Protokoll der Sitzung vom 28.09.2017

(Christian Piwarz, CDU: Mit dem müssen Sie gleich reden, Frau Falken!)

Er ist Kita-Leiter in einer Einrichtung in Zwickau.

Jetzt kommen wir aber zum entscheidenden Punkt. Was Sie tun, ist an dieser Stelle eben doch reiner Populismus. Sie diskutieren die Auswirkungen der einzelnen Maßnahmen – wie sie tatsächlich wirken – nämlich an keiner Stelle.

(Widerspruch der Abg. Marion Junge, DIE LINKE)

Frau Junge, Sie können Ihren Personalschlüssel von mir aus – –

(Kathrin Kagelmann, DIE LINKE: Lange Rede, wenig Sinn! Das hören wir eben zum fünften Mal! – Unruhe)

Herr Schreiber, bitte fahren Sie in Ihrem Redebeitrag fort.

Frau Kagelmann, wenn Sie mir hier im Plenarsaal etwas zum fünften Mal erzählen, rufe ich auch nicht dazwischen, dass Sie mir das jetzt schon fünf Mal erzählen.

(Zurufe von den LINKEN: Doch!)

Nein, das haben Sie von mir noch nie gehört.

Bleiben wir bitte beim Thema. Meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, Sie disziplinieren sich bitte auch. Wenn Sie Fragen haben, dann stellen Sie sich bitte ans Mikrofon.

Das hätte ich mir auch bei Frau Junge gewünscht, dass sie zum Thema gesprochen hätte.

(Beifall der Abg. Christian Piwarz und Ines Springer, CDU – Unruhe bei den LINKEN)

Gut, lassen wir das. – Wir diskutieren das Thema Betreuungsschlüssel, das macht keinen Sinn. Ich erkläre Ihnen das auch noch einmal, dass in Sachen Vor- und Nachbereitungszeiten bei einer reinen Veränderung des Betreuungsschlüssels am Ende null passiert. Aber das können wir ein anderes Mal machen.

Wir wünschen uns Unterstützung für unseren Antrag. In diesem Sinne: Die Kitas brauchen Unterstützung, und wir geben sie ihnen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Herr Wendt, ist das eine Wortmeldung?

(André Wendt, AfD: Nein!)

Okay. Meine Damen und Herren, gibt es weiteren Redebedarf aus den Reihen der Fraktionen? – Das überrascht mich jetzt. Dann frage ich die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Frau Staatsministerin Klepsch, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Kindertagesbetreuung und Familienbildung sind Arbeitsfelder in kommunaler Verantwortung. Beide haben ihre bundesgesetzliche Grundlage im SGB VIII, dem Kinder- und Jugendhilfegesetz. Die Kinderbetreuung ist inzwischen mit dem Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz ab dem ersten Geburtstag bis zum Schuleintritt versehen. Famili

enbildung und Familienberatung sind Angebote nach § 16 ff. des SGB VIII.

Diese beiden Arbeitsfelder zu verzahnen und die Chancen der sachsenweit sehr hohen Betreuungsquoten in den Kindertageseinrichtungen zu nutzen, das liegt stark im kommunalen Interesse und natürlich auch stark im Interesse des Landes. Deshalb ist der im Koalitionsvertrag enthaltene Auftrag – Herr Abg. Zschocke ist darauf eingegangen –, Kindertageseinrichtungen auf dem Weg zu Eltern-Kind-Zentren zu begleiten und dies mit einem Landesmodellprojekt zu untersetzen, ebenfalls umgesetzt worden. An 31 Standorten sind diese Eltern-Kind-Zentren auf den Weg gebracht worden.

Über 300 000 Kinder besuchen in Sachsen täglich Krippe, Kindergarten, Hort oder eine Kindertagespflegestelle. Damit ist ein regelmäßiger Kontakt zu den Eltern verbunden, zum einen durch die Mitwirkung von Elternvertretungen, zum anderen aber auch durch Beratung zu bestimmten Sachverhalten aus den Familienkontexten heraus. Insofern begleitet, unterstützt und ergänzt Kindertagesbetreuung die Bildung und Erziehung über den Familienrahmen hinaus.

Kindertageseinrichtungen sind immer wieder auch Türöffner für weitere Angebote im Sozialraum, die Familien unterstützen. Je näher diese an die Kita angebunden sind, desto niedriger liegt die tatsächliche Schwelle zur Nutzung – gerade für Familien mit besonderen Problemlagen. Diese Chancen wahrzunehmen und dies zu fördern, genau das ist der Sinn des Modellprojekts.

Der Freistaat Sachsen kann und will den Kommunen nicht vorschreiben, wie sie ihre Aufgaben in der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe erledigen. Aber genau diese Unterstützung ist es, die in dieser Hinsicht sinnvoll und auch geboten ist.

Ohne vorab auf die Fragestellungen des Berichtsantrags einzugehen: Das SMK nimmt ihn zum Anlass, den bisherigen Projektverlauf zu bewerten und Schlussfolgerungen für die Weiterführung zu ziehen. Dafür ist eine enge Zusammenarbeit zwischen den beiden obersten Landesjugendbehörden, dem SMK sowie meinem Haus notwendig, vor allem aber auch ein Votum der Städte, Gemeinden und Landkreise.

Der bisherige Projektverlauf und die Diskussionen im Beirat zeigen schon jetzt, dass die Entwicklung – bei oft sehr unterschiedlicher Ausgangslage – grundsätzlich in die richtige Richtung verläuft.

Die Ressourcenfrage, die zu Recht auch bei diesem Thema angesprochen wird, bleibt weiter in der Diskussion. Kindertageseinrichtungen können mit den aktuellen Möglichkeiten keine umfänglichen neuen Aufgaben schultern, aber die Zusammenschau von Familienbildung, Familienberatung und Kindertagesbetreuung kann – da wird sicherlich Konsens bestehen – auch zu Entlastungen der Kommunen führen.

Auch im Namen meiner Kollegin, Frau Ministerin Kurth, empfehle ich, diesem Antrag zuzustimmen. Das SMK

wird dem Landtag Bericht erstatten und dann gemeinsam mit meinem Haus geeignete Vorschläge für die weitere Entwicklung unterbreiten.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Wir kommen zum Schlusswort. Frau Abg. Pfeil-Zabel, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte zeigt ja, dass wir in diesem Haus offensichtlich noch nicht so weit sind, dass wir auch einmal mit offenem Blick neue Wege gehen können. Das finde ich sehr schade. Ich finde auch sehr schade, wie die Debatte jetzt gelaufen ist.

Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich habe viele der Einrichtungen besucht und sie dafür bewundert, mit welchem Ehrgeiz und mit wie vielen neuen Ideen sie diese Arbeit angegangen haben. Sie haben nicht immer nur darauf geschaut, dass sie eigentlich dieses, das und jenes brauchen, sondern haben sich bewusst auf den Weg gemacht: Wir stärken unsere Eltern, wir bauen ein Netzwerk auf.

Genau auf diese Erfahrungen, auf diese Wege sollten wir doch blicken. Wir möchten ihnen nicht von vornherein unterstellen, dass sie das eigentlich gar nicht leisten können, weil sie nicht genügend Personal und nicht genügend Ressourcen haben. Damit tun wir den 31 Einrichtungen, die diesen Weg jetzt beschritten haben, absolut unrecht.

Ich freue mich auf den Bericht und auf die Erfahrungen. Ich hoffe auf Ihre Unterstützung.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Damit kommen wir zur Abstimmung. Wer der Drucksache 6/10753 seine Zustimmung geben möchte, zeigt das bitte an. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Vielen Dank. Die Drucksache ist ohne Gegenstimmen und bei zahlreichen Stimmenthaltungen beschlossen. Damit ist Tagesordnungspunkt 5 beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

Arbeits- und Funktionsfähigkeit der Rechtsmedizin Sachsen erhalten:

Akute Finanzierungslücken der rechtsmedizinischen Institute in

Sachsen schon für die Jahre 2017/2018 und die Zukunft schließen!

Drucksache 6/10716, Antrag der Fraktion DIE LINKE

Meine Damen und Herren! Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: zunächst die Fraktion DIE LINKE, danach die CDU-Fraktion, dann SPD, AfD und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie die Staatsregierung, wenn das Wort gewünscht wird. Für die Fraktion DIE LINKE beginnt Herr Abg. Bartl.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit geschlagenen sieben Jahren befasst sich dieser Sächsische Landtag in regelmäßigen Abständen mit der Situation der Rechtsmedizin im Freistaat Sachsen. Hintergrund sind vor allem deren prekäre finanzielle Lage und daraus resultierende Fehlentwicklungen und Leistungsgefährdungen. Ohne eine moderne, personell und finanziell vernünftig ausgestattete Rechtsmedizin kann die Strafrechtspflege nicht funktionieren, können Verbrechen und andere Rechtsverletzungen weder aufgedeckt noch bekämpft werden. Das weiß buchstäblich jeder Laie, sei es aus Krimis oder einschlägigen Fernsehserien.

Dennoch wurde Ende der 1990er-Jahre auch die Rechtsmedizin zu einem Operationsgebiet für die in Sachsen besonders rigorose Sparpolitik. Verantwortungslos weggespart wurde zum Beispiel das früher eigenständige Institut für Rechtsmedizin in Chemnitz. Zum Ende der 1990er-Jahre war es an die dortige Landesuntersuchungsanstalt mit 26 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ange

bunden, darunter 7 Rechtsmediziner. Im Zuge der Umwandlung dieses Standortes der Rechtsmedizin in eine sogenannte Prosektur, eine Außenstelle der Universität Leipzig und des dortigen rechtsmedizinischen Instituts, wurde sukzessive der größte Teil des dortigen Personals wegrationalisiert. 2011 sollte dann diese Prosektur ganz geschlossen werden – dann wäre der am dichtesten besiedelte Direktionsbezirk Chemnitz quasi von Rochlitz bis Klingenthal ohne jede eigene rechtsmedizinische Kapazität geblieben. Deshalb hat sich seinerzeit noch unter Ihrem Vorsitz, sehr geehrter Herr Kollege Modschiedler, der Verfassungs- und Rechtsausschuss in Behandlung eines Antrages unserer Fraktion dazwischengeworfen und erreicht, dass die Prosektur erhalten bleibt. Allerdings arbeiten in dieser Außenstelle heute noch vier Menschen: zwei Sektionstechniker und zwei Schreibkräfte. Für Obduktionen oder sonstige Leistungen, bei denen ein Rechtsmediziner anwesend sein muss, muss er aus Leipzig herangekarrt werden.

In Chemnitz wurden aber beispielsweise in der vergangenen Woche an unterschiedlichen Tagen und Orten insgesamt drei Tote aufgefunden, bei denen teils vermutet wird und teils schon erwiesen ist, dass sie eines unnatürlichen Todes gestorben sind. Jedes Mal mussten Rechtsmediziner aus Leipzig anrücken. Ereignet sich eine solche Tatserie oder irgendein anderes Vorkommnis, für das zwingend ein Rechtsmediziner gebraucht wird, im Vogt

land oder im Erzgebirge, kann sich der Anfahrtsweg für einen Rechtsmediziner gut und gerne verdoppeln. Er kommt dann überhaupt nicht mehr aus dem Auto und aus der Hetzerei heraus.

Die rechtsmedizinische Leistung ist nicht nur in Chemnitz ausgedünnt, sondern generell in Sachsen. Es gibt im Freistaat zwei universitär angebundene rechtsmedizinische Institute: zum einen das Institut für Rechtsmedizin der Universität Leipzig mit seiner schon erwähnten Außenstelle in Chemnitz. Dieses Institut versorgt 2,3 Millionen Menschen. Das Dresdner Institut für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Carl-Gustav Carus ist für ein Einzugsgebiet von 1,7 Millionen Menschen zuständig. Insgesamt sind aktuell ganze 14 Rechtsmediziner, davon in den 1990er-Jahren allein noch sieben in Chemnitz, an diesen Instituten tätig. Jeder von ihnen ist damit im Schnitt für die rechtsmedizinische Betreuung von 270 000 Einwohnern zuständig. Zum Vergleich: In Berlin sind es 165 000 Einwohner, die auf einen Rechtsmediziner entfallen. Führt man sich dann noch für einen Moment vor Augen, welches Anforderungsprofil die Rechtsmedizin hat, wird klar, wie abenteuerlich die Sache schon allein von der verfügbaren Personenzahl her läuft.