Protokoll der Sitzung vom 04.05.2022

Kollege Prantl sprach für die AfD-Fraktion. Gibt es zum Antrag Redebedarf seitens der anderen Fraktionen oder der Staatsregierung? – Das sehe ich nicht.

Dann kommen wir zum nächsten Antrag. Drucksache 7/9374; Antrag der Fraktion DIE LINKE mit dem Thema: Internationale Studierende und Wissenschaftler:innen vor Krieg in der Ukraine schützen: Schnelle und wirksame Hilfe und Unterstützung jetzt leisten! Es spricht für die Fraktion DIE LINKE Frau Kollegin Gorskih, bitte schön.

Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine zwingt Millionen von Menschen dazu, ihr Land zu verlassen. Dazu gehören auch Studierende, Hochschullehrende und Wissenschaftler(innen).

Wir ziehen unseren Antrag aus der Sammeldrucksache heraus, um auf die existenziellen Probleme der bei uns ankommenden internationalen Studierenden aufmerksam zu machen. Hier muss es schnellstmöglich Lösungen geben. Es kann nämlich nicht sein, dass bei Menschen, die vor Krieg fliehen, unterschiedliche Maßstäbe angelegt werden, wenn es um deren Schutz und deren Aufenthaltsstatus geht.

(Marco Böhme, DIE LINKE: Genau!)

Schon an den EU-Grenzen werden laut Berichten Menschen aufgrund ihres Aussehens, ihrer Hautfarbe oder ihres „falschen“ Passes von der Flucht abgehalten. Der Pass wird sofort abgenommen und die Menschen werden teilweise in Gefängnisse gesteckt. Doch auch in Deutschland und in Sachsen ist die Lage vieler Geflüchteter weiterhin unsicher.

Nach einem Beschluss des Europäischen Rates vom 3. März 2022 gilt, dass Geflüchtete aus der Ukraine EUweit vorübergehenden Schutz erhalten sollen. Eine Grauzone existiert jedoch für Personen mit vorübergehendem Aufenthaltsstatus in der Ukraine, wozu auch Menschen mit einem Studien- oder einem Arbeitsvisum zählen. Diese Personengruppe wurde im EU-Ratsbeschluss zur vorübergehenden Schutzgewährung von aus der Ukraine vertriebenen Personen in der Europäischen Union nämlich nicht mitbedacht. Demnach liegt es im Ermessen des jeweiligen EU-Mitgliedstaates, ob auch Personen mit einem nicht dauerhaften Aufenthaltstitel in der Ukraine Anspruch auf vorübergehenden Schutz in der EU haben.

Um diesen Punkt geht es unter anderem in unserem Antrag. Wir fordern die Regierung dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass die Evakuierung von internationalen Studierenden aus der Ukraine ermöglicht wird und die organisatorischen und rechtlichen Vorkehrungen dafür zu treffen, dass auch Drittstaatler(innen) ihr Studium in

Deutschland fortsetzen und sich hierzulande legal aufhalten können. Gegenwärtig ist ein legaler Aufenthalt in Deutschland für diese Gruppe nur bis zum 31. August möglich.

Sowohl die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften als auch die Landesrektorenkonferenz machen auf dieses gravierende Problem aufmerksam und drängen auf rasches Handeln. Wir haben mit unserem Antrag sowohl zur KSS als auch zur Landesrektorenkonferenz Kontakt gesucht. Wir haben beide Gremien konsultiert und von beiden Gremien ein positives Feedback bekommen bzw. beide Gremien haben uns wirklich sehr eindringlich die

Notwendigkeit betont, hier schnelle Regelungen für die Drittstaatler(innen) zu schaffen, damit deren Aufenthalt in Deutschland abgesichert ist; und zwar mindestens zum Wintersemester 2023/2024.

Diese Botschaft wurde uns sehr deutlich im Austausch mit der Landesrektorenkonferenz mitgegeben. Problematisch ist vor allem, dass Drittstaatler(innen) zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinerlei Möglichkeiten haben, Sozialleistungen zu beantragen. Das heißt, Studierende aus den Drittstaaten, die aus der Ukraine nach Deutschland fliehen, haben keine finanzielle Absicherung und sie haben auch keine aufenthaltsrechtliche Absicherung. Mit dieser Ungewissheit ist es kaum möglich, hier anzukommen, geschweige denn, ein Studium wiederaufzunehmen.

In anderen Bundesländern wurde bereits nach Möglichkeiten gesucht, zum Beispiel in Hamburg, wo den Betroffenen zumindest eine Fiktionsbescheinigung ausgestellt wird, um eine kurzfristige Sicherheit zu schaffen. Jedoch braucht es hier auch langfristige politische Lösungen. Wir können doch niemanden ernsthaft zurück nach Afghanistan schicken, wenn die Person gerade vor einem anderen Krieg geflohen ist.

Wir schließen uns der Forderung an, die neben der KSS auch von der Landesrektorenkonferenz sowie von bundes- und landesweiten Menschenrechtsorganisationen erhoben wird, und sagen: Bund und Länder sind hier in der Verantwortung, nicht nur für die Fortsetzung des Studiums zu sorgen und dies zu ermöglichen, sondern auch die Aufenthaltssicherheit zu gewährleisten. Wir fordern, dass Bund und Länder von der Möglichkeit Gebrauch machen, den Schutzstatus für alle geflüchteten Studierenden über den § 23 des Aufenthaltsgesetzes zu ermöglichen.

Die Forderungen in unserem Antrag haben wir uns nicht einfach ausgedacht, sondern sie werden auch von der Konferenz Sächsische Studierendenschaften als auch von der Landesrektorenkonferenz geteilt. Und wenn die Ansichten der LINKEN in diesem Parlament schon wenig Beachtung finden, so hoffe ich doch, das gilt nicht für die Landesstudierendenvertretung und auch nicht für die Landesrektorenkonferenz.

Ich möchte noch einmal betonen: Weder der Pass, noch das Herkunftsland, noch die Hautfarbe einer Person darf darüber entscheiden, welchen Schutz ein Mensch hier bekommt. Der Schutz für Fliehende aus der Ukraine muss für alle gelten; denn Bomben machen vor keiner Nationalität

halt. Ich bitte also erneut um die Zustimmung zu unserem Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Kollegin Gorskih sprach für die Fraktion DIE LINKE. Nun übergebe ich an die CDU-Fraktion, an Herrn Kollegen Fritzsche, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrte Frau Gorskih!

Einige der Punkte, die Sie dargestellt haben, haben Ihrer Darstellung nach im Ausschuss so noch keine Rolle gespielt und gehen nach meinem Empfinden ein Stück weit über das hinaus, was Sie im vorliegenden Antrag thematisieren. Ich glaube dieser Tagesordnungspunkt ist nicht geeignet, um Anträge, die im Ausschuss relativ ausführlich besprochen wurden, inhaltlich zu ergänzen. Doch das sei nur als Vorbemerkung gestattet.

In den letzten Tagen gab es in der Tagespresse eine relativ umfangreiche Berichterstattung über die Aufnahme ukrainischer Studenten und über Regelungen seitens der KMK, die getroffen wurden, um eine Fortführung des Studiums zu ermöglichen. Auch zum Thema des Aufenthalts ukrainischer Staatsangehöriger, aber insbesondere auch von Drittstaatsangehörigen im Zusammenhang mit der kriegerischen Auseinandersetzung hat das BMI, das Bundesministerium des Innern und für Heimat, bereits kurzfristig eine Ministerverordnung erlassen, die am 9. März in Kraft getreten ist.

(Zuruf der Abg. Juliane Nagel, DIE LINKE)

Es ist richtig; diese ist bis 23. Mai befristet, gibt aber den Geflüchteten eine Zeitspanne, um eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis einzuholen.

Zu Fragen der Aufenthaltsgenehmigung, auch zum Zwecke des Studiums, berät die jeweils zuständige Ausländerbehörde. Hinsichtlich der Unterstützung geflüchteter ukrainischer Studenten hat das SMWK bereits zahlreiche Maßnahmen ergriffen, aus Zeitgründen verzichte ich auf eine Aufführung einzelner; viele sind Ihnen bereits bekannt. Auch die außeruniversitären Forschungseinrichtungen unterbreiten zahlreiche Angebote für Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftler.

Auch die sächsischen Studentenwerke haben sich insbesondere bei der Zurverfügungstellung von Wohnheimplätzen sehr stark engagiert und die Hochschulen sind im Bereich von Sprachkursen, auch Alltagssprachkursen, sehr aktiv.

Insgesamt ist festzustellen, dass das Wissenschaftsministerium sowie die sächsischen Hochschulen umfassende Angebote und Unterstützungsmöglichkeiten bereithalten, um den Studenten aus der Ukraine, die nach Sachsen geflüchtet sind, unter den gegebenen Umständen gute Rahmenbedingungen zu bieten. Ihren Antrag bedarf es daher nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei den BÜNDNISGRÜNEN – Beifall bei der Staatsregierung)

Herr Fritzsche sprach für die CDU-Fraktion. Gibt es weiteren Redebedarf? – Frau Dr. Maicher, bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit Einbringung des Antrages Anfang März hat sich sehr viel getan und das wurde bei der Befassung im Ausschuss auch deutlich. Ich bin froh, dass ich jetzt noch ein paar Punkte geraderücken kann, die Sie – aus meiner Sicht auf gefährliche Art – hier darstellen und die faktisch nicht stimmen.

Ich beginne damit: Auf Landes- und Bundesebene werden kontinuierlich Maßnahmen etabliert, um aus der Ukraine geflüchtete Studierende und Forschende bestmöglich zu unterstützen, ihnen Zugang zum Hochschulsystem zu gewährleisten und einen erfolgreichen Abschluss ihres Studiums oder Forschungsvorhabens zu ermöglichen. Unsere Hochschulen sind dabei höchst engagiert und haben in ihren Verantwortungsbereichen bereits individuelle Lösungen geschaffen, sowohl für die Studierenden als auch Beschäftigungsmöglichkeiten für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Um die Aufnahme eines Studiums oder dessen Fortsetzung bereits zum Sommersemester 2022 zu ermöglichen, wurden zum Beispiel Bewerbungsfristen verlängert und Gebühren für Gasthörerschaft für Geflüchtete erlassen. Mit Landesmitteln wurden Agricola-Stipendien für alle geflohenen Studierenden eröffnet. Das richtet sich nicht nach der Staatsangehörigkeit. Es ist falsch, was Sie in Ihrer Pressemitteilung verbreiten.

Sprachkurse wurden zur Studienvorbereitung schnell ausgebaut und unsere Studentenwerke stellen sowohl Zimmer, Verpflegung als auch ihre gesamte psychosoziale Infrastruktur bereit. Es gibt finanzielle Unterstützung, zum Beispiel den Erlass von Studiengebühren, Semesterbeiträgen, Mieten oder auch Kitabeiträgen.

Auf Bundesebene wurde die Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung bis zum 31.08. verlängert, sodass weiterhin ein legaler Aufenthalt und damit die Möglichkeit, einen Zugang zum Hochschulsystem zu erreichen, unter verbessertem Vorzeichen möglich ist.

Ich stimme Ihnen darin zu: Es darf keine unterschiedliche Behandlung der vor Krieg geflüchteten Studierenden geben. Kriegsfolgen achten nicht auf die Nationalität. Alle sind gleichermaßen betroffen. Deshalb schauen wir so genau auf die aktuell noch besondere Situation der geflüchteten Menschen aus Drittstaaten. Hier bedarf es dringend einer bundeseinheitlichen Lösung aus humanitären Gründen. Auch das wurde im Ausschuss intensiv besprochen, und dazu steht Staatsminister Gemkow in Gesprächen mit der LRK. Dazu steht die LRK mit der Hochschulrektorenkonferenz in Gesprächen, die sich ebenso beim BMI dafür

einsetzen. Auch das wurde im Ausschuss deutlich gesagt. Der Minister hat ausgeführt, dass er sich für eine schnellstmögliche Lösungsfindung und die Klärung der offenen Fragen einsetzt.

Die Situation bleibt dynamisch; das sehen wir alle. Auch die darauf folgenden Antworten müssen es sein. Die schon erreichten Maßnahmen in der Öffentlichkeit pauschal als unzureichend oder als Ablehnung von weiteren Verbesserungen zu charakterisieren, verkennt die Anstrengung. Das ist aus meiner Sicht unredlich.

Es ist einfach falsch und gefährlich, was Sie heute hier wiederholt behauptet haben. Denn es wird niemand in Länder zurückgeschickt, in die keine sichere und dauerhafte Rückkehr möglich ist. In diesen Fällen ist eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Aufenthaltsgesetz zu erteilen. Der Bund hat in seinen Anwendungshinweisen eine Rückkehr nach Afghanistan, Eritrea und Syrien ausdrücklich ausgeschlossen. Nach Afghanistan wird seit Langem nicht mehr abgeschoben. Ich finde es gefährlich, dass Sie das hier immer wieder verbreiten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den BÜNDNISGRÜNEN)

Frau Dr. Maicher sprach für die Fraktion BÜNDNISGRÜNE. Gibt es weiteren Redebedarf? – Frau Kollegin Gorskih; Sie haben noch eine Minute.

Herr Präsident! Ich gehe gern noch einmal auf ein paar Punkte ein. Frau Dr. Maicher, ich habe nicht behauptet, dass das Agricola-Stipendium nur für die ukrainischen Studierenden geöffnet worden ist. Das habe ich auch nicht in meiner Pressemitteilung geschrieben. Ich bin natürlich erfreut, dass Sie meine Pressemitteilungen lesen, aber vielleicht können Sie noch einmal nachlesen. Das steht nämlich so nicht drin.

Herr Fritzsche, es war keine inhaltliche Ergänzung. Ein maßgeblicher Punkt in unserem Antrag war, dass die Staatsregierung aufgefordert wird, rechtliche und organisatorische Vorkehrungen für einen legalen Aufenthalt zu treffen. Das steht so drin. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um diesen Aufenthalt zu gewährleisten, und zwar über den 31. August hinaus. Das wurde vom 23. Mai bis zum 31. August verlängert. Aber was nach dem 31. August passiert und ob ab dem 1. September Abschiebungen drohen, das ist noch ungewiss. Deswegen braucht es rechtliche und organisatorische Vorkehrungen, damit der Aufenthalt dieser Personengruppe hier weiterhin legal stattfinden kann.

Das sind die politischen Lösungen, die es braucht, und es braucht sie schnell. Die Lösung liegt allein in den Händen der Staatsregierung. Das SMWK und das SMI sind in der Pflicht, zusammen mit dem Bundesinnenministerium für diesen legalen Aufenthalt zu sorgen. Es steht nichts Falsches im Antrag, sondern wir fordern die Regierung auf, diese rechtlichen und organisatorischen Möglichkeiten aufzugreifen und den legalen Aufenthalt zu gewährleisten. Das ist etwas, was nur die Ministerien machen können. Das

ist eine originäre Pflichtaufgabe von SMWK und SMI, und wir fordern, dass die Regierung hierfür tätig wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Das war eine Kurzintervention von Frau Kollegin Gorskih. Frau Dr. Maicher möchten Sie reagieren? – Nicht mehr; vielen Dank. Gibt es weiteren Redebedarf? – Das sehe ich nicht.

Es gab das Signal aus der Fraktion DIE LINKE, dass über beide Anträge einzeln abgestimmt werden soll. Das wird noch einmal bestätigt. Das gleiche Signal kam auch aus der AfD-Fraktion und wird noch einmal bestätigt. Wir stimmen somit über alle Anträge noch einmal einzeln ab und beginnen mit den Anträgen der Fraktion DIE LINKE. Somit komme ich zur Abstimmung.