Sabine Friedel

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben vor gut fünf Jahren, am 9. Juli, an dieser Stelle den Abschlussbericht des 3. Untersuchungsausschusses der 5. Wahlperiode debattiert. Frau Präsidentin, Sie haben damals in Ihren einleitenden Worten aus dem Entschließungsantrag, den die fünf demokratischen Fraktionen verabschiedet hatten, zitiert – ich möchte es gern wiederholen. Wir haben damals miteinander beschlossen und folgenden Text zum Ausdruck gebracht: „Wir fühlen mit den Angehörigen der Opfer, die geliebte Menschen verloren haben. Die Unbegreiflichkeit des Geschehenen, die jahrelange Ungewissheit über Täter und ihre Motive waren und sind eine schwere Belastung für die Betroffenen. Wir sind zutiefst beschämt, dass nach den ungeheuren Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes rechtsextremistische
Ideologie in unserem Land eine blutige Spur unvorstellbarer Mordtaten hervorbringt.“
Genauso wie der Untersuchungsausschuss der 6. Wahlperiode in Kontinuität zur 5. steht, so steht auch der gemeinsame Text dieses Entschließungsantrages in Kontinuität, und das ist nach wie vor aktuell. Ich bin sehr froh darüber, dass wir das im November 2011 miteinander festgestellt haben.
Wir reden hier über einen Abschlussbericht, der sehr umfassend ist. Er besteht aus mehreren Teilen, zum einen dem Mehrheitsvotum, das insgesamt 250 Seiten umfasst, zum anderen aus dem abweichenden Votum, das Frau Kollegin Köditz schon angesprochen hat, und ich will einmal das Fazit daraus zitieren, das lautet: „Eine unmittelbare Mitverantwortung der Staatsregierung und der ihrer Fach-, Rechts- und Dienstaufsicht unterliegenden Behörden im Freistaat Sachsen bei der Entstehung und Entwicklung des NSU kann nicht festgestellt werden.“
Das ist kein Zitat aus dem Mehrheitsbericht, sondern aus dem Minderheitenvotum auf Seite 1106 und ich sage einmal so: Wir kommen zu einem ähnlichen Ergebnis wie die Opposition. Wir sind uns, glaube ich, einig, dass abseits dieses generellen Fazits eine ganze Reihe von Defiziten und Unzulänglichkeiten nicht nur in der letzten Wahlperiode, sondern auch bei unserer letzten Befassung mit dem Komplex ans Tageslicht getreten ist.
Das Thema Personal in den Behörden ist schon angesprochen worden, gerade was das Landesamt für Verfassungsschutz angeht: die Ausbildung, die Befähigung, dort Gesamtlagebilder zu erstellen, das Thema der Kommunikation zwischen den Behörden oder auch die Frage, wie kritisch Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bewertet werden und nach welchen Kriterien. An all diesen Stellen haben wir gemeinsam in den Zeugeneinvernahmen durchaus Punkte gefunden, bei denen wir uns einig waren, hier gilt es Veränderungen herbeizuführen. Da wir über ein Ereignis reden, das nun mittlerweile schon acht Jahre zurückliegt, ist auch eine ganze Reihe von Veränderungen herbeigeführt worden.
Ich möchte noch ein Weiteres aus dem Abschlussbericht zitieren. Wir haben geschrieben – das ist aus dem Mehrheitsbericht: Mit einer Verantwortungskultur hätte vielleicht manches früher aufgeklärt werden können. Angesichts des NSU und seines Unterstützernetzwerkes zu viel weggeschaut, nicht aufmerksam genug hingeschaut, sich bisweilen nur halbherzig gekümmert und gewehrt, die Theorien um die sogenannten Döner-Morde also bereitwillig für naheliegend gehalten, haben über lange Jahre eben nicht nur die Ermittlungsbehörden. Vielmehr haben es weite Teile der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland getan.
Auch das ist ein Fazit, das wir uns immer wieder in den Kopf rufen müssen. Ich erinnere mich recht gut, dass wir auch das miteinander teilen. Wir haben hier im Februar 2016 eine Debatte erlebt, in der der damalige Ministerpräsident des Freistaates Sachsen sagte: Sachsen hat ein Problem mit Rechtsextremismus, es ist größer, als viele – und ich sage ehrlich, auch ich – wahrhaben wollten. Diese Diagnose von Stanislaw Tillich aus dem Februar 2016 ist richtig und zutreffend.
Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist: Sind wir denn inzwischen vorangeschritten? Der Entschließungsantrag, aus dem ich am Anfang zitierte, sagte auch: „Wir sind entschlossen, sowohl die politisch-gesellschaftliche
Auseinandersetzung mit Rechtsextremisten und ihren Verbündeten vertieft fortzusetzen als auch die unabdingbaren Konsequenzen für die Arbeit der Sicherheitsbehörden rasch zu ziehen.“
Auch das haben wir damals miteinander beschlossen, und die Frage ist: Haben wir das geschafft? Ich sage: Ja. Wir haben eine recht ausführliche Stellungnahme der Staatsregierung, die in allen Einzelheiten darauf eingeht, was sich seit dem November 2011 in unserer Gesellschaft und in unseren staatlichen Institutionen getan hat. Dabei geht es nicht nur um die Veränderungen, was die Kommunikation der Sicherheitsbehörden angeht. Es geht nicht nur um die Veränderungen, was die Organisation und Strafverfolgung angeht, sondern es geht auch um die Unterstützung der Zivilgesellschaft sowie um verlässliche Strukturen für Opferberatung und für Demokratieförderung.
Wir haben inzwischen ein Landesdemokratiezentrum. Wir haben ein sehr gut ausgestattetes Programm „Weltoffenes Sachsen“, und wir haben eine deutlich größere Sensibilität für die Verteidigung und Achtung von Menschenwürde und Vielfalt. Das beginnt beim neuen § 1, den wir in unser Schulgesetz geschrieben haben und mit dem der Erziehungs- und Bildungsauftrag eine klare Sprache spricht, und wir haben es beispielsweise auch bei der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten gehört.
Wir sind aber noch lange nicht fertig; das ist auch klar. Verantwortungskultur darf keine Besonderheit, keine Ausnahme mehr bleiben, sondern es muss selbstverständlich werden – nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in unseren staatlichen Institutionen. Ich denke, dort gibt es noch ein paar Fragezeichen.
Wir bezeichnen das Landesamt für Verfassungsschutz gern als Frühwarnsystem in der wehrhaften Demokratie. Aber man muss sich schon fragen: Wie kommt es, dass wir zwar schon im Jahr 2012 gewalthafte Übergriffe auf einen sächsischen Gerichtsvollzieher erlebt haben, aber erst im Jahr 2018 – sechs Jahre später – das erste Lagebild zum Thema Reichsbürger und Rechtsextremismus herauskommt?
Wir müssen uns fragen, warum die AfD erst im Februar 2019 als Prüffall oder Prüfobjekt in den Blick genommen wird, lange nachdem bereits vieles schon in der Wirklichkeit angekommen war, wie „Denkmal der Schande“, die „Vogelschiss“-Rede, Hitlergrüße in Freiburg oder das „Alles für Deutschland“-Plakat.
Um besser zu werden und dem Landesamt für Verfassungsschutz bei seinem eigenen Anspruch, ein Frühwarnsystem zu sein, zu helfen, sind wir noch nicht am Ende der Fahnenstange. Wir halten es nach wie vor für wichtig – wie beispielsweise das Land Berlin –, einen öffentlichen Kontrollausschuss einzurichten, weil es dann besser gelingt, die aktuellen Entwicklungen miteinander zu diskutieren. Wir halten es auch für wichtig, den aktuellen Fokus auf den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel ein wenig zu verschieben und eine stärkere wissenschaftliche Fundierung in der Tätigkeit zu erreichen.
Verantwortungskultur schließt aber auch die Politik mit ein. Mein Kollege Lars Rohwer hat davon gesprochen, dass Politik und die Sprache, die sie spricht, auch Vorbild ist. Das stimmt. Wenn wir Werte glaubwürdig verteidigen wollen, dann müssen wir sie auch in unserer Sprache leben. Dann ist es eben problematisch, wenn sich ein Politiker hinstellt und sagt, man werde sich bis zur letzten Patrone gegen Zuwanderung verteidigen. Es ist problematisch, wenn ein Politiker sich hinstellt und Menschen als „Pack“ bezeichnet. Das führt dann dazu, dass sich Politiker hinstellen und sagen: Wir werden sie jagen, wenn wir gewählt sind. Dann ist es nicht mehr weit, bis auch normale Bürgerinnen und Bürger bei politischen Veranstaltungen „absaufen, absaufen“ rufen.
Diese Verrohung, diese Menschenrechtsmissachtung und diese Hetze sind etwas, bei dem der Staat und die Gesellschaft klar und unmissverständlich signalisieren müssen, dass das in unserer Gesellschaft nicht geht und dass das außerhalb des Regelwerkes ist.
Meine Damen und Herren! Polizei, Justiz und Verfassungsschutz haben den Auftrag, die freiheitlich
demokratische Grundordnung zu schützen. Sie müssen nicht nur aktiv werden, wenn staatliche Institutionen angegriffen werden, sondern es braucht auch ein klares Handeln, wenn Menschen, ihre Würde und ihre Grundrechte angegriffen werden, und einen hohen Fahndungsdruck in die rechtsextremen Strukturen hinein. Wir brauchen – dabei finde ich die Entwicklung der jüngsten Vergangenheit sehr erfreulich – ein klares Handeln, was
den Umgang mit Versammlungen, mit Auflagen und Bescheiden angeht. Wir brauchen eine klare politische Haltung gegenüber Anstandslosigkeit und Menschenverachtung. Diese drei Dinge zusammen sind die Elemente der wehrhaften Demokratie, die Popper im Sinn hat, wenn er sagt: Toleranz kann nicht den Intoleranten gelten, denn wenn das passiert, wenn die Intoleranten – er definiert diese als diejenigen, die den rationalen Diskurs verweigern und die zur Anwendung von Gewalt aufrufen – Toleranz erfahren, dann ist es vorbei mit unserer offenen Gesellschaft.
Ich habe aus beiden Berichten den Eindruck, dass in diesen Punkten eine große Einigkeit zwischen Staatsregierung, Linksfraktion und GRÜNEN besteht.
Deshalb bin ich sehr zuversichtlich, dass es uns gelingt, diese Gesellschaft zu verteidigen.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich habe am Anfang meiner Rede nicht umsonst den gemeinsamen Entschließungsantrag von vor fünf Jahren zitiert. Ich hätte mich gefreut, wenn es auch diesmal gelungen wäre, eine solche Gemeinsamkeit herzustellen. Wir haben den Entschließungsantrag zum ersten Mal hier, auf unseren Tischen vorgefunden. Das finde ich ein wenig schade.
Entschuldigung, wir haben ihn am Dienstag gefunden. Das ist natürlich ein himmelweiter Unterschied, sage ich jetzt an einem Donnerstag.
Zu den drei Punkten, die Frau Köditz angesprochen hat: Wir haben in der letzten Stunde über genau den ersten Punkt diskutiert, Fehler und Versäumnisse der Staatsregierung … – Wenn Sie die Stellungnahme der Staatsregierung zur Kenntnis genommen haben und vielleicht auch ein bisschen von dem, was hier gesagt worden ist, dann werden Sie feststellen, dass nicht nur bei den Sicherheitsbehörden einiges passiert ist, sondern dass wir auch über das Thema Schule und Lehrpläne geredet, und nicht nur geredet, sondern gehandelt haben. Wir haben das Konzept „W wie Werte“ umgesetzt, wir haben eine Veränderung in der Stundentafel und wir haben heute neue Lehrpläne mit einem größeren Anteil an dem Thema politische Bildung. Ich finde es schade, diese Sachen dann völlig auszublenden und zu ignorieren, ebenso wie die inzwischen ergriffenen Maßnahmen, die bereits angesprochen wurden, „Gruppe Freital“ und Ähnliches.
Frau Köditz, über das Thema Entschädigung würde ich gern einmal mit Ihnen gesondert reden und nicht in der Öffentlichkeit.
Danke.
Ich möchte mich gern auf den Redebeitrag von Herrn Hartmann beziehen. Sie haben unter anderem die individuelle Verantwortung eines jeden Einzelnen angesprochen, was den Lebensstil angeht, die mit hineinspielt. Das halte ich für völlig richtig. Ich glaube, man muss dabei aber noch einen Schritt weitergehen.
Die eigentliche Frage scheint mir zu sein: Wie bringen wir individuelle Verantwortung eines jeden Einzelnen, unsere Demokratie und die Herausforderungen des Klimawandels zueinander? Das scheint mir der Punkt zu sein, den die GRÜNEN manchmal nicht so recht vor Augen haben. Wir leben in einem demokratischen Staat, wo die Bevölkerung, wo die Menschen entscheiden, wie ihre Zukunft aussehen soll und was sie da wollen. Wir haben es noch nicht geschafft, für die Belange von Naturschutz und Klimawandel mehr als 50 % der Menschheit zu gewinnen; sonst sähen Ihre Wahlergebnisse anders aus.
Ich finde es absolut legitim, dass es in einer demokratischen politischen Landschaft Parteien gibt, die sagen, das ist unsere oberste Priorität, und dass es Parteien gibt, die sagen, wir haben etwas anderes als oberste Priorität. Ich finde es etwas absurd, dass es Parteien gibt, die sagen, wir haben kein Problem. Davon einmal abgesehen, aber das
ist, glaube ich, die entscheidende Frage: Wie schaffen wir es, ein demokratisches System zusammenzubringen mit dem Anspruch, den jeder Einzelne an sich und den wir an uns alle haben müssen?
Deshalb ist die „Fridays-for-Future“-Bewegung, finde ich, so wertvoll, weil Jugendliche das Potenzial haben, in ihrer Familie und über die üblichen Grenzen hinaus bei Menschen das Nachdenken anzuregen und dazu beizutragen, dass wir es schaffen, den Bewusstseinswandel, von dem wir alle sprechen, auch tatsächlich in die Bevölkerung zu bringen.
Danke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Wilke, bei der Einbringung des Antrages haben Sie schon auf die umfangreiche Stellungnahme der Staatsregierung verwiesen. Sie haben sie nicht nur „umfangreich“ genannt, sondern „sehr gut“. Darin würde ich Ihre Meinung sofort teilen. Ich habe nur nicht verstanden, warum Sie diese in Ihren weiteren Ausführungen fortlaufend kritisiert haben.
Wir lehnen Ihren Antrag aus verschiedenen Gründen ab. Er hat fünf Punkte. Ich sehe in der Stellungnahme und in all dem, was getan wird, vier der fünf Punkte als erfüllt an. Sie haben einen Auszug aus dem Fortbildungskatalog bekommen. Sie haben eine Antwort bekommen, welche Maßnahmen in den Schulen getroffen werden. Sie haben beantwortet bekommen, dass Beratungslehrer zuständig
sind. Ich teile Ihr negatives Bild von Beratungslehrern nicht usw.
Ich will aber auf den Punkt eingehen, der dazu führt, dass ich meiner Fraktion empfehle, diesem Antrag nicht zuzustimmen. Das ist Ihr Punkt 4. Heute fiel schon einmal bei unserer Debatte zum Polizeigesetz der Satz: Wenn wir in diesem Haus über die eine oder andere Vorstellung grundsätzlich sprechen, dann kommt es nicht so auf Details an. Das ist nicht mein Politikverständnis. Ich muss sagen, auf Details kommt es sehr wohl und recht oft an, weil Details auch das sind, was den normalen Menschen im Alltag draußen begegnet und bei ihnen am meisten Betroffenheit verursacht.
Ich will Ihren Punkt 4 vorstellen. Sie möchten gern den Mobbing- und Konfliktberatern in den Schulen die Pflicht auferlegen, die Schulaufsichtsbehörde über jeden Mobbingfall, die getroffenen Maßnahmen und deren Ausgang zu informieren. Was heißt das praktisch?
Genau, da müssen wir mal überlegen, was das praktisch heißt. Wir haben in Sachsen circa 450 000 Schülerinnen und Schüler. Sie sagen, die Staatsregierung verweigert die Auskunft, wie viele Mobbingfälle es gibt, weil das nicht erfasst werden würde. Es ist unglaublich schwer und aufwendig, das zu erfassen. Aber Sie finden sehr viele Befragungen von Schülerinnen und Schülern, aus denen Sie immer wieder heraushören, dass circa ein Drittel aller Schülerinnen und Schüler im Laufe der Schulzeit temporär zu einem Opfer von Mobbing wird. Bei 450 000 Schülerinnen und Schülern sind das 150 000. Wenn wir mal annehmen, dass jeder nur einmal in seiner im Durchschnitt zehnjährigen Schullaufbahn zu einem Mobbingopfer wird, dann sind das pro Jahr 15 000 Meldungen, die bei der obersten Schulbehörde eingehen. Pro Schultag sind es 75.
Das kann man alles rechtfertigen, wenn man die Frage beantworten kann: Was macht es für einen Sinn? Wozu? Was fangen wir mit der Meldung in der obersten Schulaufsichtsbehörde an? Ich glaube nicht, dass einem Mobbingopfer, einem Beratungslehrer oder der Klasse geholfen ist, wenn eine Meldung bei der Schulaufsichtsbehörde eingeht. Ich glaube, all denen ist viel mehr geholfen, wenn das passiert, was jetzt passiert: dass Lehrerinnen und Lehrer versuchen, Konflikte zu lösen, dass sie versuchen, in der Klasse, in der Gemeinschaft der Schülerinnen und Schüler Mobbing zu thematisieren und miteinander Regeln des Zusammenlebens zu finden, einzuüben und immer wieder zu aktualisieren.
Das ist es, was konkret passiert und wozu es einer Meldung, einer Direktive oder einer Erfassung der Schulaufsichtsbehörde aus meiner Sicht nicht bedarf. Das heißt, die Frage, wozu diese Meldung erfolgen soll und was sich damit in der Lebenswirklichkeit der Betroffenen ändert, bleibt für mich unbeantwortet.
Sie haben diese Frage in Ihrem Redebeitrag ein wenig beantwortet. Sie haben gesagt, es geht Ihnen in dem Antrag um Rechtssicherheit für Mobbingopfer. Ganz ehrlich gesagt, uns geht es um Hilfe für Mobbingopfer. Das ist das, was tagtäglich an Schulen passiert und was gut gemacht wird. Dafür gibt es inzwischen sehr viele innovative Formen, von den Peaceboards an den Grundschulen bis hin zu den Konfliktschlichtern und Ähnlichem.
Ich denke, Sie wären gut beraten, einerseits in dem Antrag auch einmal über die Details und die praktischen Konsequenzen nachzudenken, die Sie selbst wollen, und andererseits das alles zur Kenntnis zu nehmen, was schon passiert.
Aus diesem Grund wird meine Fraktion diesen Antrag ablehnen.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! Lieber Herr Staatsminister! Sie haben das Programm Schulassistenz schon angesprochen. Wir haben das vor einem Jahr beschlossen und mit dem Haushalt auch finanziell untersetzt, sodass seit dem 1. Januar dieses Jahres für insgesamt 130 VZÄ Mittel zur Verfügung stehen. Wie viele der 130 Stellen sind derzeit besetzt und bis wann werden die verbleibenden besetzt?
Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist bereits relativ viel ausgeführt worden und viel Richtiges in allen Redebeiträgen. Insofern kann ich den Beitrag der SPD-Fraktion entsprechend kurz halten.
Wir haben 2015 ein Gesetz verabschiedet, das die Situation der freien Schulen in Sachsen erheblich verbessert hat. Wir haben mit diesem Gesetz auch beschlossen, dass das Gesetz 2020 evaluiert werden wird. Ich glaube, die Große Anfrage der GRÜNEN und auch die umfangreichen Antworten des Kultusministeriums werden eine gute Grundlage für diese Evaluation sein. Denn – das haben Sie alle bemerkt – es handelt sich um einen sehr großen Ordner mit vielen Informationen, der nur noch zwei Jahre fortgeschrieben werden muss.
Obgleich die Vereinbarung war, 2015 ein neues Gesetz zu beschließen und 2020 zu evaluieren und nach Veränderungsbedarfen zu schauen, haben wir das Gesetz inzwischen trotzdem bereits zweimal aufgegriffen, um die Situation der freien Schulen weiter zu verbessern. Das haben wir zum einen im April 2017 beim Schulgesetz gemacht, also gerade einmal zwei Jahre, nachdem das neue Gesetz beschlossen worden ist. Dort haben wir einmal die Finanzierung der Inklusion verbessert.
Zum anderen haben wir deutlich gemacht, dass Schulen in freier Trägerschaft – Frau Zais hatte es vorhin bereits zitiert – gleichermaßen wie Schulen in öffentlicher Trägerschaft laut Verfassung Adressaten des Bildungsauftrages sind, ohne dass ein Vorrang der einen oder der anderen besteht. Das ist eine neue gesetzliche Regelung von 2015, die wir 2017 konsequenterweise in das Gesetz über die öffentlichen Schulen im Freistaat Sachsen übernommen haben.
Wir haben bei den Beratungen zum Doppelhaushalt 2019/2020 im Dezember erneut einen Beschluss zur Umsetzung des Handlungsprogrammes gefasst, der dazu führen wird, dass die Schulen in freier Trägerschaft noch einmal in einem weiteren Maße zusätzliche Mittel erhalten.
Als wir gemeinsam mit der CDU-Fraktion begonnen haben, über das Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft zu diskutieren – das war 2014 –, haben wir als SPD gemeinsam mit LINKEN und GRÜNEN den Prozess als Gegner des Freistaates vor dem Verfassungsgerichtshof geführt. Dadurch waren wir in einer besonderen Situation. Zu dem Zeitpunkt der Beratungen des Gesetzes 2014 haben die Schulen in freier Trägerschaft 230 Millionen Euro pro Jahr erhalten. Dann wurde das Gesetz verabschiedet und wir sind, glaube ich, dem Auftrag des Gerichtes auch gerecht geworden. Im Laufe der Jahre haben wir weitere Verbesserungen erreicht. 2020 werden wir bei einem jährlichen Zuschuss von 422 Millionen Euro sein.
Von 230 Millionen Euro pro Jahr auf 422 Millionen Euro pro Jahr – das ist eine Steigerung um 183 %, also fast eine Verdopplung. Dabei ist die Steigerung der Schülerzahl von 12 auf 14 % auch beachtlich. Das zeigt, dass in den letzten Jahren in diesen Dimensionen viel mehr Verbesserungen erreicht wurden.
Ich möchte in einem zweiten Punkt Folgendes sagen: Ich bin etwas skeptisch, wenn jetzt immer gesagt wird, dass der Faktor 1,0 die Lösung ist und damit die freien Schulen gleichbehandelt werden. Ich bin nicht nur aus finanziellen Gründen skeptisch, aber wir müssen uns schon fragen, was Gleichbehandlung heißt. Möchten wir wirklich eine 100%ig gleiche Funktionsweise von öffentlichen und freien Schulen? Das würde bedeuten, dass wir an den freien Schulen beginnen, die Personalauswahl nicht mehr der Schule zu überlassen, sondern zentral zuzuweisen.
Das halte ich für falsch. Das hieße dann auch, dass wir beginnen, den Versorgungsauftrag der öffentlichen Schulen in jedem Fall auch auf die freien Schulen zu übertragen. Ich bin nicht sicher, ob das richtig ist.
In der in den kommenden Jahren zu führenden Debatte geht es nicht nur darum, wie freie Schulen ein Innovationsmotor sein können, sondern eher darum, wie wir es schaffen, dass die öffentlichen Schulen ähnlich wie die freien Schulen funktionieren können. Wie schaffen wir es, dass wir mittelfristig von der derzeit gruppenbezogenen Ausstattung auf eine schülerkostensatzbezogene Ausstattung auch der öffentlichen Schulen kommen, die mehr Flexibilität und das Verfolgen eines eigenen Konzepts ermöglicht? Wenn sich die Waage hier annähert und wir es schaffen, den öffentlichen Schulen mehr Freiheit zu geben, dann werden wir automatisch an dem Punkt sein, wo sich auch die Ausgaben weiter annähern. Eine fortdauernde Ungleichbehandlung darf auf keiner der beiden Seiten passieren. Das trifft nicht nur die freien, das trifft auch die öffentlichen Schulen.
Einfach 1,0 zu sagen, das ist ein bisschen zu leicht. Wir müssen darüber nachdenken und gemeinsam Lösungen finden, unser Schulsystem – öffentlich wie frei – so zu organisieren, dass es auf der einen Seite effizient organisiert ist, aber auf der anderen Seite die Schulen sehr viele Möglichkeiten und pädagogische Freiheiten haben.
Vielen Dank.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Für die AfD-Fraktion spricht Frau Wilke. Bitte.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Kollegin Frau Firmenich hat sehr ausführlich auf viele Punkte hingewiesen, die in diesem Entschließungsantrag auch aus meiner Sicht zu einfach gedacht sind. Ich habe vorhin zum Thema 1.0 viel gesagt. Ich nehme einen anderen Punkt, das Thema Genehmigungspraxis.
Es ist nicht so, dass es keine Kriterien gäbe. Nur – da sind wir bei dem Thema von gestern, der NUS und dem Petitionsausschuss – die Frage ist, wie die Verwaltung die Kriterien anwendet und in welcher Art und Weise sie das Ermessen ausübt. Wir haben gerade festgestellt, es ist möglicherweise eher eine regionale Geschichte als tatsächlich eine Frage von Regelungen.
Ich glaube, es gibt in diesem Antrag Punkte, die tatsächlich bedenkenswert sind. Ich nehme einmal aus II den Punkt 4, dass im Kultusministerium ein Fachreferat „Schulen in freier Trägerschaft“ eingerichtet werden sollte. Nun obliegt es der Hoheit des Ministers, aber ich glaube, das ist ein Ratschlag, über den man intensiver nachdenken müsste, weil die Erfahrungen, die wir haben, nicht dagegensprechen.
Alles in allem muss ich Ihnen aber sagen: Wenn es darum geht, die Sache etwas differenzierter und grundlegender zu sehen, bleibt von dem Entschließungsantrag nicht viel übrig, wo ich sage, dem können wir uneingeschränkt zustimmen. Übrig bleibt der Punkt 1.1. Das ist der Gesetzestext, den wir schon 2015 und 2017 beschlossen haben. Ich sehe keinen Sinn darin, ihn 2019 noch einmal zu beschließen – weil er gilt. Insofern lehnen auch wir ab.
Herr Präsident, vielen Dank. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was die inhaltliche bzw. fachliche Auseinandersetzung mit dem Antrag angeht, habe ich den Ausführungen meines Vorredners Herrn Markert eigentlich nichts hinzuzufügen. Ich gebe zu, dass ich an der einen oder anderen Stelle in Nuancen etwas anderes sagen würde. Aber alles, was vorgetragen wurde, entspricht den Tatsachen. Deswegen möchte ich einmal zur politischen Bewertung dieses Antrages kommen.
Erstens. Ich verstehe den Zweck nicht so richtig. DIE LINKE beantragt, im Bereich kulturelle Bildung, also Kunst und Musik, dem zunehmenden Unterrichtsausfall entgegenzuwirken. Wir tun seit vier Jahren nichts anderes, und zwar nicht nur in den Fächern Kunst und Musik, sondern in allen Fächern für alle Schulen des Freistaates Sachsen. Wir haben ein Problem mit Unterrichtsausfall, wir haben ein Problem mit Lehrermangel. All das, was wir in den vier Jahren gemacht haben und worüber wir oft genug diskutiert, Beschlüsse gefasst und Stellen geschaffen haben, Mittel bereitgestellt und an vielen kleinen Schrauben gedreht haben, dient genau dem Zweck, dem zunehmenden Unterrichtsausfall entgegenzuwirken.
Zweitens, kulturelle Bildung als Querschnittsaufgabe begreifen. Herr Kollege Markert hat richtig ausgeführt, dass uns das in den vergangenen Jahren immer wieder beschäftigt hat. Wir haben mit dem Konzept kulturelle Bildung auf der einen Seite und dem Thema GTA auf der anderen Seite viele Hebel in Bewegung gesetzt, um genau das zu tun.
Drittens, den künstlerischen Fachunterricht modernisieren. Das ist eine Aufgabe, die sich nicht nur in diesem Fach stellt, sondern die sich auch in anderen Fächern stellt und derzeit bearbeitet wird.
Ich habe oft genug von dieser Stelle aus gesagt, und Gott sei Dank sind wir jetzt auch an diesem Punkt, dass wir die Lehrpläne überarbeiten, die Lehrplankommission einberufen und neue Wege in allen Unterrichtsfächern gehen müssen. Genau das passiert gerade. Deshalb lässt mich dieser Antrag so ratlos zurück. Denn Sie können diesen Antrag noch in 14 anderen Varianten stellen, nämlich für mathematisch-naturwissenschaftliche Bildung, fordern Sie doch, dem zunehmenden Unterrichtsausfall entgegenzuwirken, die mathematisch-naturwissenschaftliche
Bildung als Querschnittsaufgabe zu begreifen und viel
leicht sogar den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fachunterricht zu modernisieren.
Das wäre eine gute Möglichkeit, diesen Antrag nochmals zu recyceln. Wie wäre es mit der historisch-politischen Bildung? Man könnte zum Beispiel einen Antrag schreiben, dem zunehmenden Unterrichtsausfall in der historisch-politischen Bildung entgegenzuwirken
und die historisch-politische Bildung als Querschnittsaufgabe zu begreifen sowie den historischen und politischen Fachunterricht zu modernisieren. Auch all das wäre möglich
und wir würden an dieser Stelle wieder Redezeit miteinander verbringen können.
Die spannende Frage, die sich mir stellt, ist, von Ihnen einmal konkrete Punkte benannt zu bekommen, wo wir bis jetzt noch nichts getan haben. Ich habe von Opposition das Verständnis – so haben wir das als SPD auch gehandhabt –, dass deren Aufgabe in zwei ganz wesentlichen Punkten besteht.
Erstens muss ich Missstände benennen. Ich muss immer wieder darauf aufmerksam machen, erst recht, wenn es nicht ohnehin schon ausreichend in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, dass die Regierung etwas falsch macht. Nun ist der Missstand Lehrermangel und Unterrichtsausfall keine neue Nachricht. Wir wissen das bereits seit einigen Jahren und haben – damit komme ich wieder zum Anfang meiner Rede – eine Menge getan, um diesen Missstand Schritt für Schritt abzuschaffen.
Die zweite Aufgabe als Opposition ist es, alternative Lösungsansätze zum Handeln der Regierung zu repräsentieren. Ich hatte gehofft, wenn es nicht im Antrag steht, dass es dann vielleicht aus den Redebeiträgen ersichtlich wird. Aber ich kann nichts erkennen. Insofern bin ich bei diesem Antrag ratlos. Wir werden ihn – –
Man kann ihm zustimmen oder ihn ablehnen. Es ändert sich an der Wirklichkeit nichts. Wir reden über einen Punkt, über den wir bereits viel gesprochen und viel getan haben. Wenn jetzt nicht doch der eine Satz kommt, mit dem Sie uns sagen, was wir noch nicht gemacht haben, um mehr Kunst- und Musiklehrer heranzuholen, dann bin ich bereit zu beantragen, den Antrag noch einmal an den Ausschuss zu überweisen und zu ergänzen und es beim nächsten Mal zu beschließen. Das wäre schön.
Vielen Dank.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Vielen Dank. Für die AfD-Fraktion erhält Frau Wilke das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident! Ich möchte auf den Beitrag von Frau Zais reagieren. Wenn der Eindruck entstanden sein sollte, dass ich mich über den Antrag der LINKEN lustig mache, dann tut mir das leid. Das ist nicht intendiert. Dafür würde ich mich entschuldigen. Mir ging es nicht darum, mich über den Antrag lustig zu machen, sondern darum, deutlich zu machen, dass wir den im Antrag beschriebenen Lehrermangel und Unterrichtsausfall auch in anderen Fächergruppen haben.
Mir ging es zum Zweiten darum, deutlich zu machen, dass wir gemeinsam seit vielen Jahren versuchen, diesen Unterrichtsausfall zu begrenzen und zu minimieren. Im Ziel, liebe Frau Kollegin Zais, sind wir uns völlig einig. Die Frage, wenn wir uns im Ziel einig sind und auch eine ganze Reihe von Maßnahmen unternommen haben, ist: Welche Maßnahmen haben wir bisher unterlassen? Welche Ideen gibt es noch, die diese Regierung und die
regierungstragenden Fraktionen bisher nicht aufgenommen oder ignoriert haben? Das war meine Frage an die antragstellende Fraktion. Das ist die Frage, die uns auch immer wieder umtreibt. Es ist daher absolut richtig und legitim, sie zu stellen. Gemeinsam kommen wir noch besser voran, wenn sie auch von der Opposition beantwortet wird. Als Antwort war in allen Redebeiträgen immer nur zu hören, was keine Maßnahmen sind: GTA ist kein Weg, kulturelle Bildung fachübergreifend zu denken ist kein Weg. Okay, akzeptiert. Was sind die Wege? Das ist die Frage, die Sie beide nach wie vor beantworten müssen.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Danke schön. – Frau Kollegin Zais, möchten Sie erwidern?
Vielen Dank, Herr Präsident! Vielen Dank, Herr Sodann, für das Angebot. Ich habe auch während Ihres Redebeitrages geklatscht, weil ich die grundlegende Umgestaltung von Schule im Angesicht der Digitalisierung der Welt für sehr wichtig halte. Wir werden einsehen müssen, dass das alles wiederhol- und berechenbare – über kurz oder lang – Maschinen machen und dass wir Menschen darin ausbilden müssen, das Einzigartige zu tun.
Was ich aber bedauerlich finde, ist, dass Sie den Musikunterricht, den benoteten Unterricht, als geeignetes Instrument ansehen, um auf diese Art und Weise Wissen und Kompetenzen zu vermitteln. Das widerspricht allen pädagogischen Erkenntnissen. Wenn Sie einmal mit Schülern sprechen – sie haben viel Freude an Bewegung,
aber manche haben keine Freude an benoteter Bewegung im Sportunterricht. Es gibt aber auch Schüler, die viel Freude an künstlerischem und musischem Ausdruck haben, aber sie haben keine Freude an einem benoteten Lied vor der Klasse. Diese Engführung, die Sie machen, benoteter Unterricht ist Kompetenzausbildung, halte ich für problematisch.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Herr Sodann, Sie möchten bestimmt erwidern?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will mich zu diesem Thema als ehemaliges Mitglied des Petitionsausschusses äußern. Kollege Bienst hat völlig recht mit seiner Aussage. Es steht weder dem Petitionsausschuss noch irgendjemandem sonst zu, die Güte von Gerichtsurteilen zu beurteilen und hier zum Gegenstand einer Debatte zu machen. Das verbietet uns schon der Respekt vor der richterlichen Unabhängigkeit.
Aber darum geht es in dieser Frage überhaupt nicht; denn der Petitionsausschuss hat nicht die Aufgabe, Gerichte zu beurteilen oder Gerichtsurteile hinzunehmen, sondern er hat originär die Aufgabe, sich das Handeln der Verwal
tung anzuschauen und zu schauen, ob dieses dem Geist, den unsere Gesetze aussenden, entspricht. Hat die Verwaltung in jedem Einzelfall das Ermessen, das ihr zusteht, so ausgeübt, dass der Sinn des Gesetzes erfüllt wird und der Betroffene eines Verwaltungsaktes davon ausgehen kann, dass der Staat ihm ein Helfer und keine Hürde ist?
Die Petition zur Natur- und Umweltschule zeigt sehr schön, dass wir dabei mit all unseren Regularien und unserem Selbstverständnis als Petitionsausschuss an unsere Grenzen gekommen sind. Der Petitionsausschuss hat sich in diesem Bereich – das sieht man auch an der Petition – leider vornehm zurückgehalten, vornehm zurückhalten müssen, weil das sein gepflegter Umgang und sein Selbstverständnis in den letzten Jahren und Jahrzehnten ist. Das ist so, weil wir es gerade hierbei mit einem Fall zu tun haben, bei dem das Selbstverständnis nicht zugunsten der Petenten wirkt.
Der Petitionsausschuss befasst sich in aller Regel nicht mit der Sache, sondern er befasst sich mit der Auffassung der Staatsregierung auf der einen Seite und der Auffassung der Petenten auf der anderen Seite.
Wenn es gut läuft, dann schafft es der Ausschuss, beides in Einklang zu bringen – dadurch, dass man versucht, die Positionen einander anzugleichen. Sobald Gerichte im Spiel sind, funktioniert es leider nicht gut, weil dann der Ausschuss sagt: Ich habe hier zwar eine Auffassung der Staatsregierung und da eine Auffassung der Petenten, aber inzwischen ist ein Gericht unterwegs. Gerichte darf ich nicht beurteilen, also warte ich mal und mache gar nichts.
Das ist ein Schwachpunkt in unserem Petitionswesen, den wir anfassen müssen mit Blick auf die Weiterentwicklung; denn es ist zwar nicht legitim, in Gerichtsarbeit hineinzufunken, aber es ist natürlich legitim, dass der Petitionsausschuss fragt: Liebe Verwaltung, tust du deine Aufgabe, für die du da bist, oder tust du sie nicht? Das ist etwas, was der Petitionsausschuss beurteilen muss. Wenn man sich vor Gericht trifft, dazu gehören ja immer zwei Seiten. Der Bestand des Urteils von 2015 ist deswegen nicht eingetreten, weil die Verwaltung gegen das Urteil vorgegangen ist. Diese Entscheidung der Verwaltung kann der Petitionsausschuss natürlich schon hinterfragen.
Ich glaube, es gibt auch gute Gründe, sie zu hinterfragen. Wir haben ein Schulgesetz, und in diesem Schulgesetz haben wir nicht ohne Grund neu geregelt und formuliert, dass die staatliche Schulaufsicht – Herr Kollege Schreiber, du erinnerst dich bestimmt auch noch daran –
ich weiß, deswegen spreche ich ihn an; aber es ist nicht so schlimm, er kann es ja dann im Protokoll nachlesen –, dass den Schwerpunkt der Schulaufsicht die Beratung und Unterstützung der Schulen bei der eigenverantwortlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben bildet. Natürlich sollte sich ein Petitionsausschuss fragen: Hat die Verwaltung in diesem Fall alles getan, um die betreffende Schule in der eigenverantwortlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beraten und zu unterstützen?
Man kann unterschiedlicher Meinung sein, ob sie das hat oder nicht. Das Problem ist: Der Petitionsausschuss befasst sich mit dieser Frage nicht, weil das Gerichtsverfahren anhängig ist.
Wenn man sich mit dieser Frage befasst, dann kann man sich natürlich fragen: Was sagt eigentlich unser Schulgesetz über die Aufgaben einer Schule, die sie eigenverantwortlich und selbstständig ausführen soll? Da haben wir einen neuen Erziehungs- und Bildungsauftrag, der auch nicht ohne Grund geschrieben worden ist und bei dem von vielen Dingen die Rede ist, die in der Beurteilung der Schulaufsicht überhaupt keine Rolle gespielt haben. Wir definieren im Schulgesetz: Schulen haben die Aufgabe, Kinder und Jugendliche zum selbstständigen Handeln zu befähigen; Schulen haben die Aufgabe, Freude an der Bewegung zu vermitteln; Schulen haben die Aufgabe, Ehrfurcht vor allem Lebendigen und zur Erhaltung der Umwelt anzuregen. Sie haben die Aufgabe, soziales Handeln und freiheitlich-demokratische Haltung zu vermitteln.
Das alles sind Punkte, bei denen die Schulaufsicht schauen, beraten, unterstützen und beurteilen muss und bei denen der Petitionsausschuss durchaus in der Sache hätte prüfen können, ob die Schulaufsicht hier ihrer gesetzlichen Aufforderung nachgekommen ist. Das ist nicht der Fall, das kann der Petitionsausschuss aufgrund der jetzigen Regelungen nicht. Das ist auch der Grund, warum wir sagen, der Bericht, so wie er hier vorliegt, ist unter den gegebenen Umständen das Einzige, was der Petitionsausschuss abgeben kann. Aber das ist auch der Grund dafür, dass wir weiter darüber reden, darauf drängen und Schritt für Schritt vorankommen wollen, das Petitionswesen in diesem Landtag so auszubauen, dass es mehr Wirkung für die Petenten entfaltet und mehr Animierung der Verwaltung zu einem bürgerfreundlichen Handeln Ausdruck geben kann.
Vielen Dank.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Für die AfD-Fraktion Herr Dr. Weigand, bitte.
Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst empfehlen, dass der Petitionsausschuss den Petenten auch das Protokoll dieser Debatte übermittelt, weil ich es als richtig empfinde, die Wertschätzung, die das Parlament diesem Thema entgegenbringt, auch den Petenten mitzuteilen. Ich verstehe ein wenig die Unzufriedenheit, was den Text der Petition angeht. Aber hier sind wir wieder etwas gefangen im Verfahren, vor allem das Petitum am Ende, dass dieser Petition nicht abgeholfen werden kann, denn es stimmt eigentlich nicht. Im Kern wird dieser Petition abgeholfen, zumindest teilweise. Da wir als Ausschuss manchmal Schwierigkeiten haben, das auszudrücken, ist das etwas unglücklich formuliert, und auch deswegen würde das Plenarprotokoll helfen.
Was ist passiert? Die Ankündigung einer Stundentafelkürzung, von der mein Kollege Herr Bienst vorhin gesprochen hat, umfasst tatsächlich insgesamt 13 Wochenstunden Sport in allen Schularten. Das ist eine ganze Menge. Daraufhin ist diese Petition zustande gekommen und es sind zahlreiche Gespräche geführt worden, sowohl mit den Petenten als auch mit Schulleitern bzw. Fraktionen und Ähnlichen. Am Ende übrig geblieben sind sechs Stundentafelkürzungen über alle Schularten in allen Jahrgangsstufen. Das ist ein gehöriger Erfolg, auf den die Petenten stolz sein könnten, wenn sie wüssten, dass es ein Erfolg ist. Deshalb halte ich es für wichtig, das Ergebnis explizit mitzuteilen.
Es ist ein Satz zitiert worden, von Frau Zais, denke ich: Nur Schulsport bewegt alle. Das stimmt einerseits schon, aber anderseits weist dieser Satz auf ein ganz zentrales Problem hin: dass wir Bewegungsförderung in der Schule immer nur im Sportunterricht sehen und vielleicht noch bei den GTA, die aber nicht verpflichtend sind. Der
Auftrag an die Schulen geht eigentlich viel weiter, und noch viel zu wenige Schulen setzen ihn um.
Ich nenne als Beispiel die Grundschule in Bad Brambach im Vogtland. Da wird nicht 45 Minuten durchunterrichtet, sondern nach 15 Minuten gibt es eine kurze Pause. Dann stehen alle auf und es werden Fingerübungen und ein bisschen Gymnastik gemacht. Alle sind wieder frisch und es geht weiter an die Arbeit. Das ist ein tolles Beispiel für bewegte Schule. Ich war an einer anderen Schule, nicht in Sachsen, dort ging es um Längenmaße. Wie lang ist ein Meter? Die Klasse ist im Sachkundeunterricht rausgegangen in den Garten nebenan und hat Stöcke gesammelt. Die wurden nebeneinandergelegt, bis 100 Meter erreicht waren. Dann ist man hin- und hergelaufen und hat erfahrbar gemacht, was diese 100 Meter bedeuten. In der Grundschule findet so etwas häufig Anwendung, aber das muss in der weiterführenden Schule nicht aufhören. Eine Flächenberechnung im Mathematikunterricht kann ich am Objekt auf dem Schulhof vornehmen. Nur Schulsport bewegt alle, stimmt so nicht, denn auch in anderen Unterrichtsfächern kann man die bewegte Schule umsetzen. Auch dabei kann der Sportlehrerverband eine große Hilfe sein, wenn es darum geht, das Know-how zu vermitteln.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Frau Friedel, die Zeit ist abgelaufen.
Insofern bitte ich: Konzentrieren wir uns nicht immer nur auf die Schulsportstunden, die für manche Schüler tatsächlich keine freudige Anregung sind, sondern versuchen wir mit vielen Gelegenheiten, diese Freude breit zu vermitteln.
Danke.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Herr Dr. Weigand für die AfD-Fraktion, bitte.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es schon gehört: Mit dem vorliegenden Artikelgesetz wird ein Teil des Handlungsprogramms umgesetzt, nämlich jener, in dem es um Eingruppierung und Verbeamtung geht. Andere Teile werden in den kommenden Tagen zur Debatte stehen, zum Beispiel die Themen Zulagen oder Schulassistenz; wieder andere bedürfen keiner gesetzlichen Umsetzung.
Ich möchte auf all diese Dinge ein wenig näher eingehen; denn aus meiner Sicht ist es die Stärke des Handlungsprogrammes, dass es sich eben nicht nur auf einen oder zwei Punkte beschränkt, sondern ein Gesamtkonzept ist, um mit dem Thema Mangelhafte Unterrichtsversorgung umzugehen. In diesem Gesamtkonzept ist der aus meiner Sicht wichtigste Punkt und das wertvollste Signal jenes, dass wir künftig alle Lehrkräfte in allen Schularten gleich bezahlen.
Das heißt, die Zeiten, in denen Grundschullehrer als minderwertige Lehrkräfte galten, die nur singen und basteln, sind vorbei,
und vorbei ist die Zeit, in der Sachsen per Lohnzettel und Bildungsempfehlung signalisierte, dass das Gymnasium die einzige glückseligmachende Schulform sei.
Wir müssen uns heute über den besonderen Mangel, den wir an Grund- und Oberschullehrern haben, überhaupt nicht wundern; denn jahrzehntelang wurde in Sachsen mit der unterschiedlichen Vergütung jungen Menschen signalisiert: Studiert Gymnasiallehramt, das ist in Sachsen am meisten wert. – Das wird sich ändern.
Dass wir diesen Schritt erst heute machen und ihn nicht schon eher gegangen sind, ärgert mich im Nachhinein sehr. Ich ärgere mich, dass ich 2016 bei den Verhandlungen zum Lehrermaßnahmenpaket den Belehrungen und Beteuerungen der Ministerien – wir könnten die Grundschullehrer aus rechtlichen Gründen nicht in die 13 holen – auf den Leim gegangen bin. Ich habe mich damals im Beamten- und im Tarifrecht noch nicht gut genug ausgekannt, um dagegenzuhalten, und das war ein Fehler. Immerhin haben wir dabei das verringerte Pflichtstundenmaß für die Grundschullehrer herausbekommen. Trotzdem: Dieser Fehler passiert mir nicht noch einmal. Ich habe schon oft an diesem Pult gestanden und gesagt: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Die gleiche Eingruppierung der Lehrkräfte ist der beste Beweis dafür, dass es stimmt.
Ab 2019 signalisiert Sachsen: Alle Lehrkräfte sind uns wichtig, egal, ob sie Anfangsunterricht für Siebenjährige durchführen oder ob sie 16- oder 18-Jährige auf ihren Realschulabschluss oder auf die Gymnasialprüfung vorbereiten. Die pädagogische Arbeit, die hier geleistet wird, mag unterschiedlich sein. Aber sie ist gleichwertig. Das macht Sachsen von nun an deutlich und nimmt damit bundesweit eine Vorreiterrolle ein, auf die wir wirklich stolz sind.
Das Gegenteil von Vorreiter, von Vorausgehen ist Nachzügler oder hinterherlaufen, und das wird Sachsen mit diesem Artikelgesetz an einem anderen Punkt tun. Wir laufen den anderen Bundesländern hinterher und werden ab dem nächsten Jahr unsere Lehrkräfte ebenfalls im Beamtenverhältnis beschäftigen. Ich kann diese Entscheidung nachvollziehen: Wir verbeamten quasi aus Notwehr, weil alle anderen es eben auch tun. Aber glücklich bin ich mit dieser Entscheidung nicht.
Nicht, weil ich die Lehrkräfte nicht leiden kann oder ihnen die Privilegien eines Beamtenverhältnisses nicht gönnen würde, sondern weil – das haben wir auch schon gehört – das Beamtenverhältnis für unseren Staat in diesem Bereich nicht nur nicht nötig, sondern nachteilig ist und unsere Gesellschaft weiter auseinandertreibt. Beamte zahlen eben nicht in die gesetzliche Krankenversicherung und in die Rentenversicherung ein. Das sind
bundesweit fast eine Million Lehrkräfte, und dies schwächt unser solidarisches Sozialsystem enorm. Das gleiche Ungerechtigkeitsempfinden, das wir jetzt bei den nicht verbeamtungsfähigen Lehrkräften wahrnehmen, gilt für den Rest der Gesellschaft ebenfalls. Deshalb hat es aus meiner Sicht seinen guten Grund, dass der Bund mit seinem Beamtengesetz ganz eng festgelegt hat: Verbeamtet werden soll nur, wessen Arbeit aufgrund der besonderen Funktion im Staat nicht im Angestelltenverhältnis durchgeführt werden kann, also Polizisten, Richter, Justizvollzugsbedienstete. Aber Sachsens Lehrer haben ja 28 Jahre lang bewiesen, dass ihre Arbeit hervorragend im Angestelltenverhältnis getan werden kann – und das auch noch in Spitzenqualität mit vorderen und ersten Plätzen in Bildungsvergleichen.
Der Beamtenstatus tut auch deshalb weh, weil er nicht nur unsere Sozialsysteme schwächt, sondern auch unseren sächsischen Haushalt. Wir betreiben als Freistaat Sachsen vernünftigerweise Pensionslastenvorsorge. Dies führt dazu, dass jeder Beamte, den wir beschäftigen, im Jahr 17 000 Euro teurer als ein Angestellter ist. Nun könnte man sich hinstellen und sagen: Okay, das muss uns Bildung wert sein. – Aber das sind schöne Worte, und ich denke, man kann sich auch hinstellen und sagen: Moment mal, 17 000 Euro mehr für jede verbeamtete Lehrkraft im Vergleich zu den Angestellten – das heißt doch, ich kann vom gleichen Geld entweder fünf Beamte oder sechs Angestellte bezahlen. Das ist doch die Richtung, in die wir uns in den nächsten Jahren bewegen müssen.
Wir wissen, dass Unterricht besser funktioniert, wenn in einer Klasse zwei Lehrkräfte sind und die Schüler so individuell gefördert werden können. Wir wissen, dass unsere Klassenlehrer eine Extrastunde brauchen, um all die organisatorischen Aufgaben zu bewältigen. Wir wissen, dass es mit einem Pflichtstundenmaß von 26 Wochenstunden eben nicht gelingen kann, jede Unterrichtsstunde so vor- und nachzubereiten, dass sie allen Schülern Spaß macht und die Lernfreude anregt. Wir wissen außerdem, dass die Ausdünnung des Schulnetzes im ländlichen Raum vor zehn Jahren ein großer Fehler war, nicht nur mit Blick auf die Schülerinnen und Schüler, sondern auch auf die Entwicklung unserer Dörfer und Landkreise, und dass wir deshalb künftig mehr Lehrkräfte brauchen, um wieder neue Schulen auf dem Land eröffnen zu können.
Aus all diesen Gründen muss es uns in den kommenden Jahren gelingen, mehr und mehr Lehrkräfte einzustellen, nicht nur, um die Unterrichtsversorgung sicherzustellen, sondern auch, um all die anderen Punkte, von denen ich sprach, Wirklichkeit werden zu lassen. Dabei ist es natürlich viel vernünftiger, wenn ich von dem gleichen Geld sechs statt fünf Lehrkräfte einstellen kann, und für die Lehrkräfte selbst ist es sogar noch besser, weil sich mit einer Klassenleiterstunde, mit einer zweiten Kraft im Unterricht, mit weniger Pflichtstunden und kurzen Wegen zur Schule die Arbeitsbedingungen in einer Weise verbessern, die mit Geld überhaupt nicht aufzuwiegen ist.
Aus diesem Grund muss es uns in den nächsten Jahren gelingen, eine bundesweit neue Antwort auf den bundesweit herrschenden Lehrermangel zu finden. Die Kultusminister der Länder diskutieren gerade über einen Bildungsstaatsvertrag, und ich sage: Eine der wichtigsten Vereinbarungen, die wir dort bundesweit zu treffen haben, ist, den Verbeamtungswettbewerb der Länder zu stoppen und stattdessen die inhaltliche Qualität von Schule weiterzuentwickeln. Nur so werden wir es schaffen, dass die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte und die Unterrichtsbedingungen für die Schülerinnen und Schüler dauerhaft verbessert werden können. Mit der Befristung der Verbeamtung, wie wir sie vornehmen, hat unser Kultusminister fünf Jahre Zeit für dieses Projekt und all unsere Unterstützung.
Ich möchte auf einen letzten Punkt eingehen, liebe Kolleginnen und Kollegen: das Programm Schulassistenz. Wir haben gesagt, wir brauchen Soforthilfen an den Schulen. Wenn nicht ausreichend Lehrkräfte zu haben sind, sollen zumindest jene, die an den Schulen sind, von Assistenzkräften unterstützt werden, die als zweite Kraft im Unterricht dabei sind und organisatorische Aufgaben übernehmen. 160 dieser Stellen werden wir im nächsten Jahr besetzen, insgesamt weit über 400 in den nächsten fünf Jahren. Für die ersten 20 – das sind die Sprach- und Integrationsmittler – läuft das Besetzungsverfahren bereits.
Fast jede Schulleiterin und jeder Schulleiter kennt in ihrem Umfeld eine Person, die für solche Aufgaben geeignet ist, weil sie Kinder liebt, ihnen etwas beibringen kann und sie in ihrer Entwicklung begleiten will. Ich wünsche mir, dass wir das Programm zu einem Erfolg machen. Dies kann uns nur gelingen, wenn wir den Blick auf die Menschen richten, die sich für eine solche Aufgabe interessieren, und nicht auf ihre Qualifikationsanforderungen.
Eine Schulassistentin oder ein Schulassistent muss aus meiner Sicht keine pädagogische Fachkraft sein. Sie bzw. er führt den Unterricht nicht durch, sondern unterstützt ihn lediglich. Wir haben in den Ganztagsangeboten so viele wunderbare Leute, die ihre Kompetenzen an Kinder weitergeben, die einen ganz eigenen Zugang zu ihnen finden, Lernfreude anregen, Motivation geben und andere Perspektiven einfließen lassen, nicht nur in den Ganztagsangeboten, sondern beispielsweise auch im Programm „Teach First“, das bereits vom Kultusministerium durchgeführt wird. Ich finde, diese Menschen müssen wir mit unserem Assistenzprogramm in die Schulen holen. Davon haben nicht nur die Lehrkräfte, die unterstützt werden, sondern auch die Schülerinnen und Schüler sehr viel.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben mit dem Handlungsprogramm und dem Artikelgesetz unzählige Einzelmaßnahmen, Details und kleine Fallstricke diskutiert, und wir haben sie noch nicht alle ausgeräumt. Wir kämpfen an vielen Stellen noch um eine arbeitnehmerfreundliche Auslegung. Wir werden dies auch in den kommenden Wochen noch erleben, zum
Beispiel, was die stufenweise Höhergruppierung oder den Erhalt der Bindungszulagen betrifft.
Klar ist auch: Der heutige Beschluss wird die Welt nicht auf einmal ab morgen rosig aussehen lassen. Wir werden auch im nächsten Jahr Unterrichtsausfall haben. Wir werden auch im nächsten Jahr händeringend nach Lehrkräften suchen. Aber alles, was man in Sachen Bezahlung für Lehrkräfte tun kann, um die Lehrerversorgung zu verbessern, haben wir heute mit dem Artikelgesetz getan.
Ich möchte zum Schluss noch eines sagen, und ich denke, es ist wichtig, sich dies immer wieder zu vergegenwärtigen: Lehrermangel allein macht noch keine schlechte Schule, und genügend Lehrer allein machen noch keine gute Schule. Wir müssen es in den kommenden Jahren schaffen, dass unsere Schulen auch inhaltlich verändert werden, damit sie es schaffen, unsere Kinder für die Zukunft zu rüsten. Das heißt, wir brauchen eben die neuen Lehrpläne. Wir brauchen mehr Methodenvielfalt, Selbstständigkeit, Kreativität und Förderung der Lernfreude.
All das sind Dinge, in die wir mindestens genau so viel Energie stecken müssen, wie wir in das Projekt „Verbeamtung“ gesteckt haben. Das sind die pädagogischen Aufgaben, und das ist aus meiner Sicht die inhaltliche Qualität, der sich Bildungspolitik künftig wieder stärker widmen muss.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir war gar nicht bewusst, dass das jetzt eine Gemeinschaftsschuldebatte wird; die Debatte ist vielmehr überschrieben mit dem Thema „Schuljahresbeginn mit Lehrkräftemangel und Unterrichtsausfall – Zukunft braucht gute Schule und neue Wege in der
Bildung!“. Zu Lehrkräftemangel und Unterrichtsausfall hat Frau Kollegin Falken schon relativ viel erzählt. Das ist nichts Neues, das wissen wir alle miteinander, und wenn wir ganz ehrlich sind: Es wird nicht dadurch besser, dass wir noch einmal darüber sprechen.
Wir haben in den letzten Jahren tatsächlich alles getan, um dort umzusteuern. Wir haben damit begonnen, dass wir – es tut mir leid, aber es ist inzwischen alles – insgesamt 5 000 zusätzliche Lehrerstellen bereitgestellt haben.
Wir haben die Ausbildungskapazitäten verdoppelt. Wir haben die Plätze für Referendare verdoppelt. Wir haben jetzt sogar die Verbeamtung. Auf den Punkt, der jetzt noch fehlt und bei dem Sie sagen: „wenn wir das jetzt noch machen, dann bekommen wir noch zwei, drei neue Lehrer mehr“ warte ich, und dann bin ich auch gern bereit, dies wieder zu thematisieren.
Ich bin dankbar für den zweiten Teil: „Zukunft braucht gute Schule und neue Wege in der Bildung!“. Das ist es, was wir als Nächstes diskutieren müssen, auch miteinander. Wenn wir es geschafft haben, politisch und finanziell die Weichen für eine bessere Lehrerversorgung zu stellen, und jetzt quasi nur noch warten müssen, bis das alles funktioniert und die Leute mit dem Studium fertig sind und kommen, dann sind wir noch lange nicht mit der Weiterentwicklung unseres Schulsystems fertig, sondern dann haben wir endlich einmal die Gelegenheit, das zu tun, was man eigentlich schon vor vielen Jahren hätte tun sollen: langfristig denken – nicht nur mit dem Blick auf das Personal, sondern auch auf die Schullandschaft: Wo wollen wir hin? Dazu sage ich Ihnen: Langfristig halte ich es für ein großes und wichtiges Ziel, die Schule – vor allem die Grundschule – wieder zurück an den Wohnort zu bringen.
Wir hatten vor gut einem Jahr eine schöne Sachverständigenanhörung zum Thema Jahrgangsübergreifender Unterricht. Das ist genau das Instrument, um auch kleine Grundschulen am Leben zu erhalten oder vielleicht auch im ländlichen Raum neue zu eröffnen und so wieder für einen neuen Mittelpunkt zu sorgen.
Wenn wir das Schulnetz im ländlichen Raum verdichten wollen, zum Beispiel mit dem Instrument des jahrgangsübergreifenden Unterrichts, dann kommt natürlich die Gemeinschaftsschule ins Spiel; denn sie ist auch ressourcenmäßig die effizienteste Art und Weise, ein dichtes Schulnetz im ländlichen Raum zu garantieren, und das ist der Grund, warum der Volksantrag durchaus vernünftig ist: da, wo es passt, eine solche Schulform zu wählen.
Ein zweites wichtiges Langfristthema – ich weiß, langfristig werden wir nicht mehr miteinander sprechen, Patrick, aber für die anderen ist es trotzdem interessant – ist das
Thema Lehrerbildung. Wir haben jetzt die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass wir mit unserer Lehrerbildung in den nächsten Jahren ein gutes, flächendeckendes Netz haben. Wir haben die Lehrerausbildung auch in Chemnitz stabilisiert. Wir müssen jetzt an die inhaltlichen Veränderungen gehen, denn natürlich stellt Schule künftig völlig andere Ansprüche an Lehrkräfte.
Weil die Ansprüche an die Lehrkräfte anders und die Aufgaben vielfältiger werden, müssen wir in den nächsten Jahren auch darüber nachdenken, den Lehrkräften – ich sage einmal – Wohltaten zu gewähren, die keine richtigen Wohltaten sind, sondern am Ende den Schülern zugutekommen. Dabei sprechen wir über die Klassenleiterstunde und über die Frage, ob Klassen mit 28 Schülern wirklich in jeder Klasse das Mittel der Wahl sind oder ob wir nicht hier und da mehr Zeit für Bildung zur Verfügung stellen können. Mehr Zeit für Bildung bedeutet nicht nur mehr Zeit für die Lehrkräfte, sondern auch mehr Zeit für Schüler, etwas zu lernen, zu beobachten, einzuüben. Damit sind wir beim Thema Neue Unterrichtskultur. Herr Kollege Bienst sagte völlig zu Recht, Schulstruktur sei das eine, auf den Unterricht komme es an und auf die Art und Weise, wie er gemacht wird, wie er Schüler begeistern kann und das Lernen zur Freude entwickelt, anstatt es zum stupiden Auswendiglernen verkommen zu lassen.
Hierzu braucht es viele neue Impulse, und diese werden uns – am Ende bemerkt – auch dabei helfen, über Bildung in der digitalen Welt zu sprechen; denn das, was wir dazu brauchen, sind eben nicht nur Tablets und Geräte, sondern vor allem andere Zugangsweisen, zum Beispiel mehr Selbstständigkeit im Lernen, mehr Beobachtungsfähigkeit und mehr Reflexion.
Da dies die wichtigen Fragen sind, die für die Zukunft gute Schule und neue Wege in der Bildung ausmachen, fände ich es sehr gut, wenn wir es schafften, mit all den Maßnahmen, die wir jetzt gegen den Lehrermangel unternommen haben, nicht nur den Schulen und den Lehrkräften, sondern auch uns den Rücken freizuhalten, um diese Gedanken nach vorn zu bringen. Ich fände es extrem begrüßenswert, wenn sich der Landtag in der nächsten Legislaturperiode beispielsweise dazu entschließen würde, eine Enquete-Kommission „Schule der Zukunft“ einzurichten; denn das sind die Bildungsfragen, die in unserem Land wichtig sind.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Ich mache das mit der zweiten Runde selten, aber heute doch einmal, weil es zum Teil eine Gemeinschaftsschuldebatte geworden ist.
Der Ministerpräsident hat gestern Abend von genau dieser Stelle aus den Volksantrag angesprochen und natürlich keinen Zweifel daran gelassen, dass er das momentan für
keine gute Idee hält. Er sagt aber auch, für alle, die das Projekt nicht unterstützen, sei es eine gute Gelegenheit, die eigenen Argumente zu schärfen und zu schauen, ob man wirklich überall richtigliegt. Das finde ich einen sehr schönen und pragmatischen Zugang und insofern danke ich auch den Kollegen aus der Koalitionsfraktion, dass sie genau das unternehmen und prüfen, ob die Argumente geschärft werden können und wirklich standhalten.
Man kann über die Gemeinschaftsschule viel reden – es geht hier nicht nur um eine Strukturfrage. Es geht nicht einmal vordergründig um eine Strukturfrage. Kollege Bienst hat recht. Alle wissenschaftlichen Untersuchungen, die wir kennen, sagen: Die Schulstruktur hat einen sehr nachgeordneten Einfluss und viel wichtiger als das ist die Art und Weise des Unterrichts, die Persönlichkeit des Lehrers, das Klima, das in der Schule herrscht, und wie Lernfreude gefördert werden kann.
Worum es geht – und dafür ist die Möglichkeit der Gemeinschaftsschule ein Vehikel –, ist, dafür zu sorgen, dass der Unterricht so werden kann, dass die Lehrkräfte so werden können wie benötigt.
Ich greife das Beispiel vom ländlichen Raum auf: Wir leisten uns einen sehr ineffizienten und teuren Einsatz von Ressourcen, indem wir parallel das Oberschulsystem und das Gymnasialsystem im ländlichen Raum in voller Kapazität von Klasse 5 bis 12 überall aufrechterhalten. Das führt dazu, dass die Schulwege zu jeder einzelnen der beiden Schularten doppelt so lang werden, weil wir die Schulen nicht zusammen haben.
Das ist ein ganz pragmatischer Zugang, um sich zu überlegen: Wie kann ich Kindern mehr Zeit für Bildung geben? Indem ich ihnen beispielsweise den Schulweg reduziere und ihnen diese enorme psychische Belastung erspare, nach der 4. Klasse in ein völlig neues Kollektiv zu kommen, sich wieder die eigene Stellung erobern zu müssen, wieder neue Lehrer kennenlernen zu müssen, wieder eine neue Beziehung aufzubauen. Wie kann ich das Kindern ersparen oder zumindest abmildern? Da sind Gemeinschaftsschulen eine Möglichkeit, genauso wie sie eine Möglichkeit dafür sind, Vielfalt und Heterogenität zum Motor im Unterricht zu machen.
Wir hören so oft, dass die heterogenen Klassen ein Hindernis seien. Nur, genauso wie man anerkennen muss, dass die Teilzeitquote bei Lehrkräften steigt und wir künftig zwei Ausbildungsplätze für eine Lehrerstelle brauchen, muss man auch anerkennen, dass Vielfalt und Heterogenität in unserer Welt zu- und eben nicht abnehmen. Wir müssen uns langfristig die Frage stellen, was die geeignete Antwort darauf ist. Versuchen wir künftig noch mehr zu sortieren und machen drei, vier oder fünf Schularten, damit wir die einzelnen möglichst homogen behandeln und fünf Schubladen von Menschen statt bisher zwei kreieren, oder gestalten wir Schule und Unterricht so, dass Vielfalt und Heterogenität zum Motor von Wissen werden?
Wir wissen, wie es geht, wir haben es beim jahrgangsübergreifenden Unterricht gehört. Dort haben wir mehr Heterogenität als in einer altersstufenkonformen Klasse, und alle Lehrkräfte haben uns erzählt, mit den richtigen Methoden lernen die Schüler voneinander, wir bekommen viel mehr zurück, wir haben viel mehr Sozialkompetenz, wir haben aber auch viel mehr Bildungserfolg.
Es geht bei dieser Gemeinschaftsschuldebatte gar nicht so sehr um Schulstruktur. Man kann so eine Art neuen Unterricht, von dem ich spreche, auch ohne Gemeinschaftsschule machen – es wird nur schwerer. Man kann ein dichtes Schulnetz im ländlichen Raum auch ohne Gemeinschaftsschulen zu bauen versuchen – es wird nur teurer.
Das ist der Punkt. Gemeinschaftsschulen bieten eine Möglichkeit, eigentliche Ziele, die wir gern erreichen wollen – und die wollen wir doch alle zusammen erreichen: ein dichtes Schulnetz im ländlichen Raum, einen guten Umgang mit Heterogenität und Vielfalt –, tatsächlich zu erreichen. Ich finde, das kann man doch ruhig einmal ausprobieren, wenn es woanders funktioniert.
Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da meine Vorrednerin schon alles gesagt hat, will ich es kurz machen und zwei andere Worte für denselben Sachverhalt verwenden.
Wir haben heute Vormittag über den Lehrermangel gesprochen. Wir haben darüber gesprochen, dass Bildungserfolg vor allem von gutem Unterricht abhängt und guter Unterricht vor allem vom Lehrer. Wir haben auch darüber gesprochen – ein wenig später beim Weiterbildungsgesetz –, dass lebenslanges Lernen ein sehr wichtiger Ansatz ist, dem sich alle stellen müssen. Natürlich gilt das auch für Lehrkräfte.
Wir reden immer so schön von der ersten Phase der Lehrerbildung, dem Studium, und von der zweiten Phase der Lehrerbildung, dem Referendariat, und sagen dann, dass es noch eine dritte Phase der Lehrerbildung gibt, nämlich das Lernen während des Ausübens der Tätigkeit. Ich muss sagen: Dann erfüllt das schulische Unterstützungssystem USYS genau das. Das ist die dritte Phase der Lehrerbildung. Das ist der Punkt, an dem sich Lehrerinnen und Lehrer weiterentwickeln, bei dem sie versuchen, neue Wege zu gehen, bei dem sie Unterstützung dafür erhalten, um mit all den Herausforderungen, die wir gerade gehört haben, umzugehen.
Weil die Decke, wie wir heute Vormittag festgestellt haben, an vielen Enden zu kurz ist, bereitet uns der Lehrermangel besonders in diesem System große Probleme. Deshalb ist es absolut richtig, auf der einen Seite neue Wege zu gehen und zu sagen: Lasst uns überlegen, wie wir die Schulen noch besser dazu befähigen können, sich Unterstützung zu holen; nicht nur aus unseren eigenen Laden, sondern auch mithilfe externer Partner.
Das ist natürlich etwas Zusätzliches. Die neun VZÄ, die hier ausgewiesen sind – diese neun Personen, die für einen Personalkörper von 32 000 Unterstützungsleistungen geben sollen –, können auf Dauer nicht ausreichen. Es gibt bestimmte Themen, die wir uns nicht extern einkaufen können.
Ich nehme einmal das Beispiel Unterrichtsentwicklung. Wie Unterricht funktioniert, können nur Pädagogen und Lehrende wissen, und sie können es auch am besten vermitteln. Wir haben im Bereich der Erwachsenenbildung keine externen Anbieter, denen wir diese Aufgabe übertragen können.
Insofern ist das Anliegen dieses Antrages tatsächlich zweigeteilt. Unterstützung ist wichtig. Das ist der Kern der dritten Phase der Lehrerbildung, lebenslanges Lernen auch für Lehrerinnen und Lehrer. Wir brauchen dafür erstens mehr Freiheiten (und auch ein finanzielles Budget), damit sich Schulen externe Unterstützung holen können, und wir wollen zweitens – obgleich die Decke zu kurz ist – trotzdem weiter daran arbeiten, dass wir die neun Personen, die sich derzeit um dieses Thema in unserem Personalkörper kümmern können, erhöhen und in den nächsten Jahren hoffentlich dort etwas aufsatteln können.
Dafür der Antrag. Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die vorangegangenen Redebeiträge haben mich noch einmal nach vorn geführt. Herr Wild und Frau Kersten, ich werde Ihnen zum Schluss beantworten, warum über den Antrag abgestimmt werden muss, aber vorher will ich noch ein kleines Zeichen des Unverständnisses an Kollegin Zais und auch an Frau Falken schicken. Wir müssen uns schon entscheiden, ob wir Lehrermangel haben oder nicht.
Frau Zais hat vorhin kritisiert, dass vor ein paar Jahren die 24 Lehrer aus der externen Evaluation abgezogen worden sind, um wieder zurück an die Schule, an die Unterrichtsfront, geschickt zu werden. Das kann man kritisieren, das verstehe ich, aber der Grund dafür ist, dass die Unter
richtsversorgung mit allen Kräften abgedeckt werden sollte und in Abwägung zwischen externer Evaluation und Unterrichtsversorgung entschieden wurde, dass die Unterrichtsversorgung momentan noch wichtiger ist. Ich finde Kritik nicht schlimm. Mir gefällt nicht, wenn man sagt, da hätte es auch andere Möglichkeiten gegeben, ohne zu offenbaren, welche Möglichkeiten man meint. Damit bin ich wieder bei heute Morgen, als wir eine Aktuelle Debatte über Lehrermangel geführt haben und zu hören bekamen, da müsste man weitere Maßnahmen ergreifen, damit der Lehrermangel gelindert wird, und dann im Nebulösen lässt, was die weiteren Maßnahmen sind.
Die Opposition muss sich entscheiden, ob wir einen Lehrermangel haben, dann müssen wir den auch anerkennen. Wir haben alle – durchaus zu Recht – lange Zeit der CDU vorgeworfen, dass sie den Lehrermangel nicht anerkannt hat; aber manchmal kommt es mir so vor, als ob die Opposition jetzt Schwierigkeiten hat, den Lehrermangel anzuerkennen, und sagt, da muss noch viel mehr passieren, wir müssen die Lehrer in die Evaluation und hier- und da- und dorthin schicken.
Dann verlangt Frau Kollegin Zais, dass sich die Politik positionieren muss. Wollen wir noch weitere Lehrer aus dem Unterstützungssystem abziehen, oder sagen wir, die neun VZÄ sind jetzt da und wir müssen schrittweise dazu kommen, dass das wieder zu mehr Personen wird? Genau diesem Zweck dient der zweite Teil des Antrages.
Ich weiß nicht, Frau Wilke, Frau Kersten und Herr Wild, inwieweit Sie den Antrag gelesen haben. Die Stellungnahme der Staatsregierung bezieht sich auf den Berichtsteil I, aber es gibt noch einen Beschlussteil II. Darin steht, dass das Unterstützungssystem quantitativ auszubauen ist. Frau Zais, da haben wir unser Bekenntnis, was das Personal in diesem Bereich angeht. Im Beschlussteil II steht, dass die Schulen ein finanzielles Budget erhalten können, um sich zusätzlich zu den eigenen Kräften externe Unterstützung zu holen, und dass wir die neuen Möglichkeiten, die wir mit dem Schulgesetz geschaffen haben, wie jahrgangsübergreifender Unterricht und Binnendifferenzierung, ins Rollen bringen können. Dafür braucht es Impulse und Lehrer, die anderen Lehrern zeigen, wie das funktioniert. Deswegen ist dieser Beschlussteil des Antrages nicht trivial, Frau Kersten. Deswegen wird darüber hier abgestimmt. Sie können sich überlegen, ob Sie nicht doch noch zustimmen.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Freistaat Sachsen wird seine Lehrkräfte künftig verbeamten und diese Tatsache führt zu der Nettolohnlücke, die im Antrag der LINKEN beschrieben ist.
Der Antrag der LINKEN enthält zum einen den Dank und die Wertschätzung an die Lehrkräfte – dazu werde ich im zweiten Teil etwas sagen – und zum anderen, dass die Staatsregierung aufgefordert werden soll, unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen und Schritte zu ergreifen, um für alle nicht verbeamteten Lehrkräfte diese Nettolohnlücke zu schließen.
Das funktioniert inhaltlich nicht. Wir haben dafür schon Gründe gehört. Dass die Nettolohnlücke entsteht, hat keine landesrechtliche Substanz. Sie entsteht ja nicht, weil die Beamten brutto mehr Geld bekommen, weil es ihnen
der Gesetzgeber zugesteht, sondern sie entsteht, weil die Beamten weniger Abgaben zahlen,
nämlich keine Sozialabgaben und keine Rentenversicherung. Deswegen behalten sie mehr Netto vom Brutto übrig. Das ist der Grund, warum eine vollständige Schließung dieser Nettolohnlücke nicht funktioniert.
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, davon bin ich überzeugt. Das ist der Grund, warum wir gesagt haben, wenn wir das vermeiden wollen, dann dürfen wir nicht verbeamten. Wenn wir aber verbeamten, halte ich wenig von Gewerkschafts-Bashing, Herr Kollege Bienst; da gibt es Gewerkschaften, die waren dafür bzw. dagegen, am Ende hat ein Meinungsbildungsprozess stattgefunden, dessen Ergebnis man akzeptieren muss. Wenn wir verbeamten und trotzdem den Willen haben, zwar nicht vollständig auszugleichen, weil das dann nicht mehr geht, aber wenigstens ein Signal zu senden, um diese Lücke zu lindern, muss man halt einen anderen Weg suchen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
Deshalb haben wir den zweiten Weg gesucht, eine übertarifliche Zulage, wofür es die Zustimmung der TdL braucht. Ich höre, es gäbe negative Signale. Ich habe noch keine Kenntnis von einem negativen Beschluss, aber es gäbe negative Signale. Wenn das so ist, glaube ich nach wie vor daran: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Dann müssen wir einen dritten Weg wählen. Da machen wir es im Wege einer tariflichen Zulage nach § 16 Abs. 5 TdL. Die ist nicht zustimmungspflichtig. Dann müssen wir uns über die Kriterien unterhalten, nach denen wir die Zulage zahlen könnten.
Wenn dieser Weg auch nicht geht, müssen wir einen vierten Weg suchen oder einen fünften oder einen sechsten. Das machen wir gerade. Ich kann es ja sagen: Wir haben noch keine einheitliche Rechtsauffassung. Wir müssen weiter schauen, wie wir zusammenkommen. Es gibt jetzt einen Entwurf für das Artikelgesetz, der in der Anhörung ist. Da ergeben sich vielleicht noch einmal von den Externen wertvolle Hinweise, die uns zu einer Lösung führen könnten. Ich bleibe dabei: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Was ich in den letzten Wochen leider lernen musste, ist: Nicht überall wo ein Weg ist, ist auch ein Wille. Es wäre schön, wenn das nur ein Zwischenfazit bleibt und nicht das abschließende.
Ich will zum ersten Punkt noch etwas sagen. Sie wollen uns auffordern, den Lehrkräften Wertschätzung auszusprechen. Das ist alles überhaupt keine Frage. Da im Raum steht, dass wir nicht nur namentlich, sondern auch punktweise abstimmen, ist das logische Argument: Na ja, wenn ihr dem zweiten Punkt nicht zustimmen könnt, dann stimmt doch wenigstens dem ersten zu. Das tut doch nicht weh und es kostet nichts, den Lehrern mal Danke zu sagen. Ich will Ihnen ganz ehrlich sagen, mir würde das weh tun und es würde mich – ein bisschen groß gesprochen – meine Selbstachtung kosten, weil das die Politik des Freistaates Sachsen über viele Jahre war, den Dank
immer nur in Worten auszudrücken und nicht in Taten. Ich möchte das nicht.
Ich verspreche Ihnen, dass der erste Absatz in einem Entschließungsantrag zum Artikelgesetz, über das wir am Jahresende reden werden, genau dieser Absatz sein wird, aber ich möchte nicht das tun, was wir vor 2014 gegenüber den Lehrkräften, der Polizei, den Justizvollzugsbeamten immer wieder getan haben, nämlich Danke sagen, aber Stellen streichen.
Das hat sich 2014 geändert. Ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen. Sie wissen das. 2014 sind dann Taten gefolgt und wir hatten einen großen Stellenaufwuchs im Lehrerbereich und auch in den anderen Bereichen.
Das sind die beiden Gründe, warum wir dem Antrag derzeit nicht zustimmen können. Ich glaube, ich habe trotzdem deutlich gemacht, dass die Intention des Antrages nach wie vor eines unserer wichtigsten Anliegen ist.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin.
Können Sie uns an einem Beispiel deutlich machen, inwiefern es für Sie einen Unterschied macht, ob es 500 Sorben mehr oder weniger sind? An welcher Stelle würde sich da Ihre Politik verändern?
Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! – Oh, noch 57 Minuten.
Der vorliegende Antrag der AfD ist von bemerkenswerter Kürze. Das gilt zum einen für die Anzahl der Worte und zum anderen für die Gedanken, die Sie aufgewendet haben, um diese Worte zu schreiben.
Gefordert werden zwei Punkte, das haben wir gehört, erstens, der Gemeinschaftskundeunterricht soll nicht ab Klasse 7 stattfinden, und der Grund dafür ist, dass Sie argwöhnen, dass es dann zu einem Staatsbürgerkundeunterricht à la DDR kommt. Und zweitens, der Sachkundeunterricht an Grundschulen soll wieder in „Heimatkunde“ umbenannt werden und soll damit wieder so sein, wie wir ihn aus der DDR kennen.
Ich fange beim zweiten Punkt an, weil zum Thema politische Bildung schon relativ viel gesagt worden ist. Ich kann mich persönlich an meinen Heimatkundeunterricht noch gut erinnern. Meine Mutti hat auch all die großen A4-Hefter aufgehoben, die wir damals beschrieben haben. Ja, wir haben da auch etwas über Heimat gelernt. Wir haben Pflanzen und Tiere gemalt, aber das war der kleinere Teil. Wir haben Bilder von Baustellen gemalt und dann haben wir kurze Sätze daruntergeschrieben und die Werktätigen für ihren großen Einsatz im Fünfjahresplan gelobt.
Die meisten Seiten von meinem Heimatkundeheft waren aber gefüllt mit Traueranzeigen. Das war die Zeit, in der ich lebte. In der 1. Klasse gab es eine für Leonid Breschnew, mit einem schwarzen Rahmen drumherum, und wir haben daruntergekrakelt: ein glühender Patriot und Kämpfer für den Kommunismus. Und weil mir Herr Breschnew so leid tat, habe ich dann noch ein Blümchen dazu gemalt.
In der 3. Klasse haben wir dann Juri Andropow eingeklebt, einen schwarzen Rahmen darum, glühender Patriot, Kämpfer für den Kommunismus.
Und in der 4. Klasse Konstantin Tschernenko. Dazwischen haben wir die Pioniergebote illustriert und „Heraus zum 1. Mai!“ geschrieben. Das war mein Heimatkundeunterricht.
Ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie dorthin zurückwollen. Warum wollen Sie den Sachunterricht in Heimatkunde umbenennen? In Ihrer Begründung schreiben Sie, man will den Kindern so helfen, sich mit der sächsischen Kultur zu identifizieren. Ich weiß nicht, ob Sie den Lehrplan für den Sachunterricht kennen, da geht es nicht nur um sächsische Kultur, da geht es nicht einmal vordergründig um sächsische Kultur.
Sie sagen „leider“, Herr Urban; dann hören wir einmal, worum es dort geht und warum Sie das vielleicht herauswerfen wollen. Im Lehrplan geht es um Wetter- und Naturphänomene, um den eigenen Körper und Hygiene, um Tiere und Pflanzen, um den Straßenverkehr und die Umwelt; die Uhrzeit wird gelernt. All das sind weder Errungenschaften einer spezifisch sächsischen Kultur noch Dinge, die es nur in unserer Heimat gibt. Die Frage ist also: Wollen Sie das Fach umbenennen, obwohl die Inhalte nicht passen? Da war die Idee der FDP mit der Oberschule noch intelligenter.