Für die Antragstellerin AfD sprach gerade Herr Kollege Barth. Jetzt kommt als Nächster Herr Kollege Patt zu Wort. Er spricht für die CDU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man muss aus der Vergangenheit auch lernen, wenn man Fehler gemacht hat. Die CDULandtagsfraktion hat aus den Schwierigkeiten, die es infolge der Sachsenbank-Krise gab, gelernt: Erstens, mache Schulden nur für reale Werte. Zweitens, investiere
In einer Woche vor zehn Jahren jährt sich der unsägliche Untergang von Lehman Brothers am 15. September 2008. Die Ursache war damals, dass Immobilienkredite in den Vereinigten Staaten mit Krediten aus anderen Ländern und anderen Branchen vermischt wurden. Risiken wurden gehebelt. Es gibt ganz tolle englische Wörter dafür. Das wurde dann in Häppchen weiterverkauft. Das war sehr komplex. Käufer gab es weltweit. Grund war die Gier. Die ist sicher in jedem Menschen vorhanden. Man möchte höhere Zinsen haben. Doch dann kam die Pleite. Die Pleite war das Ende von Sorglosigkeit und Übertreibung.
Was haben wir seit 2008 getan? Die Bankenregulierung wurde verschärft. Das Kapitalpolster der Geldhäuser wurde verstärkt. Die systemisch wichtigen Märkte laufen wieder. Die Notenbanken haben ihre Aufgaben verändert.
Sie waren früher Garanten der Preisstabilität. Sie sind heute Bankenaufsicht und dienen zur Risikoüberwachung über das gesamte Finanzsystem. Sie sind quasi ein Retter in letzter Instanz.
Aber das Problem der Verschuldung besteht weiter. Die Schuldentragfähigkeit von Unternehmen und Verbrauchern hat sich zwar verbessert, aber die globale Gesamtverschuldung beträgt heute das Dreifache der Weltwirtschaftsleistung, nämlich 250 Billionen Euro. Besonders betroffen sind übrigens amerikanische Unternehmen und chinesische Verbraucher.
Für uns ist es wichtig, ein zweites Problem zu beachten: die Handelbarkeit von Kreditanleihen. Die ist aufgrund der Bankenregulierung deutlich zurückgegangen und teuer geworden. In einer Krise fallen die Kurse, gibt es keine Nachfrage. Das verstärkt sich nach unten ganz rapide.
Das war die Historie von Lehman Brothers. Die Verbraucher haben die Konsequenzen getragen. Der Staat ist da träger.
Die Staaten haben ihre Verschuldung nämlich weiter aufgebaut. Die künstlich niedrigen Zinsen haben sie nicht zum Schuldenabbau genutzt, sondern für eine hemmungslose Ausdehnung der Verschuldung. Es gibt nicht viele Länder wie Sachsen, die dagegenhalten und Schulden tilgen, Jahr für Jahr über eine halbe Milliarde Euro.
Es fällt auf, dass es insbesondere die ultrarechten und ultralinken Regierungen sind, die diese Schulden so aufblähen. Deshalb verstehe ich Ihren Einwand nicht. Ihr Gerufe verstehe ich. Aber das ist nicht der richtige Weg.
Die Geldbeschaffung ist zu einfach geworden. Die Anleihen der Euro-Staaten werden definitionsgemäß als sicher angesehen und können über die EZB zu Geld gemacht werden. Jetzt passiert das Gleiche, wenn man die SBBS
einsetzt, diese Sovereign Bond Backed Securities. Da werden Staatsanleihen gemischt, umgeschichtet, Ratings gehebelt, in Häppchen weiterverkauft. Das ist sehr komplex, ein Giftschrank.
Denn irgendwann ist es wie bei Lehman Brothers: Keiner schaut mehr durch, und es knallt. Aber dann knallt es mit Staatsanleihen und nicht mehr nur mit Privatverbrauchern, für die der Staat eingetreten ist.
Wie löst man – das möchte ich abschließend fragen – das Verschuldungsproblem? Nicht durch Synthetisierung von Krediten, sondern durch Reformen!
Nun zum Antragsteller AfD. Das vierte Prinzip ist: Wer bestellt, bezahlt. Sie aber machen die Rechnung laufend ohne den Wirt. Das erwachende aufgeklärte Bürgertum hat die Vermischung der AfD erkannt, SBBS heißt bei ihm „Sächsisch-Braune Brühe-Soße“.
Das wollen wir nicht. Das ist das, was keiner haben will, wie bei Lehman Brothers. Es ist ein hochexplosiver Cocktail. Das werden Sie merken.
Für die CDU-Fraktion sprach Herr Kollege Patt. Jetzt kommt Herr Brünler für die Fraktion DIE LINKE zu Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, man mag es kaum glauben: Bevor die Migranten an allem schuld waren, waren es bei der AfD die EU und der Euro.
Natürlich ist das billig, was Sie hier machen. Sehen Sie sich einfach einmal Ihren reißerischen Titel an:
„Brüssel bläst zum Sturm – Sachsen seid wachsam!“ Als Sie sich das ausgedacht haben, haben Sie wahrscheinlich in Ihrer Fraktion ein paarmal zu oft „Die Wacht am Rhein“ gesungen. Ich weiß es nicht.
(Beifall und Heiterkeit bei den LINKEN – André Barth, AfD: Das ist aber weit hergeholt, Herr Brünler!)
Aber es ist in der Tat so: Die Tauglichkeit dieser Sovereign Bond Backed Securities – es ist schon ein merkwürdiges Wort, aber auch ein merkwürdiges Konstrukt – ist umstritten, und auch ich bin mir nicht sicher, ob das der Königsweg ist. Einige Punkte, die Kollege Patt angesprochen hat, sehe ich durchaus auch so. Bei anderen Punkten bin ich anderer Meinung, zumal man sich vor Augen halten muss, was denn der Grund dieses Vorschlags war.
Die Bundesregierung hat es jahrelang kategorisch abgelehnt und lehnt es auch immer noch ab, über irgendwelche risikoteilenden Instrumente überhaupt nachzudenken. Auch wenn ich ganz klar sagen muss, die SBBS sind keine Eurobonds; aber da Sie es schon ganz am Anfang angesprochen haben, Kollege Barth: Man muss sich schon einmal Gedanken machen, welche Vor- bzw. Nachteile das Ganze hätte. Die Vorteile liegen eindeutig auf der Hand – wenn wir uns tatsächlich zu Eurobonds durchringen könnten:
Die Kapitalmärkte wären eben nicht mehr in der Lage, einzelne Euro-Länder bis zur Zahlungsunfähigkeit unter Druck zu setzen, und die Verlierer dieses Ganzen sind ja nicht nur die eher schwachen Volkswirtschaften im Süden, sondern aufgrund der engen wirtschaftlichen und finanziellen Verflechtungen hinterlässt das auch Spuren bis zu uns.
Wenn wir uns die wenig erfolgreiche Rettung Griechenlands noch einmal anschauen, so wären die Eurobonds gerade dort notwendig gewesen; denn im Kern ging es ja nicht um eine Rettung, sondern um den Freikauf großer europäischer Banken zulasten der griechischen Sozialsysteme, bei dem man gleichzeitig noch den Kollaps des griechischen Binnenmarktes hingenommen hat. Hätte es Eurobonds gegeben, dann hätte Griechenland Zugang zum freien Kapitalmarkt gehabt und sich zu Konditionen refinanzieren können, die weit besser gewesen wären, als es die Konditionen der angeblichen Retter waren; denn die Rettung hat ja erst dazu geführt, dass die Schulden- und Zinslast von Griechenland durch die Decke geschossen ist.
Nein, worum es geht, das ist die Frage, ob die Europäische Union gemeinsam nach außen gegenüber Kapitalanlegern auftritt. Schauen Sie sich das Beispiel der USA an: Dahinter steht ein großer, geschlossener Volkswirtschaftsraum.
Die USA haben eine desaströse Haushaltslage und schon seit Jahrzehnten eigentlich kein einziges Euro-Kriterium eingehalten, und trotzdem haben sie ein Top-Ranking.
Wenn man sich anschaut, welche Wirtschaftskraft hinter der EU insgesamt steht, dann läuft es dort auf genau das Gleiche hinaus. Aber ich will nicht weiter über Eurobonds sprechen, denn darum geht es hier eigentlich überhaupt nicht. Eurobonds beinhalten ja – zumindest nach außen – eine gemeinsame Haftung. Genau dies tun die SBBS nicht.
Hier geht es um die Bündelung einzelner Anleihen bei einer weiteren separaten nationalen Haftung. Das heißt,
Deutschland haftet weiter für deutsche Anleihen, Spanien für spanische, Ungarn für ungarische usw. usf. Die Idee ist einfach ein Portfolio mit einem Risiko- und Renditeausgleich. Das bedeutet, das Ausfall- und Verlustrisiko bleibt unterm Strich bei den Anlegern.
Es gibt noch ein ganz anderes Problem innerhalb der EU, bei dem ich mir ebenfalls nicht sicher bin, ob dabei die SBBS der Königsweg sind, aber bei dem sie zumindest ein Schritt in die richtige Richtung wären.
Ich gehe mal davon aus, dass der Kollege später ohnehin noch einmal ans Mikrofon geht. Dann würde ich darauf reagieren.