Protokoll der Sitzung vom 26.04.2023

Alle afrikanischen Länder haben zusammen einen Anteil von nur 3 % am Welthandelsvolumen. Die Import- und Exportpreise der afrikanischen Länder haben praktisch keinerlei Bedeutung für unser Preisgefüge oder für unseren Wohlstand. Im Gegenteil. Derzeit profitiert der Globale Süden von den technologischen Fortschritten der Industrienationen. Unsere deutschen Unternehmen sind es vielmehr, die in Afrika die höchsten Löhne bezahlen. Wir können allerdings nur dann Wohlstand und deutsche Ingenieurskunst in alle Welt bringen, wenn wir selbst den Pfad des Fortschritts und der Technologieoffenheit nicht verlassen; so, wie es die deutsche und leider auch die sächsische Politik derzeit praktizieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Entwicklungshilfe der Staatsregierung ist aus unserer Sicht unnötig, und sie ist heuchlerisch. Das sieht man vor allem daran, dass noch nicht einmal die Hälfte der Gelder wirklich im Ausland ankommt. Die andere Hälfte versickert in der sächsischen Bürokratie und bei scheinheiligen deutschen Vereinen, die sich in Wirklichkeit nur selbst versorgen wollen. Bis auf wenige Ausnahmen sollten daher alle entwicklungspolitischen Maßnahmen des Freistaates Sachsen eingestellt werden; denn gut für die Welt ist, wenn jeder zunächst sein eigenes Land, seine eigene Heimat, seine eigene Umwelt pflegt und dann mit anderen Nationen Handel zum gegenseitigen Vorteil treibt.

(Zurufe von den LINKEN)

Dieses vernünftige Grundverständnis fehlt leider der sächsischen Regierung und insbesondere der CDU.

(Sören Voigt, CDU: Mal über den Tellerrand schauen!)

„Nächstenliebe statt Fernstenliebe“ heißt das Gebot der Stunde.

(Sören Voigt, CDU: Es heißt Nächstenliebe!)

Hypermoralische Weltrettungspolitik nützt niemandem. Sie ist immer nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wer die Welt wirklich verändern will, packt in seiner eigenen Heimat an. Global denken, lokal handeln – nicht umgekehrt. Deshalb muss das Steuergeld der Sachsen in Sachsen bleiben. Unsere Gemeinden und unsere Städte zuerst!

Herr Kretschmer – er hat sich schon wieder davongemacht – sollte aufhören, sich um die Probleme anderer Länder zu kümmern, auf die er ohnehin keinen Einfluss hat. Es wäre

wichtiger, dass er sich endlich ernsthaft um die wachsenden Probleme unserer sächsischen Unternehmen, unserer sächsischen Bürger kümmert. Hier haben nämlich 30 Jahre CDU genügend Defizite angehäuft.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Starker Beifall bei der AfD)

Die Aussprache wurde durch die AfD-Fraktion eröffnet; das Wort hatte Kollege Urban. Jetzt spricht für die CDU-Fraktion Herr Kollege Modschiedler. – Entschuldigung, Frau Kollegin Kliese. Wie konnte ich Sie übersehen! Eine Kurzintervention an Mikrofon 3; bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. Es ist richtig, ich begehre eine Kurzintervention in Bezug auf den Redebeitrag, den wir gerade gehört haben.

Ich denke, Herr Urban hat hier ganz anschaulich gezeigt, was passiert, wenn man eine vorbereitete Rede vorliest, die in keiner Weise darauf eingeht, was tatsächlich gesagt worden ist.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, den BÜNDNISGRÜNEN, der SPD und der Staatsregierung)

Sie haben in Ihrer Rede auf Dinge Bezug genommen, die hier überhaupt nicht gesagt worden sind. Sie haben es aber vollkommen versäumt, über die konkreten Projekte zu sprechen, die der Staatsminister sehr wohl ausgeführt hat. Beispielsweise haben Sie sich auf ein Sprichwort bezogen, in dem es darum geht, dass ein Fisch geschenkt wird, was nichts bringen würde, weil man den Leuten beibringen muss, zu angeln.

(Zuruf von der AfD: Genau so ist es!)

Genau das machen sächsische Projekte in Uganda. Davon haben Sie keine Ahnung.

(Beifall bei der CDU, den BÜNDNISGRÜNEN und der SPD)

Sie haben an dieser Stelle klar bewiesen, dass Sie von all den tollen Projekten, die es in Uganda gibt – ehrenamtlich und auch mit staatlicher Unterstützung – einfach nichts wissen, dass Sie nichts von dem verstanden haben, was sächsische Entwicklungszusammenarbeit tatsächlich ist. Das zeigt, dass Sie fachlich überhaupt keine Ahnung vom Inhalt dieser Debatte hatten.

(Marko Schiemann, CDU: Genau so ist es!)

Sie haben sich dazu eingelassen, dass man nur vom Wert her zu qualifizierende Projekte im Ausland unterstützen sollte und dass nur Menschen unterstützt werden sollten, wenn ein zu qualifizierender Wert dabei herauskommt. Wenn ich mir Ihren Redebeitrag anhöre und mir vergegenwärtige, dass Sie und Ihre ganze Fraktion auch von sächsischen Steuergeldern bezahlt werden, dann frage ich mich, wo da der qualifizierende Wert ist.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, den BÜNDNISGRÜNEN, der SPD und der Staatsregierung – Protest von der AfD)

Das war eine Kurzintervention von Frau Kollegin Kliese. Jetzt reagiert Herr Kollege Urban, der hier angesprochen wurde. Bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrte Frau Kollegin Kliese, eine Fachregierungserklärung behandelt ein Thema aus Sicht des Freistaates Sachsen. Wenn eine Fachregierungserklärung vom Ministerium richtig behandelt wird, dann wird sie spätestens am Tag vorher an die Fraktionen ausgegeben, damit man weiß, worüber das Gespräch geführt wird. Das machen andere Ministerien; Herr Schenk hat das nicht gemacht.

(Sabine Friedel, SPD: Man kann doch einfach zuhören, Herr Urban!)

Dementsprechend bereiten wir uns auf dieses Thema vor und tragen unsere Positionen zu diesem Thema vor. Genau das habe ich gemacht. Ich glaube, es ist wichtig, das zu machen, weil der Freistaat Sachsen als Bundesland nicht für Entwicklungshilfe zuständig ist. Er maßt sich das nur an.

Sie haben gehört, was hier gemacht wird. Ein Großteil des Geldes geht in gegenseitige Beweihräucherungen auf Konferenzen, bei denen sich von Steuerzahlern finanzierte Vereine treffen, Politiker Grußworte halten,

(Beifall bei der AfD)

dann in den Broschüren ihrer Ministerien darüber berichten und sich damit schmücken, dass sie irgendetwas in der Welt machen.

Die Wahrheit ist aber – und das habe ich Ihnen auch gesagt –: In Afrika braucht Ihre Hilfe niemand. Das sagen regelmäßig afrikanische Intellektuelle. Diese sagen: Die Chinesen bringen die Wirtschaft in Gang und schaffen Wohlstand. Da passiert etwas. Die Europäer kommen mit ihrem Mitleidsbonus daher. Sie feiern am meisten sich selbst und machen kleine Projekte, die auf unser Land überhaupt keinen Einfluss haben.

(Robert Clemen, CDU: So ein Blödsinn!)

Sie schaffen Abhängigkeiten. Sie machen genau das nicht, was gemacht werden sollte, nämlich die Menschen dazu zu bringen, dass sie selbständig für ihren Wohlstand sorgen können. Das ist die Hauptsache.

(Proteste bei der CDU)

Es ist natürlich eine ganz billige Nummer, auf die Finanzierung der Fraktionen einzugehen. Dieses Parlament wird aus Steuergeldern finanziert. Das heißt aber nicht, dass sich alles im Land aus Steuergeldern finanzieren kann. Irgendwann sind die Steuerzahler so weit ausgequetscht, dass kein Geld mehr da ist. Das ist der Punkt.

Der Verweis auf dieses Parlament nützt gar nichts. Sie können gern spenden. Sie können die Vereine gern mit der Hälfte Ihrer Diäten unterstützen. Das machen Sie bestimmt

nicht. Sie wollen das mit dem Geld anderer Leute machen. Das ist der große Fehler. Das Steuergeld ist immer von Menschen erarbeitet worden, von Unternehmen, von Bürgern.

Die Redezeit ist abgelaufen.

Dieses Geld gehört den Bürgern. Es ist nicht dazu da, dass Sie sich als Politiker damit schmücken.

(Beifall bei der AfD)

Das war die Reaktion. Jetzt fahren wir fort in der Rednerreihe. Das Wort ergreift für die CDU-Fraktion Herr Kollege Modschiedler.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte den letzten Satz von Ihnen, Herr Urban, aufgreifen. „Global denken und global handeln“ ist, glaube ich, der bessere Ansatz. Sie haben das „global handeln“ einfach weggelassen und „Ich, ich, ich!“ gerufen.

(Sören Voigt, CDU: Er kann nicht so weit denken!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatsminister Oliver Schenk hat in seiner Fachregierungserklärung die Grundzüge und Leitlinien des entwicklungspolitischen Engagements des Freistaates Sachsen offen dargelegt. Wir alle haben gehört, welche Schwerpunkte gesetzt und welche Haushaltsmittel dafür eingeplant werden.

Herr Staatsminister, ich danke Ihnen für Ihre sachlichen, aber gleichermaßen auch – und das ist wichtig – beherzten Ausführungen zu diesem wichtigen Thema. Herzlichen Dank.

(Beifall des Abg. Sören Voigt, CDU – Zuruf von der CDU)

Es ist auch wichtig, wenn ich mir anhöre, was da gerade gekommen ist.

Ich konnte und kann mir vorstellen, wie die Redebeiträge aus den Reihen der Opposition ausfallen werden bzw., Herr Urban, ausgefallen sind. Von ganz rechts habe ich ein empörtes „Alles falsch! Viel zu viel! Ich, ich, ich!“ gehört. Das war Ihre Aussage. Sie schauen nicht einmal über den Tellerrand. Global denken wollten Sie vielleicht noch, aber über den Tellerrand schauen wollten Sie nicht. Von der linken Seite wird wahrscheinlich genau das Gegenteil kommen. Da heißt es dann: Es war viel zu wenig, das reicht nicht, wir müssen noch mehr machen.

(Zurufe von den LINKEN: Das stimmt ja!)

Ja, natürlich können wir immer noch mehr machen. Seien wir froh, dass wir noch mehr machen können. Aber vergessen wir dabei nicht, dass es viele weitere wichtige Akteure auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit und der Entwicklungshilfe gibt.