Wenn wir mal zurückschauen, welche Diskussionen wir hier zigfach geführt haben, über den fiskalischen Abgrund, vor dem wir 2019 gestanden hätten, 547 Millionen Euro Solidarpaktmittel, die letzte Tranche plötzlich auf null heruntergefahren. Wie hätten wir damit umgehen sollen? Wir hatten einen Länderfinanzausgleich, der unklar war, der ausgelaufen wäre. Wenn wir uns das alles anschauen, war das doch eine große Sorge, die wir in dem Zusammenhang hatten.
Durch die Einigung, die jetzt herbeigeführt worden ist, ist diese Sorge – wie gesagt – nicht mehr vorhanden. Wir haben Planungssicherheit und dafür danke ich all denjenigen, die daran beteiligt waren, ganz herzlich, ganz besonders dem Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich, aber auch
dem Staatskanzleichef Dr. Jaeckel und auch Martin Dulig als stellvertretendem Ministerpräsidenten, die alle auf ihren Ebenen und in ihren Kanälen versucht haben, diese gute Lösung herbeizuführen.
Nun sei mir als Abgeordneter, der in diesem Haus noch relativ jung an Jahren ist, ein Blick in die längerfristige Zukunft gestattet. Was mich mit Sorge umtreibt, ist die Entsolidarisierung unter den Ländern. Wir als ostdeutsche Länder und auch Stanislaw Tillich haben versucht, dem entgegenzuwirken. Wir haben eine gute Lösung gefunden. Trotz allem haben es die Bundesländer Bayern, BadenWürttemberg, Hessen und auch Nordrhein-Westfalen geschafft, sich aus diesem Ausgleich zwischen den Ländern zurückzuziehen, und mit dem Bund einen Gewährträger herangezogen, der mit 9,5 Milliarden Euro eingesprungen ist, um diesen neuen Länder-Finanzausgleich möglich zu machen.
Das ist einerseits gut, aber wir haben das nicht ganz kostenlos bekommen. Es gibt weitere Vereinbarungen mit dem Bund, sei es bei der Bildungsfinanzierung, den Autobahnen oder auch beim Unterhaltsvorschuss, die in das ganze Paket mit hineingekommen sind. Mein Kollege Holger Mann wird speziell zum Thema Bildungsinfrastruktur in der zweiten Runde noch etwas sagen.
Was mich umtreibt, ist vor allem der Artikel 72 Abs. 2 Grundgesetz, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Wir müssen sicherstellen, dass wir auch langfristig diese Gleichwertigkeit in Deutschland haben. Ich bin froh darüber, dass in diesem Kompromiss die kommunale Finanzkraft nicht mehr nur zu 50 %, sondern zu 75 % ausgeglichen wird. Das ist wichtig, gerade weil wir in Sachsen immer noch eine unterdurchschnittliche Finanzkraft haben. Ich habe schon öfter gesagt, dass das eine der Achillesfersen unseres Freistaates ist, was die langfristige Finanzierung angeht. Wir müssen daran arbeiten, dass wir da besser werden. Ob wir das auf Dauer garantieren können oder nicht, werden wir erst in zehn bis 15 Jahren sehen. Wir haben bei diesen 9,5 Milliarden Euro konstante Komponenten, die nicht dynamisch anwachsen. Das ist ein kleiner Wermutstropfen.
Ich will die Sorgen nicht so sehr überbetonen. Damit werden wir uns langfristig in diesem Hause beschäftigen müssen. Und ich bin grundsätzlich sehr froh, dass wir jetzt Planungssicherheit haben; denn es hilft uns, dass wir als Parlamentarier den fleißigen Menschen in diesem Freistaat das garantieren können, was sie verdient haben, nämlich ein funktionierendes Land.
Gerade hatte Kollege Panter für die einbringende SPD-Fraktion das Wort. Jetzt geht es in dieser ersten Runde weiter mit der Fraktion DIE LINKE, der AfD, den GRÜNEN und der Staatsregierung,
wenn gewünscht. Ich bin sicher, dann kommt noch eine zweite Runde. Bitte, Herr Kollege Gebhardt für die Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage mich immer noch, was diese Debatte soll, aber ich habe jetzt gelernt, es geht um „sexy“ in diesem Sächsischen Landtag. Herr Panter, ich kann mir etwas anderes vorstellen, was sexy ist, als eine Debatte über ein Ergebnis, das erstens durch den Deutschen Bundestag beschlossen worden ist und zweitens auch in der Länderkammer schon abschließend behandelt wurde. Selbst da gab es einen einstimmigen Beschluss. Ich weiß gar nicht, was die Debatte jetzt soll. Aber okay, ich habe gelernt, dass Sie eine Geschichtsstunde machen wollen und sozusagen noch einmal eine Replik darüber, wie es dazu gekommen ist. Das können wir gern machen.
An einer Stelle können wir uns daran beteiligen, vielleicht bekomme ich dann auch einmal Beifall: Wir loben natürlich auch, was ausgehandelt worden ist, weil es Planungssicherheit ab dem Jahr 2020 gibt. Noch viel wichtiger finde ich, dass der Finanzminister uns jetzt nicht mehr mit Taschenspielertricks zu kommen braucht, weil wir wissen, was wir in den nächsten zehn Jahren für Einnahmen haben werden, zumindest auf diesem Gebiet. Dafür kann ich schon mal ein Lob aussprechen.
Aber ich bleibe vor allem bei dem, was ich zu kritisieren habe. Da muss ich schon ein bisschen Wasser in den Wein gießen. Es geht um dieses parteipolitische Gezänk, das wir uns geliefert haben. Frau Kraft wollte unbedingt Geberland werden, aber eigentlich nichts einzahlen, und Herr Seehofer hat uns erpresst, indem er eine Klage eingereicht hat. Das war die Grundvoraussetzung am Beginn der Debatte. Ich finde es schon bemerkenswert, dass sich gerade die großen Länder gegenüber den kleinen Ländern vollkommen unsolidarisch verhalten haben und eigentlich nix weiter gemacht haben als Erpressungsversuche. Diese wurden dann in mehreren Runden aufzulösen versucht, aber letzten Endes sind weder Argumente aus der Fachwelt aufgegriffen worden, noch ist ein Paket dabei herausgekommen, was durch die Länderparlamente noch irgendwie veränderbar gewesen wäre, denn es gab ein Gesamtpaket. Entweder du nimmst ein Gesamtpaket oder du kriegst gar nix.
Die Nebengeschäfte, die dabei abgelaufen sind, nämlich wir gründen jetzt eine Infrastrukturgesellschaft, wir machen jetzt Zuschüsse für Schulinvestitionen, der Bundesrechnungshof darf jetzt auf die Länder durchgreifen, wir stärken den Stabilitätsrat – das eine oder andere Land wird sich noch wundern, was dabei herauskommt. Wir ändern auch die Forschungsförderung, das Weisungsrecht des Bundes bei der Digitalisierung der öffentlichen Hand und beim IT-Einsatz in der Steuerverwaltung wird größer und auch das Unterhaltsvorschussgesetz wurde noch mit hineinverhandelt.
Ich glaube, dass Bundespräsident Lammert, der der CDU angehört, mit seiner grundsätzlichen Kritik an dieser Verfassungsänderung recht hat, nämlich, dass es eine teilweise Rückabwicklung dessen ist, was wir bei der Föderalismusreform II erreicht hatten: dass eine Entflechtung zwischen den Kompetenzen des Bundes und des Landes eigentlich fortgesetzt werden sollte, aber wieder rückgängig gemacht wurde. Er bezeichnet es als skurril, was auf der Zielgeraden als Kompromiss ausgehandelt worden ist, wo sich Schäuble quergestellt hatte, als es um die Infrastrukturgesellschaft ging. Er hat einen schönen Begriff gebracht, und Marko Schiemann müssten die Ohren glühen, dass es eine verfassungsästhetische Zumutung ist, die da im Deutschen Bundestag mit diesem Paket beschlossen worden ist. Meinen Respekt hat in der Frage Bundespräsident Lammert verdient.
Was bleibt von dem, was jetzt erreicht worden ist? Erstens. Es bleibt, dass die Föderalismusreform III beerdigt wurde, bei sich die Landtagspräsidenten intensiv dafür eingesetzt haben, dass sie nicht mehr am Katzentisch sitzen. Es wurde stillschweigend darüber hinweggegangen und – wie gesagt – ich habe gerade auf Herrn Lammert verwiesen.
Zweitens. Der Bund sitzt jetzt am längeren Hebel. Das ist kein Begriff von mir, sondern von Prof. Ragnitz, der mit den LINKEN nicht immer nur freundlich ist. Er ist der Meinung, dass der Bund künftig viel mehr in die Länder hineinregieren kann. Und, Herr Panter, in der Frage haben Sie recht: Sie haben das Ende der Solidarität innerhalb der Bundesländer ausgerufen, weil die Bayern sich als Geberland mit Hessen und Baden-Württemberg durchgesetzt haben. Deshalb kann ich nicht alles einfach so feiern und mich freuen, dass eine gewisse Solidität da ist, was die Finanzen betrifft. Ich denke, wir haben auch das Ende des Föderalismus eingeläutet. Das enttäuscht mich am meisten. Vielleicht hätten Sie Ihre Debatte lieber „Wie das Ende des Föderalismus in Deutschland auf dem Altar des Bundesfinanzministers und der reichen Bundesländer zulasten eines neuen Zentralstaates geopfert wurde“ nennen sollen.
Kollege Gebhardt sprach für die Fraktion DIE LINKE. Jetzt spricht Kollege Barth für die AfD-Fraktion.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Michel, alle Staatsgewalt geht vom Volke aus, auch wenn Herr Stoiber etwas anderes meinte.
Herr Gebhardt, Herr Lammert ist nicht Bundespräsident, sondern Bundestagspräsident – nur um das ganz kurz zu korrigieren.
Aber fangen wir mit dem Gesetzespaket an. Herr Piwarz, wenn Sie sich freuen und aufregen, freut mich das auch. Ich fange positiv an.
oder aller guten Dinge sind drei. Denn schließlich ist das die dritte Aktuelle Debatte, die wir hier in den letzten acht Monaten über den Länderfinanzausgleich führen, meine Damen und Herren.
Zwischendurch haben wir uns über Wasserstandsmeldungen bezüglich des Verhandlungsstands unterhalten. Heute können wir tatsächlich das Endergebnis verkünden. Insoweit hat die Bundesregierung ihr Versprechen erfüllt, den Bund-Länder-Finanzausgleich aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Respekt dafür, meine Damen und Herren, das ist gelungen.
Aber viel Positives ist in den letzten vier Jahren durch diese Bundesregierung natürlich nicht gestaltet worden – deshalb müssen wir hier auch so häufig über den Länderfinanzausgleich reden –, es sei denn, man vertritt die Ansicht, dass die übers Mittelmeer gekommenen
Fachkräfte wertvoller als Gold seien. Dann natürlich hätte diese Bundesregierung sehr erfolgreich gehandelt, meine Damen und Herren.
Ein Meisterwerk ist dieses Gesetzespaket nicht, das hat auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Brinkhaus in der Bundestagsdebatte am 1. Juni 2017 verkündet. Denn das vorliegende Gesetzeswerk hätte tatsächlich das Vorschriftenwirrwarr entflechten können.
Schauen wir uns die Vereinbarung an: 13 Grundgesetzänderungen allein im Hinblick auf den Länderfinanzausgleich und umfangreiche Änderungen weiterer Gesetze auf Bundesebene – das Wirrwarr wurde also nicht entflochten, sondern weiter vergrößert, meine Damen und Herren. So wurden – das hat auch Herr Panter angedeutet – Unterhaltsvorzuschuss, digitale Bildungsinfrastruktur und anderes in ein Paket hineingeschnürt, das uns heute sozusagen verkauft wird. Aber, meine Damen und Herren,
einmal ganz ehrlich: Der Bürger hätte extreme Schwierigkeiten, dieses Gesetzespaket zu verstehen. Der Gesetzgeber sollte sich eigentlich bemühen, Gesetze so zu schreiben, dass der Bürger sie beim Durchlesen auch halbwegs verstehen kann.
Aber natürlich sind diese Verhandlungen ein Erfolg für Sachsen, denn es ergibt sich Planungssicherheit. Das wollen wir nicht bestreiten. Die grundlegende Systemänderung ist nämlich, dass Sachsen nach 2020 circa 770 Millionen Euro zusätzlich und sicher aus der Umsatzsteuerverteilung erhält.
Der Finanzausgleich ist aber eigentlich eine Krücke. Krücken benutzt man vorübergehend, um wieder gesund zu werden. Deshalb lautet die Frage: Wie wird unser Freistaat Sachsen wieder gesund? Wann können wir – zu deutsch – die Krücke beiseitelegen, meine Damen und Herren? Dazu muss das Wirtschaftswachstum in Sachsen dauerhaft über den Steigerungsraten der alten Bundesländer liegen. Dies setzt voraus, dass wir moderne Technologieansätze in Sachsen noch aggressiver umsetzen, um Unternehmensansiedlungen weiter fördern zu können. Dies tut Sachsen, aber es tut es nicht genug, meine Damen und Herren.
Kommunale Mandatsträger, der Sächsische Städte- und Gemeindetag beklagen – Sie erahnen es – den schleppenden Breitbandausbau. Ein Landrat äußerte unlängst, Sachsen sei das Schlusslicht beim Breitbandausbau, der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sei das Schlusslicht in Sachsen. Zugegebenermaßen stimmt das nicht, Sachsen ist Drittletzter oder Zweitletzter im Bundesländerranking, aber dies bringt eindeutig die Unzufriedenheit der kommunalen Ebene mit dem Breitbandausbau zum Ausdruck.
In den nächsten Jahren, meine Damen und Herren, stehen Fragen wie autonomes Fahren oder Smart Farming in der Landwirtschaft an. Wenn wir jetzt schon den Breitbandausbau nur langsam mit Krücken voranbringen,