Protokoll der Sitzung vom 18.12.2014

Gut. – Dann gehen wir jetzt in der Rednerrunde weiter. Nun hat wirklich Herr Kollege Urban das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Es verwundert mich eigentlich nicht, wenn gerade vonseiten der GRÜNEN für Deutschland im Allgemeinen und für Sachsen im Besonderen eine Vorreiterrolle im sogenannten Klimaschutz eingefordert wird. Wie Sie, Herr Zschocke, schon auf dem 8. Sächsischen Klimakongress Ihrer Landtagsfraktion sagten: „Wir GRÜNEN wollen, dass Sachsen bei dieser vielleicht größten Entwicklungsmöglichkeit des 21. Jahrhunderts ganz vorn mitspielt.“ – So greift auch Ihr Kollege, Herr Dr. Lippold, heute wieder ganz tief in die illusionsgeladene Wunschkiste Ihrer Partei.

(Beifall bei der CDU)

Wie schon Kaiser Wilhelm II. vor gut hundert Jahren, so irren auch Sie sich in Ihren träumerisch-weltverbesserlichen Visionen für unser Land. Denn, Herr Zschocke und Herr Dr. Lippold, am sächsischen bzw. am deutschen Wesen wird die Welt eben nicht genesen.

(Beifall bei der AfD und der CDU)

Hoffen wir daher, dass sich Vernunft und Mäßigung durchsetzen; denn es gibt keinen Grund, für einen ver

meintlichen und nicht leistbaren Klimaschutz den Wirtschaftsstandort Sachsen zu gefährden.

(Beifall bei der AfD und ganz vereinzelt bei der CDU)

Ihre Partei fragt: Ist Klimaschutz möglich? Ist Klimaschutz machbar? Ist aktiver Klimaschutz vielleicht nicht das Ende der wirtschaftlichen Entwicklung, sondern der Anfang nachhaltigen Wirtschaftens? Nach Ansicht der Fraktion der Alternative für Deutschland sind das gar nicht die Fragen, die wir uns vordergründig stellen sollten, sondern: Ist aktiver Klimaschutz in Sachsen überhaupt notwendig und vernünftig? Unserer Ansicht nach nein.

(Lachen bei den GRÜNEN)

Dass in den vergangenen 100 Jahren eine Klimaveränderung stattgefunden hat, bezweifelt heute so gut wie niemand. Doch bei der Frage nach den Ursachen dieser Klimaveränderungen gehen die Meinungen weit auseinander. Hat der Mensch einen Anteil an diesen Klimaveränderungen?

(Zuruf von den LINKEN: Ja!)

Sind allein sogenannte Treibhausgase schuld an den Klimaveränderungen?

(Zuruf von der SPD: Nein!)

Wie viel Einfluss hat die Sonne auf unser Klima? Ungeachtet dieser Unklarheiten wurde aber überstürzt und ohne ausreichende Untersuchungen zur Machbarkeit und zu den Folgen eine Energiewende auf den Weg gebracht, die den Bürgern und der Wirtschaft riesige Kosten aufbürdet und somit großen Schaden zufügt.

(Beifall bei der AfD – Enrico Stange, DIE LINKE: Ich weiß nicht, warum das eine Alternative für Deutschland sein soll!)

Wir sollten nicht vergessen: Das Klima ändert sich auch ohne den Einfluss des Menschen. Das tut es schon seit Millionen Jahren. Wir sollten auch nicht vergessen, dass die regional feststellbaren Klimaveränderungen sehr regional spezifische Ursachen haben. Für die Verödung vieler Landstriche in der Welt sind nicht die Klimaerwärmung oder gar CO2-Emissionen verantwortlich.

(Sabine Friedel, SPD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, bitte zum Ende. – Es sind die Menschen, die Wiesen überweiden, fruchtbaren Boden zerstören, Flüsse umleiten und die vorhandenen Wasserquellen aufbrauchen. Wenn beispielsweise in Indonesien in großem Stil Wälder abgeholzt werden, um Flächen zum Anbau von Energiepflanzen zu gewinnen, dann hat diese Landschaftsveränderung nichts mit der Klimaerwärmung zu tun, –

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Aber mit uns!)

sondern sie findet auch statt, weil Sie hier die Energiewende propagieren und weil das grüne Palmöl in deutschen Blockheizkraftwerken verbrannt wird.

(Zuruf von den GRÜNEN: Super, was Sie da erzählen!)

Statt darüber zu spekulieren, wie wir in Sachsen CO2-frei leben können, sollten wir uns lieber Gedanken machen, wie – –

(Zurufe von den GRÜNEN und den LINKEN)

Ich würde es sehr nett finden, wenn ich ausführen könnte, ohne ständig unterbrochen zu werden.

(Zuruf von den LINKEN: Geschäftsordnung!)

Statt darüber zu spekulieren, wie wir in Sachsen möglichst CO2-frei leben können, sollten wir uns lieber Gedanken machen, wie unsere Erde mit der immer weiter wachsenden Bevölkerung zurechtkommen kann. In diesem Sinne liegen die Probleme vielmehr in der Übernutzung der begrenzten natürlichen Ressourcen.

Mit der sogenannten Energiewende werden wir weder den Menschen in China, Indien, Afrika oder sonst wo auf der Welt helfen und ihre übernutzten und ausgespülten Äcker wieder fruchtbar machen, noch werden wir der heimischen Wirtschaft und der Natur einen Gefallen tun. Solange Monokulturen für Mais, Raps und andere Energiepflanzen ein Drittel der landwirtschaftlichen Fläche Sachsens bedecken und unsere Böden und Vorfluter durch intensivsten Einsatz von Herbiziden und Insektiziden schädigen, –

Ihre Redezeit geht zu Ende, Herr Kollege Urban.

– sollten wir nicht von einer umweltverträglichen Energiewende sprechen. Und solange jede Woche in China ein neues Kohlekraftwerk ans Netz geht, brauchen wir in Sachsen nicht über die Abschaltung auch nur eines Braunkohlekraftwerkes zu diskutieren.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Tolle Logik!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Sebastian Scheel, DIE LINKE: Lassen wir es einfach so, wie es ist! Wenn die nicht anfangen, brauchen wir auch nicht anzufangen?!)

Wir sind am Ende der ersten Rederunde angelangt und ich gehe davon aus, dass wir eine zweite eröffnen könnten; es ist noch Redezeit vorhanden. Möchte die einbringende Fraktion nochmals das Wort ergreifen? – Ja, bitte. Das Wort ergreift diesmal Herr Kollege Günther.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spare mir jetzt einmal die Grundsatzfrage: Gibt es einen menschlichen

Beitrag zum Klimawandel? Es wurde schon so viel dazu gesagt und geschrieben – auch aus berufenem, wissenschaftlichem Mund –, dass man das hier weglassen kann.

Ich glaube, es steht fest, dass es einen menschlichen Beitrag gibt. Man kann sicher immer diskutieren, in welchem Anteil – auch zu natürlichen Ursachen –, aber es gibt einen menschlichen Beitrag, und wenn wir uns darüber unterhalten, was wir tun können, dann können wir sicher keinen Einfluss auf die natürlichen Faktoren nehmen, aber auf den menschlichen Beitrag wohl.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es geht inhaltlich darum, das, was wir tun können, mit möglichst sinnvollen Maßnahmen zu verknüpfen, damit wir vielleicht auch in vielen anderen Bereichen etwas erreichen können.

Dazu gehört zum Beispiel die Mobilität. Wenn man einmal in den Koalitionsvertrag schaut – bei der Aufgabe Klimaschutz haben wir es leider nicht finden können. Jetzt haben wir mitbekommen, dass es durchaus seitens der Staatsregierung einen Plan gibt, für 45 Millionen Euro Förderrichtlinien für Energieeffizienz aufzustellen; das ist sicher auch ein Schritt in die richtige Richtung. Was sich genau dahinter verbirgt, wissen wir noch nicht, aber bei einem Bereich, der Mobilität, möchten wir ansprechen, was bisher passiert ist.

Es gibt einen Bundesländerindex Nachhaltige Mobilität der Allianz pro Schiene, und dort hat Sachsen unter den deutschen Bundesländern den Platz 11 erreicht. Sachsen ist eines der Länder, in denen sich die CO2-Emissionen des Verkehrs erhöht haben. 2006 waren es noch 1,6 Tonnen pro Einwohner, und 2011 sind es schon 1,9 Tonnen. Es geht darum, Tonnen einzusparen. Gleichzeitig wissen wir, Mobilität hat auch etwas mit Naturschutz, mit Lärm, mit Flächenverbrauch zu tun – da kann man viel tun. Es hat auch etwas mit Lebensqualität zu tun.

Das Thema Lebensqualität, Erreichbarkeit kann man auch mit der Entwicklung ländlicher Regionen verknüpfen, und dabei muss man sich einmal die Verkehrspolitik anschauen, bei der bisher das Auto im Zentrum stand – mit Zielen, dass jedes Dorf nur noch eine halbe Stunde braucht, um die nächste Autobahnauffahrt zu erreichen, und gleichzeitig wurden die Angebote von Bus und Bahn gekürzt.

Etwa im öffentlichen Verkehr gab es seit 2011 massive Kürzungen mit der ÖPNV-Finanzierungsverordnung, und die sächsischen Verkehrsverbünde haben zwischen 2011 und 2014 132 Millionen Euro weniger erhalten. Von den 88 Millionen Euro, die Sachsen jährlich vom Bund für die kommunale Verkehrsinfrastruktur erhält – die sogenannten Entflechtungsgelder –, werden nur 13 Millionen Euro für den ÖPNV genutzt. Der Rest fließt in den Straßenbau. Sachsen steht bei diesem Anteil bundesweit an letzter Stelle.

Das führt zu Abbestellungen, etwa – ich komme aus dem Landkreis Mittelsachsen – betroffen die Regionallinie Meißen – Nossen – Döbeln, die vielleicht ein erster

Schritt ist, um demnächst auch noch die Strecke bis Grimma und bis Leipzig einzusparen.

Ähnlich ist es auch bei der Abbestellung Zwotendorf – Adorf. Das führt dazu, dass sich die Ticketpreise erhöhen. Es wird für die Menschen unattraktiver, mit der Bahn zu fahren; sie müssen auf das Auto zurückgreifen. Das ist ein ganz wesentlicher Emittent und Verursacher von CO2.

Ein anderes Beispiel ist die Radverkehrsförderung. In Sachsen verfügen nur 15 % der Bundes- und Staatsstraßen über einen straßenbegleitenden Radweg. Etwa in Bayern ist der Anteil dreimal so hoch, und bei den Kreisstraßen sieht es auch nicht anders aus. Deutschlandweit ist der Anteil an begleitenden Radwegen an Kreisstraßen nur in Rheinland-Pfalz noch geringer. Auch da kann man noch einiges tun.

Sachsen hat 2014 die Bedarfsmeldung an Geldern für den Radwegeausbau beim Bund gegenüber 2013 halbiert. Da wird eine völlig falsche Schwerpunktsetzung vorgenommen, und es geht um Geld, das wir vom Bund bekommen können. Andere Bundesländer haben eine ambitioniertere Politik und haben Gelder mitgenommen.

2013 hatte Sachsen noch 7,25 Millionen Euro angemeldet und 4,56 Millionen Euro erhalten; 2014 nur 3,6 Millionen Euro angemeldet und nur noch 2,88 Millionen Euro erhalten. Das heißt, nur 3,5 % der verfügbaren Bundesmittel haben wir im Radbereich nach Sachsen gelenkt, und das bei 5 % anteilig an Bevölkerung und Fläche. Sie sehen, da ist noch wesentlich mehr drin. Das könnte man noch auf Gebäude erweitern. Die Sanierungsquote der Gebäude stagniert derzeit bei 1 %. Die EU gibt 3 % vor.

Ihre Redezeit geht zu Ende, Herr Kollege.