Es ist keine Aussprache vorgesehen. Ich frage dennoch, ob der Berichterstatter des Ausschusses, Herr Löffler, das Wort ergreifen möchte.
Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in der Drucksache 7/9729. Ich bitte bei
Zustimmung um das Handzeichen. – Gibt es Stimmen dagegen? – Das sehe ich nicht. Wer enthält sich der Stimme? – Bei sehr vielen Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist der Drucksache zugestimmt worden. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.
Die Fraktion DIE LINKE hat Aussprachebedarf zur Beschlussempfehlung und zum Bericht des Ausschusses für Soziales und gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Antrag in der Drucksache 7/1984 mit dem Thema „Gesundheitskarten für Geflüchtete umgehend auch in Sachsen einführen“ und außerdem zur Beschlussempfehlung und zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Hochschule, Medien, Kultur und Tourismus zum Antrag in der Drucksache 7/9374 mit dem Thema „Internationale Studierende und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor dem Krieg in der Ukraine schützen – schnelle und wirksame Hilfe und Unterstützung jetzt leisten“ angemeldet.
Außerdem hat noch die AfD-Fraktion Aussprachebedarf zur Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr zum Antrag in der Drucksache 7/7800 mit dem Thema „Mobilität für Sachsen und die Lausitz effizienter gestalten – Möglichkeiten einer neuen Trasse zwischen Dresden und Posen als politisches Ziel verfolgen“ und weiterhin zur Beschlussempfehlung und dem Bericht, des Ausschusses für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Antrag in der Drucksache 7/8500 mit dem Thema „Nebenwirkungen und Komplikationen infolge der Corona-Schutzimpfung in vollem Umfang erfassen, die Bürger sachlich informieren und die Geschädigten unterstützen“ angemeldet.
Das Präsidium hat eine Redezeit von 10 Minuten je Fraktion und für die Staatsregierung festgelegt. Ich schlage Ihnen eine chronologische Behandlung der Drucksachen vor, beginnend mit dem ältesten Antrag.
Ich sehe keinen Widerspruch und erteile der Fraktion DIE LINKE zur Drucksache 7/1984 das Wort. Juliane Nagel, DIE LINKE, bitte schön.
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Es ist der älteste Antrag, aber es gibt auch einen konkreten Kontext. Mit der Flucht von Hunderttausenden Ukrainerinnen und Ukrainern vor dem russischen Angriffskrieg auch hier nach Deutschland öffneten sich bei der Flüchtlingsaufnahme und -versorgung einige Fenster: geöffnete Grenzen, kostenlose Verkehrsmittelnutzung, Bewegungsfreiheit, schnelle dezentrale Unterbringung. Auch bei der adäquaten, gleichberechtigten Gesundheitsversorgung, so hört man, legten Akteure von der CDU und der kommunalen Ebene hier in Sachsen mit Blick auf die ukrainischen Geflüchteten ihre Ablehnung der elektronischen Gesundheitskarte für Geflüchtete im Asylbewerberleitungsbezug ad acta.
Da sich innerhalb dieses Sondersozialleistungsrechts für Geflüchtete ohne Anerkennung nicht zwischen der Herkunft differenzieren lässt – meine Unterstellung –, gab es endlich Bewegung hin zu einer landesweiten elektronischen Gesundheitskarte. So wurde es zugetragen. Auch Organisationen, die schon lange in der Flüchtlingshilfe aktiv sind, Ärztinnen und Ärzte, medizinisches Personal und auch wir schöpften ein wenig Hoffnung.
Worum geht es? In den ersten 18 Monaten – für die, die es nicht wissen und die es interessiert – unterfallen Asylsuchende und bisher auch die ukrainischen Kriegsflüchtlinge dem Asylbewerberleistungsgesetz. Sie sind nicht regulär krankenversichert. Medizinische Behandlungen sind nur in akuten Fällen, bei Schmerzen und in der Schwangerschaft vorgesehen. Der Besuch einer Arztpraxis muss vorher beim Sozialamt geprüft und genehmigt werden. Dort sitzt nichtmedizinisches Personal. Es wird ein Behandlungsschein ausgestellt. Besonders absurd: ein Papierschein in unserer willentlich digitalen Realität.
Auf die Gesundheitsrisiken und die Stigmatisierung, die mit diesem bürokratischen Verfahren einhergeht, weisen Expertinnen und Experten schon sehr, sehr lange hin. Einzelne Bundesländer haben auch schon vor dem russischen Krieg gegen die Ukraine reagiert und landesweite Regelungen eingeführt, elektronische Gesundheitskarten auch für diese Gruppe relativ zügig bereitzustellen, indem sie Rahmenverträge mit Krankenkassen abgeschlossen haben. Neben Westländern sind es auch unsere Nachbarländer Brandenburg und Thüringen. Thüringen möchte ich hervorheben, weil Thüringen es richtig macht mit einer landesweiten Rahmenvereinbarung ohne Optionsmodelle für Kommunen und mit einem erweiterten Leistungsumfang,
den Geflüchtete in Anspruch nehmen können. Das ist richtig. Die Schlechterstellung von Geflüchteten bei der Gesundheitsversorgung ist skandalös und widerspricht verbrieften Grund- und Menschenrechten.
Nun hat sich aber das Blatt gewendet. Der Bundeskanzler hat mit den Länderchefs im April vereinbart, dass die ukrainischen Geflüchteten ab dem 1. Juni in den SGB-II- oder XII-Bezug fallen. Damit entfällt deren Schlechterstellung durch das Asylbewerberleistungsgesetz. Sie werden sofort in die Krankenversicherung inkludiert, erhalten eine Gesundheitskarte und den gleichen Behandlungsumfang wie hier geborene Menschen.
Die Ungleichbehandlung der anderen Kriegsflüchtlinge und Menschen, die aus anderen prekären Situationen fliehen, bleibt dagegen erhalten. Gerade vor dem Hintergrund der kleinen Bewegungen, die wegen der Ukraine-Geflüchteten gemacht wurden, ist das nicht haltbar. Wir appellieren an die Koalition, das Fenster für die Einführung der landesweiten Gesundheitskarte jetzt nicht zu schließen. Ich möchte kurz noch darauf hinweisen, dass die Stadt Dresden selbst den Weg eingeschlagen und die elektronische Gesundheitskarte für Geflüchtete kommunal eingeführt hat. Die Stadt Leipzig stand in der Spur bis zu der Bewegung. Dresden hat bilanziert, dass es keine Missbräuche und auch keine Kostenexplosion gab.
Es ist viel besser, und darauf insistiert unser Antrag, eine landesweite Regelung auf den Weg zu bringen, anstatt die Kommunen selbst in die Spur zu schicken. Darum appellieren wir mit dem herausgelösten Antrag noch einmal, diese so offensichtliche Ungleichbehandlung und Teilung von Geflüchteten in „schlechte“ und „gute“ Flüchtlinge zu unterlassen und mit der Einführung der landesweiten elektronischen Gesundheitskarte eine Gleichbehandlung herzustellen.
Das war Kollegin Nagel für die Fraktion DIE LINKE. Jetzt genau dazu für die CDU-Fraktion Kollegin Kuge, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag wurde bereits im Fachausschuss beraten und abgelehnt. Ich möchte noch einmal betonen: Eine angemessene und schnelle Gesundheitsversorgung von zu uns geflüchteten Menschen ist sehr wichtig. Doch die pauschale Ausgabe von Gesundheitskarten ist in Sachsen momentan nicht der richtige Weg. Neben der Versorgung in internationalen Ambulanzen und Modellpraxen können Geflüchtete aktuell einen Krankenschein in den Sozialbehörden erhalten
und damit bereits benötigte medizinische Leistungen in Anspruch nehmen, auch wenn es aktuell einen Mehraufwand bedeutet.
Zum jetzigen Zeitpunkt wissen wir nicht, wie viele Kommunen zur pauschalen Ausgabe von Gesundheitskarten an Asylbewerber stehen. Wir sollten diese Entscheidung also nicht über den Kopf der Kommunen treffen. Beispiele in anderen Bundesländern zeigen, dass ein Großteil der Kommunen eine Landesrahmenvereinbarung, wie es Ihr Antrag vorsieht, nicht mitträgt.
Der kommunalen Ebene steht es dennoch frei, solche Vereinbarungen selbstständig mit den Krankenkassen zu treffen. Die kommunalen Landesverbände haben bisher jedoch keinen Wunsch geäußert. Somit sind die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen nicht verpflichtet, dem Abschluss solch einer Rahmenvereinbarung zuzustimmen.
Sie verweisen explizit auf geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer – ich denke, dass Sie dieses als Feigenblatt benutzen, denn Sie hatten in der Vergangenheit bereits Anträge dazu, die wir hier im Hohen Haus abgelehnt haben.
Das Beispiel der Stadt Dresden hat doch gezeigt, dass es eben vier Jahre Vorlaufzeit benötigt hat, ehe Dresden so weit war.
Neben den bereits genannten Argumenten möchte ich noch einmal auf die Ministerkonferenz verweisen. Hierzu müssen die finanziellen Rahmenbedingungen und der abschließende Status der ukrainischen Flüchtlinge einheitlich geregelt werden.
Für die von Ihnen angestrebte Rahmenvereinbarung verweise ich auf die fehlende Zuständigkeit des Freistaates. Lediglich die Erstaufnahme von Asylbewerbern liegt im Kompetenzbereich des Freistaates.
Das war Kollegin Kuge für die CDU-Fraktion. Für die AfD-Fraktion? – Für die BÜNDNISGRÜNEN Frau Čagalj Sejdi, bitte.
Petra Čagalj Sejdi, BÜNDNISGRÜNE: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Anliegen, das DIE LINKE hier vertritt, ist sehr wichtig. Es
ist kein Geheimnis, dass auch uns BÜNDNISGRÜNEN das schon immer sehr wichtig war, sowohl in der letzten Legislaturperiode als auch kommunal in Dresden, in Leipzig und natürlich jetzt.
Ja, wir haben diesen Antrag im Ausschuss abgelehnt. Das hat seine Gründe. Ich muss aber kurz darauf eingehen, warum der Antrag und das Anliegen dennoch wichtig sind.
Es ist eben nicht so, dass eine Gesundheitsbehandlung gleich ist, wenn man keine Gesundheitskarte hat. Ich habe selbst als Sprachmittlerin viele Menschen zu Ärzten begleitet. Schon wenn man in das Arztzimmer hineinkommt, ist es ein Unterschied, ob man einen Zettel ablegt, mit dem die Sprechstundenhilfe nichts anfangen kann, oder ob man eine Karte hat wie alle anderen Menschen. So zieht sich das durch die ganze Behandlung durch. Wenn ich chronisch krank bin, dringend Medikamente brauche, erst hier angekommen bin und dann erst einen Krankenschein besorgen und einem Sachbearbeiter bei der Behörde, der keine Ahnung von Medizin hat, erklären muss, warum ich diesen Krankenschein für meine Behandlung brauche, und dadurch wertvolle Zeit für meine Gesundheit verliere, dann macht es einen Unterschied.
Nichtsdestotrotz haben wir das Anliegen im Ausschuss abgelehnt – nicht, weil wir es inhaltlich ablehnen, sondern weil wir im Ausschuss wahrgenommen haben, dass auch das Sozialministerium den Ernst der Lage erkennt und Gespräche führt.