Protokoll der Sitzung vom 10.11.2016

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 44. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags. Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Ulbig, Herr Heidan, Herr Krauß und Frau Wilke, höre ich gerade.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Nein, Sie kommt! Sie ist da!)

Sie ist doch da.

Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Folgende Redezeiten hat das Präsidium für die Tagesordnungspunkte 3 bis 8

festgelegt: CDU 95 Minuten, DIE LINKE 66 Minuten, SPD 50 Minuten, AfD 45 Minuten, GRÜNE 35 Minuten und die Staatsregierung 64 Minuten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können auf die Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.

Meine Damen und Herren! Der Tagesordnungspunkt 10, Kleine Anfragen, ist zu streichen.

Ich sehe jetzt keine Änderungsvorschläge oder Widerspruch gegen die Tagesordnung. Die Tagesordnung der 44. Sitzung ist damit bestätigt.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

Erste Aktuelle Debatte: Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen –

langfristige Planungssicherheit für den Freistaat Sachsen

Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Zweite Aktuelle Debatte: So geht Sächsisch nicht!

Antrag der Fraktion AfD

Die Verteilung der Gesamtredezeit der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 33 Minuten, DIE LINKE 20 Minuten, SPD 18 Minuten, AfD 19 Minu

ten und GRÜNE 10 Minuten. Die Staatsregierung hat zweimal 10 Minuten, wenn gewünscht.

Wir kommen zu

Erste Aktuelle Debatte

Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen –

langfristige Planungssicherheit für den Freistaat Sachsen

Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Als Antragsteller haben zunächst die Fraktionen CDU und SPD das Wort. Als Erstes ergreift für die einbringende CDU-Fraktion Herr Kollege Mikwauschk das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die große Tragweite der finanzpolitischen Ergebnisse in den vergangenen Wochen ist aus mehreren Gründen gut für den Freistaat Sachsen, für seine Kommunen und für seine Bürgerinnen und Bürger.

Die Einigung über die Bund-Länder-Finanzbeziehungen mit einem Plus von 770 Millionen Euro für den Freistaat Sachsen im Jahr 2020, die Verabschiedung des sächsischen Bildungspakets über 214 Millionen Euro mit einer

längerfristigen Wirkung über 2017/2018 hinaus und weiterhin der Entwurf des Doppelhaushalts für die Jahre 2017 und 2018 im Umfang von rund 37,5 Milliarden Euro, von der Regierungskoalition auf den Weg gebracht, sind verlässliche Rahmenbedingungen für eine weitere nachhaltige, solide und zukunftsfähige Finanzpolitik für den Freistaat Sachsen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Die zentrale politische Botschaft vom 14. Oktober 2016 der Verständigung der Bundesregierung mit den Ländern auf gemeinsame Eckpunkte zur Neuregelung der BundLänder-Finanzbeziehungen lautet: Sachsen behält durch die einvernehmlich vereinbarte Neuordnung auch mit

Auslaufen des Solidarpakts II über das Jahr 2019 hinaus für seine bisherigen Anstrengungen bei der Effizienz der Mittelverwendung und der Vorsorge für sinkende Einnahmen eine stabile Ausgangsposition mit ausreichendem Handlungsspielraum.

Der Solidarpakt II für den Zeitraum von 2005 bis 2019 mit dem sogenannten Korb 1 der Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen umfasst für den Freistaat Sachsen 27,5 Milliarden Euro und ist degressiv ausgestaltet. Zum Vergleich in Jahresscheiben: Im Jahr 2005 waren es insgesamt noch 2,8 Milliarden Euro und im Jahr 2019 werden es – in Anführungszeichen – noch 547 Millionen Euro sein.

Sachsen und die neuen Bundesländer sind ab dem Jahr 2020 vollständig und gleichberechtigt in das System der Steuerverteilung integriert und erhalten somit langfristig stabile und berechenbare Grundlagen für die kommenden Haushalte.

Die herkömmliche Struktur des Länderfinanzausgleichs und des Umsatzsteuer-Vorwegausgleichs wird es so nicht mehr geben. Das heißt, der Länderfinanzausgleich sowie der Umsatzsteuer-Vorwegausgleich werden zu einer Ausgleichsstufe verschmolzen. Der Länderanteil an der Umsatzsteuer wird nach der Einwohnergröße verteilt, jedoch durch Zu- und Abschläge nach einem linearen Tarif in Höhe von 63 % entsprechend der Finanzkraft berechnet. Ebenfalls wird der Angleichungsgrad der allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen auf 80 % des Fehlbetrags zu 99,75 % des Länderdurchschnitts festgesetzt.

Auch die kommunale Finanzschwäche in Ostdeutschland spiegelt sich im Ergebnis der Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern wieder. Die Finanzkraftunterschiede auf Gemeindeebene werden künftig stärker berücksichtigt: zu 75 % statt wie bisher zu 64 %. Durch Zuweisungen des Bundes werden Finanzkraftunterschiede erheblich gemindert, wobei 53,5 % der Fehlbeträge zu 80 % des Durchschnitts der Gemeindesteuerkraft ausgeglichen werden. Damit wurde einer wesentlichen Forderung der Sächsischen Staatsregierung gefolgt.

Mit dieser Einigung ist die Tragfähigkeit des sächsischen Landeshaushalts auch ohne Solidarpaktmittel langfristig gegeben.

Außerdem gab es weitreichende Nebenabreden: Schaffung einer Infrastrukturgesellschaft Verkehr mit dem perspektivischen Übergang der Verwaltung der Bundesautobahnen auf den Bund. Weiterhin sollen auf den Bund mehr Steuerungsrechte bei finanzschwachen Kommunen und eine erweiterte Mitfinanzierungskompetenz im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur übergehen.

Weiterhin sind Änderungen bei der Digitalisierung, bei Kontrollrechten, bei der Mitfinanzierung von Länderausgaben sowie beim Unterhaltsvorschuss geplant.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun gilt es, die entsprechenden Gesetzesvorlagen rasch umzusetzen, damit diese in Kraft treten können.

Weitere Anmerkungen zur Neuregelung dieser BundLänder-Finanzbeziehungen wird mein Kollege Jan Löffler in der zweiten Runde vornehmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das war die eine Antragstellerin, die CDU-Fraktion. Das Wort hatte Kollege Mikwauschk. Die andere Antragstellerin ist die SPDFraktion. Einbringend spricht jetzt Herr Kollege Panter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal einen wunderschönen guten Morgen und gleich einen herzlichen Dank an den Kollegen Mikwauschk; denn ich kann mich ihm vollumfänglich anschließen.

(Kerstin Köditz, DIE LINKE: Dann können Sie ja gleich wieder gehen!)

Ich ziehe auch eine grundsätzlich positive Bilanz, was die Bund-Länder-Finanzbeziehungen angeht, aber ich werde gleich noch näher darauf eingehen, Frau Köditz, kein Problem.

(Heiterkeit bei den LINKEN – Kerstin Köditz, DIE LINKE: Es ist doch schon alles gesagt worden!)

Nein, nicht alles. – Ich bin sehr froh, dass wir endlich Klarheit haben, was die Bund-Länder-Finanzbeziehungen angeht, dass wir wissen, womit wir ab dem Jahr 2020 rechnen können.

Wir können ja einmal die konkreten Zahlen in den Raum werfen. Nach der aktuellen Steuerschätzung, die gerade erst, Anfang November, gelaufen ist, werden wir im Jahr 2020 im Vergleich zum Einnahmenniveau des Jahres 2019 voraussichtlich über 950 Millionen Euro mehr verfügen können. Ein Teil ist mit Unsicherheiten behaftet, weil 350 Millionen Euro davon aus Steuermehreinnahmen kommen, die prognostiziert sind, aber 650 Millionen Euro mehr sind im Vergleich der Jahre 2019 und 2020 der Umverteilung geschuldet, die vereinbart wurde.

Es ist relativ schwer, alles zu erkennen, denn das neue System ist nicht unbedingt klarer, sondern eher komplizierter geworden. In Zukunft werden sich die BundLänder-Finanzbeziehungen an den Umsatzsteueranteilen orientieren. Das wird man sich ganz genau Jahr für Jahr anschauen müssen. Es ist insofern nicht transparenter geworden. Wir haben auch andere Aspekte, die man sicher kritisch sehen kann, denn wir haben keine Umverteilung zwischen den Ländern mehr. Es wird eine gewisse Entsolidarisierung geben. Eingesprungen ist der Bund, der versucht, das Ganze auszugleichen.

Auch dabei gibt es einen kleinen Haken, denn die Mittel, die da fließen, sind zum Teil statisch. Das kann in den

Jahren positiv sein, in denen die Steuereinnahmen im Bund und insgesamt sinken, es kann aber auch negative Auswirkungen für uns haben, wenn die Steuereinnahmen sich wie in den letzten Jahren dynamisch entwickeln und wir nicht in dem Maße partizipieren. Insofern haben sich in gewisser Weise die finanzstarken Länder durchgesetzt und auf jeden Fall ihren Anteil in die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen eingebracht.

Wenn man sich das Ganze näher betrachtet, ist es trotz allem für Sachsen eine sehr positive Vereinbarung, die getroffen wurde, denn wir haben endlich Planungssicherheit. Diese Klippe, die immer beschrieben wurde, dass wir 2020 in ein Loch fallen, wird es nicht geben. Wir erhalten im Jahr 2018 noch über 733 Millionen Euro SoBEZ. Das schmilzt ab. Im Jahr 2019 sind es noch 547 Millionen Euro. Prognostiziert war für das Jahr 2020 null. Auf das Niveau von 547 Millionen Euro kommen jetzt diese 950 Millionen Euro – ich sage mindestens 600 Millionen Euro – Mehreinnahmen obendrauf. Und wir haben auch mittelfristig eine klare Planungssicherheit, die wir brauchen, um diesen Freistaat gemeinsam gut entwickeln zu können.