Meine Damen und Herren - Entschuldigung, Herr Kasten -, die Freude über die Zustimmung zu dem Gesetz ist so groß, daß wir sie sich erst einmal setzen lassen müssen. Wenn wieder Ruhe im Plenum ist, fahren wir fort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor wir zum Inhalt kommen, möchte ich noch eine Korrektur anbringen. Im Punkt 2 hat sich ein Schreibfehler eingeschlichen. Sie müssen bei der aufgeführten Zahl von 4,0 Millionen Kilometern die Ziffer 0 hinter der 4 durch eine 4 ersetzen, wodurch sich 4,4 Millionen Kilometer ergeben. Dann stimmt die Gesamtrechnung. Wir haben keine neue Drucksache herausgegeben. Ich denke, es ist ökologischer, wenn jeder einen Stift in die Hand nimmt. Außerdem steht es ja dann auch im Protokoll.
Sehr geehrte Damen und Herren! Im Jahr 1996 wurde der erste Verkehrsvertrag des Landes mit der DB AG wirksam. Das war eine Konsequenz aus der Bahnreform mit der Übernahme der Verantwortung für die Bestellung des Schienenpersonennahverkehrs durch die Länder. Dafür stehen in Sachsen-Anhalt rund eine halbe Milliarde D-Mark Regionalisierungsmittel zur Verfügung zuzüglich investiver Mittel in Höhe von 160 Millionen DM.
Dieser Vertrag lief zum Fahrplanwechsel 1998 aus. Seitdem gibt es juristisch einen quasi vertragslosen Zustand. Im stillschweigenden Einvernehmen wurden die Leistungen weiter angeboten und gefahren, wurde der bestehende Zustand fortgeschrieben. Allerdings erlangte der Besteller fast volle Handlungsfreiheit und konnte bekanntlich ohne Regreßforderungen der Bahn zwischen Januar und Mai 1999 rund ein Zehntel des SPNV-Netzes des Landes abbestellen.
Solche Zeichen und Signale sind für die Bahn, insbesondere für den Geschäftsbereich Netz, allerdings sehr negative Erfahrungen und auch Handlungsmöglichkeiten, Netzverbesserungen in Sachsen-Anhalt nach hinten zu schieben.
Wie sollen nun Instandhaltung und Ausbau des Netzes geplant werden, wenn dort von Jahr zu Jahr Differenzen auftreten?
Deshalb war es ein wichtiges Ziel der PDS, das landesbedeutsame Schienennetz gesetzlich festzuschreiben. Das erfolgte mit der Verabschiedung des seit August 1999 gültigen und veröffentlichten Landesentwicklungsplanes.
Damit war das Netz bestimmt, auf dem verbindlich Schienenpersonennahverkehr durch den besonderen Aufgabenträger bestellt wird. Das sind die zur Zeit rund 22,4 Millionen Personenkilometer pro Jahr, ergänzt durch ein von der Planungsregion noch zu bestimmendes Ergänzungsnetz. Das sind die 4,4 Millionen Kilometer, die ich eben korrigiert habe.
Für Instandhaltung, Sanierung und Ausbau benötigt auch die Netz AG absehbare Bestell- und damit auch Planungszeiträume. Die von uns in den Punkten 1 und 2 vorgeschlagenen Bestellzeiträume von mindestens fünf Jahren sind dafür Mindeststandard. Darin sind sich die Fachleute auf jeden Fall einig.
Daran hängt in den Jahren 2000 bis 2010 - die folgende Zahl möchten Sie sich bitte einmal auf der Zunge zergehen lassen - ein Investitionsvolumen von rund 1 Milliarde DM in Sachsen-Anhalt. Dieser Betrag ist notwendig, um das Bestandsnetz in Sachsen-Anhalt auf den heute üblichen Standard zu bringen. Davon wären bis zum Jahr 2005 rund 690 Millionen DM aufzubringen bzw. einzusetzen. Man könnte davon natürlich die 125 Millionen DM für den Neigetechnikausbau der Strecke Halberstadt - Ilsenburg, also ab Ausgang Halberstadt bis Einfahrt Ilsenburg, abziehen. Aber auch der restliche Betrag ist, wenn Sie ihn auf das Netz von Sachsen-Anhalt verteilen, ein ganz schöner Brocken. Das sind Mittel für Beschäftigung und Arbeitsplätze in unserem Land!
Daß ein Privatunternehmen, wenn auch 100prozentige Tochter des Bundes, dafür ein Minimum an Sicherheit braucht oder haben muß, ist wohl verständlich. Das ist auf der Grundlage des beschlossenen Landesentwicklungsplanes das Ziel unseres Antrages.
Der Berichterstattung zum Stand der Verhandlungen über einen neuen Verkehrsvertrag sehen wir mit großem Interesse entgegen. Das ist bekanntlich Punkt 3 unseres Antrags.
Da dieser Vertrag de facto zum Fahrplanwechsel 2000/ 2001 im Mai in Kraft treten müßte, halten wir eine Berichterstattung schon in der nächsten Sitzung des Ver
Vielen Dank, Herr Kasten. - Im Ältestenrat ist zu diesem Tagesordnungspunkt eine Fünfminutendebatte vereinbart worden. Vorher hat für die Landesregierung Herr Minister Dr. Heyer um das Wort gebeten. Bitte schön.
Der Landesentwicklungsplan, Herr Kasten, enthält keine Beschreibung oder Darstellung eines landesbedeutsamen SPNV-Netzes. Der Landesentwicklungsplan enthält Festlegungen zur Raumstruktur, insbesondere in bezug auf zu sichernde Standorte und Trassen der Infrastruktur. Deshalb sind im Landesentwicklungsplan unter anderem Strecken als landesbedeutsam dargestellt, die Aufgaben im überregionalen Personenfernverkehr und im Güterverkehr wahrnehmen.
Sie werden von der Landesregierung doch nicht verlangen, daß sie aus den Regionalisierungsmitteln für den Nahverkehr nun auch noch den Güterverkehr oder den Personenfernverkehr bestellt.
Im übrigen kommt es bei der Bestellung auf das jeweilige Nachfragepotential an. Das ist in vielen Fällen nicht vorhanden. Ich denke etwa an den Streckenabschnitt Calbe/Saale-West und Güsten, der nicht durch den SPNV bedient wird, aber eine wichtige Trasse für den Güterverkehr darstellt.
Meine Damen und Herren! Für die Planung des Schienenpersonennahverkehrs sind das Regionalisierungsgesetz und das ÖPNV-Gesetz des Landes die maßgeblichen Grundlagen. Das ÖPNV-Gesetz sieht als planerische Grundlage zukünftiger Bestellungen den Plan des Schienenpersonennahverkehrs vor. Auf dieser Grundlage sind daher Bestellungen des Landes zu veranlassen. Deshalb entwickelt die Landesregierung das Bestellvolumen in diesem Rahmen fort.
Die Aussagen des Landesentwicklungsplans zu langfristig zu sichernden Trassen genügen demnach nicht, um daraus aktuelle Bestellungen des Schienenpersonennahverkehrs abzuleiten. Diese Leistung ist allein dem Plan des Schienenpersonennahverkehrs vorbehalten.
Die Debatte wird begonnen durch die SPD-Fraktion. Für diese spricht der Abgeordnete Herr Sachse. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Schienenpersonennahverkehr ist - das dürfte unbestritten sein - das Rückgrat des öffentlichen Personennahverkehrs in Sachsen-Anhalt. Es ist inzwischen
Dies ist beispielsweise in dem ÖPNV-Bericht entsprechend ausgewiesen. Wir werden uns in der nächsten Ausschußsitzung näher damit beschäftigen.
Die Zahl der Personenkilometer liegt seit 1995 auf einem hohen Niveau mit leicht steigender Tendenz. Auch die Einnahmen aus den Beförderungsleistungen sind wieder angestiegen. Im Schienenverkehr ist die Zahl der Zugkilometer von ca. 26 Millionen in der Fahrplanperiode 1993/94 auf etwas mehr als 27 Millionen in der laufenden Periode angestiegen, und dies trotz der Abbestellungen nach Einzelfallbetrachtungen auf extrem unwirtschaftlichen Strecken, die uns in der letzten Zeit auch im Landtag beschäftigt hatten.
Wichtig ist mir auch, daß der Erfolg des ÖPNV in Sachsen-Anhalt nicht nur in der Statistik erscheint, sondern auch von außen, vom Bürger wahrgenommen wird. In diesem Zusammenhang möchte ich den Preis „König Kunde“ erwähnen, der zum Beispiel der Nasa für ihr wegweisendes Marketing vom Verkehrsklub Deutschland verliehen worden ist. Auch das Nahverkehrsinformationssystem Insa, durch das unter anderem per Internet die ÖPNV-Verbindungen in Sachsen-Anhalt erfragt werden können, steht beispielhaft für einen modernen und kundenorientierten ÖPNV. Dies wollen wir fortsetzen.
Ich möchte nicht auf weitere Details eingehen und schlage den Bogen zum konkreten Antragstext, wobei der SPNV natürlich eine zentrale Rolle spielt. Ich verstehe das Anliegen der PDS so, daß erneut mit einem Landtagsbeschluß zur Sicherung des Netzes des Schienenpersonennahverkehrs beigetragen werden soll.
Auch ich vertrete die Auffassung, daß eine Verkehrsbestellung die beste Streckensicherung darstellt. Alle Diskussionen im Sinne der Forderungen unter den Punkten 1 und 2 haben in der Vergangenheit jedoch nicht zu realistischen Lösungen geführt. Wir beantragen aus diesem Grund die Überweisung des Antrages in den zuständigen Fachausschuß; denn die Materie ist zu komplex, als daß sie in einer halbstündigen Befassung des Landtages erörtert werden könnte. Der Antragsteller hat dies selbst eingeräumt, also sollten wir es auch so tun.
Ich will kurz auf einige Punkte eingehen. Es soll über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren bei geeigneten Eisenbahnverkehrsunternehmen verbindlich bestellt werden. Unstrittig ist, daß ein entsprechendes Unternehmen eine längerfristige Bestellgarantie benötigt, um die nötigen Investitionen kalkulieren zu können. Fünf Jahre sind unter bestimmten Bedingungen vielleicht ein angemessener Zeitraum, wohingegen Bestell-garantien von 20 Jahren, die teilweise von der Deutschen Bahn angestrebt werden, fachlich und haushalts-technisch sicherlich nur schwer zu verantworten sind.
Kompliziert wird es bei dem Passus der geeigneten Unternehmen. Laut ÖPNV-Bericht gibt es in SachsenAnhalt bereits zehn Unternehmen, die eine Genehmigung als öffentliches Eisenbahnverkehrsunternehmen für den Personenverkehr besitzen. Davon hat ein Unternehmen, die DB Regio, natürlich eine deutlich marktbeherrschende Stellung, wenn man die laut EU-Recht zugesicherte Wettbewerbsfähigkeit der ausländischen Unternehmen nicht berücksichtigt.
Des weiteren ist in der letzten Woche deutlich geworden, daß die Deutsche Bahn vor erheblichen Entscheidungsproblemen steht. Der Vorstandsvorsitzende der DB AG hat neue Ideen geäußert, die zunächst relativ undiskutiert im Raum stehen, sei es der verstärkte Einsatz von Bussen im Regionalverkehr, sei es die Splittung der DB in 37 Regionalgesellschaften oder seien es neue Zugangebote, die die Grenze zwischen Nah- und Fernverkehr aufheben und damit zwangsläufig Bund und Länder mit Veränderungen in der Finanzstruktur konfrontieren werden.
Es gibt viele Ungereimtheiten. Klar ist nur, daß die Signale auf Umstrukturierung stehen. Unklar ist, in welche Richtung die Bahn künftig fahren wird. Wir müssen die Entwicklung aufmerksam beobachten und sind sicherlich nicht in der Lage, zum jetzigen Zeitpunkt die Entscheidungsfähigkeit herzustellen, die der Antrag suggeriert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verweise des weiteren darauf, daß die Regionalisierungsmittel als zentraler Baustein der SPNV-Finanzierung vor dem Hintergrund der bisherigen Bahnreform festgelegt wurden und daß auch hierbei Veränderungen durch neue Strukturen nicht ausgeschlossen werden können. Selbst die bisherigen Annahmen sind aus meiner Sicht in Frage gestellt. Darüber sollten wir im Ausschuß reden.
Ich konnte in meinem Beitrag nur anreißen, über welche Argumente eventuell künftig stärker diskutiert werden muß. Wie eingangs genannt, schlage ich eine Überweisung in den Ausschuß für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr vor. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Für die DVU-FL-Fraktion war ein Redebeitrag nicht angemeldet. - Es bleibt dabei. Für die CDU-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Weiß.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der Landesentwicklungsplan, auf den sich die PDS-Fraktion beruft, sieht vor, die ökologischen, ökonomischen und sozialen Anforderungen an die Raumnutzung gleichgewichtig zu vereinbaren.
Es steht für mich außer Frage, daß die Bestellung von Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr ein Gebot der wirtschaftlichen und ökologischen Vernunft ist sowie einer sozialen Notwendigkeit entspricht. Der Schienenpersonennahverkehr sollte allerdings immer dann eine hohe Priorität genießen, wenn er, weil sinnvoll eingesetzt, eine ökologische Alternative zum Straßenverkehr eröffnet.
Bezüglich des im Punkt 2 des Antrages erwähnten, nicht landesbedeutsamen Netzes bezweifle ich dieses. In diesem Zusammenhang möchte ich hervorheben, daß im Land immer noch Bahnen auf Schwachlaststrecken betrieben werden, bei denen in jedem Zug durchschnittlich weniger als 15 Fahrgäste befördert werden. Dafür muß eine 80-Tonnen-Lokomotive und ein 30-Tonnen-Waggon oder günstigstenfalls ein 40-Ton-nen-Triebwagen bewegt werden.
Der vorliegende PDS-Antrag in Drs. 3/2762 ist auf eine Bestellung von SPNV-Leistungen bis mindestens 2005 mit einer Option für weitere fünf Jahre gerichtet. Die PDS-Fraktion hält es aber nicht für erforderlich, dem Landtag zu erklären, woher sie weiß, wie sich der SPNV entwickeln wird und welche Leistungen hierfür erforderlich sein werden. Warum sollte sich das Land auf einen so langen Zeitraum festlegen? Hierzu sehe ich im Ausschuß erheblichen Klärungs- und Beratungsbedarf.