Erstens haben Sie viele Ausnahmen, wann der Ausschuss doch nicht öffentlich tagen soll. Zweitens kann die Öffentlichkeit wiederum mit einfacher Mehrheit – so, wie Sie es hier beschreiben – doch nicht zugelassen werden, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind.
Wenn Ausschüsse öffentlich tagen, dann sollen sie auch öffentlich tagen. Nur in einem wirklichen Ausnahmefall darf es – mit qualifizierter Mehrheit – möglich sein, das wieder anders zu machen. Das schreiben Sie aber nicht hinein. Auch deshalb fallen Sie hinter unseren Antrag zurück.
Des Weiteren fehlen bei Ihrem Antrag beispielsweise Aussagen zum Petitionsausschuss, der noch einmal gesonderte Regeln, auch aus Datenschutzgründen, bräuchte. Wie könnte man beispielsweise mit dem Thema Präsidium umgehen? Wie gehen von dort Mitteilungen an die Öffentlichkeit nach einer Sitzung? Auch dazu hatten wir zu Beginn der Legislaturperiode Vorschläge gemacht. Auch dazu steht nichts von Ihnen drin.
Wir lehnen diesen Antrag ab, weil er deutlich hinter unseren zurückfällt und weil Sie die bisherigen Möglichkeiten heute auch nicht ausnutzen. Daher: Ablehnung, meine Damen und Herren.
Das war Marco Böhme für die Fraktion DIE LINKE. Für die BÜNDNISGRÜNEN spricht jetzt Valentin Lippmann.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es gehört zu den guten Traditionen des deutschen Parlamentssystems, dass man sich zu Beginn jeder Legislaturperiode die Spielregeln gibt, mit denen man anschließend für die Legislatur im Parlament arbeitet. Deshalb ist die Geschäftsordnung des Landtags auch kein stehendes Gesetz, sondern ein Werk, das zu Beginn jeder Legislaturperiode neu beschlossen werden muss, getreu dem Motto: Neuer Landtag, neue Regeln.
Wir haben bei den Verhandlungen über die aktuelle Geschäftsordnung lange über die Frage der Öffentlichkeit der Ausschüsse gerungen, weil wir BÜNDNISGRÜNE klar für Transparenz stehen und deshalb auch die teilweise Öffnung zur Herstellung der Öffentlichkeit der Ausschüsse erreichen konnten. Ich danke dem Kollegen Böhme ausdrücklich für die Ausführungen dazu, die ich mir dann an dieser Stelle ersparen kann.
Es ist so sicher wie das Amen in der Kirche, dass das Thema auch wieder Gegenstand der Debatten über die Geschäftsordnung des 8. Sächsischen Landtags werden wird.
Mit Blick auf die Erfahrungen der letzten zweieinhalb Jahre könnte man nun meinen, es wäre gut, diesen Antrag, den die AfD-Fraktion hier vorgelegt hat, zunächst schon aus Gründen des Selbstschutzes der AfD abzulehnen; denn die Performance so mancher AfD-Kollegen in den Ausschüssen schreit förmlich danach, der breiten Öffentlichkeit das Paradebeispiel von Schein und Sein vor Augen zu führen. Ich nenne nur, Herr Kollege Mayer, das betreute Denken, das Sie regelmäßig anderen vorwerfen, aber selbst an den Tag legen.
Ich glaube, dafür könnten sich sehr viele interessieren, aber keine Sorge, wir werden den Antrag definitiv nicht aus Gründen der Fürsorge für die AfD ablehnen, sondern weil er nichts weiter ist als eine schlechte Handwerksleistung, die dann auch noch zweieinhalb Jahre zu spät vollbracht wurde.
Wir stehen als BÜNDNISGRÜNE zur Kontinuität der Geschäftsordnung innerhalb der Legislaturperiode. Deshalb sehen wir es nicht als notwendig an, die Geschäftsordnung zu ändern, wenn es innerhalb der laufenden Legislaturperiode nicht wirklich zwingend ist.
Die Notwendigkeit der Änderung einer Geschäftsordnung mit Zweidrittelmehrheit und ein gleichzeitig damit verbundenes qualifiziertes Antragsrecht von mindestens 10 % der Mitglieder des Hauses bestätigt übrigens, dass Geschäftsordnungsänderungen innerhalb der Legislaturperiode nur im Einzelfall und eher bei unerwarteten Ereignissen vorgenommen werden sollten, die sich ergeben haben. Sie haben selbst beschrieben, dass wir darüber zu Beginn der Legislatur diskutiert haben. Wir sehen also die Notwendigkeit nicht, weil sich an der Auffassung in diesem Hohen Hause seit Herbst 2019 nichts geändert haben dürfte.
Was sich aber vielleicht geändert hat, ist, dass Sie sich dieses ominöse Werk in dieser rosa Farbe mit dem Titel „Geschäftsordnung“ in der AfD nun endlich einmal angeschaut haben. Immerhin!
Bisher glaubte man ja, in Unkenntnis der Geschäftsordnung in der AfD – vom einfachen Abgeordneten bis hin zum eigentlich dafür zuständigen Parlamentarischen Geschäftsführer –, Sie würden dieses ominöse Werk allenfalls zum Abstützen wackelnder Biedermeierstühle verwenden denn als Nachschlagewerk für die eigenen Regeln. Herr Mayer hat gerade wieder sehr deutlich ausgeführt, dass es doch nicht so war, dass man intensiver hineingeschaut hat; denn Ihre Ausführungen zu Plenaranträgen waren schlicht eines: falsch. Reden Sie einmal mit Ihrem Parlamentarischen Geschäftsführer. Er wird Ihnen aber mit Erfahrungswerten nicht weiterhelfen können, denn er weiß es auch nicht besser als Sie.
Das ist eigentlich das Dramatische: Sie reden wie Blinde von der Farbe, wenn Sie von der Geschäftsordnung reden. Das wäre der zweite Grund, um das Ganze abzulehnen.
Darüber hinaus ist das Ganze auch noch handwerklich eine ganz grandios schlechte Leistung, also quasi Pfusch. So wollen Sie mit dem Antrag das bisherige Regel-AusnahmeVerhältnis von Nichtöffentlichkeit zu Öffentlichkeit umkehren, schaffen dann aber eine Reihe unlogischer Rückausnahmen; Kollege Böhme hat dazu schon ausgeführt. Zum Petitionsausschuss äußern Sie sich gar nicht, obwohl es auf der Hand liegt.
Bei der Nichtöffentlichkeit sind Sie sich dann auch gar nicht so einig. Es steht darin, der Ausschuss könne die Nichtöffentlichkeit beschließen. Zwei Sätze weiter heißt es dann, der Antrag könne von 5 % der Mitglieder eines Ausschusses – ha, ha; bei 20 Mitgliedern in einem Ausschuss also von einem Mitglied;
sehr logisch – oder von einer Fraktion gestellt werden. Er kann dann aber plötzlich nur mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden. Also, sprich: Ist es nun eine einfache Mehrheit oder eine Zweidrittelmehrheit? Muss es eine Fraktion beantragen oder nicht? Also, Sie bauen die Geschäftsordnung auch noch so, wie Sie sie nicht verstanden haben. Das ist ein Paradebeispiel dafür, dass Sie bitte die Finger von der Geschäftsordnung lassen. Es geht schief, wenn man Ihnen dieses Werk überlässt, weil Sie es nicht verstanden haben.
Das führt dann auch bei den relevanten Fragen durchaus zu weiteren Problemen. Ich vergegenwärtige Ihnen einmal folgendes Beispiel. Das Innenministerium oder die Staatsregierung als solche kann dem Abgeordneten zum Beispiel auf Kleine Anfragen hin mitteilen, dass dazu aus Geheimschutzgründen nur in nichtöffentlichen Ausschusssitzungen Mitteilung gemacht werden kann. Jetzt drehen Sie das Regel-Ausnahme-Verhältnis um und sagen, sie tagen öffentlich. Gleichzeitig brauche ich dann eine Zweidrittelmehrheit als Abgeordneter, damit meine Frage beantwortet wird, die aus meinen eigenen Abgeordnetenrechten nach der Verfassung an die Staatsregierung gestellt wurde, wozu die Staatsregierung sagt, sie könne sie nur im Ausschuss beantworten. Wenn der Ausschuss dann Nein sagt, wir stellen die Nichtöffentlichkeit dafür nicht her, weil die Zweidrittelmehrheit nicht zustande kommt, dann würde ich einmal sagen: Viel Spaß bei der weiteren Abwägung der einzelnen Abgeordnetenrechte gegenüber Ihrem Geschäftsordnungsantrag. Das funktioniert hinten und vorne nicht.
Genauso schweigen Sie sich an der Stelle, wo es noch offenkundiger ist, zur Frage von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen aus, wie sie regelmäßig Gegenstand im Haushalts- und Finanzausschuss sind. Sie haben nämlich regelmäßig den Fall, dass Ihnen schlicht am Ende keiner mehr etwas sagt, wenn Sie die Nichtöffentlichkeit nicht herstellen. Damit ist übrigens keinem geholfen, und Sie führen die parlamentarische Kontrolle ad absurdum.
Kurzum, man kann über die Öffentlichkeit von Ausschüssen trefflich diskutieren. Wir werden uns dazu in der nächsten Legislaturperiode wieder sehen. Wenn es aber so
schlecht ist, wie Sie es hier gerade vorgeführt haben, dann sollten wir davon doch die Finger lassen. Allein aus diesen Gründen ist der Antrag abzulehnen, weil er für das steht, was die AfD bei der Geschäftsordnung als Einziges kann: sie entweder ignorieren oder verpfuschen.
Das war Valentin Lippmann für die BÜNDNISGRÜNEN. Gibt es jetzt Redebedarf in einer zweiten Runde? – Das sehe ich nicht. Wünscht die Staatsregierung das Wort?
(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Herr Piwarz könnte! – Staatsminister Christian Piwarz: Herr Lippmann hat alles richtig gesagt!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Modschiedler, ich bin zehn Jahre lang in der CDU gewesen.
Das kenne ich nur zu gut. Es war ein Grund dafür, dass ich ausgetreten bin. Das habe ich Ihnen gar nicht vorgeworfen, dass Sie gern im Hinterzimmer kungeln und unter Fachleuten bleiben wollen.
Ich möchte daran erinnern: Wir behandeln hier ausschließlich öffentliche Angelegenheiten, welche die Bürger draußen betreffen. Sie müssen am Ende mit dem leben, was wir hier besprechen und was wir hier beschließen. Also Mut zur Offenheit, liebe CDU!
(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Nein! Der Antrag ist so schlecht gemacht, dem können wir nicht zustimmen!)
Am Anfang der Legislaturperiode haben Sie Anträge gestellt und wir auch. Damit sind wir beide nicht durchgekommen.
Sie haben ja schon viele Begründungen geliefert und auch gesagt, dass es viele Bundesländer schon machten und wir uns endlich anschließen könnten. Der einzige Grund für die Ablehnung ist, dass der Antrag von der AfD-Fraktion kommt.
Sie ist sehr dünn, diese Begründung. Zeigen Sie ein bisschen Mut, dann wären wir ein Stück weiter mit unserer Geschäftsordnung.