Protokoll der Sitzung vom 21.06.2017

Die Ergebnisse waren eher übersichtlich und hinterlassen mehr Fragen als Antworten. Das Verhältnis zwischen Kostenaufwand und dem Ergebnis – verunsicherte Bürger – konnte kein Ziel sein. Jedoch vielen Dank für den Versuch, in dem einen oder anderen Punkt AfD-Themen

und -Vorschläge umzusetzen. Das Wahlprogramm der AfD und das Parteiprogramm haben Sie scheinbar ständig in der Tasche. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Sebastian Fischer, CDU)

Sie sollten die Ursachen bekämpfen, Sie sollten die Ursachen, die Grenzen, schließen und endlich aufräumen. Das macht Sinn. Alles andere sind nur vorgeschobene Maßnahmen.

Herr Wippel wird in der zweiten Runde auf die Einzelheiten eingehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Hütter sprach für die AfD-Fraktion, und jetzt, als Letzter in der ersten Rederunde, spricht Herr Kollege Lippmann für die GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn sich in diesen Zeiten 17 Innenminister, allesamt von CDU und SPD, treffen, dann kann das ja fast nur in einer Verschwörung gegen die Freiheit münden.

(Steve Ittershagen, CDU: Na, na, na! – Widerspruch bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Wenn Sie das dann auch noch in Dresden tun, gilt das einmal mehr. Denn wo fassen sich bekanntermaßen besser Beschlüsse zur Überwachung der Bevölkerung als in der sächsischen Landeshauptstadt?

(Zurufe von der CDU)

Herr Innenminister, Sie sind mit hohen Erwartungen in die Innenministerkonferenz gegangen. Sie haben so lange über die Harmonisierung des Polizeirechtes schwadroniert, dass ich am Ende das Gefühl hatte, Sie wollen das ganze Polizeirecht am liebsten sofort dem Bund übertragen und den Föderalismus endgültig entkernen.

(Staatsminister Markus Ulbig: Eben nicht!)

Herausgekommen ist eine Einigung auf die Erstellung eines Musterpolizeigesetzes.

An dieser Stelle sage ich ganz deutlich: keine schlechte Idee, aber wohl kaum das, was der sächsische Innenminister wollte. Ich spare mir den Vergleich von Tiger und Bettvorleger.

Denn eine Frage stellt sich automatisch: Was heißt denn dieses Musterpolizeigesetz nun für das viel versprochene neue sächsische Polizeigesetz? Werden jetzt die Forderungen aus dem Gruselkabinett der Sicherheitsgesetzgebung, die der Innenminister mehrfach aufgestellt hat, endlich aufgegeben? Es wäre dem sächsischen Rechtsstaat zu wünschen. Oder sind Sie, Herr Minister, der Hybris verfallen, dass das sächsische Polizeigesetz der neue Musterpolizeigesetzentwurf werden soll?

(Christian Hartmann, CDU: Jetzt hat er es!)

Dabei ist doch klar: Sie als Innenminister wollen doch kein Musterpolizeigesetz, sondern in Wahrheit ein Masterüberwachungsgesetz. Harmonisierung ist bei Ihnen nur der Deckmantel für die Verschärfung der Sicherheitsgesetzgebung. Insoweit haben sich alle unsere Befürchtungen dann auch bei der IMK realisiert: Mit einem sächsischen Unionsinnenminister an der Spitze wird das ganz große Besteck rausgeholt.

Beispiel: Einführung des Staatstrojaners. Es ist und bleibt ein schwerer Eingriff in die Privatsphäre. Den Bürgerinnen und Bürgern wird jetzt vorgegaukelt, es gehe nur um das Lesen von Whatsapp-Nachrichten. Ein Trojaner, den Sie dafür brauchen, kann aber alles ausforschen: Ihr Handy, Ihr Tablet, Ihren Computer. Das ist der bürgerrechtliche Super-GAU. Überlegen Sie bitte alle einmal, was Sie noch in Ihr Handy eintippen würden, wenn Sie wüssten, dass der Staat theoretisch die ganze Zeit mitlesen könnte.

Ich appelliere an Sie, Herr Innenminister: Stoppen Sie diesen verfassungswidrigen Angriff auf die Privatsphäre, bevor es die Verfassungsgerichte tun müssen!

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Als würden Ihre Pläne als IMK-Vorsitzender nicht bereits dem Fass den Boden ausschlagen, nein, Sie weiten auch noch klammheimlich die Ausspähung der Bürgerinnen und Bürger in Sachsen aus.

Der CDU-Fraktionszeitung „Sachsenbrief“ konnte ich am Samstag

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Folgendes entnehmen – Herr Präsident, ich zitiere –: „Intelligente Kameras mit Gesichtserkennung an öffentlichen Plätzen und Brennpunkten mit hoher Kriminalität haben eine abschreckende Wirkung und erleichtern die Aufklärung von Verbrechen. Bei einem Görlitzer Pilotprojekt werden bereits jetzt hochauflösende Kameras eingesetzt, die die Gesichter der Straftäter ohne Weiteres erkennen können.“

(Staatsminister Markus Ulbig: Aha!)

Entgegen den Antworten auf meine Kleinen Anfragen hierzu betreibt die Polizei nun doch intelligente Videoüberwachung im Freistaat Sachsen.

Herr Innenminister, es ist nicht nur unlauter, es ist unverfroren, dass Sie mit der Wahrheit hinterm Berg halten, wenn es um die Aushöhlung der Bürgerrechte in Sachsen geht. Ich kann mir auch vorstellen, warum das so ist. Für diese Kameras gibt es keine Rechtsgrundlage, und sie gehören abgebaut.

(Beifall bei den LINKEN)

Ich sage Ihnen ganz klar: Es darf keine Einschränkung von Freiheitsrechten durch die Hintertür geben.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN – Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Ich erwarte von Ihnen, Herr Innenminister, dass Sie, anstatt Ihren Überwachungsfantasien zu frönen, dem Finanzminister Einhalt gebieten, wenn er mal wieder seine Sparorgien auf dem Rücken der Landesbediensteten und damit auch der Polizei austragen will. Wir fahren den Staat nicht an die Wand, wenn wir ausreichend Polizistinnen und Polizisten einstellen, sondern das ist nur der Fall, wenn wir so lange sparen, bis wir wieder ein ernsthaftes Sicherheitsproblem im Freistaat Sachsen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Es nützt Ihnen am Ende auch nichts, wenn Sie für Ihre ganzen schönen neuen Befugnisse und Maßnahmen, die Sie gerne haben wollen, dann keine Leute mehr haben. Das ist Ihre Baustelle, Herr Innenminister, und nicht die Massenüberwachung der Bevölkerung.

Lassen Sie mich im Sinne des Titels der AD mit folgenden Worten schließen: „Innenminister auf dem Weg in eine andere Republik?“ – Ja, Sie, Herr Innenminister, wollen einen Obrigkeitsstaat aus unserem Feistaat machen, wir GRÜNE einen Freistaat, der diesen Namen verdient.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Kollege Lippmann beschloss die erste Rederunde. Wir kommen jetzt zur zweiten Rederunde. Für die einbringende Fraktion DIE LINKE nähert sich Herr Kollege Stange gerade dem Rednerpult.

(Zuruf von der CDU: Vorhang auf!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch mal durchatmen. Kollege Hartmann, der internationale Terrorismus – unter dieser Überschrift stand die gesamte IMK – ist nach Deutschland gekommen mit dem Anschlag auf den Breitscheidplatz in Berlin. Mag sein, dass man das so sehen kann. Das Problem liegt aber woanders. Die IMK rüttelt an den Grundfesten dieser freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Das ist das Problem.

Ich darf Sie an die Worte von Theresa May erinnern, die ihren Weg – knapp, so wie sie ist – zusammengefasst hat. Ich darf zitieren: „Wenn uns unsere Menschenrechtsgesetze daran hindern,“ – gemeint ist, terroristische Anschläge zu verhindern – „werden wir die Gesetze dahin gehend ändern, dass wir das tun können.“

(Zuruf von der CDU)

Da wollen Sie hin? Ich darf Sie an Artikel 1 des Grundgesetzes erinnern: Die Würde des Menschen ist untastbar.

(Zurufe von der CDU: Eben!)

Sie zu schützen und zu verteidigen ist Aufgabe staatlicher Gewalt.

(Zuruf von der AfD: Dieses Totschlagargument passt immer! – Steve Ittershagen, CDU: Gegen Terror und Gewalt, Herr Stange! – Weitere Zurufe von der CDU)

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das umfasst seine Privatsphäre, das umfasst seine Persönlichkeitsrechte an erster Stelle, und nicht das Recht, welches Sie hierherfantasieren, auf Sicherheit. Wo haben Sie das gefunden?

(Albrecht Pallas, SPD: Ein Anrecht, Herr Stange, nicht ein Grundrecht! Das ist ein Unterschied!)

Es gibt ein Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Das ist etwas anderes, das ist etwas deutlich anderes.

(Zurufe von der CDU und der SPD)