Protokoll der Sitzung vom 14.03.2019

(Juliane Nagel, DIE LINKE: Richtig!)

oder „Wir können die Grenzen nicht schließen“,

(Juliane Nagel, DIE LINKE: Welche Grenzen denn im Schengen-Raum, bitte?)

das waren Aussagen der CDU-Kanzlerin und deutliche Signale an alle Menschen auf dem Weg ins gelobte Deutschland. Unsere europäischen Nachbarn aber schüttelten die Köpfe über unser Verhalten und winkten die Flüchtlinge erleichtert dorthin, wo sie gern hinwollten: nach Deutschland eben. Daraufhin schwappten Hunderttausende Ausländer in unser schönes Land.

(Zurufe von den LINKEN)

Nicht nur die Polizei, sondern auch Verwaltungsbehörden wurden von dem Ansturm auf dem falschen Fuß erwischt. Die kaputtgesparte Polizei war personell unterbesetzt und schlecht ausgestattet.

(Marco Böhme, DIE LINKE: Was hat das mit der Polizei zu tun?)

Der Freistaat Sachsen war gezwungen, die Zahl seiner Erstaufnahmeeinrichtungen zu verzehnfachen. Der

Großteil der Migranten wurde anschließend auf die Landkreise und die Städte verteilt. Auch bei Landkreisen und Städten sind erhebliche Kosten angefallen, die durch den Freistaat nicht zu hundert Prozent erstattet wurden.

(Zuruf von den LINKEN)

Daraufhin sandte im April 2017 die Stadt Freiberg eine Rechnung über Integrationskosten an Frau Dr. Merkel. Was passierte? – Natürlich keine Antwort. Öffentlich verkündete die Bundeskanzlerin weiterhin unverdrossen – Sie kennen es alle –: „Wir schaffen das.“ Wer aber trägt nun die Kosten für diese Fehlentscheidung?

(Zuruf des Abg. Marco Böhme, DIE LINKE)

Vielleicht die Bundeskanzlerin aus ihrer Privatschatulle?

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Das ist doch primitiv, Herr Barth, oder?)

Besser: Alle Gutmenschen, die keine Grenzkontrollen wollen? – Schön wär’s! Nein, die Kosten tragen der

Freistaat, seine Kommunen und somit auch seine Bürger. Wir sind in finanzieller Hinsicht die Leidtragenden, denn mit unserem Geld bezahlen wir diesen Migrationsstrom aus der Welt. Viele sächsische Bürger sind dazu nicht länger bereit,

(Marco Böhme, DIE LINKE: Aus Steuererhöhungen, oder was?)

und wenn die Staatsregierung nichts unternimmt, um dieses Geld vom Bund zurückzuerhalten, dann braucht sie sich auch nicht zu wundern, wenn sie am 1. September vom Wähler dafür abgestraft wird.

(Beifall bei der AfD – Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange: Das ist wirklich abwegig, richtig abwegig!)

Der Antrag ist eingebracht. Es sprach Herr Barth. Jetzt ergreift für die CDUFraktion Herr von Breitenbuch das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle stehen in der Verantwortung, denjenigen Hilfe zu bieten, die Hilfe benötigen. Dabei unterscheiden wir nicht nach Religion, Geschlecht oder Herkunft. Genau das macht uns, das macht unser Land und das macht auch das christliche Abendland aus. Darauf sind wir stolz.

(Christian Hartmann, CDU: Genau! – Beifall bei der CDU)

Dieser Verantwortung stellen sich Bund, Land und Kommunen gleichermaßen. Auch die Bürgergesellschaft leistet hierzu einen unschätzbaren Beitrag. Ich verweise auf die vielen Freiwilligen, die in diesen schwierigen Tagen im Jahr 2015 mit großem Einsatz geholfen haben, wofür wir dankbar sind.

Sicherlich gab es damals Versäumnisse, Missstände, auch menschliche Unzulänglichkeiten, die immer, wenn Menschen tätig sind, vorkommen. Diese müssen offen ausgesprochen werden. Dieses passiert auf Bundesebene. Ich erinnere hierbei an die Werkstattgespräche, die Frau Annegret Kramp-Karrenbauer als neue Bundesvorsitzende im Adenauer-Haus jetzt geführt hat. Das tun wir auch in der sächsischen Koalition.

Aber die Art und Weise, wie es die AfD mit diesem Antrag macht, ist für uns nicht der richtige Weg, um zur Lösung dieser Themen beizutragen, im Gegenteil. Die AfD spaltet, sie sät Zorn und Neid. Schon in der Bibel sind das Todsünden, von denen man ablassen soll.

(Beifall bei der CDU)

Herr Barth, wenn Sie sagen, hier hätte jemand Asylanten bestellt, dann ist das Ihre Art, auf Menschen zu schauen – wir sehen das hier sehr deutlich –, aber das ist nicht unsere Art. Wir können in Sachsen nur davor warnen: Wenn Sie regieren und mit derselben Art, mit demselben Blick auf Menschen schauen, dann kann das nicht gut sein – entsprechend Ihrer Ideologie.

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Sie müssen ja nicht regieren, wenn die CDU nicht mit ihnen in Koalition geht!)

Sie können gern eine Frage stellen, wenn Sie wollen.

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Nein, das war ein Zwischenruf!)

Ach so. – Zur Kostenverteilung. Dem Bund zu unterstellen, er würde sich aus der Verantwortung stehlen, so muss ich sagen: Dem ist bei Weitem nicht so. Insgesamt hat der Bund im Jahr 2017 21,2 Milliarden Euro für die Aufgaben Asyl und Integration bereitgestellt. Die Länder und Kommunen hat er dabei mit insgesamt 6,6 Milliarden Euro unterstützt.

Es gibt darüber hinaus Leistungen des Bundes in Höhe von 14 Milliarden Euro, an denen sich die Länder nicht beteiligen. Zum Beispiel stellt der Bund 7 Milliarden Euro für die Bekämpfung der Fluchtursachen bereit. Er stellt 3,5 Milliarden Euro für Sozialtransfers bereit. Er gibt 2,5 Milliarden Euro für Integrationsleistungen aus und stellt 1 Milliarde Euro für die Registrierung und die Unterbringung zur Verfügung.

Der Bundestag hat am Donnerstag, dem 29. November 2018, über die fortgesetzte Beteiligung des Bundes an den Integrationskosten der Länder und Kommunen entschieden. Danach erhalten die Länder und Kommunen die Entlastung zukünftig über erhöhte Umsatzsteueranteile. Die Gemeinden werden über die Umsatzsteuerverteilung 2019 insgesamt um rund 1,8 Milliarden Euro entlastet. 2,4 Milliarden Euro stellt der Bund als Beteiligung den Ländern und Gemeinden im Rahmen einer Integrationspauschale zur Verfügung. Die Pauschale fällt damit um 435 Millionen Euro höher aus als in den Vorjahren.

Im Gesetz sind darüber hinaus weitere Abschlagszahlungen und Spitzabrechnungen enthalten, die den Ländern und Kommunen bewusst Entlastung zusichern.

Konkret noch einmal zu Ihrem Antrag. Der Antrag begehrt einen Bericht zu den Ausgaben und Einnahmen bei den Aufgaben Asyl und Integration. Die AfD selbst stützt sich in ihrer Antragsbegründung auf Zahlen aus Kleinen Anfragen. Es gibt zahlreiche weitere Kleine Anfragen. Aufgrund der sehr weitreichenden Datenlage über genau diese Kleinen Anfragen ist ein weiterer Bericht in unseren Augen unnötig und würde keinen inhaltlichen Mehrwert mit sich bringen.

Darüber hinaus begehren Sie eine Bundesratsinitiative, in der gefordert wird, dass der Bund die vollen Ausgaben übernehmen soll. Das lehnen wir ab, denn wir sind im Föderalismus.

Ich weiß nicht, ob Ihnen bewusst ist, wie eine Verantwortungsgemeinschaft von Bund, Ländern und Kommunen im Föderalismus funktioniert. Danach beteiligen sich der Bund, die Länder und die Kommunen an der Bewältigung verschiedener Aufgaben. Sie unterstützen sich gegenseitig, aber sie streiten auch über die Höhe der jeweiligen Unterstützung. Dabei kann es zu Meinungsverschieden

heiten kommen – das ist richtig –, ob die Höhe der Unterstützung als angemessen und ausreichend angesehen wird. Ich denke, das geschieht auch aus Sachsen. Dabei denke ich besonders an unseren Finanzminister. Wir streiten auch gern mit dem Bund – das ist überhaupt keine Frage.

Ich wünsche mir vielleicht eine deutlichere Unterstützung des Bundes an der einen oder anderen Stelle. Aber eines ist klar: Das Geld des Steuerzahlers kann nur einmal ausgegeben werden, egal, ob es in den Kommunen, in den Ländern oder beim Bund gelandet ist.

Wenn ich an der einen Ecke der Decke ziehe, wird an der anderen Seite die Decke weggenommen. Irgendwo reden wir immer über das Gleiche, denn über Steuererhöhungen wollen wir nicht sprechen. Deswegen gibt es genug Gründe, Ihren Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt Frau Nagel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen!

(Zuruf von der AfD: Danke!)

„Wer bestellt, bezahlt!“ So lautet die zynische Überschrift des hier vorliegenden Antrages.

Meine sehr geehrten Damen und Herren der demokratischen Fraktionen! Allein dieser Titel führt das Menschenbild der Antragstellerin vor Augen. Was die AfD mit ihrem Antrag suggeriert: Geflüchtete sind lästige Kostenfaktoren und nicht in erster Linie Menschen. Genau das finde ich unsäglich.

Ich freue mich aber über die Worte meines Vorredners, Herrn von Breitenbuch, dass er uns zustimmt. Ich verstehe das ein bisschen als Absage an eine Koalition mit den Herren und Damen von der AfD.

Zu Beginn meiner Ausführungen will ich zum wiederholten Mal klarstellen, wie die Dinge liegen. Herr Barth hat das wieder runtergeleiert, und das ist einfach falsch. Im September 2015 hat Deutschland von seinem Selbsteintrittsrecht, was in der Dublin-III-Verordnung verankert ist, Gebrauch gemacht. Deutschland hat sich bereit erklärt, Geflüchtete zur Durchführung des Asylverfahrens aufzunehmen, ohne dass es dafür die originäre Zuständigkeit hatte. Dass das legal ist, hat der Europäische Gerichtshof im Jahr 2017 bestätigt.

Deutschland hat in dieser schwierigen Situation zumindest für kurze Zeit Solidarität gezeigt, europäische Solidarität gezeigt und hat Schlimmeres verhindert, was passiert wäre, wenn die Menschen vor verschlossenen oder wieder eingezogenen Grenzen gestanden hätten. Das Gerede von Grenzen im Schengen-Raum und von illegaler Masseneinwanderung, wie es im Punkt I.1 Ihres Antrages veran

kert ist, ist nichts als grober Unfug und nichts anderes als die Reformulierung falscher rechter Hetze.