Protokoll der Sitzung vom 10.04.2019

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 90. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags. Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Bienst, Herr Heidan, Herr Winkler, Frau Clauß, Herr Hirche, Herr Lehmann und Frau Dr. Petry.

Die Tagesordnung liegt Ihnen vor und folgende Redezeiten hat das Präsidium für die Tagesordnungspunkte 3 bis 10 sowie 12 und 14 bis 18 festgelegt: CDU 210 Minuten,

DIE LINKE 140 Minuten, SPD 112 Minuten, AfD 70 Minuten, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 70 Minuten, Fraktionslose je MdL 9 Minuten und die Staatsregierung 140 Minuten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können auf diese Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.

Ich sehe jetzt keine Änderungsvorschläge oder Widerspruch gegen die Tagesordnung. Die Tagesordnung der 90. Sitzung ist damit bestätigt.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

Wahl der Schriftführer gemäß § 7 Abs. 1 der Geschäftsordnung

Drucksache 6/17279, Wahlvorschlag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Abg. Frau Katja Meier, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, hat am 2. April 2019 mir gegenüber erklärt, das Amt als Schriftführerin niederzulegen, aber noch für diese Aufgabe zur Verfügung zu stehen, bis ein Nachfolger gewählt ist. Nach § 7 Abs. 1 Satz 4 der Geschäftsordnung wählt der Landtag in einem solchen Falle einen Nachfolger als Schriftführer.

Hierzu liegt Ihnen ein entsprechender Wahlvorschlag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 6/17279 vor. Vorgeschlagen zur Wahl als Schriftführerin ist Frau Kollegin Dr. Maicher. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 der Geschäftsordnung kann über den Wahlvorschlag durch Handzeichen abgestimmt werden, sofern kein Mitglied des Landtags widerspricht. Ich frage daher, ob jemand widerspricht, dass durch Handzeichen abgestimmt wird. – Das ist nicht der Fall. Wir können also

durch Handzeichen darüber abstimmen. Wer dem Wahlvorschlag, Frau Dr. Claudia Maicher also Schriftführerin zu wählen, zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Sehe ich auch keine. Damit ist Frau Dr. Claudia Maicher als Schriftführerin gewählt. Frau Dr. Maicher, nehmen Sie die Wahl an?

(Dr. Claudia Maicher, GRÜNE: Ja, ich nehme die Wahl an!)

Vielen Dank. Ich gratuliere Ihnen zur Wahl als Schriftführerin. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

(Vereinzelt Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 2

Aktuelle Stunde

Erste Aktuelle Debatte: Infektionskrankheiten

sind keine Bagatellen – Impflücken schließen!

Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Zweite Aktuelle Debatte: Ministerpräsident Kretschmer

beim Wort nehmen: Rechtsextreme Netzwerke zerschlagen – jetzt!

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Die Verteilung der Gesamtredezeit der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 33 Minuten, DIE LINKE 25 Minuten, SPD 18 Minuten, AfD 12 Minuten, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12 Minuten, Fraktions

lose je MdL 1,5 Minuten und die Staatsregierung zweimal 10 Minuten, wenn gewünscht.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir kommen nun zu

Erste Aktuelle Debatte

Infektionskrankheiten sind keine Bagatellen – Impflücken schließen!

Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Als Antragsteller haben zunächst die Fraktionen der CDU und der SPD das Wort. Das Wort ergreift jetzt Herr Kollege Oliver Wehner für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hoffe, Sie haben heute alle Ihren Impfausweis dabei. Wir wollen heute Impflücken schließen und anders als das letzte Mal, als ich Sie nach dem Organspenderausweis gefragt habe, ist das Impfen noch viel einfacher als das Spenden von Organen.

Sie kennen die aktuellen Debatten um die Impflücken und die Impfpflicht. Die Frage ist: Soll es eine Impfpflicht geben oder soll es auf Freiwilligkeit beruhen? Fakt ist, schweren Krankheiten kann durch Impfungen vorgebeugt werden und sie können sogar besiegt werden. Sie kennen Mumps, Masern und Röteln. Diese Krankheiten haben teils schwere Verläufe, wie Lungenentzündung, Gehirnentzündung; ja, bis zum Tod kann das gehen. Dass diese Gefahr allgegenwärtig ist, zeigen die aktuellen Zahlen. Wenn man das Jahr 2018 mit dem Jahr 2019 vergleicht, dann ist es so, dass sich die Masernerkrankungen in Deutschland verdreifacht haben. Die Ursache ist eine zu große Impflücke. Für die Schließung dieser Impflücke können wir etwas tun.

Flächendeckendes Impfen ist eine Erfolgsgeschichte. Kinderlähmung (Polio) ist für die EU kein Thema mehr. Dies ist in der Europäischen Union besiegt. Die Pocken sind weltweit ausgerottet. Das zeigt, dass das Impfen ein wichtiger Gegenstand für die Aktuelle Debatte ist. Also muss es auch das Ziel sein, die Masern, nämlich die Erkrankung, bei der die Zahlen in Deutschland und auch weltweit wieder gestiegen sind, auszurotten. Um das zu erreichen, ist eine Durchimpfungsquote von mehr als 95 % notwendig. Wenn man sich die Realität anschaut, wie hoch die Durchimpfungsquote ist, stellt man fest, dass die Schulkinder lediglich eine Durchimpfungsquote von 80 % haben. Das ist zu wenig und damit geht Gefahr für Leib und Leben einher.

Die Durchimpfungsquote von 95 % schützt auch Nichtgeimpfte. Wir nennen das dann Herdenimmunität. Stellen Sie sich vor, Sie haben zwei Kinder, eins ist fünf Jahre alt, geht in den Kindergarten und ist geimpft, und das Baby, das zu Hause ist und vielleicht noch nicht geimpft werden kann, bekommt dadurch auch den Schutz, dass es sich nicht ansteckt. Andersherum wäre es sehr viel dramatischer. Wir haben zwei Möglichkeiten, um dieses Ziel zu erreichen.

Das ist zum einen die Aufklärung. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat das Projekt „Wo ist mein

Impfpass?“ bereits gestartet und erfolgreich umgesetzt. Wir haben auch die Möglichkeit, an alle Erwachsenen zu appellieren, dass diese Impflücken geschlossen werden müssen. Wir können auch diese Debatte im Landtag dafür nutzen.

Das zweite Instrument – und das ist ein sehr viel schärferes Schwert – ist die Möglichkeit, die allgemeine Impfpflicht einzuführen. Diese Impfpflicht wäre genau richtig und gerade beim Besuch eines Kindergartens zu verlangen, um alle Kinder, die nicht geimpft werden können, zu schützen. Mich hat sehr gewundert, dass sich die GRÜNEN bereits in der Aktuellen Debatte gegen so eine Impfpflicht ausgesprochen haben. Wer sonst immer in das Leben der Menschen eingreift, wer Verbote oder Enteignungen fordert,

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

aber bei diesem wichtigen Punkt letztendlich auf eine Impfpflicht verzichtet, der müsste anders reagieren, denn hier könnten Sie wirklich etwas erreichen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Gestatten sie eine – – Oh, tut mir leid. Wollen Sie, Kollege Zschocke, jetzt eine Kurzintervention machen? – Bitte, Sie haben das Wort.

Ich möchte hier deutlich zum Ausdruck bringen: Es gibt keine Aussage, dass wir uns entschieden gegen eine Impfpflicht ausgesprochen hätten, insbesondere nicht hier in Sachsen. Wir haben darüber diskutiert, ob es eine geeignete Maßnahme ist, die Impflücken zu schließen. Eine solche klare Aussage, wie Sie sie hier genannt haben, existiert bei den GRÜNEN nicht. Das wollte ich hier nur noch einmal klarstellen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Noch nicht!)

Das war eine Kurzintervention von Kollegen Zschocke. Darauf reagiert jetzt der angesprochene Kollege Wehner. Bitte an Mikrofon 6.

Sehr geehrter Herr Präsident! – Darüber freue ich mich, Herr Zschocke. Dann steht ja der Impfpflicht nichts mehr im Wege.

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste spricht für die einbringende SPD-Fraktion Frau Kollegin Simone Lang.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Impfen ist Pflicht – eine moralische auf jeden Fall. Über eine gesetzliche sollte man sprechen. Aber trotzdem finde ich, es gilt: Aufklärung ist die beste Prävention, auch zum Thema Impfen. Schutzimpfungen sind effektive Maßnahmen zur Sicherung der eigenen Gesundheit. Das weiß jeder. Pflicht bedeutet nicht automatisch, dass es gemacht wird, und vor allem, dass dadurch das Vertrauen in das Impfen gestärkt wird. Bei Pflicht muss man sich auch fragen: Was sollen dann die Konsequenz und die Sanktionen sein?

Bei Aufklärung und Kommunikation zum Thema Impfen sollte man auch auf die Ängste der Menschen eingehen, die sich bewusst gegen das Impfen entscheiden. Das Bewusstsein über die Gefährlichkeit von impfpräventablen Krankheiten muss zu mehr Aufklärung führen. Es muss immer wieder ein sachliches Anliegen sein, und Ängste der Bürger sind hierbei ernst zu nehmen.

Schauen wir einmal, woher diese Ängste kommen und wer sie befeuert. Ich habe kein Verständnis für all jene, die bewusst lügen, Falschinformationen verbreiten und mit ihrem Verhalten dazu beitragen, dass man sich in der Konsequenz schuldig macht, dass Menschen erkranken. Mein Appell richtet sich deshalb an all jene, die ihre Kinder in Kindereinrichtungen geben. Man sollte einmal schauen, wen man damit gefährdet.