Sie, Herr Ministerpräsident, wollen ja auch etwas gegen überbordende Bürokratie tun. An dieser Stelle können Sie sich gern engagieren, damit solche sinnlosen Abschiebungen endlich der Vergangenheit angehören.
Als Sie, Herr Ministerpräsident, den Sächsinnen und Sachsen als Weihnachtsgeschenk eine ziemlich große Kabinettsumbildung präsentiert haben, sagten Sie: Alle Berufenen haben eine sächsische Biografie. Ich will jetzt gar nicht darauf herumreiten, dass Sie fast ausschließlich Menschen mit westdeutschem Geburtsort ernannt haben – das ist eher eine Misstrauenserklärung gegenüber der sächsischen Bevölkerung –;
aber die sächsischen Biografien, die Sie Ihrer Regierung andichten, sind Karrieren im Machtzentrum des sächsischen CDU-Regierungsapparates gewesen. Es mag ja sein, dass neue Besen gut kehren – Sie, Herr Ministerpräsident, haben uns aber reihenweise alte Besen als neue verkauft. Einen Neuanfang für Sachsen macht man nicht, indem man diejenigen aus Berlin zurückholt, die in Sachsen das CDU-Regierungssystem mit aufgebaut haben, das eben offenkundig nicht mehr funktioniert.
(Staatsminister Christian Piwarz: Schauen Sie doch in die Biografien! – André Barth, AfD: Als Minister ist das unüblich! – Staatsminister Christian Piwarz: Schauen Sie es sich an!)
Das ist Etikettenschwindel pur. Die sächsische Regierungspolitik braucht einen wirklichen Neustart. Die Gesellschaft in Sachsen ist im Ergebnis von 27 Jahren CDU-Herrschaft tief gespalten.
Jeder vierte Beschäftigte in Sachsen verdient so wenig, dass der Lohn vom Mindestlohn bestimmt wird – von einem Mindestlohn, den kaum jemand so erbittert abgelehnt und bekämpft hat wie Sie, Herr Ministerpräsident. Wenn Sie nun bei nahezu jeder Gelegenheit gebetsmühlenartig wiederholen, dass Sie für Zusammenhalt sorgen wollen, dann entbehrt das aus meiner Sicht jeder Grundlage.
Wenn Sie für einen wirklichen Neuanfang stehen wollen, dann hätten Sie heute für die sächsische CDU erklären müssen, dass Sie die soziale Spaltung in diesem Land zu verantworten haben, dass Sie die innere Sicherheit an die Wand gefahren haben, dass Sie für das Chaos an unseren Schulen verantwortlich sind, dass Sie dafür verantwortlich sind, dass es nicht genügend Erzieherinnen und Erzieher, nicht genügend Personal an den Gerichten und in den Justizvollzugsanstalten gibt, dass es im öffentlichen Dienst insgesamt versäumt worden ist, für gut ausgebildeten Nachwuchs zu sorgen, dass Sie an den Hochschulen vor allem für prekäre Arbeitsverhältnisse beim sogenannten Mittelbau gesorgt haben, dass Sie verantwortlich sind für den kulturellen Niedergang ganzer Landstriche und für den beginnenden Pflegenotstand im Freistaat Sachsen. Sie haben das alles zu verantworten und Sie wurden dabei von einer Ideologie des Neoliberalismus getrieben – und die FDP und leider auch die SPD haben Ihnen dabei assistiert.
Diese Politik ist gescheitert. Sie haben persönlich – und die sächsische Union am 24. September – vor allem dafür die Quittung bekommen – und nicht, wie Sie immer gern betonen, für Angela Merkels Politik.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei vielen Menschen im Land herrscht ständig Ebbe in der Haushaltskasse. Beim Freistaat Sachsen ist es anders. Der Staat schwimmt inzwischen im Geld. Sie meinen das Problem gelöst zu haben, indem Sie Ihrem Finanzminister Prof. Unland zu verstehen gaben: Wir wollen dich nicht mehr, du verdirbst uns die Stimmung im Land. Herr Unland hat aber die Politik des sozialen Kahlschlags – von der gekürzten Jugendpauschale bis hin zu fehlenden Polizeibediensteten und Lehrkräften – nicht erfunden, sondern vollstreckt. Jeder einzelne CDU-Abgeordnete hier im Hohen Hause ist dafür mitverantwortlich. Das ist die Wahrheit, die Sie nicht hören wollen.
Wer wollte denn die Zahl der Beschäftigten des Landes von 87 000 auf 70 000 reduzieren: Ministerpräsident Tillich unter großem Beifall der CDU-Fraktion hier im Haus. Also, wo bleibt Ihre Großanzeige in allen Zeitungen, meine Damen und Herren von der CDU, in der Sie beichten: Wir haben den Staat geschrumpft, und das war Mist. Wir entschuldigen uns für zehn verlorene Jahre. Ihre sächsische CDU.
Nun ist zwar ganz viel Geld da, aber es fehlen überall die Leute, die man damit ködern könnte. Das bekommt man
auch nicht einfach mal eben so wieder repariert. Wenn es – nur ein Beispiel – Förderschulen in Sachsen gibt, wo mehr als jede fünfte Stunde ausfällt, dann ist das eine Bankrotterklärung eines sozial verantwortlichen Bildungswesens. Da nützt es auch nichts, wenn Sie gerade diese Förderschulen in Ihrer Rede gelobt haben, Herr Ministerpräsident. Wenn nun gerade die Oberschulen, die nach dem Willen der CDU die Praxiselite fürs Leben fit machen soll – auch darüber sprachen Sie gerade, Herr Ministerpräsident –, besonders unter Lehrermangel leiden, dann ist das ein Offenbarungseid für die Schulpolitik im Freistaat Sachsen.
Wir haben bereits vor mehr als zehn Jahren auf den Lehrkräftemangel hingewiesen, der schon damals begann und Maßnahmen verlangte, damit er sich nicht weiter verschärft. Weder die CDU noch die abwechselnd mitregierende FDP oder SPD haben gehandelt.
Auch Michael Kretschmer, der die ganze Zeit als CDUGeneralsekretär amtierte, hat den Mut dazu nicht aufgebracht. Auch Sie, meine Damen und Herren von der CDU, lernen nun schmerzhaft: Geld kann man nicht essen.
In Ihren Ministerien arbeiten viele auch kluge Menschen, die Ihnen bei Bedarf jede gewünschte Zahl zu jedem gestellten Thema aufschreiben können. Aber aus der Summe dieser einzelnen Zahlen allein ergibt sich weder Zusammenhalt noch Bildung, noch ein neuer Weg. Dafür braucht man selbst einen Plan, eine Idee und auch etwas Mut. All dies ist bei Ihnen nicht erkennbar. Sie, Herr Ministerpräsident, verkaufen uns Ihre ganze angekündigte Reparaturleistung als Plan für Sachsen, an dem wir auch noch mitwirken sollen.
Ich sage Ihnen: Wer keinen ordentlichen Plan hat, dem nützt all die Kohle nichts. Sie kommen einfach zu spät, und bestraft werden alle Menschen hier im Freistaat Sachsen.
Dafür steht beispielhaft Ihre verkorkste Strukturpolitik für die Zukunft der Braunkohlenreviere. Erst hat die CDU dem Braunkohleabbau für 50 Jahre den Weg geebnet, dann wünschte sich Herr Kretschmer, es mögen bitte 30 Jahre sein, und die Vattenfall-Nachfolgerin LEAG spricht jetzt selbst nur noch von maximal 20 Jahren. Das moderne Sachsen kann aber nur inmitten unserer Gesellschaft und aus ihr heraus entstehen.
Also, Herr Kretschmer, hören Sie auf, die Rettung von fremden Mächten zu erwarten, sondern machen Sie zusammen mit den Akteurinnen und Akteuren vor Ort, die viele gute Ideen haben, selbst einen Plan für die Lausitz. Nur das kann den heute in der Braunkohle Beschäftigten eine Perspektive geben.
Herr Ministerpräsident, der Zusammenhalt der Gesellschaft ist nicht nur eine soziale, wirtschaftliche, sondern auch eine kulturelle Frage. Sachsen wäre nicht Sachsen, wenn dieser gesellschaftliche Zusammenhalt in unserem Land nicht immer wieder neu erfunden worden wäre –
Das haben aber die sächsische CDU und ihr ehemals langjähriger Generalsekretär und jetziger Ministerpräsident immer noch nicht begriffen. Sie reden am liebsten darüber, wer oder was alles nicht zu Sachsen gehört. Wenn unsere Vorfahren so engstirnig gewesen wären, dann würden wir heute sprichwörtlich noch auf den Bäumen sitzen.
Gerade Ihnen müsste das ganz persönlich bewusst sein. Schließlich betonen Sie immer so gern, dass nach Ihrer Meinung Ihre Heimat eigentlich nicht zu Sachsen gehöre, sondern Niederschlesien sei. Im Unterschied zu Ihrem sorbischen Vorgänger, dessen Vorfahren immer schon hier waren, sind Sie, Herr Kretschmer, also nach eigenem Bekenntnis einer, der uns beigetreten ist, wobei man feststellen könnte, Ihre Integration ist ganz gut gelungen.
Fast alles, was Sie in den letzten Monaten und Jahren zum Thema Integration, Einwanderung und Geflüchtete meinten sagen zu müssen, war einfach nur schrecklich und vor allen Dingen auch dumm.
Bei diesem Thema ist der Unterschied zwischen Tillich und Kretschmer ungefähr der wie zwischen Obama und Trump. Ihre Methode ist exakt dieselbe wie die von Herrn Trump. Der verkündet nämlich auch ständig, welche Menschen das Land nicht mehr betreten dürfen, wer sofort verschwinden muss und wo die Abschottung durch Grenzsicherung zu verschärfen ist.
Sie, Herr Ministerpräsident, machen es genauso und haben das gleiche Problem wie Herr Trump: Ein Großteil dessen, was Sie großspurig verlangen, wird nie Wirklichkeit werden, weil es unsere verfassungsgemäße Ordnung in die Luft sprengen würde. Die Einzigen, die davon profitieren, sind die rechts außen, also die Blauen und die Hellblauen,
Ich frage Sie, wann werden Sie aufhören, sich beim Schlüsselthema Integration in freiwillige politische Geiselhaft der AfD zu begeben?
Ich als Atheist will gar nicht daran herummäkeln, dass Sie die christlichen Werte offenbar nach eigenem Gutdünken so lange verbiegen, bis es Ihnen irgendwie passt. Das müssen Sie mit den Christinnen und Christen in Sachsen ausmachen. Das aber, was Sie meinen – etwa der Schutz der Familie sei etwas, was von der Herkunft und vom Rechtsstatus der Menschen abhängig sei –, steht ganz
Wir LINKE wollen ein modernes Sachsen, ein weltoffenes Sachsen. Die Menschen in Sachsen sind in der Geschichte oft genug in einem guten Sinne dem Rest der Welt ein Stück voraus gewesen. In Sachsen wurde zwar nicht die Industrie erfunden, aber ganz stark ausgeprägt.
Der Begriff „Knappschaft“ wurde erstmals in Freiberg erwähnt. Sachsen ist eine Wiege moderner gesellschaftlicher Solidarität, aber auch gesellschaftlicher Klassenkämpfe. Deshalb liegen hier auch die Wurzeln der modernen sozialen Bewegung, sei es die Arbeiterbewegung, die Mieterbewegung oder die Schreberbewegung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen uns nun endgültig auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts einstellen. Die digitale Revolution ist die wichtigste zu bewältigende Aufgabe des nächsten Jahrzehnts. Sie wird unser Leben in allen Bereichen mehr oder weniger auf den Kopf stellen. Deshalb müssen wir die Menschen darauf vorbereiten und sie nicht wie nach der friedlichen Revolution 1989/1990 mit ihren Problemen und Sorgen alleinlassen, damit nicht wieder ein systematisches Benachteiligungssyndrom gerade hier im Osten eintritt, wie es Herr Prof. Kollmorgen vor ein paar Tagen ausgemacht hat.
Was wir brauchen, ist die Debatte über ein neues Gesellschaftsmodell, das Menschen nicht weiter ausgrenzt und zur Verfügungsmasse von Profitmaximierung macht, in dessen Namen dann das Todesurteil über ganze Regionen gesprochen wird. Wir brauchen einen gesellschaftlichen Zusammenhalt, der modern, zukunftsorientiert und solidarisch ist. Unter der Regie der sächsischen CDU wird es nichts mehr werden.
Das sieht man zum Beispiel auch an der Debatte über das längere gemeinsame Lernen. Die überwältigende Mehrheit der Menschen in Sachsen will keine Trennung der Kinder nach Klasse 4. Die Menschen wollen keine rückwärtsgewandte Ständegesellschaft im Bildungswesen, sondern eine Schule für alle.
Bildungspolitik ist eine Kernkompetenz der Landespolitik. Deshalb wird jede Staatsregierung daran gemessen, ob sie modern und für längeres gemeinsames Lernen ist oder veraltet und für das gegliederte Schulwesen. Auch hierbei ist von Ihnen, Herr Ministerpräsident, offenkundig nichts Gutes zu erwarten; denn Sie haben die Chancen zur Weichenstellung nicht genutzt. Sie stehen bildungspolitisch für das Vorgestern. Dabei war selbst die DDR schon weiter. Das müsste Ihnen besonders peinlich sein.
Sie, die CDU, haben mehr als 1 000 Schulen in Sachsen geschlossen. Das liegt auch daran, dass es bis jetzt eben nicht die Freiheit für die Schulen gibt, Gemeinschaftsschule zu sein. Dann wäre die Existenz einer Oberschule nicht dadurch bedroht, dass ein paar mehr Kinder beim nächsten Gymnasium angemeldet werden. Deshalb sind längeres gemeinsames Lernen und Gemeinschaftsschulen
Die Vereinigung der sächsischen Wirtschaft hat sich dieser Tage mit einem fundierten Papier zum Thema „Fakten zur aktuellen Lehrersituation in Sachsen“ zu Wort gemeldet. Wir sind offen für das, auch wenn wir nicht immer alles teilen, was Vertreter der Wirtschaft sagen, und bedanken uns dafür, dass sie den Finger in die größte Wunde gelegt haben. Ich zitiere: „Große Defizite gibt es bei der regionalen Lehrerausbildung.“
Ich gehe einmal davon aus, dass die Lesekompetenz von Kultusminister und Wissenschaftsministerin ausreichen, die Erkenntnisse der Wirtschaft zum Thema Ausbildung der Lehrkräfte in Sachsen zu verarbeiten und die entsprechenden Schlussfolgerungen zu ziehen, damit die Schulen in Sachsen nicht mehr verlorene Jahre erleben.