Protokoll der Sitzung vom 09.11.2016

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit Herrn Kollegen Günther von den GRÜNEN sind wir am Ende der ersten Rederunde angekommen. Wir eröffnen eine zweite Rederunde. Herr Kollege Hippold ergreift erneut das Wort für die einbringende CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich am Anfang für die sachliche Debatte in der ersten Runde bei allen Kollegen, die gesprochen haben, bedanken. Wie ich bereits angekündigt habe, werde ich mich jetzt noch einmal mit der Anhörung im Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft vom letzten Jahr auseinandersetzen und zum Schluss noch auf einige Anmerkungen von Frau Dr. Pinka und Herrn Günther eingehen.

Wir hatten ja, daran werden Sie sich erinnern, am 02.10.2015 eine Anhörung – Frau Dr. Pinka hat es schon angesprochen – zum Antrag der Koalitionsfraktionen „Reduzierung des Flächenverbrauchs – grundsätzlich keine landwirtschaftliche Nutzfläche für Ausgleichsmaßnahmen“ durchgeführt und dazu zwölf hochrangige und sehr kompetente Experten in den Umweltausschuss eingeladen. Fast alle diese Experten – so kann ich mich

erinnern, ich habe auch im Protokoll an der einen oder anderen Stelle nachgelesen – haben die damalige Initiative sehr begrüßt und die Möglichkeit einer solchen Kompensationsverordnung sozusagen unterstützt.

Dazu kamen weitere interessante Vorschläge, wie man dem Verbrauch von land- und forstwirtschaftlicher Fläche entgegentreten kann. Hierzu gehört auch – das hat Frau Dr. Pinka ebenfalls angesprochen – ein zentrales Flächenmanagement. Beeindruckend wurde aus meiner Sicht in der Anhörung bestätigt, dass dieser Weg – und zwar unserer – der richtige ist.

Insbesondere der Vertreter der Hessischen Landgesellschaft stellte nämlich dar, dass die Bündelung des Flächenmanagements in Hessen zum Erfolg geführt hat. So wurden Konzepte und Lösungen zum Flächensparen entwickelt. Anstatt reine Landbeschaffung zu betreiben, findet dort ein ressortübergreifendes Handeln statt, und damit konnten Investitions- und Projektbeschleunigungen erreicht werden. Das heißt, Flächenmanagement plus einheitliche Vorgaben bei der Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft sind grundsätzlich die Lösung und sind auch aus unserer Sicht die Lösung.

Das Ergebnis eines solchen Vorgehens wären eine nachhaltige Flächennutzung, die Stärkung der kommunalen Innenentwicklung und der Erhalt und die Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen. Wir befinden uns auf einem guten Weg. Die Diskussion ist nicht abgeschlossen. Man muss sich auch mit dem Flächenmanagement an sich noch einmal auseinandersetzen. Dieser Antrag heute soll ja ein erster Schritt in diese Richtung sein.

Abschließend vielleicht noch ein Satz zu dem Sachverhalt, der diese Initiative ergänzt. Wir haben schon kurz in der vorhergehenden Runde angesprochen, dass bekanntermaßen im Dezember der Doppelhaushalt beraten wird, und beim Begleitgesetz wird unter anderem der Staatsbetrieb Zentrales Flächenmanagement auf der Tagesordnung stehen. Wir wollen gern dieser hessischen Lösung zumindest in Teilen folgen mit dem Aufbau eines zentralen ressortübergreifenden Flächenmanagements, natürlich erst einmal beginnend mit den Liegenschaften des Freistaates Sachsen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, selbstverständlich.

Frau Dr. Pinka, bitte.

Schön, wenn ich eine Zwischenfrage stellen darf. Ich hatte ja vorhin kritisiert, dass uns dieses Konzept für die neue Behörde eigentlich nicht wirklich vorliegt, bis hin zu der Übersicht, welche Flächen nun genau in die Verwaltung hineingehen. Haben Sie als Koalitionär denn von der Regierung eine Grundlage, auf der Sie einschätzen können: Ja, diese Regierung ist mit dieser Behörde auf dem richtigen Weg?

Ich hatte ja gerade ausgeführt, dass wir uns im Dezember im Haushaltsverfahren tief greifend damit beschäftigen bzw. die entsprechenden Unterlagen bekommen werden, und ich gehe davon aus, dass wir dann eine Bewertung, wie das alles aussehen soll, vornehmen können.

Zum Schluss, Frau Dr. Pinka: Sie waren auf das Thema Neu- und Ausbaumaßnahmen bei Straßen eingegangen, und ich war schon etwas verwundert. Wir haben morgen das Thema Staatsstraßen auf der Tagesordnung – zwar eher unter der Rubrik Straßenerhalt –; Sie haben gemeint, es müsste die Strategie angepasst werden, und zwar weg vom Neubau, hin zur Erhaltung bzw. Erneuerung. Auch im Koalitionsvertrag ist das niedergeschrieben, und die Verwaltung handelt danach. Deswegen ist die Forderung überholt. Ausbau bzw. Erhalt hat aus meiner Sicht inzwischen schon den Vorrang vor Neubau.

Gestatten Sie erneut eine Zwischenfrage?

Selbstverständlich, gern.

Bitte, Frau Dr. Pinka.

Ich habe ja verfolgt, inwieweit Sie eine Stellungnahme zum Bundesverkehrswegeplan abgegeben haben, das habe ich schon registriert, und deshalb meine Frage: Stehen Sie hinter der Stellungnahme des Verkehrsministers, gerade zum Neubau von Ortsumgehungsstraßen im Freistaat Sachsen?

Das ist so, wie Sie es formulieren, nicht ganz richtig. Sicherlich gibt es im Freistaat Sachsen an bestimmten Stellen noch das Erfordernis von Ortsumgehungsstraßen, nämlich dort, wo die verkehrliche Belastung der Bürger in den Ortschaften besonders hoch ist. Wenn Sie sich das anschauen und mit vorhergehenden Versionen vergleichen, ist es aber grundsätzlich so, dass viele Ortsumgehungen, die früher noch in den Plänen enthalten waren, nicht mehr enthalten sind.

Ich kenne ein Beispiel aus meinem Wahlkreis. In Oberlungwitz gab es früher eine geplante Ortsumgehung. Die ist schon lange aus dem Plan gestrichen, und ich glaube schon, dass die Staatsregierung ihre Zielstellung, die in der Vergangenheit bestanden hat, deutlich angepasst hat.

Zum Thema Vorkaufsrechte, Frau Dr. Pinka. Wir haben das schon sehr umfassend diskutiert und sind dazu politisch unterschiedlicher Auffassung. Das kann passieren, das ist in der Demokratie so, auch wenn Dinge entschieden werden, die einem manchmal nicht so gefallen – schauen wir uns nur die letzte Nacht an, dann wissen wir, wovon wir reden –; ich glaube aber, dass die Vorkaufsrechte ein bürokratisches Monster gewesen sind, und es war eine gute Entscheidung, diese abzuschaffen.

Wenn man sich einmal anschaut, wie oft diese Vorkaufsrechte in Anspruch genommen worden sind und welcher bürokratische Aufwand betrieben worden ist, um zu prüfen, ob die Fläche jetzt gekauft werden sollte, dann ist

das ausdiskutiert. Sicherlich kann man zukünftig, wenn man über neue Regulierungen nachdenkt, so etwas mit ins Auge fassen. Aber dieses Instrument der Vorkaufsrechte, wie es früher gewesen ist, ist überholt.

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage von Frau Dr. Pinka?

Mich würde sehr interessieren, wie Sie die Kommunen bei der Flächenkompensation befähigen wollen – wenn ich an die Ökokonten und dergleichen denke –, diese überhaupt zu füllen, wenn sie keine Vorkaufsrechte im Naturschutz-, Wasser- und Waldrecht haben. Wie wollen Sie ihnen denn die rechtliche Grundlage ermöglichen? Ich kenne es von meiner Stadt Freiberg, wo das Ökokonto schlecht gefüllt ist, weil es keine kommunalen Liegenschaften mehr gibt, und man kann eben nicht zugreifen. Es gibt ja keine Vorkaufsrechte. Jetzt müssten Sie sich etwas überlegen, was Sie stattdessen anbieten.

Sicherlich kann man die Vorkaufsrechte in Bezug auf ein Ökokonto mit heranziehen – könnte man heranziehen, muss ich formulieren, denn es gibt sie ja nicht mehr. Es gibt aber viele andere Möglichkeiten, nicht nur, dass man Maßnahmen auf kommunalen Flächen in ein Ökokonto einspeist, sondern es ist grundsätzlich so, dass beispielsweise Entsiegelungsmaßnahmen durchgeführt werden können – die müssen nicht im kommunalen Besitz sein, sondern sie können auch im Besitz eines anderen sein –, die faktisch in dieses Ökokonto einfließen können.

Sie haben sicherlich recht, dass wir uns mit der Fragestellung nach dem Ökokonto auseinandersetzen müssen. Aber das grundsätzlich nur auf kommunale Flächen und auf Vorkaufrechte für kommunale Flächen zu reduzieren ist der falsche Weg.

Herr Urban, Sie hatten ausgeführt, dass Sie der Meinung sind – Kollege Günther ist auch darauf eingegangen –, dass eine räumliche Trennung einzuführen der falsche Weg sei. Das sehen wir vollkommen anders. Ich persönlich bin der Meinung, dass die Einführung dieser räumlichen Trennung gegenüber der jetzigen Praxis – dass in der Region geschaut wird, wo Möglichkeiten bestehen, Ausgleichsmaßnahmen zu schaffen – genau zu diesem Problem führt, über das wir diskutieren.

Wenn ich die Möglichkeit hätte bzw. nutzen würde, überregional zu schauen, nicht nur im Freistaat Sachsen, sondern vielleicht gerade in den Randbereichen, auch über die Landesgrenze hinaus – später einmal, nicht zum jetzigen Zeitpunkt, denn das können wir in der Landeskompensationsverordnung nicht regeln –, dann könnten wir einen Teil des Problems, das sich in den letzten Jahren aufgebaut hat, ausgleichen.

Der Punkt ist: Wenn ich in meiner Region eine Kompensationsmaßnahme benötige – und ich habe diese Fläche,

die Frau Dr. Pinka angesprochen hat, gerade nicht – und irgendjemand anderes hat aber eine Fläche, die er anbieten kann, sodass Sie nur auf diese zurückgreifen können –, dann ist das eine Art Geschäftsmodell, und das ist nicht in unser aller Sinn.

Deswegen müssen wir nach alternativen Möglichkeiten suchen. Angesprochen sind beispielsweise Hecken im Bereich von größeren Feldern, und das geht nicht immer in der Region, sondern gegebenenfalls über den eigenen Tellerrand hinaus.

Noch kurz zu der bundesweiten Regelung, Herr Günther. Selbstverständlich wäre es wünschenswert gewesen, wenn es gelungen wäre, eine Bundeskompensationsverordnung zu erreichen. Aber leider haben wir das nicht geschafft. Das können wir nicht als Land Sachsen allein beeinflussen. Wir haben uns – das hatte ich auch schon gesagt – dafür ausgesprochen. Vielleicht gibt es dazu auf Bundesebene irgendwann eine geänderte Sichtweise. Aber jetzt nicht den Schritt zu tun, eine Landeskompensationsverordnung anzustreben, wäre der falsche Weg.

In diesem Sinne bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD – Beifall bei der Staatsregierung)

Mit Kollegen Hippold haben wir die zweite Rederunde eröffnet. Bevor ich in dieser fortschreite, sehe ich eine Kurzintervention; bitte, Frau Dr. Pinka.

Vielen Dank, Herr Präsident. Vielen Dank, Herr Hippold, für die Ausführungen und die Beantwortung der Fragen, die ich in meiner Rede aufgeworfen habe.

Worauf Sie nicht eingegangen sind und was einer meiner größten Kritikpunkte war, ist die Übersicht des Statistischen Landesamtes, dass es niemandem in diesem Freistaat Sachsen möglich ist, die Flächenversiegelung im Freistaat zu verfolgen. Ich glaube, dass man richtigen Zahlenmüll produziert. Es ist mir nicht bekannt, aus welchem Grund das so ist.

Deshalb würde ich mir wünschen, Sie würden an Ihre Regierung und an die nachgeordneten Behörden herangehen und diese auffordern, einfach eine ordentliche statistische Übersicht über die Flächeninanspruchnahme in Sachsen einschließlich der versiegelten Flächen zu führen. Vielleicht sollte dies aus der Koalition noch einmal an die Regierung herangetragen werden. Diese Aufgabe ist dringend. Ansonsten bleibt es immer so: Sie bekommen Daten von irgendwem – Sie haben ja welche genannt. Die habe ich aber nicht. Sie haben sie vielleicht aus dem Landesamt bekommen. Das sind dann aber wieder Interna. Das ist einfach nicht schön.

(Beifall bei den LINKEN)

Kollege Hippold reagiert jetzt auf diese Kurzintervention.

Ja. – Erst einmal grundsätzlich vielen Dank für die Frage. Statistisches Landesamt – ich kann jetzt nicht prüfen, warum für Sie nicht die Möglichkeit bestanden hat, sich diese Daten zu beschaffen. Ich würde sagen, wir lassen es einfach einmal so stehen.

Grundsätzlich ist es natürlich korrekt, dass man irgendwo eine zahlentechnische Grundlage benötigt. Wenn ich über Kompensation und Ausgleichsmaßnahmen spreche, dann geht es nicht anders.

Warum Sie nicht in der Lage gewesen sind – sage ich einmal –, das auf der Grundlage des Statistischen Landesamts zu ermitteln,

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Nichts veröffentlicht!)

das weiß ich nicht. Das muss ich mir hinterher wirklich in Ruhe anschauen.

Gut. Jetzt wäre in der zweiten Rederunde die SPD am Zuge, so sie denn möchte, Kollege Winkler.