Protokoll der Sitzung vom 14.12.2018

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 85. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags. Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Frau Köpping, Herr Kupfer, Herr Lehmann, Herr Wurlitzer, Herr Nowak und Herr Dulig. Ich sehe, dass unsere Reihen doch merklich gelichtet sind. Ich wünsche uns allen eine gute Gesundheit, auch für heute und die folgenden Tage.

Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Folgende Redezeiten hat das Präsidium für die Tagesordnungspunkte 3 und 6 bis 9 festgelegt: CDU 75 Minuten, DIE LINKE 50 Minu

ten, SPD 40 Minuten, AfD 25 Minuten, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 25 Minuten, Fraktionslose je MdL 3,5 Minuten und Staatsregierung 50 Minuten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können auf die Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.

Meine Damen und Herren! Der Tagesordnungspunkt 11, Kleine Anfragen, ist zu streichen. Ich sehe keine weiteren Änderungsvorschläge oder Widerspruch gegen die Tagesordnung. Die Tagesordnung der 85. Sitzung ist damit bestätigt.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

Erste Aktuelle Debatte: Unterstützung für die Wald- und Forstwirtschaft –

Umgang mit den Folgen des Dürre- und Sturmjahres 2018

im sächsischen Wald

Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Zweite Aktuelle Debatte: Blockade gegen Klimaschutz und Strukturwandel –

Arbeit der Kohlekommission nicht länger sabotieren!

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Hierzu liegen mir die rechtzeitig eingegangenen Anträge auf Aktuelle Debatten vor.

Die Verteilung der Gesamtredezeit der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 33 Minuten, DIE LINKE 20 Minuten, SPD 18 Minuten, AfD 12 Minu

ten, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17 Minuten, Fraktionslose je MdL 1,5 Minuten; die Staatsregierung zweimal je 10 Minuten, wenn gewünscht.

Wir kommen zu

Erste Aktuelle Debatte

Unterstützung für die Wald- und Forstwirtschaft – Umgang mit

den Folgen des Dürre- und Sturmjahres 2018 im sächsischen Wald

Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Als Antragsteller haben zunächst die Fraktionen CDU und SPD das Wort. Die weitere Reihenfolge DIE LINKE, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Staatsregierung,

wenn gewünscht. Für die einbringende CDU-Fraktion ergreift jetzt Kollege von Breitenbuch das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Wälder haben ein langes Gedächtnis. Sie geben lange Zeugnis von früheren Ereignissen, was ihnen wiederfahren ist, und so wird auch das Jahr 2018 mit Sturm, Dürre und kleinen Borkenkäfern als Jahrhundertereignis in die Geschichte eingehen. Es wird parallel neben den Folgen der Kalami

tätshiebe nach dem Zweiten Weltkrieg oder dem Waldsterben im Erzgebirge zu Zeiten der DDR stehen.

Was ist passiert? Es ist besonders der Brotbaum Fichte betroffen, von dem die meisten Forstbetriebe leben den Forstleute vor 60, 80 und 100 Jahren gepflanzt haben, weil die Gesellschaft damals diesen Baum brauchte und wollte und er letztendlich damit langfristige Einkommen aus dem Wald versprach. Wir hatten bereits in der Planung, diese Fichte in den nächsten zehn bis 20 Jahren auf den Standorten auslaufen zu lassen, wo sie gefährdet ist, und durch Neues zu ersetzen, aber die Einnahmen deser Fichtenbestände noch zu nutzen. Wenn das jetzt vorzeitig

alles durcheinanderkommt, ist das nicht gut. Das Ziel ist und bleibt, artenreiche und vielfältige Wälder aufzubauen. Das ist jetzt durcheinandergekommen.

Nach den Stürmen im Winter lagen insbesondere nach „Herwart“ im Erzgebirge 600 000 Festmeter Sturmholz, nach „Friederike“ im Tiefland um Leipzig herum 1,2 Millionen Festmeter Sturmholz und im Januar noch sehr lokal nach „Fabienne“ bei Stollberg 100 000 Festmeter auf einem Bautz. Wer damals auf die Unwetterkarte geschaut hat, der hat gesehen, dass der Leipziger Raum bei „Friederike“ völlig lila war – vom Harz bis nach Dresden. Eine solche Unwetterwarnung habe ich noch nicht erlebt. Es war tatsächlich außerordentlich. Bäume brachen ab oder fielen mit Wurzeltellern um: Lärchen, Fichten, Kiefern, Laubbäume, insbesondere Birken. Der Schaden war groß. Es standen einem die Tränen in den Augen, wenn man vor seinen eigenen Waldbeständen stand. Die Aufräumarbeiten begannen sofort. Die Kapazitäten reichten aber nicht aus. Vor allem dauerte es, bis die Maschinen in die Wälder kamen. Das heißt, bei uns – ich bin selbst betroffen – waren sie erst im Sommer.

Die Trockenheit hat dann dem Boden und den Restwurzeln der umgeworfenen Bäume, von denen man hoffte, dass sie bei genug Regen eigentlich noch lebendig bleiben würden, auch noch die Restfeuchte entzogen. Die Restwurzeln reichten nicht aus. Die Bäume, die lagen, vertrockneten auch noch und gingen in Schaden. Der Harzfluss versiegte und dann kam der kleine Borkenkäfer, und das in großer Zahl. Bis zu vier Mal schlüpfte im letzten Jahr die Population. Es gab genug Nahrung und weiteres Absterben von Bäumen. Neueste Statistiken aus dem Sachsenforst gehen noch einmal von 600 000 Festmetern Borkenkäferholz aus.

Der Holzmarkt brach dann zusammen. Insofern war es auch sinnlos, grünes Holz zu schlagen; denn für das grüne, frische Holz hätte es nur schlechte Preise gegeben. Zudem braucht man dieses Holz auch in Zukunft noch bei wieder besseren Preisen. Das heißt, es war richtig, bei allen Forstbetrieben den Grünholzeinschlag einzustellen und sich der Aufräumarbeit zu widmen. Das haben alle Privaten gemacht und auch der Staatsbetrieb Sachsenforst. Das geschah zu höheren Kosten, weil diese Aufräumarbeiten überall verteilt auf der Fläche enorm teuer und nicht mehr kostendeckend wie bisher sind. Höhere Kosten, niedrigere Erlöse: Die Erträge, von denen wir dachten, dass sie in Zukunft kommen, sind damit verschwunden und wir haben teilweise leere Waldflächen, die jetzt geräumt sind.

Wie geht es mit ihnen weiter? Die Beräumung ist gerade in den professionellen Wäldern bei Forstbetriebsgemeinschaften, im Großprivatwald und auch beim Sachsenforst schnell angelaufen. Gerade der Kleinprivatwald hängt hinterher.

Die Menschen schauen teilweise jetzt erst in ihre Wälder und wissen, wie viel Brennholz sie machen müssen, um die Bäume aus dem Wald zu bekommen, damit nächstes Jahr nicht die abgestorbenen Bäume Käferholz werden.

Das heißt, wir richten mit dieser Debatte den Appell an das Land, gerade in die Kleinprivatwälder zu schauen, das Holz herauszuräumen und die Nester für die nächsten Käferpopulationen zu verhindern. Es geht auch um Nachbarschaften, –

Die Redezeit.

– dass dort kein Schaden entsteht.

Hierauf wollen wir aufmerksam machen, insofern freue ich mich auf die zweite Rederunde.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD – Beifall bei der Staatsregierung)

Die erste Aktuelle Debatte wurde eröffnet durch Herrn Kollegen von Breitenbuch für die CDU-Fraktion. Die einbringende SPDFraktion wird jetzt vertreten durch unseren Kollegen Winkler. Bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es gerade von meinem Kollegen von Breitenbuch gehört: Kräftige Stürme, extreme Temperaturen, Trockenheit und letztendlich der Borkenkäfer haben in der Folge unserem Wald zugesetzt wie noch nie. Der Vorsitzende des Waldbesitzerverbandes Andreas Bitter spricht sogar von einer Jahrhundertkatastrophe.

Er vertritt einen Verband mit 85 000 Waldbesitzern – private, kirchliche, kommunale. Den geschätzten Schaden allein durch die Stürme beziffert man zurzeit auf rund 80 Millionen Euro. Dazu kommen noch Schäden durch den Borkenkäfer, die man auf mindestens 20 Millionen Euro schätzt und die in der Höhe noch nicht abzusehen sind, weil auch der Befall mit dem Borkenkäfer noch nicht zu Ende ist. 8,5 Millionen Euro beträgt der Schaden durch den Verlust von Jungpflanzen.

Durch die heißen Sommertage und die extreme Witterung vermehrte sich der Borkenkäfer massiv, er fand genug Nahrung und Brutraum in den geschädigten Bäumen. Die Trockenheit führt in aller Regel dazu, dass das natürliche Abwehrvermögen vor allem der Fichte reduziert wird. Die Fichte produziert Harz, um die Besiedlung durch den Borkenkäfer zu verhindern. Dieser Prozess war in diesem Jahr erheblich gestört. Man muss wissen, dass ein Borkenkäferpärchen bis zu 100 000 Nachkommen im Laufe eines Sommers produziert. Das kann man auch anders ausdrücken: Aus einem befallenen Baum werden 400 befallene Bäume. Das entspricht in etwa einem Hektar.

Betroffen sind laut Sachsenforst vor allem Gebiete, in denen die Fichte von Natur aus gar nicht vorkommt. Wir haben es gerade gehört: Vor vielen Jahren hat man die Fichte angepflanzt, um Bauholz zu gewinnen. In diesen Gebieten schlägt natürlich der Borkenkäfer besonders zu. Nun muss wegen des Borkenkäfers sehr viel Holz aus

unseren Wäldern geräumt werden, und das mit sehr viel mehr Aufwand als sonst. Das ist mit höheren Kosten verbunden. Von den insgesamt 2,7 Millionen Kubikmetern geschädigtem Holz hat der Staatsbetrieb Sachsenforst schon 90 % beräumt. Aus dem privaten und Körperschaftswald sind mittlerweile zwei Drittel beräumt. Herzlichen Dank an all die, die mit dafür gesorgt haben, dass dort schon ein solcher Fortschritt erzielt wurde.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU – Beifall bei der Staatsregierung)

Das Holz muss nun gelagert werden, wenn möglich in Nasslagern. Das heißt, wir müssen das Holz nass halten, um die Qualität zu sichern. Wir müssen wissen, dass diese Schadensereignisse nicht nur in Sachsen aufgetreten sind, sondern auch in unseren Nachbarländern und Tschechien. Diese Flut an Holz verändert das Preisgefüge. Auch davon hat mein Kollege schon gesprochen. Es gibt ein Überangebot an Holz. Damit müssen wir nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft leben. Ein Ende der Käferplage ist nicht in Sicht. Wie und ob sie sich weiterentwickelt, ist von vielen Faktoren abhängig, besonders von der Witterung. Der Käfer zieht sich im Winter in den Boden zurück und kommt im Frühjahr bei entsprechender Witterung wieder heraus. Wir hoffen, dass es dann feucht und kühl ist, dann breitet sich der Käfer nicht ganz so stark wie bei Trockenheit und Wärme aus. Es ist zu befürchten, dass sich die Menge der befallenen Bäume weiter erhöht und die Fichte im schlimmsten Fall sogar aus unseren Wäldern verschwindet. Auch das kann passieren, wenn wir den Borkenkäfer nicht in den Griff bekommen.

Was können wir tun, um unsere Wälder gegen solche extremen Ereignisse zu schützen? Da gibt es nur einen Weg: Wir müssen in absehbarer Zeit, also in den nächsten Jahren, zu robustem Mischwald kommen. Wir brauchen Bäume, die, anders als die Fichte, Stürme, Trockenheit und Insektenbefall ertragen. Das sind im Wesentlichen die Baumarten, die schon immer bei uns heimisch waren und zur ursprünglichen Vegetation gehören.

Sachsen hat mit dem Waldumbau begonnen. Wir wissen das schon längst. Wir haben allein in diesem Jahr circa 3 Millionen Euro in den Waldumbau investiert. Das ist das Doppelte wie in den vorangegangenen Jahren. Wir haben eine Waldstrategie 2050, an die wir uns halten. Wer sich in der Materie auskennt, wird wissen, dass dieser Prozess ein langwieriger und nicht von heute auf morgen abzuwickeln ist. Geld allein hilft dabei nicht. Was können wir kurzfristig tun, um unsere Waldbesitzer zu unterstützen? Wir müssen sie zwingend in die Lage versetzen, den Wald von diesem Holz zu räumen.

Die Redezeit, Herr Kollege.

Wir werden einen Fonds auflegen, der nicht nur den Sachsenforst dazu in die Lage versetzt, sondern auch die privaten und kommunalen Waldbesitzer.