Protokoll der Sitzung vom 14.12.2018

Dafür kamen Neubauern, die teilweise in den alten Gebäuden Ställe einrichteten oder auch neue Bauernhöfe aufbauten. Das Ganze wurde von diesen Neubauern bezahlt; das ist ein wichtiger Punkt. Das gab es eben nicht geschenkt, sondern diese Neubauern – ich habe in die Bücher geschaut – mussten das in diesen schwierigen Zeiten über zehn, 20 Jahre hinweg abstottern. Der Staat zog sofort Geld aus dem Diebesgut. Die NeubauernStellen mussten sogar verzinst werden, in diesen harten

Zeiten. Das war eine ganz schwierige Aufbauarbeit, die in den Familien der Neubauern geleistet wurde.

Zudem gab es Verfügungsbeschränkungen im Grundbuch, das heißt, sie waren eben nicht Eigentümer. Die Kinder mussten in der Landwirtschaft bleiben. Da sind schon interessante geschichtliche Parallelen zur Blut-undBoden-Ideologie in der Zeit davor zu ziehen

(Zuruf: Ui!)

oder zu noch früheren Zeiten. Die Bauern an die Scholle zu binden ist gar nicht so weit weg vom alten Lehnssystem der Zeit vor 1830 in Sachsen,

(Vereinzelt Lachen bei den LINKEN)

als letztendlich ja auch das Land zu Lehen gegeben wurde und dann wieder eingezogen wurde.

Es ist interessant, was da für Parallelen durchschimmern, liebe LINKE.

(Beifall bei der CDU)

Land bedeutete in dem Falle Macht des Staates und der Machthaber und nicht Freiheit der Bürger. So wurde das Thema Bodenreform danach ausgesteuert.

Genau diese Argumentation und Rechtslage wurde in den Einigungsvertrag übernommen. Der Westen nahm Rücksicht auf den Osten, wie sich insgesamt bei dem Thema der Osten durchgesetzt hat – die DDR-Regierung, die damals verhandelte. Ich gehöre zu den sogenannten Alteigentümern, die ihr Land damals auch nicht zurückbekommen haben. Meiner Familie ging es genauso. Deswegen spreche ich zu dem Antrag, um ihm diese Spitze zu nehmen, damit man das etwas anders einordnen kann. Sie sprachen über den emotionalen Verlust von Familien etc., Herr Kollege Bartl. Ich weiß nicht, wie Sie mit meiner Familie in der Diskussion umgehen würden. Hier zeigt sich auch die Schwierigkeit, mit der Sie unterwegs sind.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Da ist klar der historische Kontext gesehen!)

Ja, ich bin hier ganz im historischen Kontext. – Ein Problem war auch, dass die DDR diese Eigentumsfortschreibung nicht mehr nachgezeichnet hat, wenn es Erben in die nächste Generation gab. Insofern war das alles nicht sortiert. Es war der Rechtsstaat Bundesrepublik, der damit umgehen musste und entsprechend diese Dinge sortiert hat.

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, DIE LINKE)

Genau. – Die Bundesrepublik hat dann dieses DDRGesetz vollzogen, wie es damals auch politisch von Ihren Vorgängern gedacht war, Herr Bartl, nämlich kein volles Eigentum.

(Klaus Bartl, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Wenn man nicht mehr in der Landwirtschaft war, sollte es an den Staat zurückfallen. Das war damals die Politik Ihrer Vorgängerleute.

(Beifall bei der CDU)

Das können Sie auch hier nicht wegwischen.

Herr von Breitenbuch, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Bartl, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. Vielen Dank, Herr Kollege. Herr Kollege, geben Sie mir darin recht, dass das, was Sie jetzt heranziehen, die vorletzte Rechtslage war, dass die neue Rechtslage nach der Wende durch die Modrow-Gesetze geschaffen worden ist und dass die Modrow-Gesetze zu einem Zeitpunkt, in dem die DDR über die Regierung, über den Ministerpräsidenten handeln konnte, eine neue Rechtslage geschaffen hat, nämlich, dass der Boden allem anderen vormaligen Bodeneigentum gleichgestellt wird? Können Sie mir jetzt bitte reflektieren, wie Sie mit der neuen Rechtslage umgehen?

(Carsten Hütter, AfD: Blenden Sie 1992 aus?)

Lieber Herr Kollege Bartl, diese Rechtslage ist die Rechtslage dieses demokratischen Staates, und genauso wie im Fall der „Bodenreform Alteigentümer“ über Jahre und fast zwei Jahrzehnte die Dinge in der Bundesrepublik durch Gerichtsverfahren, durch Gesetzesverfahren nachvollzogen wurden, hat sich auch hier die Bundesrepublik die Sache noch einmal angeschaut. Aber das ist die aktuelle Rechtslage, nach der dieses Land Sachsen und dieser Staat handeln. Das können Sie auch nicht wegwischen. Es ist die Rechtslage, die demokratisch in Parlamenten zum Gesetz geworden ist.

(Zuruf des Abg. Dr. Stephan Meyer, CDU)

Selbstverständlich ist es für die Familien, die gedacht haben, dass sie dieses Eigentum haben, ärgerlich. Sie haben nach der Wende auch Kredite auf dieses Land aufgenommen, um teilweise ihre Neubauernstelle, ihr Haus und ihren Hof zu renovieren. Als dann die Grundbucheintragung anstand, hatten sie Probleme, weil ihnen der Staat – auch in dem Fall die Länder – das wieder weggenommen haben. Es war teilweise grotesk, weil Alteigentümerfamilien gefragt wurden, ob sie auf das eigentliche Neubauernhaus verzichten, damit dort renoviert, darauf ein Kredit aufgenommen werden konnte. Das haben wir sofort gemacht, weil wir diese Rechtslage akzeptiert haben. Auf der anderen Seite hat der Staat – die neue Bundesrepublik – denen das weggenommen. Das war im Einzelfall auch schwierig und hat nicht unbedingt zum Rechtsfrieden beigetragen.

Aber der Eingriff, der damals erfolgt ist, war auch so gewaltig. Ich habe von dem großen Baum gesprochen, der seinen weiten Schatten wirft. Wir merken, das waren nicht einfache rechtliche Diskussionen.

In Sachsen – ich möchte es noch einmal betonen – ist das ordentlich abgearbeitet worden. Das Land Brandenburg – darüber haben Sie ein wenig hinweggeschaut – hat sich im Jahr 2000, als die Frist auslief, in diese ganzen Grundstücke eintragen lassen. Das war ein Riesenskandal, der dort bis heute politisch noch verarbeitet wird. Gerade die rot-rote Landesregierung in Brandenburg ist so unter Druck gekommen, dass sie dem nachgegeben hat und jetzt versucht, über den Bundesrat irgendetwas politisch noch zu retten.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Ins Ärgernis haben sie sich damals selbst gebracht. Die Fristen sind alle abgelaufen, das heißt, dass wir hier ordentlich unterwegs sind. Der Rechtsfrieden ist schwierig. Jeder Einzelfall ist auch teilweise genau zu betrachten. Aber wir haben eine Rechtslage, die hier letztendlich vollzogen wird.

Zusammenfassend möchte ich sagen: Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, wenn kommunistisches Unrecht, gepaart mit verwaltungstechnischer Schlamperei der DDR-Zeit, jetzt unserem Rechtsstaat vorgeworfen wird, Herr Bartl. Genau das machen Sie.

Gestatten Sie noch eine Frage?

Bitte sehr, Herr Bartl.

Herr von Breitenbuch, kennen Sie die Äußerung von Helmut Kohl von 1991 in Reflexion zu den Verhandlungen mit der Sowjetunion?

Sie müssten bitte ins Detail gehen.

Ich kann ins Detail gehen, einen kleinen Moment bitte.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das haben Sie jetzt provoziert, Herr von Breitenbuch! – Dr. Matthias Rößler, CDU: Macht doch eine zweite Runde!)

Zitat: „Der Fortbestand der Maßnahmen zwischen 1945 und 1949 wurde von der Sowjetunion zu einer Bedingung über die Wiedervereinigung gemacht. Ich sage klar: Die Einheit Deutschlands konnte an dieser Frage nicht scheitern.“ Ist Ihnen das bekannt?

Diese Entscheidung prägt mein ganzes Leben. Deshalb ist sie mir bekannt, aber sie wird von mir auch akzeptiert.

Gestatten Sie noch eine Nachfrage?

Herr Bartl, bitte.

Warum gibt es so gravierend unterschiedliche Sichten auf dieses kommunistische Unrecht zwischen der sächsischen CDU und der CDU in Brandenburg, die die Staatsregierung gezwungen hat, gegen das Recht vorzugehen?

(Carsten Hütter, AfD: Aber wir sind doch nicht in Brandenburg, Herr Kollege!)

Wir sind im Sächsischen Landtag.

(Carsten Hütter, AfD: Danke!)

Insofern haben wir uns hier unsere Meinung gebildet. Wir haben über Jahre und Jahrzehnte mit diesem Thema Erfahrungen gesammelt.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe vorhin vom Treppenwitz der Geschichte gesprochen. Nach 1990 ist in einem juristisch komplizierten Verfahren – ich habe es beschrieben –, das im Einzelfall sicher zu Verletzungen und Enttäuschungen geführt hat, eine rechtsstaatliche Grundlage gelegt worden, die Rechtssicherheit geschaffen hat. Wir haben heute hier Rechtssicherheit. Es ist sehr durchsichtig, dass Sie alte Wunden aufreißen wollen, die Sie selbst damals, nach 1945, gelegt haben, und jetzt mit Unzufriedenheit unterwegs sind. Wir weisen das selbstverständlich zurück.