Protokoll der Sitzung vom 17.03.2016

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 31. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags.

Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Tillich, Herr Kosel, Frau Klotzbücher, Herr Gemkow, Frau Köpping, Frau Schaper, Herr Ursu, Frau Buddeberg und Frau Junge.

Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Folgende Redezeiten hat das Präsidium für die Tagesordnungspunkte 3 und 6 bis 10 festgelegt: CDU 97 Minuten, DIE LINKE

69 Minuten, SPD 52 Minuten, AfD 47 Minuten, GRÜNE 38 Minuten, Staatsregierung 67 Minuten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können auf die Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.

Meine Damen und Herren! Der Tagesordnungspunkt 12 – Kleine Anfragen – ist zu streichen.

Ich sehe jetzt keine weiteren Änderungsvorschläge für oder Widerspruch gegen die Tagesordnung. Die Tagesordnung der 31. Sitzung ist damit bestätigt.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

1. Aktuelle Debatte: Die Bürgerforen zum Schulgesetz –

eine moderne Demokratie braucht Dialog

Antrag der Fraktionen CDU und SPD

2. Aktuelle Debatte: Bargeld ist gelebte Freiheit

Antrag der Fraktion AfD

Die Verteilung der Gesamtredezeiten der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 33 Minuten, DIE LINKE 20 Minuten, SPD 18 Minuten, AfD 19 Minuten, GRÜNE 10 Minuten. Die Staatsregierung hat zwei

mal 10 Minuten, wenn gewünscht. Ich erinnere an unsere gestrige 1. Aktuelle Debatte.

Wir kommen zu

1. Aktuelle Debatte

Die Bürgerforen zum Schulgesetz – eine moderne Demokratie braucht Dialog

Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Als Antragsteller haben zunächst die Fraktionen der CDU und der SPD das Wort. Die Reihenfolge anschließend: DIE LINKE, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht.

Für die einbringende CDU-Fraktion ergreift jetzt Herr Kollege Lothar Bienst das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In Sachsen lebt Demokratie, und Sachsens Politiker sind dialogbereit. Wer etwas anderes behauptet, der lügt. Mit dieser These möchte ich die Aktuelle Debatte heute beginnen und die Dialogaktivitäten zu einem neuen Schulgesetz beschreiben.

Ja, Dialoge – hier: Bürgerdialoge oder Bürgerforen – sollten für uns Politiker eine Selbstverständlichkeit sein. Ein Dialog – ich zitiere aus dem Duden – „ist ein Gespräch zwischen Interessengruppen mit dem Zweck des

Kennenlernens der gegenseitigen Standpunkte oder Ähnliches“. Um dies zu erreichen, muss man natürlich dem Gegenüber zuhören. Man muss das Gesagte respektieren und möglichst zu einem gemeinsamen Verständnis eines Problems kommen. Ja, ein Dialog bietet die Möglichkeit, ins Gespräch zu kommen oder im Gespräch zu bleiben. Genau das brauchen wir aktuell hier im Land. Es gibt kaum etwas Wichtigeres als das.

Ich habe die Hoffnung, dass alle Dialogbemühungen dazu führen werden, dass wir in Sachsen wieder eine bessere Debattenkultur hinbekommen.

Damit Dialoge diese Ziele erreichen, müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen gegeben sein. Dazu ein paar kurze Ausführungen. Dialoge sollten auf jeden Fall anlassbezogen sein. Sie brauchen genaue Ziele, sie brauchen Formate und Methoden, um diese Ziele zu erreichen, und natürlich muss ein vernünftiges Feedback

erfolgen, was mit den Ergebnissen passiert. Auf keinen Fall dürfen Bürgerdialoge nur eine bessere Bürgerinformationsveranstaltung sein.

Die Diskussion zur Novelle des Schulgesetzes bietet diese Voraussetzungen. Schule geht gefühlt alle etwas an, denke ich. Sie ist in der Landesgesetzgebung und damit in unserer unmittelbaren politischen Verantwortung des Sächsischen Landtags. Es lassen sich Ziele und Fragen ableiten, über die dann auch ein Dialog geführt werden kann.

Unser Arbeitskreis hat diesen Dialog bereits im vergangenen Jahr begonnen und mit Vertretern aus Schulen, von Schulträgern, aus der Wirtschaft, von Verbänden und von Eltern und Schülern intern über mögliche Veränderungen gesprochen und die Ergebnisse dem SMK zur Berücksichtigung übergeben.

Gleichzeitig hat meine Fraktion auch ein neues Veranstaltungsformat entwickelt, nämlich CDU im Dialog. Wir haben an drei Terminen mit den Menschen das eigentliche Gesetzgebungsverfahren behandelt, mit ihnen darüber gesprochen und einen bestimmten thematischen Bezug gesetzt. Wir haben über die Umsetzung von Inklusion im Schulgesetz gesprochen, über Eigenverantwortung der Schule und natürlich auch über den Erhalt der Schule im ländlichen Raum. Wir haben unsere Ziele definiert, haben zugehört, konkrete Anregungen erhalten und natürlich auch unsere eigenen politischen Standpunkte verdeutlicht sowie Handlungsrahmen in politischen Verfahren dargestellt.

Ja, wir haben in diesem Veranstaltungsformat thematische Tischdialoge geführt, diese Dialoge den Zielen angepasst, interne Erwartungen besprochen, die Teilnehmer mit entsprechenden Materialien versorgt und inhaltlich vorbereitet. Das ist viel Arbeit, aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt. Wir haben ein sehr gutes Feedback erhalten.

Die Veranstaltungen waren Ende November zu Ende, aber der Dialogprozess ist natürlich bei Weitem nicht beendet. Das wissen wir. Wir werden den Dialogprozess fortsetzen.

Wir nehmen unser Dialogversprechen ernst, berichten den Teilnehmern darüber, wie der aktuelle Stand zum Gesetzgebungsverfahren ist und wie vor allen Dingen der Facharbeitskreis Anregungen bewertet und wofür wir uns einsetzen werden. Dazu gehört natürlich auch – das ist aus meiner Sicht sehr wichtig – zu sagen, was geht und was nicht und warum es nicht geht.

Was ich gelernt habe – ich glaube, das haben auch alle meine Fraktionskollegen gelernt –: Bürger fordern den Dialog mit Politik, nehmen aber leider nicht jedes Angebot an. Frau Staatsministerin Kurth wird sicherlich noch etwas sagen zu ihren ausgebuchten Bürgerforen.

Aus meinen Erfahrungen heraus, aus unseren Erfahrungen heraus kann ich auf jeden Fall sagen: Ja, wir waren in diesem Prozess Lernende und nicht Belehrende.

Diese umfangreiche Bürgerbeteiligung zu einem Gesetzgebungsverfahren ist einmalig in Sachsen, aber, ich

glaube auch einmalig in der Bundesrepublik Deutschland. Wir haben hier eine besondere Form der Demokratie gelebt, bis jetzt, und werden das auch weiterhin so tun.

Wir als Abgeordnete sind letztlich die Gesetzgeber, die es dann –

Die Redezeit!

– auch zum Abschluss bringen.

Zum Schluss, Herr Präsident, noch so viel: Wir werden auf jeden Fall das gute und offene Miteinander in unserer politischen Arbeit in diesen demokratischen Foren fortsetzen. Ich hoffe, dass wir auch zu einem guten Erfolg kommen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Kollege Bienst hat den Antrag für die CDU-Fraktion eingebracht. – Für die SPDFraktion, den Koalitionspartner, bringt jetzt Frau Kollegin Friedel den Antrag ein.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe vor ein paar Wochen einen Zeitungsartikel zum Thema Beteiligung und Partizipation gelesen. Daraus muss ich ganz kurz vorlesen. Das ist vom Januar aus dem „Tagesspiegel“, und darin stand: „Unter den vielen Phrasen der Politik ist die vom Dialog mit dem Bürger die hohlste. In der Praxis, vor allem der in Berlin, sieht es in der Regel so aus: Vorne sitzen ein paar mutige Funktionsträger, leicht erhöht und eng beieinander, und reden schön. Unten wird gepöbelt und gebrüllt, bis die nächsten zwei Stunden wertvoller Lebenszeit sinnlos verronnen sind. Am Ende sind sich beide Seiten nur in einem einig: Die anderen verstehen uns nicht.“

Als ich den Artikel gelesen hatte, waren wir gerade ganz am Anfang der Dialogforen, die das Kultusministerium organisiert hatte. Ich hatte damals schon das Gefühl, dass man ganz so über Sachsen nicht schreiben kann, wenn man diesen Beteiligungsprozess beschreiben will. Nachdem die Dialogforen hinter uns liegen, kann man einschätzen, dass das ganze Gegenteil von dem, was sich woanders zugetragen hat, in Sachsen der Fall ist.

Ich habe ein bisschen gegoogelt nach erfolgreichen Bürgerbeteiligungsprozessen. Man findet viele Beispiele, aber meist auf kommunaler Ebene. Ich denke, dass wir auf Landesebene gerade einen neuen Zugang, eine neue Art und Weise des Gesetzemachens erleben. Ich bin sehr gespannt, wie wir im Laufe dieses Weges das Verfahren weiter nutzen. Bürgerbeteiligung ist etwas Wichtiges und erschöpft sich eben nicht darin, Volksabstimmungen, Volksentscheide und Ähnliches zu machen oder simple Fragen mit Ja und Nein zu beantworten. Was wir hier erleben, ist ein komplexes Thema, das versucht wird, gemeinsam mit den Betroffenen, mit den Bürgerinnen und Bürgern, zu erörtern.

Erstens. Bürgerbeteiligung ist dann erfolgreich, wenn sie möglichst früh im Entscheidungsprozess stattfindet. Das ist in Sachsen passiert. Normalerweise kommt zuerst der Referentenentwurf, dann gibt es die Anhörung all derer, die schriftlich zur Stellungnahme aufgefordert wurden, dann den zweiten Entwurf und mit der Zuleitung zum Landtag beginnt die öffentliche Debatte. Wir sind hier wesentlich früher. Das ist eine wirklich tolle Situation, weil noch viele Entscheidungs- und Veränderungsspielräume bestehen. Das bekommen die Bürgerinnen und Bürger natürlich auch mit.

Zweitens. Bürgerbeteiligung ist dann erfolgreich, wenn die Entscheidungsträger selbst in den Prozess eingebunden sind, also die Ministerien, die Verwaltung, nicht zuletzt der Landtag. Wer an den Dialogforen teilgenommen hat, sah zum einen, dass das Kultusministerium in großer Besetzung angerückt war, was in vielen Argumentationsrunden hilfreich war, und dass zum anderen viele Landtagsabgeordnete und gar nicht nur die, die für Bildung zuständig sind, die Gelegenheit genutzt haben, an den Debatten teilzunehmen.

Drittens. Bürgerbeteiligung ist umso erfolgreicher, wenn man eine unabhängige Moderation gewährleistet und wenn genügend Zeit zur Beteiligung ist. Die Prozesse sind sehr gut gelaufen. Wir haben zwei Monate öffentliche Debatte gehabt und das in einer Begegnung auf Augenhöhe zwischen denen, die die Entscheidungen letztlich zu fällen haben, und denen, die von der Entscheidung betroffen sein werden.