Protokoll der Sitzung vom 04.05.2022

Anträge für die Plenarsitzung benennen, die dann aus der Sammeldrucksache herausgezogen und öffentlich behandelt werden.

(Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE: Nee! Dann haben Sie schon mal die Geschäftsordnung nicht richtig gelesen! – Zuruf der Abg. Sabine Friedel, SPD)

Begrenzt eben auf nur zwei Anträge.

(Zuruf von der SPD)

Das ist Herausziehen aus der Sammeldrucksache. – Diese werden in der Regel zum Schluss eines – –

(Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE: Fragen Sie mal Herrn Zwerg! – Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Ach ja. – Diese werden in der Regel zum Schluss eines Sitzungstages behandelt. Ist das wirklich transparent? Wir in der AfD-Fraktion sind der Meinung, dass der Sächsische Landtag von wirklicher Transparenz noch weit entfernt ist. Die parlamentarische Demokratie lebt aber von öffentlichen Diskussionen. Wir behandeln ja öffentliche Angelegenheiten; und das nicht nur im Plenum, sondern auch in den Debatten in den Ausschüssen. Gerade durch eine öffentliche Beratung in den Ausschüssen und den dortigen Meinungsaustausch könnte doch die Demokratie nachvollziehbarer, begreifbarer für die Bürger werden. Das sollte eigentlich unser aller Grundanliegen sein. Ob die Bürger von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, das wird sich zeigen. Wir verschenken uns damit jedenfalls nichts.

Wir als Parlamentarier sollten uns nicht anmaßen zu beurteilen, was für den Wahlbürger interessant ist und was nicht. Meinungen und Interessen verändern sich. Das, was gestern noch wenig interessant schien, kann morgen schon große Bedeutung haben. Wer hat sich beispielsweise vor zweieinhalb Jahren für Viren und Inzidenzwerte interessiert?

Öffentlichkeit bedeutet natürlich, dass es hin und wieder Meinungsbekundungen anwesender Bürger geben kann.

(Vereinzelt Lachen bei der CDU)

So etwas passiert auch im Plenum. Dem Ausschussvorsitzenden obliegt dann dafür die Ordnungsgewalt.

Liebe Kollegen! In Bayern, Brandenburg, NRW, Berlin oder Hamburg, um nur einmal ein paar Beispiele zu nennen, tagen Ausschüsse regelmäßig öffentlich. Dass die Sitzungen dort aufgrund renitenter Bürger regelmäßig aus dem Ruder laufen, ist uns nicht bekannt.

(Martin Modschiedler, CDU: Aber bei uns!)

Wir sollten uns vielmehr freuen, wenn die Bürger Interesse an unserer parlamentarischen Arbeit zeigen und ihr nicht mit Misstrauen begegnen.

(Zuruf von der CDU)

Die Bürger, das sollten wir nicht vergessen, sind der Souverän unseres Landes.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Einen Antrag zur Öffnung der Ausschusssitzung hat unsere Fraktion, die Alternative für Deutschland, bereits zu Beginn dieser Wahlperiode eingebracht. Der Antrag wurde abgelehnt. Jetzt haben Sie erneut die Chance, mehr Transparenz in die Arbeit unseres Parlaments zu bringen. Bereits neun von 16 Bundesländern lassen ihre Ausschüsse in der Regel öffentlich tagen. Der Sächsische Landtag sollte endlich ebenfalls mehr Demokratie, mehr Transparenz wagen. Wir bitten um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. Das war Herr Mayer für die einreichende Fraktion, der AfD. Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Modschiedler. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun der Geschäftsordnungsimmunitätsausschuss. Der Antrag ist eingebracht. Ich mache es für die CDU-Fraktion kurz: Wir brauchen für die Ausschüsse keine grundsätzliche Öffentlichkeit, jedenfalls nicht für die Ausschusssitzungen und nicht abweichend von unserer Geschäftsordnung, die wir bisher hatten. Danach haben wir nach einer erfolgten Anhörung immer eine öffentliche Sitzung. Dazu komme ich später noch.

Der Antragsteller oder die Antragsteller – es ist ja gar nicht die AfD-Fraktion, sondern es ist ja nur eine Gruppe – tun so, als handele es sich bei den Ausschusssitzungen um Geheimbünde. Das haben wir im Hintergrund schon gehört. Sie konstruieren hier immer wieder das Bild einer Hinterzimmerdemokratie, keine Transparenz. Ich finde das einfach falsch und auch unsachlich. Denn: In den Ausschüssen wird nicht gekungelt oder gemauschelt. Sie sind – und das ist uns doch allen klar und muss es auch immer sein – ein verkleinertes Abbild des Parlaments. Die Ausschüsse spiegeln auch die Mehrheitsverhältnisse wider. Hier wird nicht nach Gutdünken, sondern demokratisch und nach Mehrheitsprinzip abgestimmt.

Man bemerke auch einmal: Die antragstellende Fraktion, die hier von mangelnder Transparenz redet, ist in allen Ausschusssitzungen auch dabei und sagt dann immer, wir würden hier rumkungeln. Offensichtlich, so kommt es mir vor, sieht die AfD das deshalb so, da sie das Wort NichtÖffentlichkeit sofort mit einer Unseriosität gleichsetzt anstatt mit einer mir sehr wichtigen Vertraulichkeit. Vertraulichkeit heißt für mich Sachlichkeit. Darum geht es. Es geht um die sachliche Diskussion über ein Fachthema unter Fachleuten, und zwar ohne Einwirkungen von außen, also, ohne dass Leute von außen einwirken können, ohne dass Mitschnitte gemacht werden, ohne dass Medien dabei sind und ohne öffentlichen Druck.

(Vereinzelt Beifall bei CDU)

Vergessen Sie dabei nicht, dass über die Arbeit in den Ausschüssen auch berichtet wird. Wir haben regelmäßig danach Berichterstattungen und geben Interviews. Wir haben

Berichte über die getroffenen Entscheidungen; die werden auch erläutert. Das kann jede Fraktion tun.

Der Fachausschuss ist immerhin ein vorbereitender Ausschuss, ein Ausschuss des gesamten Landtags, dient also der inhaltlichen Vorbereitung des öffentlichen Plenums. Und wir wissen: Dieses Plenum – Herr Mayer, das haben Sie auch eingeräumt – ist ein öffentliches Plenum. Hier werden Anträge, die wichtig sind oder die Sie für wichtig halten, herausgezogen. Dort ist ja auch die Öffentlichkeit dabei.

Bei diesen Entscheidungen muss immer gerungen werden. Wir müssen uns in diesen Fachausschüssen einigen. Das funktioniert meiner Ansicht nach nicht, wenn eigene Parteigänger quasi von hinten in die Sitzung hineinrufen und sie dann durch Applaus beeinflusst wird. Genau das hat sich in der letzten öffentlichen Ausschusssitzung – oder in einer der letzten, es ist schon länger her – nach einer Anhörung leider gezeigt. Dort musste teilweise die Tribüne geräumt werden, und die Zuschauer hielten sich nicht an die parlamentarischen Spielregeln. Herr Mayer, es hilft nicht viel zu sagen: Dann muss der oder die Ausschussvorsitzende aktiv werden – Das ist nicht der Sinn einer Diskussion, die wir in einem Fachausschuss führen wollen.

Ich sage es sehr deutlich: Ja, Transparenz gehört zur Demokratie. Die Bürgerinnen und Bürger können sich auf vielfältige Weise über parlamentarische Diskussionen informieren. Sie können Anträge stellen, anfragen oder Plenarprotokolle abrufen und einsehen. Darüber hinaus gibt es zu zentralen Themen immer auch eine umfangreiche mediale Berichterstattung, wenn zum Beispiel im Nachgang zu Sitzungen Interviews geführt oder Statements eingeholt werden.

Es geht darum, dass wir – und das ist wichtig – als Abgeordnete frei von öffentlichem Druck gemeinsam unsere fachliche Arbeit – hier geht es nicht um die parlamentarische Arbeit; es geht um die Ausschussarbeit, die Arbeit in den internen Ausschüssen – tun können. Sonst verlieren diese Fachausschüsse als interne Vorbereitungsgremien komplett ihren Sinn. Dann verlagern sich die wichtigen Diskussionen tatsächlich in die Hinterzimmer des Parlaments. Das kann nicht Sinn dieses Antrags sein.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube aber – und das könnte dann die Realität werden –, dass dies das Ergebnis wäre, und genau das wollen wir als CDU-Fraktion nicht. Ein Fachausschuss ist nicht dazu da, ihn parteipolitisch durch Videomitschnitte auszuschlachten und dann entsprechend mit Sharepics oder was auch immer zu missbrauchen. Das passiert leider immer wieder in den öffentlichen Anhörungen. Dafür sind wir als Abgeordnete in unserer – und das ist wichtig – repräsentativen Demokratie, in der wir leben und in die wir gewählt worden sind, nicht in dieses Parlament hineingewählt worden. Lassen Sie uns einfach weiter fachlich und sachlich miteinander arbeiten! So geht der richtige Parlamentarismus. Wir lehnen Ihren Antrag ab.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Das war Herr Kollege Modschiedler für die CDU-Fraktion. Für die Fraktion DIE LINKE bitte ich jetzt Marco Böhme.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Modschiedler, ich glaube schon, dass wir uns als Parlament, als Abgeordnete nicht verstecken müssen und auch in Fachausschüssen öffentlich tagen können. Andere Bundesländer tun es ja auch, und dort gibt es keine Probleme. – Insofern das als erste Reaktion.

(Zuruf von der AfD)

Zu Herrn Mayer: Selbstverständlich müssen wir das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger hier im Parlament stärken. Aber mit diesem Antrag von Ihnen, wie er jetzt wiederholt vorliegt, tun Sie sich selbst keinen Gefallen. Sie müssen aufpassen, dass Sie sich nicht selbst ins Knie schießen.

Zum Thema öffentliche Ausschusssitzung fordern wir LINKE seit jeher, dass sie öffentlich werden. Wir haben das auch immer an richtiger Stelle gefordert, nämlich am Anfang einer Legislaturperiode, und auch nicht so halbherzig und nicht so inkonsequent, wie Sie das tun. Am Anfang einer Legislaturperiode macht man das deshalb, weil man eine einfache Mehrheit und keine Zweidrittelmehrheit braucht, wie sie jetzt notwendig wäre. Am Anfang der Legislaturperiode macht man das auch deshalb, weil man dann untereinander auf Augenhöhe verhandeln kann. Es gibt noch keine Koalition und noch keine feste Regierung, und die Parlamentarischen Geschäftsführer können noch miteinander reden, was Hinweise und neue Ideen für die Geschäftsordnung angeht.

Solche Gespräche führen tatsächlich zu Verbesserungen der Geschäftsordnung; sie haben auch bei der jetzigen Geschäftsordnung zu Verbesserungen geführt. Denn es gibt mittlerweile die Option, dass einzelne Punkte, einzelne Anträge öffentlich behandelt werden. Das reicht uns natürlich noch nicht, uns reichen viele andere Dinge auch noch nicht. Wir haben am Anfang der Legislaturperiode über 20 Änderungsanträge zur Geschäftsordnung gestellt. Großen Verbesserungsbedarf an dieser Geschäftsordnung sehen wir immer noch, teilweise sehr umfassenden. Aber die AfD war doch am Anfang der Legislaturperiode mit dieser Geschäftsordnung im Großen und Ganzen ziemlich zufrieden. Schließlich haben Sie am Ende bloß drei Änderungswünsche hier vorgetragen.

Fakt ist:

Erstens. Wir haben eine neue Geschäftsordnung, und ich finde, wir sollten alle Möglichkeiten nutzen, diese Möglichkeiten der Öffentlichkeit einzufordern. Ich denke, wir sind es, die alle Möglichkeiten einfordern – und auch immer wieder einfordern. Bei der AfD sehe ich diese Palette an Möglichkeiten nicht immer voll ausgeschöpft. Das ist doch schon ein Problem.

Zweitens. Wir haben auch immer wieder eingefordert, dass öffentliche Ausschusssitzungen zum Beispiel digital durchgeführt werden können, dass Sachverständige zugeschaltet werden können, dass die Sitzung live gestreamt wird. Das haben wir mit einem eigenen Änderungsantrag am Anfang der Legislaturperiode zur Geschäftsordnung gefordert. Das wurde zwar damals abgelehnt, aber siehe da, seit letzter Ausschusswoche geht es, dass Anhörungen digital übertragen werden – zwei Jahre nach Beginn der Legislatur. Ich sage nur: Besser spät als nie. Es ist sehr spät gewesen; denn gerade in der Pandemiezeit wäre es nötig gewesen, der Öffentlichkeit, wenn sie nicht physisch hier sein kann, zumindest digital die Möglichkeit zu geben, zuzuhören.

Das zeigt vor allem, dass sich durch konstruktives Mitarbeiten und kontinuierlichen Druckaufbau zumindest die Verwaltung oder die Koalition irgendwann einmal bewegt und etwas ändert, und das ist auch okay so.

Drittens. Wir sind es übrigens auch, die die Mehrzahl der Anträge zur Anhörung freigibt oder beantragt. Wir versuchen, wirklich sehr viele Anhörungen, die dann öffentlich stattfinden, hier durchzuführen. Das führt auch dazu, dass die Sachverständigen von uns, aber auch die, die die Koalition zu unseren Anträgen einlädt, sehr qualifizierte Personen sind, während ich bei Ihnen, liebe AfD, doch oft Mitarbeiter anderer Landtagsfraktionen Ihrer Partei als Sachverständige auf dem Zettel lese. Das ist eine ziemlich komische Sache, und insofern ist es auch ein komisches Arbeiten mit Ihnen.

Viertens. Wir können zu dem Thema öffentliche Anhörung noch einmal genau auf Ihren Antrag schauen; ich habe es gerade angesprochen. In der Begründung steht ein ziemlich interessanter Satz drin, und zwar: „Weiterhin ist zu beobachten, dass quasi über den Umweg der Anhörung im Ausschuss ein ‚Öffentlichmachen‘ parlamentarischer Initiativen erfolgt und damit eine vermehrte Belastung der Ausschussarbeit einhergeht.“ Das heißt, den kleinen öffentlichen Teil, der möglich ist, der also öffentlich durchgeführt werden kann, beschreiben Sie hier als „Belastung“. Das muss man sich echt einmal auf der Zunge zergehen lassen. Wenn eine Auseinandersetzung zu Inhalten unter breiter Beteiligung des öffentlichen Sachverstandes von Ihnen als Belastung bezeichnet wird, dann zeigt das eigentlich die ganze Art und Weise, wie Sie Politik machen, nämlich populistisch, und das ist echt zynisch, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den LINKEN – Jan-Oliver Zwerg, AfD: Aber erfolgreich, Herr Böhme!)

Fünftens. Wir sind es übrigens auch, die ein weiteres Element nutzen, um die Ausschussarbeit öffentlicher zu gestalten, das heißt, die Öffentlichkeit in die Ausschüsse zu holen. Das ist das Instrument der EU-Vorlagen, die wir immer öfter umdrucken lassen – das habe ich von Ihnen sehr selten bis gar nicht gesehen –, also EU-Vorlagen, die auf den Freistaat Sachsen teilweise enorme Auswirkungen haben. Wir nehmen uns dieser Vorlagen an, lesen sie uns

durch und machen daraus eine sächsische Drucksache, und diese wird dann automatisch im Parlament – im Ausschuss – öffentlich behandelt. Auch das kann eine Form sein, ein Instrument zu nutzen, um mehr Öffentlichkeit ins Parlament, in den Ausschuss zu bringen. Auch dieses Instrument nutzen Sie kaum.

Mit sechstens komme ich zum Schluss und noch einmal konkret zu Ihrem Antrag. Wir lehnen ihn ab, weil er hinter unseren eigenen Antrag, den wir zu Beginn der Legislaturperiode gestellt haben, deutlich zurückfällt.

Erstens haben Sie viele Ausnahmen, wann der Ausschuss doch nicht öffentlich tagen soll. Zweitens kann die Öffentlichkeit wiederum mit einfacher Mehrheit – so, wie Sie es hier beschreiben – doch nicht zugelassen werden, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind.