Protokoll der Sitzung vom 31.01.2024

(Zurufe der Abg Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE, Rico Gebhardt, DIE LINKE, Marco Böhme, DIE LINKE, und Sabine Friedel, SPD – Sören Voigt, CDU, steht am Mikrofon.)

Nehmen Sie also bitte zur Kenntnis: Wir haben sämtliche möglichen Zweifel, die bestehen, aufgearbeitet.

(Tom Unger, CDU: Offensichtlich!)

Was wir in der sächsischen Fördermittelpraxis im Allgemeinen sehen: So geht sächsisch. In Altenberg hängen schöne grüne Transparente – wunderbar, schön.

(Zuruf von der CDU: Programm!)

Und was passiert, wenn wir uns das Programm hinsichtlich der Möglichkeit der Überprüfung des Erfolges anschauen? Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind so schwammig, und man kann niemals den Erfolg des Programms feststellen. Wir haben also auch in anderen Förderprogrammen im Freistaat Sachsen durchaus Nachholbedarf, und das ist Ziffer 9 des Antrages. Das sollten Sie als Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion auch verstehen.

(Beifall bei der AfD)

Das war die Kurzintervention vom Kollegen Barth, und Kollege Voigt reagiert nun darauf. Bitte schön.

Danke, Herr Präsident! Herr Barth, vielen Dank für die Möglichkeit, darauf zu reagieren. Zum einen hat es Ihnen der Juristische Dienst ja relativ einfach gemacht, Ihren Antrag verfassungsgemäß zu formulieren. Das haben Sie bewusst unterlassen.

(Marco Böhme, DIE LINKE: Ja! – Zuruf von der AfD)

Das ist der erste Punkt, den man feststellen muss.

Der zweite Punkt, der einfach noch mal klargestellt werden muss, ist: Wenn man einen Untersuchungsausschuss einsetzt und dort mit Ernsthaftigkeit, Nachdruck und Aufklärungswillen ein Ergebnis erzielen möchte, dann wissen wir alle, wie lange solche Untersuchungsausschüsse dauern.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Länger als der erste!)

Deshalb sage ich Ihnen: Das ist ein Manöver, was nur dazu dienen wird, Aufmerksamkeit zu erregen.

(Zurufe von der AfD)

Wir werden erleben – und das wissen sie genau –, dass zum Ablauf dieser Legislatur diesem Untersuchungsausschuss kein abschließendes Ergebnis, kein abschließender Bericht vorliegen wird. Insofern bleibe ich natürlich bei meiner

Aussage, dass es Ihnen nicht um Aufklärung, sondern um maximale Aufmerksamkeit geht.

Vielen Dank.

(Beifall von der CDU, den BÜNDNISGRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. André Barth, AfD)

Das waren eine Kurzintervention und Reaktion. Und jetzt kommt für die Fraktion DIE LINKE Frau Köditz zu Wort.

Kerstin Köditz. DIE LINKE: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Untersuchungsausschuss ist das schärfste Schwert des Parlaments, vor allem der Opposition. Daran muss man eigentlich nicht erinnern. Erinnern muss man aber an eine Verwechslungsgefahr. Nicht alles, was aussieht wie ein Schwert, ist ein Untersuchungsausschuss.

(Heiterkeit bei den LINKEN und der SPD)

Und nicht jedem, der angeritten kommt und mit einem rostbraunen Stock fuchtelt, geht es um die Sachverhaltsaufklärung.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ja! Genau! – Zuruf von der AfD)

Ginge es wirklich um Sachverhaltsaufklärung, dann wäre es der betreffenden Fraktion sicherlich leichter gefallen, von vornherein einen zulässigen Einsetzungsantrag vorzulegen, zumal dafür genügend Zeit war.

Wenn wir zurückblicken, dann fällt auf, dass die AfD bereits im August die Möglichkeit eines Untersuchungsausschusses ins Spiel gebracht hat; das war vor fast einem halben Jahr. Danach geschah zunächst einmal nichts. Es gibt eine unerwartete Erklärung dafür, warum es zunächst bei der Ankündigung geblieben war: Folgen wir der Berichterstattung der „LVZ“, dann grassierte nämlich innerhalb der AfD-Fraktion für kurze Zeit eine Art Restvernunft. Es sollen demnach schon damals Zweifel bestanden haben, ob ein Untersuchungsausschuss angesichts der bald zu Ende gehenden Wahlperiode überhaupt noch etwas aufklären könnte.

(Sören Voigt, CDU: Hört, hört!)

Wir dürfen wohl annehmen, dass diese Restvernunft nur eine Minderheit befiel.

(Zuruf von der AfD)

Es setzte sich eine weniger tatsachenaffine Mehrheit durch, und sie erwartet sich – Zitat wiederum „LVZ“ – „einen Vorteil im Wahlkampf. Auf diese Weise möchte die AfD die Vorwürfe gegen Köpping, die SPD-Spitzenkandidatin ist, vor der Wahl präsent halten."

(Sebastian Wippel, AfD: Gut, dass wir eine Zeitung haben!)

In einer Pressemitteilung der AfD hieß es in der vergangenen Woche über die Ministerin: „Damit lassen wir sie nicht

durchkommen!“ Ich gebe zu: Mir ist das auf eine gewisse Art und Weise verständlich. Es liegt aber auf der Hand, dass eine parlamentarische Sachverhaltsaufklärung nicht dasselbe ist wie das Interesse der AfD, einen Vorteil im Wahlkampf zu erlangen, indem man irgendjemand vorführen und bestrafen möchte.

(Zuruf von der AfD)

Das eine kann sich der Sächsische Landtag zu eigen machen, das andere muss er unbedingt von sich weisen.

(Beifall bei den LINKEN)

Auch die bei der AfD selbst aufgekommenen Bedenken über die ausgesprochene kurze Laufzeit des beabsichtigten UA sind nicht ganz von der Hand zu weisen.

(Zuruf von der AfD)

Das nahende Ende einer Wahlperiode steht der Einsetzung zwar nicht prinzipiell entgegen, aber zu den gesetzlich festgelegten Zwecken eines solchen Gremiums gehört es, dem Landtag über das Ergebnis der Untersuchung einen Bericht zu erstatten. Eine Untersuchung ist von vornherein nur dann zulässig, wenn sie geeignet ist, dem Landtag Grundlagen für eine Beschlussfassung im Rahmen seiner verfassungsmäßigen Zuständigkeiten zu vermitteln.

(Zuruf von der AfD)

Es wäre nun die Aufgabe der Fraktion der Antragsteller gewesen, dem Landtag darzulegen, wie es gelingen könnte, die sehr zahlreichen und sehr umfangreichen Fragestellungen des Einsetzungsantrages bis zum Ende der Wahlperiode auch nur ansatzweise zu beantworten. Wenn das aber nicht klar ist, dann wird dem Landtag abverlangt, einen UA zu beschließen, dessen Auftrag praktisch unerfüllt bleibt und von dem offenbar auch Teile der AfD-Fraktion meinen, dass er nicht bewältigt werden kann.

Das würde nichts anderes heißen, als einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, der seine gesetzlich festgelegte Aufgabe gar nicht erfüllen kann bzw. verfehlen wird. Das ist aus unserer Sicht unzulässig.

Der Antrag ist aber noch aus vielen weiteren Gründen unzulässig oder mit einem anderen Wort: verfassungswidrig. Der Antrag enthält nämlich Punkte, die er nicht enthalten darf.

Das sind – erstens – Wertungen und unbewiesene Tatsachenbehauptungen. Da geht es uns nicht nur um die Begriffe „Sumpf“ und „hartnäckig“, sondern auch um die Begriffe „Gutsherrenart“, „übermäßig“, „zielgerichtet“, „hinter verschlossenen Türen“. Den Antrag anzunehmen hieße, dass sich der Landtag eben auch diese Wertung und unbewiesene Tatsachenbehauptungen zu eigen macht. Das kann man vom ihm nicht verlangen.

Da gibt es – zweitens – ein vorausgeplantes Überschreiten der Zäsurwirkung, die eine Einsetzung hätte. Untersuchen darf ein Untersuchungsausschuss nur, was zum Zeitpunkt der Einsetzung abgeschlossen ist. Der Antrag fragt aber sowohl nach Sachverhalten, die nicht abgeschlossen sind, als

auch nach Sachverhalten, die in der Zukunft liegen. Das ist im Rahmen eines UA völlig ausgeschlossen.

Dann wird – drittens – das Bestimmtheitsgebot missachtet. Wenn zum Beispiel nach „Näheverhältnissen“ gefragt wird, ist damit Verwandtschaftsgrad oder Abstand gemeint? Ich weiß es nicht. Wenn nach „Beziehungen“ oder auch nach „Mängeln […] außerhalb des Vollzugs der Richtlinie Integrative Maßnahmen“ gefragt wird, kann damit buchstäblich alles oder nichts gemeint sein. Noch eklatanter als diese Entgrenzung ist die kreative, aber erfundene Fragestellung, „inwiefern der faktische Bedarf der Antragsteller die Richtlinie bedingte oder inwiefern die Richtlinie den übermäßigen Bedarf erzeugte“. Zitat aus dem Antrag! Alle Freundinnen und Freunde formaler Logik werden erkennen, dass hier etwas konstruiert wird, was landläufig als Henne-Ei-Problem bekannt ist. Es heißt so, weil es nicht aufzulösen ist. Was nicht unter Beweis gestellt werden kann, darf nicht Gegenstand eines Untersuchungsausschusses werden.

Das alles sind keine Petitessen, sondern konkrete, schwerwiegende, qualifizierte rechtliche Mängel. Sie fallen umso schwerer ins Gewicht, als es sich bei dem von der AfD begehrten Untersuchungsausschuss weitgehend um eine sogenannte privatgerichtete Untersuchung handeln wird. Dafür gelten besondere Voraussetzungen. Die AfD will sich nämlich nicht nur mit Vorgängen befassen, die im Verantwortungsbereich der Staatsregierung liegen, sondern sie will sich auch, und das sogar zu erheblichen Teilen, mit „Akteuren der Antragsteller“ befassen, mit der „Akteurslandschaft“ und mit „Projekten“. Nach dem Wortlaut geht es auch unabhängig vom Vollzug der Richtlinie Integrative Maßnahmen um die „Aktivitäten“ und das „politische Agieren“, um „Finanzierungsquellen“ und um den „Charakter einzelner Projekte“ und ganzer Vereine.

(Zuruf von der AfD: Es geht um Steuergelder!)

Warum eigentlich? Die Fraktion der Antragsteller hat bis heute nichts vorgetragen, wozu das erforderlich sein soll. Und noch wichtiger: Sie hat nichts vorgetragen, woraus sich die Kontrollkompetenz des Landtags in Bezug auf nicht staatliche Initiativen ergibt. Den einzigen Anhaltspunkt bietet uns die Pressemitteilung der AfD vom 23. Januar 2024.

(Zuruf von der AfD: Und der Bericht des obersten Rechnungshofs!)