Landauf, landab wird davon gesprochen, dass der Referenzboden zwischen Politik und Bürger verloren gegangen ist, unter anderem, weil Bürgerinnen und Bürger einen Vertrauensverlust zum Rechtsstaat haben. Jetzt pfeifen wir einmal, und jetzt stoppen Sie uns schon beim Mundspitzen ab. Das ist ein Problem, das uns auf die Füße fallen wird.
Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/13871 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen.
Genau, Herr Präsident! Ich möchte mein Abstimmungsverhalten erklären und noch etwas ergänzen, und zwar: Wir reden hier über Föderalismus. Die Länder haben – wer sich damit genauer beschäftigt, es ist Agrargeschichte unserer Länder, gerade im Osten – 1992 ganz bewusst dieses Land an sich heranziehen wollen, um ihre Agrarbetriebe, die hier waren, zu stärken. Ganz bewusst. Es war agrarpolitisch gewollt. Das war gerade im Norden, und es ging quer durch alle Parteien. Entsprechend war das auch ein Hintergrund dessen, warum so gehandelt wurde. Auch da hat man politisch übersteuert, weil man wollte, dass hier die Ostbetriebe auch genug Substanz hatten, und die wollte man fördern. Das tut man teilweise bis heute. – Nur als Ergänzung.
Das war eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten. Jetzt – vermute ich –, Herr Kollege Bartl, erklären Sie Ihr Abstimmungsverhalten auch.
Danke, Herr Präsident. Ich habe für den Antrag gestimmt, weil ich der festen Überzeugung bin, dass die Erwägungen, weshalb die Eigentumssituation, der Eigentumsstatus nach den ModrowGesetzen wieder rückabgewickelt sind, unter anderem die
Ich habe nur eine andere Auffassung über die Wirkung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs. Wenn der Bundesgerichtshof und diese Republik ein Urteil zu einem bestimmten Staatshandeln treffen, was in diesem Fall ein Land betrifft, beispielweise Brandenburg, dann gilt das Urteil selbstverständlich nicht nur für Brandenburg, es gilt fernerhin auch für die anderen 15 Bundesländer. Das ist ganz selbstverständlich. Wenn im Bundesrat ein Land sagt, nachdem sie einen Untersuchungsausschuss eingesetzt hatten und eine Enquete, und zwar auf Forderung der CDU, dass das Unrecht gewesen ist, wollen wir zumindest – Rückgabe geht nicht mehr, Rückgabe vor Entschädigung geht alles nicht mehr – nur noch einen Entschädigungsfonds, wir wollen Rechtsfrieden wiederherstellen. Dass wir darüber nicht reden können, dass hier gewissermaßen mit der ideologischen Keule abgestimmt werden soll, das verstehe ich nicht.
Auch das war eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten. Bewusst habe ich das jetzt etwas weit ausgelegt wegen der interessanten Rechtsmaterie.
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Wir beginnen mit der einbringenden AfD-Fraktion. Bitte, Frau Kollegin Grimm.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir am Mittwoch in der Nacht zu einer unchristlichen Zeit schon einmal über die finanziellen Mittel für diesen Antrag gesprochen haben, möchte ich heute dazu den Sachantrag einbringen. Das Thema unseres Antrages ist „Schutz von Rehkitzen bei der Grasmahd in Sachsen“. Unser letzter Antrag in diesem Kalenderjahr greift das Thema Tier- und Naturschutz auf.
Wir machen uns heute für die Vermeidung unnötigen Leides der heimischen Rehkitze stark. Worum geht es
überhaupt? Wer es am Mittwochabend nicht mehr ganz so vernommen hat, für den möchte ich das jetzt noch einmal ausführen.
Jedes Jahr werden in ganz Deutschland mehrere Tausend Rehkitze grausam verstümmelt oder zerhäckselt, wenn der Landwirt seine Wiesen mit Hilfe von großen Mähmaschinen mäht. Die Kitze werden von den Ricken in den Feldern abgesetzt, während die Ricken auf Futtersuche gehen. Dabei haben die Kitze in den ersten Lebenswochen einen Drückinstinkt, das heißt, sie drücken sich bei drohender Gefahr flach auf den Boden, um von Fressfeinden nicht gesehen zu werden. Das habe ich schon einmal erörtert. Die Landwirte haben keine Chance, die Kitze im hohen Gras zu entdecken, wenn sie mit den Mähmaschinen über das Feld fahren.
(Wolfram Günther, GRÜNE: Das haben Sie wortgleich schon erzählt! – Heiterkeit bei den GRÜNEN – Allgemeine Unruhe – Glocke des Präsidenten)
Was kann man nun zum Schutz von Rehkitzen tun? In Schleswig-Holstein und in der Schweiz gibt es bereits erfolgreiche Projekte, um das Rehkitzsterben einzudämmen. In diesen Gebieten werden zum Beispiel Drohnen mit Wärmebildkamera benutzt und mit deren Hilfe vor der Grasmahd die Wiesen nach Rehkitzen abgesucht. Werden Rehkitze aufgefunden, wird die Liegestelle großzügig abgesteckt, damit der Landwirt diese Stellen umfahren kann. So konnte beispielsweise in SchleswigHolstein die Kreisjägerschaft Dithmarschen-Nord innerhalb von zwei Wochen 15 Drohnenflüge auf 2 300 Hektar Land durchführen und dadurch nachweislich 158 Rehkitzen das Leben retten.
Wir möchten in Sachsen nach dem obigen Vorbild ein Drohnen-Modellprojekt initiieren, um die Rehkitzrettung flächendeckend anbieten zu können. Für dieses Projekt soll die Staatsregierung mindestens 13 Drohnen mit Wärmebildkamera anschaffen und mindestens eine dieser Drohnen jeder unteren Jagdbehörde kostenlos zur Verfügung stellen. Die Drohnen können dann von den Landwirten und Jägern nach einer Einweisung in die Bedienung kostenlos geliehen werden. Das Modellprojekt soll von 2019 bis 2021 laufen, danach einer Evaluierung unterzogen werden, um es entweder weiter auszubauen oder bei Misserfolg bzw. fehlender Nachfrage wieder einzustellen.
Herr Staatsminister Schmidt hat uns bereits den Hinweis erteilt, dass – ich zitiere aus der Stellungnahme des SMUL zu unserem Antrag –: „… Drohnensysteme, die primär der Digitalisierung von Geschäftsprozessen dienen, über die Richtlinie ‚Landwirtschaft, Innovation, Wissenstransfer‘ aus dem Jahr 2014 gefördert werden können“ und die Nutzung dieser Drohnensysteme zur Wildrettung dabei nicht ausgeschlossen sei.
Vielen Dank, Herr Minister, für diesen Tipp. Sie kennen allerdings unsere Haltung zum Umgang der EU mit unserer Landwirtschaft. Diese Förderrichtlinien sind für Landwirte mehr Aufwand als Nutzen.
Allein die Antragsstellung ist ein wahres Bürokratiemonster. Das möchten wir unseren kleinen landwirtschaftlichen Betrieben nicht zumuten.
Wir befürworten bei der Umsetzung des Modellprojektes eine pragmatische Lösung und wollen diese durch die Berücksichtigung von drei Kriterien erreichen: erstens, oberste Priorität für alle Beteiligten haben wenig Aufwand und viel Nutzen, zweitens, eine unbürokratische Handhabung für Jäger und Landwirte durch direkte Zusammenarbeit im Modellprojekt mit der unteren Jagdbehörde und, drittens, keinerlei Kosten für Jäger und Landwirte, die sich freiwillig der Rehkitzrettung annehmen.
Ein Landwirt soll nicht erst eine Drohne kaufen, einen Antrag auf Förderung stellen, monatelang auf die Antwort warten und sich dann rechtfertigen und eventuell mit Sanktionen rechnen müssen. Der Landwirt soll entweder selber die Möglichkeit haben oder nach Rücksprache mit dem jeweiligen Jagdausübungsberechtigten in den Genuss der Nutzung einer Drohne kommen können.
Wenn wir diese drei Kriterien berücksichtigen und das Modellprojekt gemeinsam umsetzen, kann das verheerende Zerhäckseln von Rehkitzen endlich reduziert werden.
Auch wenn Sie unseren Haushaltsänderungsantrag zu diesem Thema bereits abgelehnt haben, bitte ich hier noch einmal um Zustimmung zu unserem Antrag. Machen Sie sich bitte ausnahmsweise frei von ideologischen Beweggründen und stimmen Sie unserem Antrag zu. Die lebenden Rehkitze sollten es Ihnen wert sein.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Grimm, wenn Sie gleich sagen, wir wären ideologisch, dann ist das ärgerlich, denn wir sind hier praktisch unterwegs. Wir kennen die Situation vor Ort. Ich bin selbst Jäger. Man versucht auf vielfältige Weise, die Rehkitze zu schützen.
Das liegt schon an demjenigen, der das Mähwerk fährt, dass er vorsichtig ist und sich an die Ecken herantastet, von denen er im letzten Jahr schon gewusst hat: Dort ist ein Rehkitz weggesprungen, dort ist eine Ricke weggesprungen, da könnte etwas liegen. All diese Erfahrung fließt voll mit ein.
Wir haben Jäger, die mit Hunden extra Vorsuche machen, ob Rehkitze im Gras liegen könnten, um genau das zu vermeiden. Niemand will, dass diesen Rehkitzen etwas passiert.
Natürlich gibt es auch Möglichkeiten des Staates. Wir haben Förderinstrumente, wie die Richtlinien „Landwirtschaft, Innovation, Wissenstransfer“, die auch den Kauf einer solchen Drohne unterstützen. Es gibt ein Forschungsvorhaben „Wildretter“, das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft durchgeführt wurde, um hierüber Erfahrungen zu sammeln und einzubringen. Das ist auch das, was der Staat machen sollte. Diese Dinge selbst anzuschaffen halte ich nicht für richtig. Das lehnen wir ab.