Wir haben natürlich noch eine weitere Aufgabe; das wurde schon angesprochen. Die Energiewende besteht nicht nur aus der Veränderung des Strommarkts, sondern es geht dabei auch um Wärme und – als dritten Bereich – um Mobilität. Auch hier haben wir in Sachsen eine große Aufgabe, unseren Anteil zu leisten und ein attraktives Angebot im öffentlichen Verkehr zu schalten, um die Nutzbarkeit zu stärken. Wenn Menschen das Angebot vor Ort haben, dann können sie den Bus oder die Straßenbahn nutzen.
In diesem Zusammenhang haben wir in Sachsen zwei große Aufgaben. Zum einen ist in den Ballungszentren dem wachsenden Bedarf an öffentlichem Verkehr nachzu
kommen. Man merkt deutlich, dass sich der Boom, den wir gerade in Dresden und Leipzig erleben, im öffentlichen Verkehr noch gar nicht abbilden konnte, dass das aber dringend notwendig ist.
Auf der anderen Seite brauchen wir genau die Lösungen, auch innovative Lösungen für den ländlichen Bereich. Ich wünsche mir auch, dass wir eine Flexibilität vor Ort haben, den Bürgerbus fahren zu lassen, oder dass wir für autonomes Fahren nicht nur eine Teststrecke für einen Bus haben, sondern tatsächlich solche Busse im Linienverkehr fahren. Ich habe mich sehr gefreut, dass wir jetzt in Leipzig einen ersten autonom fahrenden Bus haben werden, der zwischen dem BMW-Werk und der Leipziger Messe fährt.
Ich bin auch der Meinung, dass wir weg müssen von dem Schwarz-Weiß-Denken, ob jetzt alles gut oder alles schlecht ist. Wir müssen die Aufgabe annehmen. Die Aufgabe heißt nämlich, einen zeitgemäßen ÖPNV zu organisieren. Die Qualität des Angebotes – bezogen auf die Kundenzufriedenheit – ist durchaus eine hohe, zumindest wenn man sich einmal die Umfragen ansieht, die es deutschlandweit gibt. Da sind sächsische Städte führend bei der Kundenzufriedenheit dabei. Da wird das qualitative Angebot sehr wohl bewertet. Nur reicht das natürlich nicht aus, nur dort, wo wir ein gutes Angebot haben, den Daumen nach oben zu recken. Wir müssen uns natürlich schon darum bemühen, dass die von mir beschriebenen Anforderungen, sowohl was die Ballungszentren als auch den ländlichen Bereich betrifft, erfüllt werden.
Da bin ich nicht ganz bei dem, was Andreas Nowak dazu gesagt hat, was zuerst kommt, ob zuerst das Angebot oder die tarifliche Situation. Es muss beides miteinander einhergehen. Ich muss den Bus, die Straßenbahn und andere Verkehrsträger haben, die ich nutze. Ich muss dann aber auch die Hürden so niedrig halten, dass dieses Angebot auch genutzt werden kann. Das ist eine Gerechtigkeitsfrage. Deshalb stehen wir vor der Frage, wie ein attraktives Tarifsystem aussieht, aber auch, wie wir es schaffen, stärker in den ÖPNV zu investieren.
Ich bin ganz bei dem, was Frau Meier heute gesagt hat – bis auf die reflexartigen Rituale der Kritik, die eine Opposition immer bringen muss. Das gehört dazu und war notwendig, um das Lob zu verdecken, was trotzdem mitschwang, als gesagt wurde, dass wir so viel wie noch nie in den Busverkehr investieren, es einen Stopp der Abbestellungen gegeben hat und man grundsätzlich auf dem richtigen Weg sei. Von daher sind wir ganz nah beieinander.
Die Ungeduld, die alle in diesem Raum beschrieben haben, teile ich. Deshalb, Herr Böhme, teile ich auch Ihre Kritik. Aber es ist natürlich billig, so zu tun, als würde es nur einen geben, der dafür verantwortlich ist. Weil man im Sächsischen Landtag ist, ist das natürlich die Staatsregierung. Deshalb ist das Versagen der Staatsregierung
Sie wissen aber ganz genau, wie hier die Verantwortlichkeiten verteilt sind. Ich möchte eine rhetorische Frage an Sie stellen: Was würden Sie denn tun, wenn alle Hausaufgaben, die wir uns als Gesetzgeber sowohl im Koalitionsvertrag als auch in der Strategiekommission vorgenommen haben – wir haben uns auf fünf Handlungsempfehlungen verständigt, wir haben dazu die Mittel im Haushalt eingestellt –, nicht umgesetzt werden? Was würden Sie dann tun? Auf- und niederspringen, einen Parteitagsbeschluss fassen? Genau das war der Grund, warum wir auch einmal über Strukturen reden müssen.
Lieber Andreas Nowak, es gehört auch zur Wahrheit, dass eine schnelle Einigung bisher nicht an den SPD-Landräten gescheitert ist.
(Beifall bei der SPD – Andreas Nowak, CDU: Ihr Haus hätte auch ein bisschen mehr Gas geben können! – Carsten Hütter, AfD: Wie viele Landräte haben Sie denn?)
Ich teile die Kritik und nehme sie persönlich an, weil ich tatsächlich – siehe auch das Ergebnis der Strategiekommission – zu lange darauf gesetzt habe, dass es eine Einigung mit der kommunalen Ebene gibt. Das gehört zur Wahrheit dazu.
Aber wenn es so ist, dass wir einen Gestaltungsanspruch, aber keine Gestaltungsmöglichkeiten haben, dann heißt es, diese einzufordern und zu realisieren.
Im Übrigen wird es eine Landesverkehrsgesellschaft geben. Das ist eine Gesellschaft, die sich um die Mobilität in Sachsen kümmern muss. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann müssten Sie mich alle auf diesem Weg unterstützen. Wenn Sie einfordern, dass es eine andere Gestaltungskraft des Landes gibt, dann müssen Sie auch die Mitsprache des Landes organisieren. Zurzeit finanzieren wir den ÖPNV und haben keine einzige Möglichkeit, selbst zu gestalten. Damit muss Schluss sein. Wir wollen selbst gestalten!
Und hat das die Erfolge gebracht, die Sie jetzt durch die neue Gründung herbeiführen wollen? Was waren die Gründe, damals diese Landesverkehrsgesellschaft wieder abzuschaffen?
– die 1990 dazu geführt haben, erst eine Landesverkehrsgesellschaft zu gründen und dann eine Kommunalisierung zu machen.
Man hat dann im ÖPNV-Gesetz die gesamte Verantwortung für den ÖPNV in die Zweckverbände gelegt und die Finanzierung demzufolge kommunalisiert. Das, was wir mit den Regionalisierungsmitteln gemacht haben, ist eine Weiterleitung von Bundesmitteln an die Kommunen.
Wenn Sie sich die bundesweiten Entwicklungen in den letzten 30 Jahren anschauen, dann sehen Sie, dass jetzt der umgekehrte Weg von einzelnen Zweckverbänden zu Landesverkehrsgesellschaften gegangen wird. Die Mehrheit der anderen Bundesländer hat inzwischen Landesverkehrsgesellschaften, die eine klare Aufgabe haben.
Zurzeit werden im Hintergrund und auch öffentlich viele Unwahrheiten zum Thema Landesverkehrsgesellschaft verbreitet. Aber eine Landesverkehrsgesellschaft oder eine sächsische Mobilitätsgesellschaft übernimmt nicht die gesamte Verantwortung für den ÖPNV. Ich habe immer gesagt, dass ich eine Gesellschaft möchte, in der der Schienenpersonennahverkehr gebündelt ist, um die Mittel, die wir als Regionalisierungsmittel dafür zur Verfügung stellen, dementsprechend einzusetzen und nicht mehr über die Zweckverbände gehen zu müssen. Damit bin ich Teil des ÖPNV, und zwar gemeinsam mit der kommunalen Ebene. Der straßengebundene ÖPNV bliebe zum Beispiel in der kommunalen Verantwortung, aber ich hätte dann auch Gestaltungskraft.
Lieber Herr Böhme – das sei an dieser Stelle einmal gesagt –, Sie müssen sich einmal damit beschäftigen, wie Tarife gebildet werden. Sie werden nämlich nicht durch
Frau Dr. Muster, wenn Sie glauben, dass Antworten, die vor 30 Jahren gegeben wurden, nach 30 Jahren, in denen sich die Umstände geändert haben, nicht neu gegeben werden müssen und Sie deshalb von einem Zickzackkurs sprechen, dann bedeutet das, dass Sie nie politische Veränderungen aufgrund von veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen vornehmen dürfen.
Aber diese Denkweise, zurück zu den Fünfzigerjahren, bringt uns nicht weiter. Jede Zeit braucht eigene Antworten.
Ich bleibe dabei: Wenn wir beim ÖPNV einen Gestaltungsanspruch des Landes wollen, dann müssen wir uns dort strukturell verankern und dürfen das nicht allein den Kommunen überlassen. Sie können dazu eine andere Meinung haben. Aber wer mir auf diesem Weg folgt, sollte mir bitte auch bei der Gründung einer solchen sächsischen Mobilitätsgesellschaft oder Verkehrsgesellschaft helfen.
– dass wir uns 1991 entschieden haben, eine Landesverkehrsgesellschaft zu gründen. Wir haben uns dann für eine Kommunalisierung entschieden.