Protokoll der Sitzung vom 20.05.2021

(Beifall bei den BÜNDNISGRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Wir hörten Herrn Kollegen Dr. Gerber für die Fraktion BÜNDNISGRÜNE. Gibt es noch Redebedarf aus den Fraktionen heraus? – Endgültig nein? – Damit hat die Staatsregierung das Wort. Das Wort ergreift Herr Staatsminister Günther.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Das SMEKUL und sein Haushalt beschäftigen sich mit Themen, die nicht hoch genug einzuschätzen sind. Es geht um den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Es geht um Daseinsvorsorge, Energievorsorge, Ernährung, die Handlungsfreiheiten einer künftigen Generation, die wir abzudecken haben. Das bricht sich dann herunter in The

men wie Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Jagd- und Umweltpolitik, Gewässerbewirtschaftung, Gewässerschutz, die oberirdischen Gewässer, Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Wasserbau, Hochwasserschutz. Es geht um Kreislaufwirtschaft, Abfallbeseitigung, Bodenschutz, Altlasten, Emissionsschutz, Klimaschutz, Klimawandel, Klimaanpassung. Es geht um Naturschutz, Landschaftspflege, Biotop- und Artenschutz. Es geht um die Energiewirtschaft, um Energiepolitik und -recht, Energieaufsicht, erneuerbare Energien, Energienetze und noch weitere Stichworte.

Wir merken: Das alles sind wichtige Punkte, und wir sind tagtäglich davon abhängig, dass es funktioniert. Zur Erfüllung dieser Aufgaben – auch als Partner der Gesellschaft – brauchen wir einen auskömmlichen Finanzrahmen. Das ist ein harter Kampf, auch in Zeiten von Corona. Die Decke, auch das müssen wir immer wieder feststellen, ist zu kurz, und – wie man schon diesen Stichworten entnehmen konnte – die Aufgaben sind in der Vergangenheit in diesen Bereichen mit Sicherheit nicht kleiner, sondern deutlich größer geworden, und sie wachsen noch.

Dieses Haus, das ich im Dezember 2019 übernehmen konnte, ist leider über die Jahre so eine Art Sparbüchse gewesen, ein Abbruchhaus. Seit dem Jahr 1994 ist allein das Personal von rund 7 000 Beschäftigten im Ministerium und in den nachgeordneten Bereichen auf aktuell reichlich 3 800 Personen reduziert worden.

(André Barth, AfD: Es muss auf die Aufgaben ankommen!)

Das ist ein personeller Rückgang von 45 % bei gleichzeitig deutlich wachsenden Aufgaben.

(Zuruf des Abg. Norbert Mayer, AfD)

Das heißt, man ist dort an vielen Stellen wirklich am Rand einer defizitären Aufgabenwahrnehmung. Es besteht jetzt natürlich der Anspruch – auch angesichts der Aufgaben, für die wir stehen und zu denen die Gesellschaft berechtigte Forderungen stellen kann –, dass es funktioniert.

(André Barth, AfD: In Teilen der Gesellschaft!)

Es gilt, dieses Ministerium und seine nachgeordneten Bereiche wieder zu einer schlagkräftigen Einheit aufzubauen, auch mit der personellen Mindestausstattung.

Weil die Decke überall zu kurz ist, ist es wichtig, dass wir mit jedem Cent, mit jedem Steuer-Euro, den wir dort ausgeben, möglichst einen mehrfachen Nutzen generieren und mehrere Ziele und Aufgaben gleichzeitig in den Blick nehmen.

(André Barth, AfD: Aha!)

Es ist auch der erste sächsische Haushalt, der mit einem völlig neuen Blick sowohl an die ökologischen Herausforderungen unserer Zeit, an die Klimakrise, den Ressourcenüberverbrauch und die kriselnde Artenvielfalt herangeht als auch an die strukturellen Herausforderungen, denen sich die Landwirtschaft gegenübersieht. Es geht insgesamt um eine Transformation des Bestehenden.

Es ist auch der erste sächsische Haushalt in dem Bewusstsein, dass die Krisen, auch die Coronakrise, denen wir gegenüberstehen, nur zusammen bewältigt werden können. Das ist auch ganz klar: Nicht weniger Klimaschutz nach Corona wird uns helfen, schnell wieder auf die Beine zu kommen, sondern mehr Klimaschutz. Denn Klimaschutz ist ein Konjunkturprogramm für Sachsen.

(Zurufe von der AfD)

Mehr Ressourceneffizienz und der Ausbau der erneuerbaren Energien – das entfesselt Investitionen und führt zu Innovationen. Ein Stichwort – Meyer Burger – wurde bereits genannt.

(Zurufe von der AfD)

Die heute geplanten Steuermittel müssen dazu beitragen, dass wir sichtbar die genannten Probleme bewältigen, dass wir die grundlegenden Trendwenden auch schaffen – so wie es die Bevölkerung von uns erwartet –, dass wir zu einer spürbaren Transformation, zu einer Umwandlung der bestehenden Systeme und Wirtschaftsweisen gelangen.

Es geht also um eine Energiewende. Es geht um echten Klimaschutz, das heißt, die Einhaltung der Klimaziele von Paris durch eine wirksame Reduktion des CO2-Ausstoßes. Das Ziel ist es, dass unsere Energieträger zu 100 % erneuerbar sind.

(André Barth, AfD: Schwachsinn!)

Es geht um eine Klimawandelfolgenanpassung – im Kleinen wie im Großen. Es geht um spürbar verbesserten Schutz unserer Artenvielfalt genauso wie um weniger Luft- und Lärmverschmutzung. Es geht um eine Landwirtschaftspolitik, die gleichermaßen an Ökologie und dauerhaft gesicherten Einnahmen für die Landwirtinnen und Landwirte als auch an Tierschutz, regionaler Wertschöpfung und ländlicher Entwicklung ausgerichtet ist und die eine funktionsfähige Produktionsgrundlage auch für kommende Generationen hinterlässt. Es geht um Ressourcenbewusstsein, Ressourcenschutz, Kreislaufwirtschaft. Ich nenne nur das Stichwort „Zero Waste“, dem besondere Bedeutung zukommt.

Bei all diesen Herausforderungen wissen wir: Wir haben in unserer Geschichte schon einige Umweltkrisen bewältigt. Während aber beispielsweise bei der Bekämpfung des Ozonlochs ein FCKW-Verbot geholfen hat oder wir den sauren Regen durch Rauchgasentreinigung bzw. Katalysatoren in den Griff bekommen haben, ist es bei der Klimakrise, dem Rückgang der Artenvielfalt und auch bei unserem strukturellen Ressourcenüberverbrauch viel umgreifender. Das heißt, auch die Lösungsansätze werden viel tiefgreifender, umfassender, integrierter alle Bereiche unserer Gesellschaft erfassen müssen.

Ich setze mich dafür ein – und wir setzen uns mit diesem Haushalt dafür ein –, dass wir die enormen Potenziale, die in all diesen Branchen liegen – Energie, Landwirtschaft, Umweltbereich –, mit klugen Investitionen entfesseln. Das schafft dann auch Arbeitsplätze für die Zukunft, belebt un

sere Konjunktur und leistet einen Beitrag, dass wir kommenden Generationen eine intakte Umwelt, intakte Lebensbedingungen hinterlassen.

Zum Einzelplan 09: Dieser Regierungsentwurf für die Jahre 2021/2022 umfasst ein Volumen in Höhe von circa 1,5 Milliarden Euro, für die wir die Verantwortung übernehmen. Das macht ungefähr 3,6 % des Gesamthaushaltes aus. Rund die Hälfte sind Ausgaben im Förderhaushalt. Mit der anderen Hälfte finanzieren wir die Fachaufgaben in den Verwaltungsbehörden, gerade auch in den nachgeordneten Bereichen. Trotz dieser geschilderten Rahmenbedingungen und des Umstandes, dass die personellen Ressourcen wie bei einer Decke, die an allen Ecken und Enden zu kurz ist, immer noch begrenzt sind, ist es uns gelungen, nicht nur neue Bereiche zu implementieren, sondern auch für eine Fortsetzung der Erledigung der bestehenden Aufgaben zu sorgen.

Es gibt Instrumente – hier wird immer von der Seite hereingerufen, wenn es um Innovation geht, zum Beispiel um die Preisgelder aus den Modulen „eku idee“ und „eku innovativ“ –, bei denen es genau darauf ankommt, dass aus der Gesellschaft heraus Projekte aufgelegt werden, die einen Mehrfachnutzen liefern, die für gesunde wirtschaftliche Verhältnisse für die Zukunft sorgen und das mit einem Antworten auf die Artenvielfalt und auf die Klimakrise verbinden. Ein Preisträger, eine Dachbaufirma aus Mittelsachsen, hat ein Ökohaus aus 100 % leim- und metallfreien Massivholzelementen kreiert und dafür eine Unterstützung erhalten.

(André Barth, AfD: Wie teuer war das Haus?)

Es geht hierbei um die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe mit nachhaltigen Baustoffen.

Wir haben ein weiteres Projekt, das eine gemeinnützige Schule aus Leipzig betrifft, ein Urban Gardening Projekt. Dabei geht es nicht nur darum, junge Menschen an das Thema Ernährung heranzuführen, sondern genau darum, sozial Schlechtergestellten einen Zugang zu bieten und auch bei der Bildung von Erzieherinnen und Erziehern einen Beitrag zu leisten.

Oder denken Sie etwa an die Stiftung Kraftwerk Hirschfelde, wo es um Projekte zur nachhaltigen Nutzung ehemaliger Industrieflächen geht, auch um die Unterstützung von Strukturwandel in diesen Regionen. Genau für solche Anliegen brauchen wir das Geld, um diese Initiativen fördern zu können.

Dieser Haushalt umfasst aber natürlich viel mehr. Die Naturschutzstationen – sie sind schon genannt worden – sind jetzt mit einem vernünftigen Betrag enthalten. Wir haben das Thema Umweltbildung, auch bei freien Trägerverbänden. Wir haben die Jungen Naturwächter, den Nachwuchs im Naturschutz berücksichtigt. Wir haben ein Programm für die Hofnachfolge, für Existenzgründer – ein neues Förderangebot in der Landwirtschaft, um auch dort den Generationswechsel zu unterstützen.

Wir sehen im Bereich Absatzförderung – darüber haben wir am Dienstag schon gesprochen – Mittel für Bio-Regio

Modellregionen vor. Wir haben Mittel für Flächenankauf im Naturschutzbereich und natürlich Kompetenzzentren, die wir auf den Weg bringen für eine nachhaltige Landwirtschaft, für die Fischereiwirtschaft und für das Klima.

Es gibt Kontinuität: Wir fördern weiterhin die Landesgartenschau 2022 in Torgau. Wir führen das ELER-Programm 2014 bis 2020 mit einer Übergangsverordnung weiter, das heißt, wir können den Naturschutz im Rahmen der Richtlinie „Natürliches Erbe“ weiter finanzieren. Wir können Flächenmaßnahmen im Rahmen der Richtlinie „Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen“ und auch Ausgleichszulagen im Ökolandbau weiter finanzieren. Wir können landwirtschaftliche Investitionen im Rahmen der Richtlinie „Landwirtschaft, Innovation, Wissenstransfer“ finanzieren.

Wir setzen auch die Kalkung im Wald fort. Das klingt relativ speziell, aber auch hier merken wir: Noch heute müssen wir Aufräumarbeiten vornehmen angesichts der Folgen von Industrialisierung, von Braunkohleeinsatz. Das sind Generationenlasten, die wir immer noch tragen müssen.

Wir haben die Nachwuchsförderung für Grüne Berufe aufrechterhalten. Wir haben die Aufstiegsfortbildung im land- und forstwirtschaftlichen Bereich, die Förderrichtlinie Meisterbonus. Natürlich unterstützen wir auch weiterhin die Kommunen bei der Unterhaltung der Gewässer zweiter Ordnung; das ist eine Daueraufgabe mit eigentlich wachsender Bedeutung. Wir können zudem natürlich auch die Wasserbauprojekte aus dem nationalen Hochwasserschutz fortführen; auch das ist dringend erforderlich.

Genauso ist es gelungen, für Weidetierhalter Maßnahmen zur Prävention vor Wolfsschäden durch Härtefallschadensausgleich kontinuierlich fortzusetzen – 100 % Ausgleich. Wir stellen die Finanzierung der Naturschutzvereinigungen sicher, fördern das Programm Kommunaler Klimaschutz und das Kommunale Energiemanagement, den European Energy Award. Wir unterstützen die Kommunen auf dem Weg, energieeffizienter zu werden und in erneuerbare Energien hineinzugehen. Auch das ist bares Geld wert für die beteiligten Kommunen. Im Übrigen ist das für sie auch als Standortfrage wichtig, weil immer mehr Unternehmen genau das verlangen: dass es vor Ort, in ihrer Region Antworten gibt zu den Themen erneuerbare Energien und Klimaschutz.

Zum Stellenhaushalt hatte ich schon gesagt: Von 7 000 Stellen auf reichlich 3 800 in 20 Jahren zurechtgestutzt zu werden – in diesem Bereich können wir keine Trendwende verzeichnen, aber zumindest vor weiterem Abbau schützen. Es ist gelungen, Stellen in dreistelliger Anzahl allein etwa bei der LTV, die bisher der Bund bezahlt hat, aus Programmen nach 2002 – Programme nach Hochwasserkatastrophen, die aber nicht mehr weiter finanziert werden –, jetzt in unseren Haushalt zu überführen. Das ist auch eine Herausforderung, dass wir das gemeinsam schaffen, schafft aber noch nicht eine einzige zusätzliche, neue Stelle.

Wir haben nur ganz wenige neue Stellen. Wir hatten einen Bedarf – wie sagt: angesichts des Rückgangs – von

170 Stellen, die wir eigentlich gebraucht hätten. Das ließ sich nicht realisieren. Die Handvoll Stellen, die wir haben,

(André Barth, AfD: Eine Handvoll?)

investieren wir genau an den Punkten – Nitratmessstellen etwa –, wo wir merken, dass die Not wirklich am allergrößten ist.

Was sich in diesem Einzelplan nicht abbildet, aber auch eine Aufgabe ist, die wir personell bewältigen müssen, sind etwa die Direktzahlungen, Zahlungen für Marktmaßnahmen der EU in der Landwirtschaft. Das sind jährlich etwa 235 Millionen Euro, die dort verwaltet und zu den Agrarbetrieben gebracht werden müssen. Das ist eine enorme Bindung von Verwaltungskapazitäten. Was hier auch noch nicht abgebildet ist, sind die neuen Programme der EU, insbesondere EFRE, die natürlich kozufinanzieren sind.

Wir haben es beim Regierungsentwurf gemerkt: Die Aufgaben wachsen, die Bedeutung, auch die Herausforderung aus der Gesellschaft steigt. Wo kann man umschichten? Wo können Dinge vielleicht auch nicht ganz abgebildet werden? Da hatten wir auch noch Probleme, etwa das Thema Brunnendörfer oder die Beratungskapazitäten bei den SAENA-Gesellschafterzuschüssen oder das Landesförderprogramm Naturschutz.

Ich bin wirklich auch sehr dankbar für die Zusammenarbeit hier im Landtag mit den Fraktionen. Über viele Änderungsanträge können wir tatsächlich maßgebliche Dinge jetzt noch hineinbringen. Ohne den Beratungen über die einzelnen Anträge, die vorhanden sind, vorgreifen zu wollen: Das hilft enorm, denn wir haben jetzt Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen zu Anpassungen im Volumen von knapp 40 Millionen Euro für 2021 und nochmal knapp 20 Millionen Euro für 2022. Das ist dringend erforderlich.

Einige möchte ich herausgreifen – ohne alle anderen schmälern zu wollen –, etwa den Klimafonds. Das ist ein Instrument, mit dem wir vorausschauend Änderungen vornehmen wollen, um Infrastrukturen resilienter zu machen für die Klimawandelfolgen. Das ist essenziell für uns. Die Aufgaben werden – das kann ich allen hier versprechen – nicht kleiner, sondern auch dort noch viel größer werden.

Rufe kommen schon jetzt überallher aus Kommunen, die alle große Ideen haben oder die vor riesigen Problemen stehen, die gelöst werden müssen. Genauso die Unterstützung bei der Unterhaltung der Gewässer zweiter Ordnung: Hier geht es auch darum, die Herausforderung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie in den Blick zu nehmen, die kein Selbstzweck ist, sondern bei der es schlicht um den ökologischen Zustand dieser Gewässer geht.

(Jörg Dornau, AfD: Grundstückseigentümer enteignen!)

Ich erwähne die Förderrichtlinie Speicher: Beim Ausbau der erneuerbaren Energien ist, glaube ich, allen bekannt, dass hier auch bei den Speicherkapazitäten gleichgezogen werden muss. Andere Themen sind die Trinkwasserversorgung in den Brunnendörfern und insbesondere auch das