Um die Herausforderungen und den Infrastrukturausbau zu meistern, dürfen wir als Freistaat die Kommunen nicht alleinlassen – die notwendigen Investitionen, beispielsweise in die Nahverkehrsinfrastruktur, sind gewaltig –, damit die umliegenden Ortschaften nicht im Verkehrschaos enden und um die Lebensqualität für die Menschen vor Ort zu erhalten.
Neben einer besseren finanziellen Ausstattung des ÖPNV ganz allgemein stehen wir als Freistaat in der Verantwortung, den Kommunen auch neue Instrumente zur Finanzierung des ÖPNV an die Hand zu geben. Ein mögliches Beispiel ist die Nutznießerfinanzierung, übrigens eine seit Langem in Wien und in Frankreich angewendete und gut akzeptierte Variante zur Mitfinanzierung des ÖPNV durch die Arbeitgeber. Damit Kommunen solche Finanzierungsinstrumente einführen können, müsste der Freistaat die rechtlichen Voraussetzungen zu deren Erhebung schaffen.
Eines möchte ich herausstellen: Kapital arbeitet nicht, Menschen arbeiten. Wir brauchen Investitionen zur Transformation; die SAW metalfloat in Espenhain ist ein wunderbares Beispiel dafür. Schrottrecycling, das heißt Kreislaufwirtschaft. Wunderbar! Der internationale Investor ist ein Recycling-Riese aus China. Die Belegschaft ist seit 80 Tagen im Streik; den ganzen kalten Winter hindurch Streik. Streiken Sie mal 5 Tage, das ist knallhart für alle!
Diese Menschen machen lautstark klar: Internationale Investitionen? Ja, bitte, und zwar nur mit Tarifbindung!
Damit auch alle Sächsinnen und Sachsen an Investitionen teilhaben, braucht es eine starke Sozialpartnerschaft. Diese Botschaft gilt allen Investorinnen und Investoren und richtet sich auch gleichermaßen an TSMC. Starke Fachkräfte erfordern starke Tarifpartner. Innovationen und Leuchttürme reichen nicht aus, um Sachsen zu einem international
attraktiven Standort aufzubauen. Die Reputation unseres Landes, die Strahlkraft und die Wettbewerbschancen im internationalen Arbeitsmarkt verlangen vor allem eines: Jeder Mensch muss sich hier wohlfühlen.
Feindbilder – neuerdings auch KI-generierte Feindbilder –, wie sie durch die sächsische Rechte gepflegt werden, schrecken die besten Köpfe ab. Rechtspopulistische Hetze drückt als finsterer Schatten auf die sächsische Strahlkraft von Innovation und Fortschritt. „Wir investieren in Köpfe!“ lässt sich allenthalben vernehmen. Die höchste technologische Ausstattung, die besten Förderkonzepte – all das hilft uns keinen Schritt weiter, wenn die klügsten Köpfe am Bahnhof wieder umdrehen, weil sie zur Begrüßung rassistisch beschimpft werden.
Die Wirtschaft im Land ist in höchster Alarmbereitschaft. Denn wirtschaftliche Entwicklung, Innovation und Forschung braucht vor allem eines: den Schutz unserer Demokratie. Jede Unternehmerin, jeder Meister, jeder Stift, jede Gewerkschafterin mag Eigenvorschläge haben, mag die Transformation für notwendig oder übereilt heißen, aber allen von uns stehen dafür demokratische Parteien zur Wahl. Allen steht zur Wahl, sich einzubringen und die Wirtschaftspolitik zu gestalten, denn die breite Mehrheit der Bevölkerung will in einem Land leben, in dem die freiheitlichen Rechte jedes Einzelnen geschützt sind.
Es gibt keine wirtschaftliche und keine politische Rechtfertigung, mit Faschisten gemeinsame Sache zu machen.
Und darum fordere auch ich zusammen mit Hundertausenden auf der Straße, als Mensch, als Unternehmer, als Wirtschaftspolitiker: Nie wieder Faschismus!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was haben folgende Unternehmen und Branchen gemeinsam? Riesa-Nudeln, VielfaltMenü,
Bautz‘ner Senf, Volkwagen, generell die Metall- und Elektroindustrie, der komplette Pflegebereich, das Hotel- und Gaststättengewerbe? All diese Unternehmen und Branchen haben sich in den letzten Jahren durch gute Betriebsratsarbeit, durch starke Gewerkschaften bessere Löhne herausverhandelt und manchmal auch erstreikt. Es ist deshalb wichtig – genau wie wir als Partei der Arbeit –, an der Seite dieser Leute zu stehen, nicht, weil Politik deren Löhne verhandelt, sondern weil es unsere Aufgabe ist, an der Seite der Leistungsträgerinnen und Leistungsträger zu stehen,
und diese arbeiten jeden Tag in genau diesen Branchen und Unternehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Dass heute die Menschen in Sachsen entschiedener als vielleicht noch vor zehn oder 20 Jahren sagen: Ich verdiene mehr Geld, ich bin mehr wert!, ist auch Ausdruck eines neuen Selbstbewusstseins unter den Arbeiterinnen und Arbeitern in diesem Land, und das ist richtig so.
Wir werden die Fachkräfte der Zukunft nicht mit den Billiglöhnen von gestern halten können. Deshalb ist es so wichtig, was gerade in Espenhain beim Unternehmen SWR metalfloat passiert. Es geht darum, dass der größte Schrottverwerter Deutschlands – der übrigens einem chinesischen Konzern gehört, der seinen Sitz auf den Kaimaninseln hat – seinen Beschäftigten endlich ordentliche Tariflöhne bezahlt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es ist der wichtigste Streik, der zurzeit in Deutschland stattfindet. Er geht schon seit über zwei Monaten, weil es auch um die Frage geht, ob wir es in Deutschland schaffen, unsere Standards für gute Arbeit zu verteidigen. Es kann nicht sein, dass deutsche Gewinne nach China oder die Kaimans exportiert und gleichzeitig chinesische Arbeitsverhältnisse nach Deutschland importiert werden. Hier muss es ein Stoppzeichen geben. Und deshalb ist dieser Streik in Espenhain so wichtig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die Löhne sind in den letzten Jahren in Sachsen gestiegen wie nirgendwo sonst, nämlich um 16 %. Das ist ein Verdienst des Mindestlohns, den wir als SPD durchgesetzt haben, während andere Parteien – wie die AfD – sich in die Büsche geschlagen haben. Das hat nicht nur dazu geführt, dass über 314 000 Menschen in Sachsen einen höheren Mindestlohn erhalten, sondern es hat sich das Gesamttarifgefüge in Sachsen nach oben entwickelt. Die Leute, die vorher 12 Euro verdient haben, bekommen jetzt 14 Euro und die Leute die vorher 14 Euro bekommen haben, bekommen jetzt 16 Euro. Das ist auch richtig so, weil es nicht sein kann, dass Menschen von ihrer eigenen Arbeit nicht leben können. Es kann nicht sein, dass wir glauben, für die Zukunft Fachkräfte gewinnen zu können, ohne sie gut entlohnen zu wollen. Deshalb sagen wir Sozialdemokraten ganz klar: Mindestlöhne sind nur das Mindeste. Wir brauchen mehr Tariflöhne. Deshalb wollen wir auf europäischer Ebene mit einer Rahmenrichtlinie dafür sorgen, dass wir daraus folgend nationale Aktionspläne zur Erhöhung der Tarifbindung aufstellen. Das ist ein großes Verdienst.
Im Sachsen-Monitor sehen wir, dass zwei Drittel der Sachsen sich ungerecht behandelt fühlen. Wenn man dann fragt, warum das so ist, wird als wichtigster Grund angeführt, dass es auch 33 Jahre nach der deutschen Einheit unterschiedliche Löhne zwischen Ost und West gibt.
Das sollten wir in den Blick nehmen; denn ich bin der festen Überzeugung, dass wir die Spaltung, die wir in diesem Land erleben, nicht überwinden können, wenn wir nicht endlich dafür sorgen, dass die Arbeitsleistung und die Lebensleistung der Menschen in Ostdeutschland genauso gewürdigt und damit auch bezahlt wird wie die Leistung der westdeutschen Kolleginnen und Kollegen. Das mag keine hinreichende Bedingung sein, aber es ist eine notwendige Bedingung. Ohne mehr Gerechtigkeit führen wir diese Gesellschaft nicht zusammen.
Deshalb ist auch wichtig, dass wir uns in Sachsen nicht kleinmachen. Wir haben eine starke Wirtschaft. Auch für eine CDU, die immerhin seit 1990 hier regiert, ist es klug, dass sie das Gute und Geschaffene in diesem Land sieht und es nicht schlechtredet.
Klar ist, dass der Wettbewerb der Zukunft nicht von den Löhnen abhängt. Die Niedriglohnstrategie der Neunzigerjahre ist gescheitert. Beim Wettbewerb der Zukunft wird es darum gehen, wer das beste Produkt baut. Deshalb ist es wichtig, dass wir es gerade gemeinsam geschafft haben, Sachsen auf die wirtschaftliche Weltkarte als eine der Regionen zu setzen, in denen es sich lohnt, in Zukunftsindustrien zu investieren. Wir haben es bei den Halbleitern, beim Wasserstoff und den Elektroautos erlebt. Die Investitionen, die in einem Gesamtumfang von 30 Milliarden getätigt werden, sind das Ergebnis einer klaren Zukunftsstrategie. Über die Bundesregierung wird zwar viel gemeckert, aber man muss ihr zugutehalten, dass sie als erste Bundesregierung eine nachhaltige und erfolgreiche Industriestrategie für Ostdeutschland hat. Die Investitionen in den Halbleiterstandort sind genau Ausdruck dessen.
Herr Voigt, lassen Sie es mich auch noch einmal für Sie sagen: Wir alle wissen, dass die Subventionen, die diese Investitionen möglich machen, der Bund zur Verfügung stellt und nicht Sie, die CDU, und leider auch nicht der Freistaat. Das ist der entscheidende Punkt, den wir an der Stelle noch einmal in den Mittelpunkt stellen müssen. Wir erleben gerade im Bund – übrigens auch im Land –, wie die Schuldenbremse zu einer Fortschrittsbremse wird. Darin sind sich inzwischen nicht nur die Sozialdemokraten einig, sondern auch die Wirtschaftsverbände und viele Unternehmen. Wir bekommen jetzt die ersten Briefe, in denen gesagt wird: Diese Schuldenbremse funktioniert nicht, wenn sie die Zukunft verhindert. – Selbst die neoliberalen Wissenschaftler in diesem Land sagen inzwischen, dass das sächsische Modell einer Schuldenbremse unklug ist, dass es wirtschaftlich unvernünftig ist. Deshalb dürfen wir also nicht nur auf Berlin schauen, sondern wir müssen es besser machen.
Wir dürfen uns aber nicht kleinmachen. Wir haben unser eigenes Schicksal selbst in der Hand, wenn wir die richtigen politischen Schritte auch in Sachsen gehen. Deshalb ist es notwendig, dass wir eine nachhaltige und Legislaturperioden übergreifende Investitionsstrategie für dieses Land
entwickeln. Wir, die SPD, nennen es den Sachsenfonds. Eines ist das Gebot der Stunde: Viele Unternehmen sagen in persönlichen Gesprächen: Wir verstehen, dass wir uns verändern müssen, aber gebt uns bitte Planungssicherheit und eine klare Orientierung! – Sie wollen wissen, womit sie in ein, zwei oder drei Jahren rechnen müssen.
Wenn man kritisiert, dass die Ampel das an manchen Stellen nicht schafft, dann ist diese Kritik nicht falsch. Sie, die CDU, schaffen es aber in Sachsen mit ihrem Finanzminister auch nicht. Deshalb sollten Sie mit dieser Kritik etwas vorsichtiger sein.
Das heißt also: Entschiedenes Handeln ist das Gebot der Stunde. Entschiedenes Handeln gibt Orientierung und Sicherheit. Entschiedenes Handeln ermöglicht es, dass wir Zukunftschancen, die wir in Sachsen haben, auch nutzen. Der beste Weg, auf dem es in diesem Land abwärtsgeht, ist der, dass wir nichts tun. Wer behauptet, alles könne so bleiben, wie es ist, wird dieses Land in den wirtschaftlichen Niedergang führen. Wir müssen auch in Sachsen unsere Hausaufgaben selbst machen.
Das bedeutet auch – es wurde an vielen Stellen angesprochen –, dass wir in der Energiepolitik sehen müssen, was schlau ist. Wir dürfen nicht den Fehler wiederholen, den die Merkel-Regierung 2011 gemacht hat, als sie – nachvollziehbarerweise – aus der Kernenergie ausgestiegen ist. Das ist damals so beschlossen worden. Anschließend hat sie aber jeden Ausbau der erneuerbaren Energien verhindert. Das war ein Fehler, und den wird diese Koalition nicht wiederholen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Frau Präsidentin! Lieber Kollege Homann, vielen Dank für die Möglichkeit einer Zwischenfrage. Ist Ihnen bewusst, dass der Ausstieg aus der Kernenergie, der zum damaligen Zeitpunkt von 90 % der Bevölkerung als gut empfunden wurde, unter der Voraussetzung beschlossen wurde, ihn für die Übergangszeit bis zum Ausbau der erneuerbaren Energien über Gaskraftwerke abzusichern, damit man grundlastfähig ist? Ist Ihnen das bewusst?
Der Wahrheit halber muss man aber auch sagen, dass Sie nichts dafür getan haben, die erneuerbaren Energien in diesem Land stärker auszubauen. Der Blick nach Sachsen zeigt, woran das liegt. Der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland hat gestockt, solange Sie regiert haben. Auch Sachsen ist nach wie vor alles andere als in der Spitzengruppe des Ausbaus der erneuerbaren Energien.
In dem Zusammenhang empfehle ich übrigens eine Entmoralisierung. Nirgendwo wird es so deutlich wie bei Windrädern. Einige Menschen in diesem Land halten Windräder für total toll und schön. Andere Menschen sagen, man müsse doch sauer werden, wenn man die Windräder sieht. Ich finde, beides sind keine Kategorien. Wie wäre es denn einmal mit einer vernünftigen Mittelposition? Ich zum Beispiel finde Windräder nicht schön. Ich verstehe aber, dass wir sie brauchen, wenn wir die Zukunft der Wirtschaft in Sachsen sichern wollen. Das wäre doch eine vernünftige Herangehensweise in der Diskussion über Windräder.
Bei aller Kritik an der CDU kommt der wirtschaftlich verrückteste Vorschlag wie immer von der AfD. Wir durften letzte Woche erleben, dass die AfD vorschlägt, Deutschland müsse darüber nachdenken, aus der Europäischen Union auszusteigen. Herr Urban hat richtigerweise gesagt, dass Sachsen im Jahr Produkte im Wert von 50 Milliarden Euro exportiert, und die Hälfte – die Hälfte! – geht in die Europäische Union.
Wenn man nach britischem Vorbild aus der Europäischen Union aussteigt, dann bedeutet das, dass Exporte in dieser Form nicht mehr möglich sind.
Das bedeutet einen Totalschaden für die sächsische Wirtschaft. Das bedeutet, dass in diesem Land schlagartig wieder Hunderttausende Menschen arbeitslos werden. Wer ernsthaft vorschlägt, dass wir aus der Europäischen Union aussteigen, der führt Sachsen zurück in die Massenarbeitslosigkeit der Neunzigerjahre. Und deshalb werden Sie von allen anderen in diesem Haus an dieser Stelle entschiedenen Widerspruch erleben.