Protokoll der Sitzung vom 14.03.2019

Die Automobilindustrie ist eingeknickt, eingeknickt vor Abmahnvereinen wie der Deutschen Umwelthilfe

(Jörg Vieweg, SPD: Das ist lächerlich!)

und vor der Angst, zu weiteren Zugeständnissen verpflichtet zu werden.

Mit diesem Statement von Volkswagen wird die Bundesregierung einen Teufel tun, die Autokonzerne zu weiteren Nachrüstungen wie den immer wieder diskutierten Hardwarenachrüstungen bei Dieselautos zu verpflichten.

Dieses Umdenken zeigt aber auch, dass die Autoindustrie wenig Vertrauen in ihre eigenen Forschungen und Entwicklungen hat,

(Zuruf des Abg. Peter Wilhelm Patt, CDU)

um solche sauberen und sparsamen Fahrzeuge zu entwickeln, die die Umweltauflagen erfüllen können. Ich zitiere aus der „Welt“: „Allen Alternativen zum Batterieauto erteilt der VW-Chef eine klare Absage. Das Gas- oder Brennstoffzellenauto von VW ist praktisch tot. ‚Technologieoffenheit ist jetzt die falsche Parole und führt dazu, den Systemwandel weiter in die Zukunft zu verlegen.‘, sagte Diess.“

Die Automobilindustrie verschreibt sich dem Slogan: Der Diesel ist tot, es lebe das E-Auto!

Was bedeutet das jetzt für den vorliegenden Antrag? Das bedeutet, dass aktuell dieses Thema tot ist. Wir brauchen keine Feststellungen mehr zu treffen, ob Fahrverbote zulasten der deutschen Verbraucher gehen, dass sich die Luftqualität kontinuierlich verbessert hat. Wir brauchen

keine Diskussionen mehr zu Grenzwerten oder deren Belastbarkeit, über Standorte von Messstationen oder die Wirkung von Stickoxiden. Mit der Erklärung der Autokonzerne, die eigenen Pkw-Flotten sukzessive auf EModelle umzurüsten, wird diesen Diskussionen die Grundlage entzogen.

Nichtsdestotrotz ergeben sich mit dieser Entwicklung neue Aufgabenschwerpunkte für die Staatsregierung Sachsens, und diese dürfen nicht verschlafen werden. Der Umstieg auf die Produktion von E-Autos wird massive Arbeitsplatzverluste zur Folge haben. Bereits jetzt hat der VW-Konzern angekündigt, dass er 7 000 Arbeitsplätze streichen werde. Diese Einsparung wird es mit Sicherheit auch in anderen Autokonzernen geben. Mit VW und BMW haben zwei große Unternehmen dieser Branche Betriebsstätten in Sachsen, deshalb werden sich Arbeitsplatzstreichungen auch auf unsere Region auswirken.

Hierzu erwarte ich vom Wirtschaftsminister ganz konkrete, zügige Aktivitäten, die einerseits Klarheit schaffen, in welchem Umfang Sachsen von dem angekündigten Stellenabbau betroffen sein wird, und, darauf aufbauend, Aktivitäten, die dazu führen, dass die gleichfalls angekündigten neuen Arbeitsplätze in den Bereichen Softwareentwicklung oder Elektronikarchitektur auch in Sachsen angesiedelt werden. Hier muss Sachsen schnell seine Claims abstecken, bevor wir eine zweite Lausitz bekommen.

Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt ergibt sich aus unserer Sicht für die Staatsregierung: Sachsen muss sich dafür einsetzen, dass es für bereits auf der Straße fahrende Dieselautos Bestandsschutz gibt. Mit der eben angesprochenen Entwicklung hin zu kompletten E-Auto-Flotten ist diese Forderung im Sinne der Autofahrer legitim. Unsere Verbraucher, die Diesel-Fahrer, brauchen Sicherheit im Hinblick auf die Nutzung ihrer Fahrzeuge. Sie haben diese Autos im Vertrauen auf eine entsprechende Lebensdauer gekauft.

Bitte zum Schluss kommen.

Zumindest dieses Vertrauen dürfen wir nicht zerstören. Dafür müssen wir uns starkmachen, Herr Verkehrsminister.

Vielen Dank.

Meine Damen und Herren, das war die erste Runde der Aussprache. Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Wurlitzer.

Danke. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Meier – schade, dass sie jetzt nicht da ist –, wenn man einmal von dem Antrag der AfD weggeht: Sie haben gerade hier gestanden und der AfD vorgeworfen, dass sie theoretisch eine flammende Rede zur Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger im Freistaat hätte halten sollen. An dieser Stelle, muss ich ehrlich sagen, frage ich mich,

wo diese Rede von Frau Meier gewesen ist. Wenn wir über Grenzwerte sprechen, dann müssen wir auch über die Fakten sprechen: dass wir an einer Straße einen NOxWert A haben und in einem Büro an einem Industriearbeitsplatz einen NOx-Wert mit einer Zulassung haben, der 20 Mal so hoch ist. Wo war die flammende Rede von Frau Meier, was dort die Gesundheit der Bürger betrifft?

(Zuruf der Abg. Sarah Buddeberg, DIE LINKE)

Das Gleiche betrifft den Feinstaub an der Straße und im Büro. Im Büro ist er um ein Vielfaches höher in der Zulassung, was Tuner und Laserdrucker etc. betrifft. Auch dazu habe ich keine flammende Rede von Frau Meier gehört. Das wollte ich nur sagen. Ich hätte sie das gefragt, wenn sie es mich hätte fragen lassen.

Vielen Dank.

(Marco Böhme, DIE LINKE: Tosender Applaus!)

Meine Damen und Herren, nun noch einmal der Versuch – das war die erste Runde der Aussprache –: Gibt es aus den Reihen der Fraktionen Redebedarf für eine weitere Runde? – Herr Hütter, Sie haben das Wort; bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Rohwer! Wo ist er? – Nicht da, schade! E-Autos sind also emotionsfrei? – Stark! Das möchte ich gern einmal von Ihnen bis zum Letzten durchgerechnet haben. Den Beweis treten Sie doch bitte einmal an und vor allem, wie die Fahrzeuge geladen werden.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Emotionsfrei sind Sie!)

Ja, das mag so sein. Entschuldigen Sie bitte, das passiert.

Beweisen Sie mir doch erst einmal, dass die Fahrzeuge völlig frei von irgendwelchen Schadstoffen fahren. Es ist kein dummes Zeug, sondern es ist immer die Frage, wie ich die Batterien in diesen Fahrzeugen lade.

Die nächste Geschichte zum Thema Junge Gemeinde. Ich muss ganz ehrlich sagen: Die jungen Gemeinden, die wir kennen, fahren meist S 50 oder S 51 oder vielleicht auch Schwalbe, und das sind meines Erachtens Zweitakter, und was diese in die Luft blasen, ich glaube, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Dazu sollten Sie Ihre Aussagen überprüfen.

Herr Vieweg, schön, dass Sie sich ein E-Fahrzeug gekauft haben. Herzlichen Glückwunsch! Schauen Sie einmal auf die Rechnung, was die Krücke gekostet hat, dann schauen Sie, wie viel ein normaler Golf kostet, und dann fragen Sie sich mal, wer sich so etwas momentan leisten kann. Das wäre auch eine Frage, über die man einmal diskutieren sollte.

Frau Meier, vielleicht ist Ihnen entgangen, dass fast alle Fahrzeuge im öffentlichen Nahverkehr momentan immer noch mit einem Dieselmotor angetrieben werden. Sie

loben gerade den ÖPNV hoch. Noch ist der Diesel dort nicht zu ersetzen, und die Stadtverwaltungen, die versucht haben, Dieselfahrzeuge auf Elektroantrieb umzurüsten, sind im Winter dieses Jahres alle steckengeblieben und aus dem Verkehr gezogen worden.

(Marco Böhme, DIE LINKE: So ein Quatsch!)

Nein, das ist kein Quatsch. Lesen Sie sich einfach mal im Internet ein, dann werden Sie genau das finden. Alles gut.

Wir kommen noch einmal zu den Grenzwerten zurück. Die Grenzwerte stammen aus Studien, die allesamt das gleiche methodische Problem haben: Sie können keine Ursachen für die statistischen Zusammenhänge ermitteln. Erst recht kann keine Gesundheitsgefahr durch einzelne Schadstoffe nachgewiesen werden. Wissenschaftler sehen in diesem Bereich erheblichen Forschungsbedarf.

(Marco Böhme, DIE LINKE: Radfahren ist auch gesund!)

Aber auch die Messstationen liefern alles andere als korrekte Messergebnisse. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Die Messstationen in Sachsen mit den höchsten Messwerten sind komischerweise auch die, die entgegen den Vorschriften aufgestellt worden sind. Beispiel: Leipzig-Mitte. Die Messstation steht direkt am Rand einer viel befahrenen sechsspurigen Kreuzung, die Vorschriften schreiben aber einen Abstand von mindestens 25 Metern zum Fahrbahnrand einer Kreuzung vor.

Zweites Beispiel: Dresden, Bergstraße. Auch hier steht eine Messstation direkt am Fahrbahnrand. Die Vorschriften schreiben aber einen Abstand von mindestens 4 Metern zur Fahrbahnmitte vor. Hinzu kommt, dass die Straße eine starke Steigung hat, eine nahe Ampelkreuzung und einen feststehenden Blitzer sowie zusätzlich eine Bushaltestelle. Es wird praktisch ständig Beschleunigungs- und Stoppverkehr gemessen. Hier hat also das rotrot-grüne Rathaus ganze Arbeit geleistet, meine Damen und Herren.

(Albrecht Pallas, SPD: Keine Ahnung! – Weitere Zurufe von den LINKEN und der SPD)

Das sind doch Tatsachen, Leute! Wenn ich dauernd anhalten und dann wieder beschleunigen muss usw., dann gehen doch die Messwerte hoch. So eine Station ist doch Unsinn! Die Enteignung von Dieselfahrern und Fahrverbote darf es aufgrund dieser Erkenntnis nicht geben. Es besteht kein Anlass zur Eile und zu einer überhasteten Flottenerneuerung. Wir brauchen mehr Sachlichkeit in der Debatte.

(Zurufe von den LINKEN)

Dazu braucht es diesen Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Jörg Vieweg, SPD, steht am Mikrofon.)

Meine Damen und Herren, gibt es weitere Wortmeldungen? – Ist es eine Kurzintervention?

Sehr geehrter Herr Präsident, eine Kurzintervention zum Redebeitrag meines Kollegen Hütter. Sehr geehrter Kollege Hütter, die sächsische Automobilindustrie hat sich für einen Weg entschieden, um klimaneutrale Fahrzeuge herzustellen – bei Volkswagen, bei BMW, überall im Land Sachsen –, weil die Automobilwirtschaft sozusagen unsere Kernaufgabe und auch Kern der sächsischen Industriepolitik ist.

Insoweit haben sich jetzt Tausende von Kolleginnen und Kollegen auf den Weg in die Zukunft der Automobilindustrie gemacht; und Sie erzählen uns heute – das nehme ich aus dieser Debatte mit –, dass Sie als AfD-Fraktion einen Feldzug gegen die sächsische Automobilindustrie fahren, gegen Tausende Arbeitsplätze im wichtigsten Wirtschaftsfaktor dieses Landes. Sie betreiben eine industriefeindliche, eine zukunftsfeindliche Politik aus dem Sächsischen Landtag heraus.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD –

Ein Unsinn ist das! –

Jörg Urban: So ein Unsinn! – André Barth, AfD: Mal einen

Spiegel vorhalten, Herr Vieweg! –