Protokoll der Sitzung vom 15.03.2017

(Weiterer Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Herr Piwarz, für Sie: Frau Merkel sagte im Vorfeld der Wahlen 2 und meinte 3 %, die SPD sagte Nein und meinte 3.

(Zurufe von der CDU)

So sieht das nämlich mit schwarz-roter Koalitionsmathematik aus!

(Zurufe von der CDU)

Aber die Aussage unserer Bundeskanzlerin hat dann doch schon eine andere Qualität. Jetzt ein Zitat: „Es ist das Merkmal einer Garantie, dass sie gilt.“ Das sagte Regierungssprecher Seibert im Jahre 2013. Dies sahen aber die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung offenbar

anders. Denn bereits ein Jahr später war diese Einstandsgarantie nichts mehr wert. In diesem Jahr, nämlich 2014, hat die Kanzlerin die Einlagen der Bankkunden zur Bankenrettung freigegeben und ihr Versprechen aus dem Jahr 2008 gebrochen. Anders kann man nämlich die Zustimmung der Regierung zur EU-Abwicklungs

richtlinie und den Erlass des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes nicht verstehen.

Unser Antrag, Herr Piwarz, zielt darauf ab, diesen Fehler zu korrigieren.

(Beifall bei der AfD – Zurufe von der CDU)

Wir wollen nämlich Guthaben auf Girokonten im Falle einer globalen Finanzkrise gerade vor dem Zugriff von Gläubigern und dessen Folgen schützen. Wir als AfDFraktion wollen das Geld der Bürger und der sächsischen Unternehmen vor der Gier

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Und Bürgerinnen!)

auch von Bürgerinnen, Herr Gebhardt, selbstverständlich –, vor der Gier von Banken und vor der Heilsideologie von einigen Politikern schützen.

(Christian Piwarz, CDU: Fest in Gold investiert!)

Darüber reden wir ein andermal, Herr Piwarz, nicht heute.

Jeder sächsischer Bürger und jedes sächsische Unternehmen sind auf ein Girokonto angewiesen. Im Falle der Insolenz einer Bank erhält nämlich der Bankkunde Ersatz durch die Einlagensicherung. Die Einlagensicherungsfonds sind aber von ihrem Volumen her nur für Einzelfälle ausgelegt. Gingen nämlich größere Banken in Insolvenz, drohte ein Systemkollaps – auch in Deutschland. Das dann zur Anwendung kommende Sanierungs- und Abwicklungsgesetz sieht die Heranziehung – hören Sie genau zu! – von Girokonten zur Bankenrettung vor. Wenn die Einlagen bei einem Institut 100 000 Euro überschreiten, dann werden nämlich Bankkunden auch zu Kreditgebern ihrer Bank gemacht.

Bei der Eröffnung eines Girokontos denkt aber niemand daran, seiner Bank einen Kredit zu geben. Ziel ist es vielmehr, dass das eingezahlte Geld von der Bank sicher verwahrt wird und jederzeit für Überweisungen und Auszahlungen zur Verfügung steht. Rechtlich sind Gutha

ben auf Girokonten eindeutig Verwahrgelder. Bei Verwahrgeldern vertraut jeder Kunde darauf, dass er sein Geld jederzeit zurückbekommen kann. Ohne dieses Vertrauen ist weder ein moderner Zahlungsverkehr noch eine moderne Wirtschaft denkbar. Dies trifft im Besonderen auch auf unsere sächsischen Unternehmen zu. Sie müssen von ihrem jeweiligen Girokonto Zahlungen ihrer Kunden annehmen, Lieferanten bezahlen, fällige Steuern begleichen und ihre Angestellten bezahlen.

Stellen Sie sich einmal kurz vor, dies alles funktionierte nicht mehr. Der Freistaat bekäme keine Steuern mehr, Lieferanten könnten nicht mehr bezahlt werden und die sächsischen Arbeitnehmer erhielten keine Lohnzahlungen mehr. Nimmt man die Girokonten der Pensionskassen und Versicherungen noch dazu, wäre der sofortige Stillstand der Wirtschaft nicht mehr weit. Alles Panikmache?

(Zurufe: Ja!)

Nein, nein, nein. Alles Schwarzmalerei? Nein, nein, nein.

(Lachen und Zurufe von mehreren Fraktionen)

Die Frage ist: Ist das wirklich so?

(Zurufe von der CDU: Nein, nein, nein!)

Ja. Wir brauchen unseren Blick nur auf die Ereignisse bei unseren europäischen Nachbarn zu lenken. Nach der Euroeinführung sind die Löhne in Südeuropa massiv gestiegen. Die Staatsverschuldung in den Südländern explodierte. In Deutschland wurde der Arbeitsmarkt durch die Agenda 2010 reformiert. Ein Niedriglohnsektor wurde geschaffen. Die Löhne stagnierten fast ein Jahrzehnt lang.

Dieser Satz gefällt Ihnen, Herr Gebhardt, nehme ich an?

(Zuruf des Abg. Rico Gebhard, DIE LINKE – Lachen bei der CDU)

Die Folgen der Schuldenexzesse in den südeuropäischen Ländern wurden dann in den Jahren nach 2008, nach der Finanzkrise, offensichtlich. Ein Brandherd nach dem anderen ging lichterloh in Flammen auf. Griechenland und die kreditgewährenden Großbanken wurden mehrfach durch den Einsatz von Steuergeldern gerettet.

Im Jahr 2012 erhielt Spanien aus dem Euro-Rettungsschirm 100 Milliarden Euro zur Rettung seiner Finanzinstitute. Im Jahr 2013 kam es dann zur Zypernkrise. Zwei große zypriotische Banken hatten zu viele griechische Staatsanleihen gekauft, die dann vom Schuldenschnitt betroffen waren. Zur Stabilisierung des zypriotischen Bankensektors wurden erstmals von den Kunden dieser beiden Banken Sparguthaben über 100 000 Euro enteignet. Am meisten betroffen waren aber nicht etwa reiche Steuerhinterzieher oder russische Oligarchen, am meisten betroffen waren die Unternehmen, die ihr Kapital für Betriebszwecke auf den betroffenen Konten deponiert hatten. Die Unternehmen waren eben nicht mehr in der Lage, Löhne zu zahlen oder Produkte zu kaufen. Darunter waren auch Besitzer von Hotelkomplexen mit mehr als 500 Beschäftigten.

(Christian Piwarz, CDU: Donald Trump zum Beispiel!)

Sie hatten Anzahlungen von Reiseagenturen auf ihren Konten entgegengenommen. Nach den Maßnahmen der zypriotischen Regierung konnten sie die Löhne ihrer Beschäftigten nicht mehr bezahlen.

Nach der Bankenkrise im Jahr 2014 und der Abwicklung der drittgrößten Bank Portugals haben wir nunmehr aktuell eine Bankenkrise in Italien. Die uneinbringlichen Kredite italienischer Banken steigen ständig an. Ein Betrag von 360 Milliarden Euro wird derzeit genannt. Auf dem Achterdeck der Titanic glaubt man aber unbeirrt, das Wasser könne nie so weit steigen, dass die Füße nass werden.

(Beifall bei der AfD)

Werfen wir einen Blick auf unsere deutschen Banken! Auch hier stehen die Zeichen auf Sturm. Die Commerzbank will ein Sparprogramm durchführen und fast 10 000 Stellen abbauen. Die Deutsche Bank hat trotz dreier Kapitalerhöhungen seit 2010 die Ertragswende immer noch nicht geschafft. Eine vierte Kapitalerhöhung über 8 Milliarden Euro steht unmittelbar bevor. An der Börse werden beide Finanzinstitute mit weniger als der Hälfte ihres Eigenkapitalwertes bewertet. Wenn die deutschen Großbanken aber schon jetzt solche Schwierigkeiten haben, sind dann bei einer Abschwächung des Wirtschaftswachstums Existenzkrisen vorprogrammiert?

Die für die Zypernkrise entwickelten Regeln wurden durch die EU-Abwicklungsrichtlinie und das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz in Europa und in Deutschland für allgemein verbindlich erklärt. Diese Richtlinie und dieses Gesetz sind potenzielle Brandbeschleuniger. Schon Gerüchte von Bankenschieflagen könnten die Fluchtbewegungen von Geldern ins außereuropäische Ausland auslösen. „Rette sich, wer kann!“, heißt dann die Devise. Ein Flächenbrand wäre die Folge. Werden die Kontoinhaber dann tatsächlich bei drohender Insolvenz von Banken zu deren Rettung oder Abwicklung herangezogen, so müssen wir sachsen-, aber auch deutschlandweit mit Ausfall von Lohnzahlungen, mit Entlassungen und Unternehmensinsolvenzen rechnen.

Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren. Weiteres folgt in einer weiteren Rederunde.

(Beifall bei der AfD – Christian Piwarz, CDU: Wir freuen uns darauf! Nehmen Sie noch einen tiefen Schluck, dann geht das noch besser!)

Für die CDUFraktion bitte Herr Abg. Patt.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ich kann die schöne Sprachmelodie meines Vorredners nicht richtig nachahmen,

(Christian Piwarz, CDU: Och, schade!)

aber vielleicht fällt Ihnen gleich etwas ein. Erinnern Sie sich an die Geld- und Goldgeschäfte der AfD vor zwei Jahren?

(Beifall bei der CDU und den LINKEN – Zurufe von der CDU: Ja!)

Erinnern Sie sich daran, wie die AfD durch illegitime Goldverkäufe Umsätze generiert hat, um staatliche Parteienzulagen zu bekommen?

(Christian Piwarz, CDU: Hört, hört! – Protest von der AfD – André Barth, AfD: Das ist ein ganz anderes Thema!)

Daran erinnern wir uns. Und war das korrekt? – Nein, nein, nein, nein, nein!

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU, den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Das war nicht korrekt. Nun ist dem Gott sei Dank ein Riegel vorgeschoben worden. Da muss ich mich fragen: Wollen Sie jetzt endlich von Finanzgeschäften lassen? – Nein, nein, nein, nein, nein!

(Heiterkeit bei der CDU und den LINKEN)

Es steht ja eine Ausweichreaktion zu befürchten: dass Sie für Ihre Parteienfinanzierung und für diese übervollmundigen Ausgaben, die Sie versprechen – Steuersenkung, Leistungen, das kennen wir alles und lesen es im Bundestagswahlkampf noch einmal –, jetzt eine Bank einrichten wollen.

(Andrea Kersten, AfD: Zum Antrag sprechen!)

Das ist geschickt, so macht man das auch mit dem Gold: Eine solche Bank richtet man ein und verspricht unglaublich hohe Zinsen auf Guthaben. – Ist das okay?