in dieser Gesellschaft vertreten. Das ist unser Selbstverständnis.
Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir müssen konstatieren, dass wir in Sachsen erhebliche Herausforderungen im Kampf gegen den Rechtsextremismus zu bewältigen haben.
Ja, gerade eine globalisierte Welt und die Möglichkeiten der Digitalisierung und der sozialen Netzwerke zeigen, wie sich Szenen und Bereiche immer stärker miteinander vernetzen. Dabei muss der Staat handlungsfähig sein.
Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb braucht es starke staatliche Institutionen, die sich diesen Herausforderungen stellen. Ich spreche jetzt vor allen Dingen als Vorsitzender der Parlamentarischen Kontrollkommission. Ich muss sagen, das, was ich hier zum Teil in Richtung des Verfassungsschutzes höre, ist am Rande der Erträglichkeit.
Ich will eines deutlich sagen – möglicherweise ist dies genau der Unterschied –: Wir reden nicht über eine Abteilung des Ministeriums für Staatssicherheit,
sondern über einen demokratisch verfassten Verfassungsschutz, meine sehr geehrten Damen und Herren. Er handelt auf Grundlage rechtlicher, gesetzlicher Rahmenbedingungen.
Das heißt, er hat sich als Erstes aus öffentlichen Informationsquellen zu bedienen. Für die entsprechenden Ermittlungen im informellen Bereich braucht es entsprechende Anfangsverdachte und entsprechende Ermächtigungen.
Insoweit handelt er auf rechtsstaatlichen Grundlagen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Dass wir an dieser Stelle justieren müssen, ist unbenommen.
Auch das Thema Extremismus und Rechtsextremismus lässt sich nicht aus dem Kontext reißen. Ich will gar keine
Gleichsetzung mit dem Links- oder Ausländerextremismus suchen,
aber natürlich haben wir insgesamt auch in unserem Land Probleme mit Extremismus und Terrorismus. Das betrifft beispielsweise auch die Entwicklung im ausländerextremistischen und -terroristischen Bereich. Gleichermaßen haben wir Schwerpunktbereiche beim Linksextremismus.
Die Gleichsetzung hat an der Stelle sicherlich nichts zu suchen, aber weder Sie können so tun, als ob es den anderen Bereich nicht gäbe, noch können Sie auf der anderen Seite jedes Mal versuchen, nur eine Seite zu besetzen.
Ein Punkt noch in Richtung der AfD: Man kann über alles so diskutieren, wie Sie es wollen. Sie bleiben trotzdem eine Antwort auf eine Frage schuldig: Wie verhält es sich eigentlich mit Markus Frohnmaier und Manuel Ochsenreiter und den Vorwürfen von terroristischen Anschlägen, die derzeit Thema auch der öffentlichen Debatte sind? Insoweit machen Sie von beiden Seiten sich bitte nicht immer frei und schieben Sie sich die Schuld nicht gegenseitig zu.
Ein demokratisch verfasster Staat muss konsequent gegen jede Form von Extremismus handeln, und er muss es auf rechtsstaatlichen Grundlagen tun, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank, für die Gelegenheit, darauf reagieren zu können. Es ist insoweit interessant: In der Ukraine gibt es einen Terroranschlag gegen die ungarische Minderheit. Die ukrainischen Ermittlungsbehörden ermitteln; die Anklageschrift ist vorbereitet. Auf Grundlage des Bezugs zur Republik Polen ermitteln die polnischen Behörden; entsprechende Anklageschriften sind vorbereitet. Wegen Anstiftung und Finanzierung wird in Deutschland ermittelt. Die Staatsanwaltschaft ist entsprechend tätig.
Adressat ist Manuel Ochsenreiter, bis Januar Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier. Selbiger steht nicht nur im Verdacht, entsprechende Kontakte zur Russischen Föderation unterhalten zu haben. Insbesondere Aussagen, Positionen und Besuche machen eine Haltung deutlich. Insoweit lassen Sie es zumindest an einem deutlichen Signal vermissen, wenn sich diese Vorwürfe erhärten, was eigentlich Ihre Position dazu ist. Eine Distanzierung von diesen Vorwürfen, ohne eine Vorverurteilung, wäre jederzeit möglich. Insoweit machen Sie es sich bitte nicht so einfach.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! Meine Fraktion und ich haben jetzt in aller geduldigen Ruhe die Ausführungen von Herrn Bartl genossen. Das sei ihm gegönnt. Er scheidet aus dem Parlament aus. Insoweit konnte er jetzt auch gern Ausführungen machen, denen in weiten Teilen nur noch er selbst gefolgt ist. Wenn es der Aufarbeitung seiner Vergangenheit dient, sei es ihm gegönnt.
Eine Stelle aber weise ich von mir und weise sie auch im Namen meiner Fraktion von uns: Wir haben es uns mit diesem Polizeigesetz nicht leicht gemacht. Es ist eine Abwägung von Freiheitsrechten in Verbindung mit Sicherheitsabwägungen. Genau um diesen Ausgleich ging es. Ich lasse mir von Ihnen, Herr Bartl, nicht unterstellen, dass wir die Freiheitsrechte einschränken würden und das mit einem Gleichnis zu Ihrer Vergangenheit verbinden. Wenn Sie Ihre Aufarbeitung so betreiben, dann betreiben Sie die bitte außerhalb dieses Hauses.
Hier geht es um ein verantwortungsvolles Polizeirecht. Seien Sie sich sicher, dass Ihre Rechtsauffassung genau wie viele andere gehört und respektiert wird. Aber unterstellen Sie uns nicht, dass wir blind zu einer Rechtslage nicht ebenfalls Abwägungen zum vorliegenden Entwurf vorgenommen haben.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident, ich bitte darum. Diese Debatte war keine Sternstunde dieses Parlamentes, und allein die erteilten Ordnungsrufe zeigen, dass es sehr bedauerliche Entwicklungen in dieser Debatte gegeben hat – sowohl an Gestik als auch an Rhetorik. Ich stelle fest, dass wir mit der Peinlichkeit fortsetzen.
Ich möchte aber an dieser Stelle klar für meine Fraktion erklären: Es geht eben nicht darum, Sicherheitsrechte einzuschränken und gegen Freiheitsrechte in Stellung zu bringen. Ich finde auch nicht, dass Sicherheit vor Freiheit geht. Es geht genau um Sicherheit und Freiheit, weil beides unabdingbare Seiten ein und derselben Medaille sind.
Ich habe Ihnen übrigens auch zugehört, und Ihre „Kinderstube“ sollte Sie zu selbigem Verhalten befähigen.
Freiheit allein hilft nichts, wenn wir nicht sicher sind. Deshalb geht es gerade um die Sicherheit von Menschen und deren Gewährleistung. Im Übrigen schränken wir die Rechte der Bürger nicht ein; denn die Freiheit des Einzelnen findet dort ihre Grenzen, wo sie die Rechte anderer gefährdet. Es ist gerade bei Gefährdern möglicherweise eines der Problemfelder. Deshalb ist das polizeiliche Gefahrenabwehrrecht ein entscheidendes Instrument, um andere Opfer vermeintlicher individueller Freiheit Einzelner zu schützen, wenn es um ihre eigenen Rechte geht.
Ich will auch deutlich sagen: Sicherheit allein ist nichts. Mein Lebensideal ist nicht Nordkorea. Insoweit geht es immer um den Ausgleich von zwei Seiten der gleichen Medaille.
Zum Abschluss möchte ich deutlich machen: Sie können dieses Spiel noch eine Weile spielen, aber das Sächsische Polizeirecht ist ein modernes, verantwortungsvolles, und es ist weiterführender als so manches Polizeirecht, wie wir es in anderen Bundesländern erlebt haben, unter
Beachtung der Freiheitsrechte. Daran ändert auch der von Ihnen vorgeführte Klamauk nichts.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute an den 80. Jahrestag der Reichspogromnacht erinnert und uns bewusst gemacht, wie jüdisches Leben in Deutschland sicher stattfinden kann. Jüdisches Leben ist ein integraler Bestandteil unseres Landes, unserer christlich-abendländisch-jüdischen Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Meine Fraktion hat sehr deutlich gemacht, dass genau diese Verankerung in der Mitte und als Teil unserer Gesellschaft alle anderen Fragestellungen prägt. Wir werden es nicht hinnehmen, egal aus welcher Richtung, von links, rechts oder aus arabischen Positionen heraus: Wenn jüdisches Leben in unserem Land bedroht und angegriffen wird, müssen wir es schützen.
Diese Debatte ist mit Würde, Anstand und Respekt gestartet. Sie ist jetzt in einen Bereich entglitten, bei dem ich sage, das ist dem Thema unangemessen.
Ich möchte an der Stelle eines deutlich sagen, dazu hat sich auch die AfD zu verhalten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich zitiere an der Stelle: „Wir Deut
schen“ – und ich rede jetzt nicht von euch Patrioten, die sich hier heute versammelt haben – „also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“ Es handelt sich um Herrn Höcke.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das können wir nicht durchgehen lassen. An der Stelle steht es klar, und ich zitiere den gleichen Redner: Als letzte evolutionäre Chance unseres Vaterlandes verstehe ich die AfD. Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch das ist nicht richtig, und es geht auch nicht um „eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“. Es geht darum, das Bewusstsein für unsere eigene Geschichte, für unsere Verantwortung, auch für das jüdische Leben und das insbesondere in Europa und der Welt mitzutragen. Das lassen wir uns weder kaputt- noch kleinreden. Dieser 9. November ist der Tag, an dem uns sehr bewusst sein sollte, worum es geht, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich mahne uns zur Ehrenhaftigkeit in dieser Debatte.
Herzlichen Dank.
Herr Anton, glauben Sie, dass die aktuellen internationalen Flüchtlingsherausforderungen nur international im globalen Miteinander zu klären sind unter Anerkennung der Fluchtsituation, oder sind Sie der Auffassung, dass eine bilaterale nationale Sichtweise in der Lage wäre, mit den internationalen Flüchtlingsströmen umzugehen? Halten Sie eine nicht national bindende überstaatliche Regelung, die einen Zielkorridor zur Lösung dieses Themas formuliert, für sinnvoll?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie schon bei Christian Morgenstern in „Die unmögliche Tatsache“ nachzulesen ist – Palmström spricht –: „Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.“ Damit lässt sich zusammenfassen, was wir gerade zu Gehör gebracht bekommen haben.
Zur Großen Anfrage. Damit es keine Irritationen gibt, möchte ich gleich an dieser Stelle klarmachen: Die Ausführungen der AfD basieren auf einer umfänglichen Antwort der Sächsischen Staatsregierung; das haben Große Anfragen so an sich. Es ist der Wissensstand, um dessen umfängliche Interpretation sich nunmehr bemüht wurde. Der Wissensstand der AfD hat als Grundlage die ihr durch die Staatsregierung gegebenen Informationen. Das führt zumindest zu einem Fragezeichen hinsichtlich des Vorwurfs mangelnder Transparenz und Informationsbereitschaft.
Aber zurück zum Thema. Die Organisierte Kriminalität ist leider nicht vollständig zu verhindern. Sie prägt also auch die Realität. Gleichwohl bedeutet das für uns nicht, die Hände in den Schoß zu legen. Vielmehr muss es uns ein Ansporn sein, alles Notwendige zu tun, um sie möglichst weit zurückzudrängen und aufzuklären. Organisierte Kriminalität hat es nun einmal so an sich, dass ihre Bekämpfung eine übergreifende Zusammenarbeit bedingt, nicht nur zwischen den Polizei- und Justizbehörden des Freistaates Sachsen oder innerdeutsch, sondern es bedarf auch einer internationalen Kooperation. Insoweit bekommen auch Institutionen wie Europol besondere Bedeutung.
Die uns vorgelegte Bestandsaufnahme ist durchaus begrüßenswert. Ob wir jedoch mit dieser Großen Anfrage und der nachfolgenden zweiten Großen Anfrage der Damen und Herren der AfD-Fraktion in dieser Hinsicht einen Schritt nach vorn gemacht haben, darf bei näherer Betrachtung durchaus bezweifelt werden. Aus den vielen Fragen der AfD-Fraktion geht eines als Arbeitshypothese der Fragestellerin deutlich hervor: dass vor allem Nichtdeutsche an der Organisierten Kriminalität beteiligt seien und dass die Organisierte Kriminalität demnach durch die Flüchtlingskrise nach oben geschnellt sei. So die Hypothese.
Gerade jedoch für Nordafrika und Südeuropa sind die Zahlen – auf sehr niedrigem Niveau – nochmals zurückgegangen. Das lässt sich entsprechend nachlesen. Im Jahr 2015 gab es aus Nordafrika keinen einzigen Verdächtigen, aus Asien gab es nur einen einzigen. Ich verweise auf die Tabellen auf den Seiten 7 und 44 ff.
Im Jahr 2016 sah die Lage übrigens nicht wesentlich anders aus. Auch hierzu kann man auf Seite 2 der GA vom 22.12.2017 nachlesen.
Die Kategorie „Asien“ beinhaltet neben den MaghrebStaaten auch Länder wie Syrien und Afghanistan, also jene Länder, aus denen die Flüchtlinge insbesondere zu uns gekommen sind.
Insofern ist es verfehlt, davon auszugehen, mit der Flüchtlingskrise florierte die Organisierte Kriminalität in Sachsen. Damit lässt sich in der Tat kein Zusammenhang herstellen. Wir reden bitte immer noch von Organisierter Kriminalität, nicht von Kriminalitätsdelikten, die durchaus auch im Zusammenhang mit Raub, Drogenhandel und Ähnlichem stehen könnten. Wir reden von Organisierter Kriminalität mit bandenmäßigen Strukturen.
Gleichwohl stimmt es, dass Verdächtige besonders aus Ost- und aus Südosteuropa kommen. Das ist zweifelsohne so. Tatverdächtige kommen insbesondere aus dem Baltikum, aus Polen, Tschechien und Rumänien. Hier sind die bekannten Probleme der Drogenkriminalität und des bandenmäßigen Diebstahls erheblich. Man muss allerdings sehen, dass diese Zahlen sehr schwanken. Das gilt nicht nur für die Tatverdächtigen, sondern auch für die sogenannten Ermittlungskomplexe, das heißt die Organisationen, welche der Organisierten Kriminalität verdächtig sind.
Hintergrund ist die Tatsache, dass ein Ermittlungserfolg sich bei den geringen Fallzahlen bereits in den Verhältniszahlen deutlich bemerkbar macht. Wenn man also eine solche Struktur der OK ausgehoben hat, hat das zur Folge, dass die Kriminalitätsbelastung schlagartig nach unten geht. Daher sind die Muster von Jahr zu Jahr auch recht verschieden. So lässt es sich in Tabelle auf Seite 8 f. auch nachlesen. Entsprechendes gilt auch für die Schadenssumme, die allerdings einen deutlich negativen Trend ausweist und von 68 Millionen Euro im Jahr 2007 bis auf 522 000 Euro im Jahr 2015 zurückgegangen ist.
Erlauben Sie mir noch einige Anmerkungen zur Art der Fragestellungen seitens der AfD-Fraktion. Viele der Fragen lassen vermuten, die AfD glaube, der sächsische Staat sammle in einem Ausmaß Daten über alle möglichen Vorgänge, die aus unserer Sicht schlichtweg nicht realistisch sind.
Gute Statistiken in allen Ehren, jedoch nur wenn hieraus ein Verwendungszweck klar ersichtlich ist, machen selbige Sinn. Schließlich bedeuten differenzierte Statistiken immer auch einen erheblichen Aufwand bei der Dateieneingabe und Datenpflege.
Daher erhebt die Sächsische Staatsregierung natürlich nicht, welcher Szene oder welchem Milieu ein Tatverdächtiger angehört, siehe Frage 56. Ebenso wird nicht statistisch und systematisch erfasst, welches Land Rückzugsraum – was immer das auch sein soll – der Täter ist, in Frage 13. Ähnliches gilt für Tatspezialisierungen. Hierzu kann die Staatsregierung zu Recht nur auf Deliktbereiche eingehen.
Dass die AfD-Fraktion im jüngst eingebrachten Entschließungsantrag einige der gemachten Angaben zur statistischen Erhebungspraxis als unglaubhaft bezeichnet,
nun ja, dazu kann ich nur sagen, desgleichen lässt auf eine erhebliche Ermittlungsnaivität bei der Fragestellerin schließen. Als würde die Polizei bei jeder Ermittlung 30 bis 50 Kennzahlen erheben. Das ist weder praktikabel, noch ist es einsatztechnisch notwendig.
Im Übrigen ergibt sich, dass die Staatsregierung alle Problembereiche mit großen Anstrengungen in den Blick nimmt. Das sind insbesondere Drogenhandel, bandenmäßiger Diebstahl und Hehlerei, Wohnungseinbruchserien, Schleuserkriminalität und im Übrigen auch die gesamte organisierte Onlinekriminalität, die sämtlich zum Gegenstandsbereich der Großen Anfrage zählt.
Speziell die Grenzkriminalität ist Organisierte Kriminalität, insbesondere Drogenhandel und Diebstahl. Hier sei auf folgende Maßnahmen der Staatsregierung verwiesen. Es gibt drei gemeinsame Fahndungsgruppen: Elbe, Neiße und jene von Bundes- und Landespolizei. Es gibt seit dem Jahr 2014 den deutsch-polnischen Polizeivertrag. Im Jahr 2015 folgte das Ganze für Tschechien in einer entsprechenden Kooperation. Es bestehen Sicherheitsstammtische in Städten und Grenzregionen. Zudem gibt es eine gemeinsame Schleierfahndung im grenznahen Raum, auch gemeinsam mit den tschechischen und polnischen Beamten. Schließlich soll es auch Videoüberwachung an diversen Grenzbrücken etwa in Görlitz, Hagenwerder und Ostritz geben.
Speziell gegen die Drogenkriminalität gibt es grenzüberschreitende Ermittlungsteams, Spiegelverfahren, den Einsatz der Joint-Investigation-Teams und eine stärkere Ausrichtung der Fahndungsmaßnahmen nach operativen Lagebildern gemeinsam mit der Bundespolizei, dem Zoll und den Behörden der Tschechischen Republik sowie überhaupt eine umfängliche Zusammenarbeit mit tschechischen Behörden – genannt sei die tschechische Arbeitsgruppe Crystal – und Kontakte zwischen LKA und MPC. Jede Polizeidirektion in Sachsen verfügt übrigens über feste Ansprechpartner auf tschechischer Seite.
Summa summarum gilt also, dass die CDU und die Sächsische Staatsregierung die Organisierte Kriminalität durchaus ernst nehmen und ihr entgegentreten, gerade auch im internationalen Verbund. Anders ist es auch nicht zu schaffen.
Dass nicht alles zum Besten steht, will ich gar nicht verhehlen, jedoch, so bedauerlich Sie es finden mögen, niemand wird die Organisierte Kriminalität komplett verhindern können, auch die Kolleginnen und Kollegen der AfD nicht, schon gar nicht mit dieser Anfrage.
Erlauben Sie mir abschließend noch einige grundsätzliche Anmerkungen zur sogenannten Ausländerkriminalität.
Erstens. Ausländer sind häufig deswegen tatverdächtig, weil es spezifische Delikte gibt, die nur durch sie begangen werden können, beispielsweise nach Asyl-, Aufenthalts- und Freizügigkeitsgesetz.
Zweitens. Ausländische Tatverdächtige sind nicht notwendigerweise Migrantinnen und Migranten, sondern oft solche Personen, die sich nur vorübergehend in Deutschland aufhalten, zum Beispiel Touristen oder Personen, die gerade wegen krimineller Zwecke einreisen, beispielsweise aus dem südosteuropäischen Raum. Hierzu gehört etwa mit dem Drogenhandel auch ein erheblicher Bereich der Organisierten Kriminalität. Natürlich kann und muss man das beklagen, doch dergleichen ist gerade kein Beleg dafür, dass Ausländer oder Flüchtlinge per se krimineller wären als deutsche Staatsbürger.
Drittens. Selbst wenn die Kriminalität unter Ausländern höher ist als unter Deutschen, sollte man sich vor rassistischen Schnellschüssen verwahren. Ausländer waren und sind in der Regel hinsichtlich Alter, Geschlecht, sozialen Status und Bildungsstand oft schwächer als der Durchschnittsdeutsche. Wenn man das in den Vergleich setzt, dann kommt man zu einer ganz anderen Beurteilungsgröße.
Nicht primär kulturelle Merkmale sind ursächlich dafür, dass wir bisweilen in bestimmten Deliktkategorien unter Ausländern eine höhere Kriminalität beobachten als unter Deutschen, sondern es sind oft Merkmale, die auch unter deutschen Vergleichsgruppen das Risiko, kriminell zu werden, steigern. Selbstverständlich ist das schlimm. Es mag auch als Grund dafür dienen, eine bestimmte Art von Migration zu begrenzen oder bestimmte Integrationsmaßnahmen ins Werk zu setzen, die in ähnlicher Weise auch für die Reintegration und Prävention von Straftaten bei deutschen Straftätern verwendet werden. Eine erhöhte Kriminalität von Ausländern, wie sie mitunter in den Statistiken sichtbar wird, ist in dem Fall kein Argument für rassistische Deutungen der Kriminalität.
Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, bleibt trotz aller Herausforderungen, auch bei Mehrfachintensivstraftätern, die wir auch in Sachsen zur Kenntnis nehmen, auch auf Deliktfeldern, auf denen wir eine höhere Präsenz von ausländischen Tatverdächtigen zur Kenntnis nehmen, der Blick auf Sach- und Augenmaß und keine pauschale Verknüpfung zwischen Flüchtlingen, Migranten und der Kriminalitätsentwicklung im Grundsatz.
Ich zitiere noch einmal Christian Morgenstern, adressiert an den Einreicher: „Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.“ Insoweit, meine sehr geehrten Damen und Herren, herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Organisierte Kriminalität ist ernst zu nehmen. Es gilt sie zu bekämpfen, und das tun wir seit Jahren, und zwar mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln, wohl anerkennend, dass es uns nie gelingen wird, sie ganz zu beseitigen.
Was Sie hier tun, ist, den Eindruck zu vermitteln, als ob bandenweise Organisierte Kriminalität marodierend durch dieses Land zieht, dass Menschen, Gerichte, Behörden geschützt werden müssen und dass endlich angefangen werden muss, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Ja, natürlich, das wissen Sie, Herr Barth. Sie sind ja der Meister der Übertreibung.
Aber der Eindruck, den Sie hier vermitteln, hat mit der Realität in Sachsen ja nun wahrlich nichts zu tun. Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, bedurfte es nicht Ihrer Großen Anfrage, und insoweit gebe ich dem Kollegen Pallas durchaus recht. Was machen Sie denn
jetzt eigentlich mit dem Wust an Informationen, die Sie noch nicht einmal selbst ordentlich interpretiert und gespiegelt bekommen? Und was ist jetzt im Kern die Botschaft dessen, was Sie erreichen wollen, außer dass Sie mit einem Bezug auf große Gefahren durch Ausländer im Bereich der Ausländerkriminalität versuchen, wieder einen neuen Baustein Ihres Wahlkampfes der Verunsicherung und der Angst zu finden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, daran werden wir uns nicht beteiligen. Die Staatsregierung und die sächsische Justiz tun das, was in ihrer Macht steht in Kooperation mit allen anderen Sicherheitsbehörden und den angrenzenden Ländern, um Organisierte Kriminalität zu bekämpfen und sie zu dämmen. Die Zahlen, die wir hier gehört haben, die Gegenstand der Beantwortung sind, stellen klar und machen deutlich, dass wir da auf einem guten Weg sind. Die Dramatisierung, die Sie in dieses Thema hineinbringen, lässt sich bei objektiver Betrachtung nicht erkennen.
Sie sind ja selbst in Ihrem Entschließungsantrag wieder da angekommen, wo wir heute diese Debatte begonnen haben, nämlich unter I., 6 und 7. Sie bezweifeln das, was Ihnen zum Vortrag und zu Gehör gebracht wurde, „weil,“ – ich zitiere Christian Morgenstern, „Die unmögliche Tatsache“ aus Palmström – „so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.“
Da es doch so ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden wir auch Ihren Entschließungsantrag ablehnen.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Mitgefühl meiner Fraktion gilt auch den Opfern dieser schrecklichen Tat, die Anlass für die Ereignisse der vergangenen Woche ist – und sicherlich auch ein zentraler Teil unser heutigen Diskussion. Insoweit möchte ich am Anfang deutlich sagen: Wir sollten in einem solchen Prozess auch Ursachen und Wirkungen durchaus ernst nehmen.
Bevor ich mich dem Titel und dem Inhalt der Regierungserklärung nähere, möchte ich Ihnen zwei Dinge deutlich sagen. Die CDU steht ganz klar gegen Rechtsextremismus.
Und das nicht erst seit gestern, sondern – das ist ja auch in der Rede des Ministerpräsidenten deutlich geworden – seit Mitte der Neunzigerjahre. Gleichwohl gehört auch zur Wahrheit, dass dieses Bemühen an der einen oder anderen Stelle nicht die Erfolge gezeigt hat und sicherlich auch manchmal vielleicht ein klareres Handeln bedingt hätte.
Ich möchte hier deutlich sagen, dass die Auseinandersetzung mit Extremismus die Auseinandersetzung mit jeglichen Formen des Extremismus bedingt. Aber ich lasse nicht zu, dass versucht wird, mich auf eine Seite zu ziehen, und zwar von einer Seite, die sich nicht in der Lage sieht, sich von der anderen Form des Extremismus zu distanzieren, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ja, in Chemnitz sind deutlich rote Linien überschritten worden, die ein gesellschaftliches Zusammenleben prägen sollen. Wir werden diese Grenzen klar ziehen. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte, Ursache und Wirkung nicht ganz aus dem Blick zu verlieren: Ereignisse, die diese Prozesse beschleunigt haben.
Ich glaube schon – das ist der Kern der Aussage, Herr Fraktionsvorsitzender Gebhardt –, dass Ihr Sohn eine klare Wahrnehmung hatte, nämlich zu der Freundlichkeit des Mädchens. Ich sage Ihnen, wenn es Jassim wäre, der möglicherweise immer schubst, wäre die Reaktion eine andere gewesen. Da sind wir bei einem Kern der Diskussion. Wenn wir Menschen bei uns haben, denen wir helfen wollen und denen geholfen werden muss, können wir zwei Dinge erwarten: erstens, dass sie dieser Hilfe tatsächlich bedürfen – dafür haben wir ein Verfahren –, und zweitens, dass sie, wenn sie hier sind, auch eine gewisse Form von Respekt, Dankbarkeit und Hilfe annehmen.
Das muss Ihnen nicht gefallen. Dreidimensionalität der Betrachtung beginnt damit, dass Sie zuhören. Ihre Eindimensionalität bringt Sie gar nicht weiter.
Es gehört dazu, dass sich die Menschen an die Regeln halten. Ein Teil der Wahrheit ist, dass wir Übergriffe von Asylbewerbern in diesem Land erleben. Mit denen müssen wir uns gleichermaßen auseinandersetzen. Es ist eben nicht hinnehmbar, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir Situationen erleben, in denen sich Menschen bedroht fühlen, egal von wem, aber eben auch von Asylbewerbern. 1 200 Mehrfachintensivstraftäter zeigen, dass wir einen Handlungsbedarf haben, vor allem deswegen, weil es darum gehen muss, der übergroßen Mehrheit der Menschen, die bei uns Hilfe und Schutz suchen, eine klare Perspektive in unserer Gesellschaft zu geben. Dazu gehört, dass die Gesellschaft bereit ist, das mitzutragen.
Nachdem Sie so in Wallung sind, lassen Sie mich zum Kern der Rede kommen, und zwar zum Inhalt „Für eine demokratische Gesellschaft und einen starken Staat“.
Ich danke dem Ministerpräsidenten für seine Rede und seine Impulse. Ich denke, er hat eine klare Botschaft gesandt. Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren von links, wundert mich Ihre Reaktion eher weniger. Gott sei Dank wird der Begriff Haltung seit 1989 in diesem Land nicht mehr durch DIE LINKE definiert, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Sie mögen es beklagen, aber es ist die Realität.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir lassen uns Haltung nicht absprechen. Haltung beginnt bei der Definition des Grundgesetzes, nämlich bei der Definition der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und der
verfassungsmäßigen Ordnung. Das ist der Kern.
Wir reden hier für die Mitte der Gesellschaft. Insoweit verstehe ich, wenn der Ministerpräsident sagt: Wir haben eine klare Position. Aber ich lasse mich weder von rechten noch von linken Rändern instrumentalisieren,
weil wir in der Mitte der Gesellschaft stehen.
Künstlerische Freiheit, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein Wesenskern unserer Gesellschaft. Sie werden aber auch verstehen, dass ich so manchen Text nicht gut finde und dessen Inhalt nicht teilen werde und deswegen nicht bereit bin, das zu unterstützen, ohne damit künstlerische Freiheit in diesem Land in Abrede zu stellen.
Im Übrigen möchte ich deutlich machen: Der Feind steht an allen extremistischen Rändern. Wir müssen uns mit allen extremistischen Rändern auseinandersetzen. Dann fällt es relativ dünn aus, wenn Sie die Extremismusklausel bemühen, die im Übrigen abgeschafft wurde, ohne dass wir den Grundsatz, nämlich das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, in Abrede stellen, der der Kern des Ganzen ist.
Kriminell ist übrigens in diesem Land immer noch – egal von welcher Seite –, wer versucht, die Meinungs- und Versammlungsfreiheit anderer zu beschränken, und zwar durch Gewalt und Übergriffe. Da ist es egal, welches Ziel und welche Haltung er hat. Er bleibt kriminell, wenn er die Rechte anderer mit Gewalt verletzt.
Insoweit gehört zur Wahrheit auch ein klares Bekenntnis aller Seiten dieses Hohen Hauses – und da schließe ich Sie ganz klar ein, Herr Gebhardt – zur Abkehr von allen extremistischen Rändern dieser Gesellschaft und ein klares Bekenntnis zur Mitte. Wenn Sie ein solches Bündnis der demokratischen Kräfte wollen – das ist übrigens ein Kern der Diskussion, die wir führen müssen –, dann muss es eine klare Grenze zu rechten und linken Rändern geben, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung –
Zuruf des Abg. Marco Böhme, DIE LINKE
In der Tat – das hat vielleicht etwas mit der Demonstrationskultur in unserem Land zu tun – vermisst die Mitte zurzeit den Raum, in dem sie ihre Position klar artikulieren kann. Die demokratische Gesellschaft – da werden wir uns sehr schnell einig werden, meine sehr geehrten Damen und Herren, da haben wir keinen Dissens – beruht auf dem Willen zu einem Leben in Freiheit, einem Bekenntnis zu Grund- und Menschenrechten, zur demokratischen Teilhabe, zur Gewaltenteilung und dem Willen, Menschen in Notlagen zu helfen, egal, ob sie hier zu Hause sind oder ob sie aus anderen Ländern zu uns kommen.
Mancher mag einwenden, dass es sich um Gemeinplätze handelt. Aber das sind sie nicht. Es betrifft insbesondere die Teilung der staatlichen Gewalt und erst recht die gelebte Hilfe für Notleidende, die Solidarität oder – so können Sie es auch altmodisch christlich nennen – die Barmherzigkeit.
Richtig ist, dass sich die repräsentative Demokratie nicht im Parlament erschöpft. Es besteht Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit. Sie findet jedoch dort ihre Grenzen, wo sie in Selbst- und Lynchjustiz übergeht oder Rechte anderer beschränkt. Der Staat hat das Gewaltmonopol. Er muss es bewahren und durchsetzen. Insofern sollte jeder Protestierende seine Verantwortung dafür wahrnehmen. Für welche Versammlung er sich entscheidet, obliegt letzten Endes ihm selbst. Aber er muss schon definieren: Macht er sich mit denen gemein, die Flaschen werfen und Hitlergrüße zeigen, oder mit denen, die rechte oder linke Parolen skandieren? Da muss klar eine Grenze gezogen werden. Das ist kein Kavaliersdelikt.
Wir sind in der Verantwortung, in der demokratischen Mitte Protesträume zu entwickeln. Protest, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nämlich legitim.
Ich will vor diesem Hintergrund als Innenpolitiker der CDU betonen, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern zuhören, wenn sie zweifeln. Dies betrifft ausdrücklich auch die Fragen zu Vorstellungen, wie man Notleidenden helfen kann, zu Grundlinien der bundesdeutschen Migrationspolitik, zu politischen Vorstellungen über die Möglichkeiten und Grenzen der Integration zugewanderter Menschen und nicht zuletzt zum Aufbau und zur Arbeitsweise unserer Sicherheits- und Staatsverwaltung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussion und der Protest auch zu den Fragen von Asyl- und Migrationspolitik in unserer Gesellschaft sind Teil unserer verfassungsmäßigen Ordnung.
Solche Zweifel und abweichenden Haltungen zu häufig optimistischen Äußerungen der politischen Leistungsträger und Elite unseres Landes sorgen für Stimmungsspan
nungen, sorgen auch für entsprechende Repräsentationslücken. Ich sage das mit Blick auf einen großen Teil der Protestierenden. Es bedarf dieses Dialoges, um zu erklären, um zu verstehen und die Probleme aufzuarbeiten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist die Wahrheit, und der Ministerpräsident hat es deutlich gesagt: Die Mehrheit in unserem Land will Menschen in Not helfen. Sie ist bereit, Unterstützung zu geben. Dazu bedarf es klarer Regeln. Es bedarf der Durchsetzung der entsprechenden Verfahren. Es bedarf des Vertrauens der Bürger in den Staat und seine Handlungsweise.
Es sind immer zwei Seiten ein und derselben Medaille. Es geht um die Frage, ob ein Mensch hierher kommen kann und Hilfe erhält oder ob er, wenn er den Anspruch nicht hat, in die Heimat zurückkehren muss. Die Menschen in diesem Land erwarten, dass diese Entscheidungen getroffen und vollzogen werden. Sie erwarten zu Recht, dass wir den Menschen, die eine Perspektive haben, helfen wollen. Man kann aber auch zu Recht erwarten, dass diese sich an die Regeln der Gesellschaft halten. Wenn sie es nicht tun, muss es entsprechende staatliche Konsequenzen geben.
Das Recht auf Meinung, das Recht, auch andere Meinungen zu haben, auch Meinungen, die mir nicht gefallen, auch Meinungen, die kritisch zur Migrationspolitik stehen, sind Teil unserer verfassungsmäßigen Norm. Sie sind Teil des Grundkonsenses aus Freiheit, Menschenrechten, Demokratie, Gewaltenteilung, Solidarität und Barmherzigkeit. Wenn dies nicht infrage gestellt wird, ist Meinungspluralismus möglich. Nur – meine sehr geehrten Damen und Herren, diesen Satz sage ich in aller Deutlichkeit –: Die freiheitliche demokratische Grundordnung ist die Schmerzgrenze unseres politischen Gehörs, nicht die politische Liebsamkeit. Doch diese Grenze besteht. Sie ist nicht verhandelbar, und wir werden sie halten.
Lassen Sie mich zum zweiten Punkt kommen, dem starken Staat. Eine demokratische Gesellschaft braucht einen starken Staat. Gemeint ist damit ein Staat, der es versteht, die Freiheit und die Rechte seiner Bürger zu schützen und vor allem auch für deren Sicherheit zu sorgen. Hierzu leistet die sächsische Polizei seit Jahren Großartiges. Die derzeit zum Teil geäußerte Pauschalkritik an der sächsischen Polizei ist nicht hinnehmbar.
Dennoch ist auch die Polizei nicht frei von Fehlern. Nicht jeder Einsatz kann hundertprozentig gelingen. Damit möchte ich aber nicht gesagt haben und stelle dies ausdrücklich klar, dass ich Kritik am Einsatz am 27. August oder an folgenden Einsätzen hätte. Die Polizei hat im Rahmen des Kräfteeinsatzes der verfügbaren Strukturen die Lage und den Einsatz ordnungsgemäß geführt. Aber zur Ehrlichkeit gehört eben auch, zu sagen, dass wir in Sachsen in unseren polizeilichen Strukturen weiter an der Führungsfähigkeit, der Lagebeurteilung, den Kommuni
kations- und Informationsstrukturen und vor allem auch am Kräfteansatz arbeiten müssen. Wir brauchen eine lebendige Fehlerkultur, die nicht gleichzeitig als Pauschalkritik verstanden wird, und eine Differenzierung in der Beurteilung sowohl polizeilicher Einsätze als auch journalistischer Betrachtung und politischer Bewertung.
Vor diesem Hintergrund erinnere ich noch einmal daran, dass so manche überzogene Kritik der Legitimität unserer demokratischen Ordnung schwer geschadet hat. Es braucht nämlich neben Leidenschaft auch Augenmaß. Ich sage das auch vor dem Hintergrund der Pauschalität – darin teile ich ausdrücklich die Auffassung des Ministerpräsidenten –, dass man, je weiter entfernt man von den Ereignissen war, umso pauschaler in der Beurteilung wurde und eine gesamte Stadt in die Kritik gebracht, jeden Demonstranten pauschal als Rechten verunglimpft und den Eindruck vermittelt hat, dass der Mob in Form von Hetzjagden und Pogromen durch Chemnitz zog. Das ist ein überzeichnetes Bild, das den historischen Bezügen solcher Ereignisse überhaupt nicht gerecht wird, sie schon fast konterkariert und die Menschen diskreditiert. Es bleibt dabei: Die Ereignisse, die wir dort vorgefunden haben, waren schlimm genug. Sie benötigen keine zusätzliche Skandalisierung, sondern eine objektive Aufarbeitung auf einer vernünftigen Gesprächsebene, gerade im Interesse der mehr als zweihunderttausend Chemnitzer, die sich mit der Mitte dieser Gesellschaft identifizieren und seit 1990 die ruinierte Stadt wiederaufgebaut und zu dem gemacht haben, was sie heute ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Noch schlimmer ist meines Erachtens aber so manche Äußerung von Politikern, die zumindest als grob fahrlässig einzuordnen ist. Dabei gewinnt man den Eindruck, dass aus berechtigter Kritik heraus der Bogen überspannt und eine politische Instrumentalisierung gefördert wird. Es ist nicht in Ordnung, gewaltförmige Proteste und Demonstrationen zu schüren oder Menschen und Städte pauschal zu bewerten und zu diskreditieren. Dabei, meine sehr geehrten Damen und Herren von der AfD, müssen Sie sich zumindest für den vergangenen Samstag schon die Frage gefallen lassen, wie Sie es mit einer klaren Abgrenzung zu rechten und sich als rechtsextrem bekennenden Strukturen halten. Wenn man sieht, was Sie zum Schluss alles in Ihre Versammlung aufgenommen haben, so fällt da schon eine Maske – was Sie nicht mehr so ganz mit dem Saubermann-Image in Verbindung bringt, das Sie sonst ja so gern für sich in Anspruch nehmen.
Das lässt mich noch einmal zum Kern der demokratischen Gesellschaft kommen. Demokratie lebt nicht nur vom Streit, sondern sie provoziert ihn sogar. Deshalb sind wir schließlich auch alle hier, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir streiten nicht nur gern, sondern auch notwendigerweise, denn die Demokratie lebt vom Widerspruch. Sie lebt vom Pluralismus und von der Bereitschaft, unterschiedliche Meinungen gegeneinander in den Wett
bewerb treten zu lassen. Dies tun wir jedoch auf der Basis des vorhin von mir skizzierten Grundkonsenses; aber wir tun es. Zwar muss weder die AfD noch sonst eine Protestbewegung auf Kuschelkurs mit der Regierung und unserer Fraktion sowie diesem Hohen Hause gehen; denn selbstverständlich streiten wir uns auch mit jenen und setzen uns mit den Argumenten der Bürger auseinander, doch wir tun dies in der Absicht, den Grundkonsens unserer Demokratie zu leben und zu wahren.
Diese Frage, meine sehr geehrten Damen und Herren von der AfD, müssen Sie sich an der einen oder anderen Stelle schon gefallen lassen, wie auch das klare Bekenntnis zu den Werten der freiheitlichen demokratischen Grundordnung Grundkonsens unserer Gesellschaft ist.
Ich und meine Fraktion werden jedenfalls dafür werben, dass wir in Sachsen freundlich und kritisch miteinander über kontroverse politische Positionen im Interesse der Mitte unserer Gesellschaft streiten und sie weder von links noch von rechts vereinnahmen lassen. Es geht um ein Land, das sich seit 1990 wirtschaftlich und strukturellorganisatorisch erfolgreich entwickelt hat – mit vielen Herausforderungen, die es zu bestehen hat, und großen gesellschaftlichen Umbrüchen, wenn ich nur an die Braunkohle in der Lausitz denke. Dafür brauchen wir die gesamte Kraft und die Gemeinsamkeit. Es ist keine Zeit für politischen Klamauk und politische Instrumentalisierung, sondern es geht darum, ernsthaft für dieses Land nach vorn zu blicken. Ich bin dem Ministerpräsidenten für sein gezeigtes Engagement sehr dankbar. Wir sind mit unserer Fraktion dabei. Auf diesem Weg gehen wir weiter voran.
Herzlichen Dank.
Die Geschichtsschreibung ist sich darüber einig: Hätte Friedrich der Große bei Hochkirch die Analyse der Truppenbewegung der Österreicher durch entsprechende Aufklärung anders bewertet und hätte er die Feldstellung der preußischen Infanterie anders gewählt, hätte er die Schlacht bei Hochkirch gewonnen. So ist das, wenn danach alle General sind und im Nachhinein die Lage bewerten.
Ich finde es mit Verlaub – deshalb habe ich mich noch einmal zu Wort gemeldet – höchst unanständig und diesem Haus nicht angemessen, wenn aus der Mitte einer Fraktion Rücktrittsforderungen gegen Polizeiführer des Freistaates Sachsen an dieser Stelle erhoben werden. Denn eine Polizeipräsidentin, die gerade frisch im Amt ist, die die PD mit Verantwortung führt – gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen –, die um 16:30 Uhr zu der Einschätzung einer überschaubaren Lage gekommen ist, jetzt im Nachhinein vermeintlich in eine öffentliche Debatte zu führen oder möglicherweise den Landespolizeipräsidenten halte ich für wenig angemessen.
Am Anfang steht die Aufklärung hier in diesem Haus; in diesem Parlament eine entsprechende Bewertung – – Ich muss sagen, ich verwahre mich dagegen, dass die Debatte hier mit der Rücktrittsforderung, mit den Köpfen von Polizeiführern des Freistaates Sachsen geführt wird.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte schon eine gewisse Spannung auf den Inhalt, den diese Debatte haben und welchen Verlauf sie nehmen würde, und ich hatte gedacht, dass Sie versuchen, den Bogen zum Freistaat zu spannen. Aber wir bleiben in der internationalen Betrachtung.
Von deutschem Boden darf kein Krieg mehr ausgehen – das war, das ist und das bleibt. Ich finde die Differenzierung und den Zungenschlag, den Sie hineingebracht haben, eher unpassend; denn die Frage, dass Deutschland als Teil der NATO und der Staatengemeinschaft Mitverantwortung für den Weltfrieden zu übernehmen hat, ist, denke ich, richtig und das Gebot der Stunde, und es ließe sich trefflich darüber streiten, warum wir in der Vergangenheit als Staatengemeinschaft bestimmten internationalen Prozessen so lange zugeschaut und die Vereinten Nationen bestimmte Entscheidungen spät getroffen haben.
Der Blick auf Deutschland: Die Wehrpflicht ist ausgesetzt, de facto abgeschafft. Wir haben junge Menschen, die sich bewusst entscheiden, zur Bundeswehr zu gehen. Im Grunde ist der Dienst mit der Waffe in der Hand, wie Sie es beschrieben, als Erstes Kern eines elementaren Selbstverständnisses eines Staates, nämlich zur Landesverteidigung, und die Landesverteidigung – der Einsatz
der Bundeswehr zum Schutz des Staates und des Staatsgebietes – eine elementare Kernfrage, auch staatlicher Sicherheit.
Da wir in die Europäischen Union und in die NATO eingebunden sind und damit eine viel größere gemeinschaftlich getragene Bündnispolitik betreiben und einem reinen Verteidigungsbündnis angehören, liegt es wohl in der Natur der Sache, dass der Einzugsbereich dieses Bündnisses so definiert ist, wie er es ist.
Ich halte es für sehr gewagt, von Deutschland und Sachsen als Durchmarschgebiet für NATO-Streitkräfte zu reden. Das belegt ein bisschen die Fantasie, als seien wir hier Aufmarschgebiet für militärische Auseinandersetzungen. Nein, es geht vielmehr darum, diesen Sicherungsauftrag zu erfüllen: die Sicherung der Europäischen Union und der NATO nach außen. Das ist elementares Selbstverständnis staatlichen Handelns.
Tiefflieger der Bundeswehr in verletzlicher Natur. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es liegt irgendwie in der Natur des Selbstverständlichen und des Logischen, dass, wenn ich Militär unterhalte, Selbiges auch trainiert und ausgebildet werden muss. Dass das auch entsprechende Kompromisse mit sich bringt, ist selbstverständlich. Aber an dieser Stelle bedienen Sie Fantasien, die mit der Realität wenig zu tun haben.
Meine Damen und Herren von den LINKEN! Insgesamt kann man unterschiedliche Ansätze zu dem Thema haben. Sie kennen alle die Parabel vom Fuchs und vom Igel. Ich halte sehr viel davon, sich vor dem Fuchs nicht ohne das Stachelkleid zu setzen, sondern schon verteidigungsfähig zu sein und zu bleiben. An dieser Stelle möchte ich eine Wertschätzung für all die Bürgerinnen und Bürger in Uniform formulieren, die ihren wesentlichen Beitrag zur Stabilität der deutschen außenpolitischen Sicherheit und als Teil einer Bündnispolitik leisten, meine sehr geehrten Damen und Herren.
In Richtung von Frau Schaper sei gesagt: Sie haben vorhin in der Debatte bemüht: „Nie wieder Deutschland“ ist der Schwur von Buchenwald. Das ist so nicht ganz richtig.
Der Schwur von Buchenwald bezieht sich auf eine klare Feststellung. Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. „Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“ So lautet es richtig, und nicht: Nie wieder Deutschland. Diesen Schwur aufgreifend, heißt es: Wer Frieden schaffen will, muss auch bereit sein, dafür Verantwortung zu tragen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren der LINKENFraktion! Es ist zur Kenntnis zu nehmen, dass sich angesichts dessen, was wir international an Spannungen,
Bürgerkriegen, militärischen Auseinandersetzungen, mit Destabilität, internationalem Terrorismus und Übergriffen auf staatliche Souveränität erleben, die Frage stellt, welcher Strukturen der Verteidigung und – unter Beachtung des UN-Mandats – welcher Schutzmechanismen man sich bedient.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bundeswehr ist genauso notwendig wie in der Vergangenheit, und sie leistet einen elementaren Friedensbeitrag für die Welt.
Herzlichen Dank.
Ich danke Frau Schaper für ihre Richtigstellung, die dafür Sorge getragen hat, dass die vorhin etwas missverständliche Aussage, „Nie wieder Deutschland“ sei der Spruch von Buchenwald, an dieser Stelle von ihr klargestellt worden ist. – Herzlichen Dank.
Danke, Herr Präsident! Ich gebe zu, dass ich mit Beginn der heutigen Debatte auch interessiert war, in welche Richtung die Fraktion DIE LINKE die Debatte führt, um den Bezug zu Sachsen herzustellen. Wir haben ihn zumindest mit der Sorge um den Naturschutz in der Sächsischen Schweiz zur Kenntnis genommen.
Ich möchte mich jetzt aber auf die Rede beziehen, die ich gerade zu Gehör bekommen habe und für die ich leider keine Entschädigungsansprüche geltend machen kann. Mich irritiert insbesondere die Unflexibilität – offensichtlich in Erwartung eines anderen Inhalts –, auf den tatsächlichen Gegenstand einzugehen, denn der Weltfriedenstag ist ein Tag, der insbesondere daran erinnern möchte, dass der Frieden zwischen Staaten und Gesellschaften mit Konfliktlösungen möglich ist. Er redet also davon, wie zwischen Staaten, Gesellschaften und Nationen ein Miteinander zu organisieren ist.
Das, was ich gerade über angebliche Zustände in Deutschland gehört habe, macht deutlich, dass das nichts, aber auch gar nichts mit dem Inhalt des Weltfriedenstages zu tun hat und damit mit dem Kern dieser Debatte.
Zweitens weise ich konsequent von mir, dass das, was ich gerade gehört habe, irgendetwas mit den Tatsachen in diesem Land zu tun hat. Es diskreditiert Staat, Rechtsprechung, Polizei und Verwaltung in ihrem Handeln, was unsäglich ist. In diesem Land gilt immer noch Recht und Gesetz. Man mag es im Einzelfall beklagen und ein konsequenteres Handeln einfordern. Das war gerade ein Brandbeschleuniger für Instabilität des politischen Systems, und das kann dieses Hohe Haus nicht zulassen!
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht noch einmal zur Einordnung: In der Tat, der Weltfriedenstag am 1. September erinnert an den Beginn des Zweiten Weltkrieges und an die Verantwortung, die das Deutsche Reich in diesem Kontext gehabt hat; aber er erinnert auch an etwas, nämlich an die Beteiligung einer anderen Diktatur, die sich genau im besagten September mit an diesem kriegerischen Betreiben beteiligte. Das war die Sowjetunion. Die Sowjetunion hat damals ihren Teil in diesem Prozess beigetragen.
Ich glaube, es ist schon entscheidend, auch für die Einordnung der Bedeutung dieses Ereignisses, dies nicht losgelöst voneinander zu betrachten, hat doch das Agieren der Sowjetunion einiges von dem, was an Elend und Unglück an diesem 1. September 1939 über die Welt kam, erst ermöglicht und hat es doch auch eine Beteiligung gegeben, nämlich bei der Besetzung Polens. Insoweit will ich an dieser Stelle auch deutlich mahnen: Das zeigt uns auch, welche Folgen zwischen Staaten oder beim Tolerieren von Absprachen zwischen Staaten eintreten können.
Nun hat DIE LINKE in der Tat aber auch den sächsischen Fokus zurückgeholt. Insoweit möchte ich die Kritik an der thematischen Implementierung von Herrn Wendt etwas relativieren. Der Vortrag der LINKEN war etwas maßvoller. Allerdings definiert er zumindest aus meiner Sicht auch einen Teil dessen, worum es aktuell geht: Es geht darum, wieder auf ein Maß der Diskursfähigkeit zurückzukommen und nicht permanent populistische Diskussionen und Vorwürfe in die eine oder andere Richtung zu werfen. Das ist auch ein Teil dessen, was diese Gesellschaft verunsichert und zu einer Instrumentalisierung führt.
Ich will an dieser Stelle zwei Dinge deutlich sagen: Rechtsextremismus ist ein Problem in Sachsen und in Deutschland, im Speziellen aber auch bei uns, mit dem wir uns konsequent auseinandersetzen müssen. Das habe ich heute in der Debatte zur Regierungserklärung schon einmal gesagt. Aber nicht alles, was wir auf der Straße an Protest und Verärgerung erleben, ist Rechtsextremismus. Ich will an dieser Stelle noch einmal deutlich machen, dass wir wohlweislich trennen müssen zwischen den Brandschürern, also denen, die diese Stimmung aufnehmen und Menschen instrumentalisieren, und denen, die in einer Verunsicherung mangels möglicher Positionierungen auch an der einen oder anderen Demonstration teilgenommen haben. Da muss es eine klare Grenze geben. Wir müssen uns mit diesen Diskussionen und ihren Problemen auch auseinandersetzen und dürfen diese Polarisierung nicht zulassen.
Was mich auf der anderen Seite aber auch umtreibt, ist die Pauschalisierung in die andere Richtung. Nämlich nicht jeder, der sich in der heutigen Zeit mit einem gewissen Integrations- und Migrationspessimismus zur Sache äußert und die Euphorie der einen oder anderen Seite an dieser Stelle nicht teilt, ist automatisch ein Extremist, ist verächtlich zu machen und antiliberal. Diese Positionen haben genauso ihre Berechtigung. Damit komme ich zu einer Erkenntnis, die ich vorhin bereits erwähnt habe: Das Maß der Diskussionsfähigkeit definiert die freiheitlichdemokratische Grundordnung, also unsere verfassungsmäßige Ordnung. Bis dahin müssen die Positionen erlaubt, gefordert und notwendig sein, um den Diskurs in einer Gesellschaft überhaupt noch zu ermöglichen. Sie verliert ihre Grenze da, wo es um Gewalt geht, wo es um Anfeindungen geht, wo es um Beschränkungen von Rechten geht. Dazu kann ich Ihnen als Innenpolitiker durchaus auch meine eigenen Erfahrungen – auch aus meiner Dresdner politischen Tätigkeit – mitgeben. Die Grundregel ist: Alles, was die freiheitlich-demokratische Grundordnung nicht ausschließt, muss im politischen Diskurs erlaubt sein. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, wünsche ich mir in dieser Diskussion.
Ich fand beides wenig zielführend: Das gilt für die eine Seite, die AfD, die ein Klischee dieses Landes bedient, was mit ihm so gar nichts zu tun hat; denn ich glaube schon, dass wir Herausforderungen haben, und ich glaube auch, dass wir klargemacht haben, dass wir uns gegen jegliche Übergriffe auf Menschen und Einrichtungen stellen, dass wir das nicht gutheißen. Wir sind selbst an der einen oder anderen Stelle Opfer von Übergriffen gewesen, genau wie die SPD, wie DIE LINKE und die GRÜNEN. Daher denke ich, dass wir in diesem Punkt solidarisch sind. Auf der anderen Seite gilt aber auch, meine sehr geehrten Damen und Herren von den LINKEN, dass nicht alles so pauschal darzustellen und zu verunglimpfen ist, wie Sie es tun. Maß und Mitte dieser Diskussion möchten wir auch mit Bezug auf den Debattentitel gern von der Gesamtheit des Hohen Hauses anmahnen.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da wird der Mops zum Pinscher, wenn man Ihnen so zuhört.
In der Tat: Das war kein Presse-Bashing. Aber ich glaube, es lohnt sich jetzt auch nicht, mit einem Polizei-Bashing die Argumentation zu bedienen, Herr Lippmann.
Zunächst möchte ich ganz grundsätzlich darauf hinweisen, dass in Deutschland und auch in Sachsen die Pressefreiheit in vorbildlicher Weise garantiert ist. Beim internationalen Press Freedom Index der Reporter ohne Grenzen ist Deutschland ganz vorn dabei. Das war im Übrigen auch nicht anders zu erwarten, weil wir nämlich in Deutschland und auch in Sachsen aus geschichtlicher Erfahrung heraus eine konkrete Vorstellung davon haben, was uns blüht, wenn wir Pressefreiheit und Grundrechte nicht gewährleisten und für diese nicht eintreten.
Vor diesem Hintergrund sollte der Antrag der GRÜNEN einmal ins rechte Licht gesetzt werden. Dass hier der Eindruck erweckt wird, die sächsischen Behörden müssten Wesentliches tun, um die Pressefreiheit zu schützen und den Grundrechten zum Durchbruch zu verhelfen, ist aus unserer Sicht mehr als absurd. Man kann sich auch richtig Mühe geben und durch eine Art linksgrünen
Populismus eine Art von steriler Aufgeregtheit alles an Vertrauen in der Bürgerschaft zerstören, was noch vorhanden ist. Aber, Herr Lippmann, es sei Ihnen gesagt: Wir sind hier nicht in Nordkorea. Das erkennen Sie auch an der Tatsache, dass Sie hier diese Rede halten können.
Ja, wir haben auch mit Blick auf die Ereignisse vom 16. August, auf die Sie sich beziehen, in der Tat Aufklärungsbedarf. Und ja, das ist Teil einer Fehlerkultur, mit der wir uns auseinandersetzen müssen. Aber über im Einzelfall eintretende Irritationen zwischen Partnern und über die Frage von möglicherweise Abläufen, die zu einer Beschränkung für ein journalistisches Team geführt haben könnten, abzuleiten, die Pressefreiheit in Sachsen sei bedroht und es bedürfe jetzt des großen Engagements des Don Quichote, der GRÜNEN, um gegen die Windmühlen zu ziehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, erscheint uns dann doch etwas zu sehr übers Ziel hinauszugehen.
Grundrechte, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind Abwehrrechte der Bürger gegen den Staat. Diese Abwehr wird nicht umso besser gelingen, je besser die Kontrolle des Regierungshandelns durch die Justiz oder die Presse gegeben ist. Vielmehr wird der Grundrechtsschutz am effektivsten dadurch verbürgt, dass die Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes diese Grundrechte selbst als schützenswert erachten, ja diese Grundrechte sogar zur Leitidee ihres Handelns machen. Meine Damen und Herren, ich will ganz deutlich sagen: Dies gilt insbesondere für den überdeutlichen Teil der sächsischen Polizei. Sie hat deshalb auch Ihre Belehrung in dieser Form an dieser Stelle wahrlich nicht nötig.
Deswegen ist der Antrag vom Grundsatz her verfehlt, meine sehr geehrten Damen und Herren. Was hiermit nahegelegt wird, ist eine sachfremde Beschränkung oder Behinderung der Pressearbeit durch die sächsische Polizei mit dem Antrag. Was besonders ärgerlich ist, ist die im Antrag unterstellte Systematik, mit der solche Beschränkungen und Behinderungen angeblich durch die sächsische Polizei vorgenommen werden sollen. Da reibt man sich in der Tat die Augen. Als wäre Sachsen ein Land, in dem die Staatsgewalt ein systematisches Problem mit dem Grundgesetz und der Pressefreiheit hätte! Meine sehr geehrten Damen und Herren, beides ist aus unserer Sicht ausdrücklich nicht der Fall.
Verwunderlich ist freilich, dass in der Begründung des Antrages nur von dem wohlbekannten Einzelbeispiel des 16. August 2018 die Rede ist. Dem Erklärungsmuster eines systematischen Fehlverhaltens bleiben Sie im Antrag schuldig. Zu dem erwähnten Vorfall am 16. August habe ich schon einiges gesagt. Auch ich hätte mir an dieser Stelle etwas mehr Sensibilität gewünscht. Von Fehlverhalten oder einem systematischen Angriff auf
die Pressefreiheit zu sprechen, ist jedoch wie mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Selbst wenn wir uns die Ereignisse vom 16. August anschauen, dann wird klar, dass es im Ablauf der Maßnahme durchaus auch Zeitfenster gegeben hätte – 15 Minuten Gespräch mit dem Pressesprecher, Rücksprache mit dem eigenen Büro usw. –, wo ich nichts gut und schönreden will. Deshalb gab es auch das Aufklärungsgespräch und eine entsprechende Aufklärung der Polizeidirektion Dresden. Aber daraus einen Angriff auf die Pressefreiheit, sogar einen systematischen Angriff zu machen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den GRÜNEN, das geht aus unserer Sicht deutlich zu weit.
Einmal abgesehen davon, dass aus unserer Sicht die Diagnose des Antrages verfehlt ist, so sind auch die Therapieansätze reichlich aktionistisch. Selbstverständlich bleibt die von der Koalition geführte Staatsregierung in einem engen und vertrauensvollen Kontakt mit Journalistinnen und Journalisten verbunden. Alles andere wäre im Übrigen auch absurd, weil auch diese Regierung eine Erklärung und Transparenz gewährleisten will und muss.
Die unter Punkt 2 genannten Maßnahmen lesen sich, als müsste man der sächsischen Polizei überhaupt einmal erklären, wie man mit der freien Presse in einer Demokratie umzugehen hat. Da sollen Arbeitsgruppen gebildet und Aktionspläne geschmiedet werden, umfangreiche Hinweise mit konkreten Fallbeispielen und Verhaltensempfehlungen wären zu erstellen – all das wäre mit Fortbildungsmaßnahmen zu versehen. Vorsorglich wird in drei Punkten darauf verwiesen, gleich noch in drei anderen Bereichen der sächsischen Staatsverwaltung zu ermitteln, in denen es ganz ähnliche, angeblich systematische Verfehlungen im Umgang mit der Presse gebe.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, auch der Umgang mit der Presse und die aktuellen Herausforderungen, die wir erleben – insbesondere ein durchaus erkennbares systematisches Vorgehen durch Anzeigen von Demonstrationsteilnehmern, insbesondere von rechts –, bedingen, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Ich bin da auch sehr dankbar, dass sowohl die Polizeidirektion als auch der Innenminister das Gespräch mit dem Journalistenverband, Landesverband Sachsen, sucht. Wir sind gut beraten, wenn beide Partner, nämlich die Polizei auf der einen und die Journalisten auf der anderen Seite, miteinander in Erfahrungsaustausch treten, miteinander reflektieren und Verständnis füreinander haben. Möglicherweise kann daraus gemeinsam auch ein entsprechender Handlungsplan als Empfehlung abgeleitet werden, wie man bestimmte Bereiche miteinander vereinbaren kann. Das würde dann gleichermaßen für beide Seiten gelten, sehr geehrte Damen und Herren von den GRÜNEN.
Aber das, was Sie vorlegen, ist ein typisches Muster von Aktionismus. Da wird ein Einzelbeispiel ohne jeglichen Beleg als eine systematische Fehlentwicklung gedeutet. Anschließend werden Maßnahmen vorgeschlagen, die äußerst weitreichend sind und erheblicher Restrukturierung bedürfen. Das ist nicht nur eine unzweckmäßige
Diagnose, sondern ein ganz schlechter Therapieansatz. Am Anfang steht ein Grundvertrauen in die Struktur und in eine demokratische Polizei, und dann kommt eine Aufarbeitung von konkreten Fällen, anhand derer man bespricht, wie man in der Zukunft miteinander umgeht.
Ungeachtet dessen ist es Aufgabe der Polizei, in jedem Fall Einsätze zu reflektieren und gegebenenfalls entstandene Fehler oder Stilfragen miteinander zu diskutieren und in das zukünftige Einsatzgeschehen einfließen zu lassen. Ich glaube, dazu ist die sächsische Polizei, insbesondere die Polizeidirektion Dresden unter Präsident Kretzschmar als auch die Abteilung III unter Landespolizeipräsident Georgie, durchaus in der Lage. Die sächsische Polizei hat dies in der Vergangenheit getan und hat sich auch immer mit den Ereignissen und den Journalisten auseinandergesetzt. Weitere Gespräche sind im Übrigen geplant und selbstverständlich. Ich verwahre mich aber dagegen, in einer solchen Pauschalität ohne Fingerspitzengefühl gleich ein Indiz für eine presserechtsfeindliche Gesinnung gegenüber unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung in der auf sie verpflichteten sächsischen Polizei hineinzudeuten.