Protokoll der Sitzung vom 27.09.2018

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 80. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags. Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Frau Zais, Frau Dr. Stange, Herr Schmidt, Herr Kiesewetter, Frau Klotzbücher, Herr Kupfer, Herr Lehmann und Frau Schubert.

Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Folgende Redezeiten hat das Präsidium für die Tagesordnungspunkte 3 und 7 bis 11 festgelegt: CDU 95 Minuten, DIE LINKE 66 Minuten, SPD 50 Minuten, AfD 35 Minuten, BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN 35 Minuten, Fraktionslose je MdL 4,5 Minuten, Staatsregierung 64 Minuten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können auf die Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.

Meine Damen und Herren! Der Tagesordnungspunkt 13, Kleine Anfragen, ist zu streichen.

Ich sehe jetzt keine Änderungsvorschläge für oder Widerspruch gegen die Tagesordnung. Die Tagesordnung der 80. Sitzung ist damit bestätigt.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

Erste Aktuelle Debatte: Zukunft für die Braunkohlereviere in Sachsen –

Ausstieg braucht Perspektiven für die Menschen

Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Zweite Aktuelle Debatte: Seenotrettung ist kein

Verbrechen – das andere Sachsen handelt!

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Verteilung der Gesamtredezeit der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 33 Minuten, DIE LINKE 20 Minuten, SPD 18 Minuten, AfD

12 Minuten, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17 Minuten,

Fraktionslose je MdL 1,5 Minuten und die Staatsregierung zweimal 10 Minuten, wenn gewünscht.

Wir kommen jetzt zu

Erste Aktuelle Debatte

Auf den Anfang kommt es an – Zukunft für die Braunkohlereviere

in Sachsen – Ausstieg braucht Perspektiven für die Menschen

Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Als Antragsteller haben zunächst die Fraktionen CDU und SPD das Wort. Für die CDU ergreift jetzt Herr Kollege Dr. Meyer das Wort. Herr Kollege Dr. Meyer, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Es kommt nicht darauf an, mit dem Kopf durch die Wand zu rennen, sondern mit den Augen die Tür zu finden.“ Dieses Zitat stammt von Werner von Siemens, und es verdeutlicht recht gut das Thema, um das es hier geht: Wir dürfen beim Thema Strukturwandel das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, sondern wir müssen, wie es auch die Bezeichnung der Debatte benennt, zuerst Perspektiven für die Menschen in den Revieren, den mitteldeutschen und denen in der Lausitz, schaffen; erst dann kann man über Ausstieg reden.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Ich bin froh, dass wir im Sächsischen Landtag über dieses Thema sprechen. Es ist gerade sehr aktuell, weil die Kommission auf Bundesebene sich gegenwärtig verständigt und einen ambitionierten Zeitplan hat. Bis Ende dieses Jahres soll es einen Bericht geben. Wir müssen aus Sachsen heraus klare Botschaften senden; dabei geht unser Ministerpräsident voran. Er ist ständig in Sachen dieses Themas unterwegs. Wir bekennen uns in Sachsen zu der notwendigen Verantwortung, Strukturreformen zu begleiten.

Aber ich will auch deutlich sagen, dass das große Wort von der Nachhaltigkeit drei Dimensionen hat. Neben der Umweltdimension gibt es eine ökonomische und auch

eine soziale Dimension. Deswegen ist es wichtig, dass wir auch über diese Perspektiven sprechen. Wir müssen die Menschen in den Revieren dabei unterstützen, für die Zeit nach der Kohle Lösungen zu erarbeiten. Wir müssen Perspektiven schaffen, wir müssen Industriearbeitsplätze erhalten. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir hier über dieses Thema sprechen.

Ich halte es für entscheidend, dass wir bei dem Thema Energiepolitik ebenfalls nicht vergessen, dass Energiepolitik immer wettbewerbsfähig, bezahlbar und umweltverträglich sein muss. Diese Triade, die es bei der Nachhaltigkeit wie bei der Energiepolitik gibt, dürfen wir nicht aus dem Auge verlieren. Deswegen ist es müßig, über irgendwelche Jahreszahlen zu sprechen, wann ein Ausstieg erfolgt; es muss erst klar sein, wie es danach aussehen wird. Deswegen wollen wir hier auch darüber reden.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Der Freistaat Sachsen engagiert sich gegenwärtig schon bei dem Strukturwandel. Es gibt im Rahmen der GRWFörderung zwei Projekte im mitteldeutschen Revier: die „Innovationsregion Mitteldeutschland“ und in der Lausitz die „Zukunftswerkstatt Lausitz“. Diese Verantwortung übernehmen wir schon jetzt. Wir beziehen die Menschen, die Akteure vor Ort, ein. Sie sollen gemeinsam mit dem Freistaat und dem Bund Perspektiven erarbeiten. Es hängt schließlich auch davon ab, wie es die Menschen in der Region sehen. Wir können den Menschen keine übergeordneten oder verordneten Ideen überstülpen, sondern die Ideen müssen aus den Regionen heraus kommen. Die Menschen müssen mitgenommen werden, und deswegen ist es auch wichtig, dass wir hierbei aus Sachsen mit einer klaren Botschaft in Richtung des Bundes ziehen.

Die Regionen, über die wir sprechen, sind traditionelle Industrieregionen, die teilweise bereits einen Strukturwandel durchgemacht haben. Gerade die Lausitz hat schon Industrie verloren, so im Automobilbereich, im Textilbereich, die Glasindustrie um Weißwasser herum. Dort gibt es aber nach wie vor eine Industriedichte, wir haben hochmotivierte Fachkräfte. Wir als CDU-Fraktion konnten erst kürzlich vor Ort erleben, wie die im Kraftwerk tätigen Menschen für ihre Arbeitsplätze auf die Straße gehen und uns ganz deutlich gesagt haben, dass sie von uns Unterstützung erwarten. Es ist eine positive Entwicklung, dass sich die Leute dort hinstellen und sagen: Wir sind für die Kohle, wir brauchen die Kohle, und wir brauchen eine klare Perspektive. Dies wollen wir durch zukunftsweisende Projekte unterstützen, die diese Industriearbeitsplätze erhalten.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD – Beifall bei der Staatsregierung)

Ich bin auch froh, dass die beiden Länder Brandenburg und Sachsen hierbei gemeinsam agieren, denn wir brauchen kein Kirchturmdenken. Vielmehr brauchen wir eine gemeinsame Strategie. Es braucht dieses Gemeinsame. Es wird hier ganz deutlich, wie die beiden Bundesländer sich

dort einbringen und länderübergreifende Ansätze entwickeln. Das wollen wir auch unterstützen. Wir wissen alle: Das ist ein Marathon, kein Sprint, den wir hierbei zu absolvieren haben. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir uns die nötige Zeit einräumen.

Wir erwarten vom Bund, dass er sich über die 1,5 Milliarden Euro hinaus, die jetzt im Raum stehen, beim Thema Infrastruktur engagiert. Der Vorschlag von Ministerpräsident Kretschmer, eine internationale ICEVerbindung über Cottbus – Görlitz nach Breslau zu führen, ist etwas, was wir über die 1,5 Milliarden Euro hinaus brauchen. Wir brauchen Innovationsförderung, wir brauchen Gründungen von neuen Unternehmen, wir müssen Start-up-Unternehmen unterstützen.

Die Redezeit!

Wir brauchen auch beschleunigte Verfahren, um diese Infrastrukturmaßnahmen, die wir benötigen, durchzuziehen. Da braucht es Ausnahmeregelungen für diese Region. – Mehr dazu werden die mir nachfolgenden Redner vortragen.

Erst einmal vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Kollege Dr. Meyer sprach für die CDU-Fraktion. Bevor Kollege Baum jetzt zum Zuge kommt, gibt es am Mikrofon 1 eine Kurzintervention durch Frau Dr. Pinka.

Vielen Dank, Herr Landtagspräsident! Ich muss leider schon meine erste Kurzintervention bemühen, weil Herr Dr. Meyer gerade den Begriff der Nachhaltigkeit für seinen Redebeitrag verwendet hat. Das halte ich schon für ein bisschen schizophren. Nachhaltigkeit, da haben Sie recht, –

(Gelächter bei der CDU – Dr. Stephan Meyer, CDU, steht am Mikrofon.)

ist ein Dreiangel zwischen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Faktoren. Was Sie aber vergessen, ist, dass der Klimawandel in dieser Welt – und dazu hatten wir im letzten Umweltausschuss des Sächsischen Landtags eine Anhörung – nämlich mit den Dürrefolgen auch Auswirkungen in Sachsen hat. Dieser Klimawandel führt dazu, dass die Spezies Mensch möglicherweise in einem Jahrhundert auf dieser Erde nicht mehr existieren kann.

(Unruhe bei der CDU)

Unser aller Bemühen muss doch sein, dass die Generationengerechtigkeit auch im Nachhaltigkeitsbegriff eine Rolle spielt, dass Menschen überhaupt noch auf dieser Erde leben können, und zwar dort, wo sie jetzt sind. Wenn wir weiter so machen wie bisher und es sich tatsächlich bewahrheitet, dass es eine Verschiebung der Versteppung dieser Erde in unsere Bereiche geben wird, dann wird vielleicht auch in dieser Gegend kaum noch jemand Landwirtschaft betreiben können.

(Zuruf des Abg. Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU)

Auch das haben wir letztens besprochen. Ich würde Sie also bitten, dass Sie sich das nächste Mal bemühen, nicht nur die Wirtschaftlichkeit in den Vordergrund zu stellen, sondern auch die Folgen von Braunkohleverstromung, den CO2-Anstieg, den Klimawandel.

(Zuruf von der CDU)

Sprechen Sie vielleicht mal mit dem Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie und schauen sich die Modelle an, was auf uns zukommt. Dazu brauchen wir einen dringenden Ausstieg aus der Braunkohleverstromung, denn das sind unsere größten Emittenten von Kohlendioxid in der Produktion. Das ist einfach so und das müssen Sie bitte im Hinterkopf behalten.

(Beifall bei den LINKEN)