Protokoll der Sitzung vom 09.03.2000

Deshalb noch einmal herzlichen Dank dafür, daß Sie als SPD-Fraktion den Mut hatten, nun endlich die Novellierung des ÖPNV-Gesetzes in Angriff zu nehmen. In den letzten drei Monaten haben wir gezeigt, daß wir, wenn wir wollen, gemeinsam etwas auf den Weg bringen können. Aber es hätte auch noch besser werden können. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Für die FDVP-Fraktion wurde ein Redebeitrag nicht angemeldet. - Es bleibt offensichtlich dabei. Dann spricht für die PDS-Fraktion der Abgeordnete Herr Kasten. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Uns liegt nun der erste Entwurf zur Änderung des Gesetzes zur Gestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs im Land Sachsen-Anhalt vor. Bekanntlich wird damit dem vor über einem Jahr gefällten Urteil des Landesverfassungsgerichtes in Dessau entsprochen.

Die PDS-Fraktion hat sich seit der Einbringung ihres ÖPNV-Gesetzentwurfes im Jahr 1994 für verläßliche, berechenbare gesetzliche Grundlagen zur Mitfinanzierung auch der Betriebskostenzuschüsse im öffentlichen Straßenpersonennahverkehr eingesetzt.

Mit der heutigen Novelle liegt eine mehrheitsfähige Variante zum Test in der Praxis vor. Der dominierende Anteil statischer Berechnungskomponenten ist zwar eine sichere Bank für die Aufgabenträger, bestraft aber Kreativität und Innovation.

Weitergehende Ansätze waren allerdings sowohl unter den Fachleuten als auch unter den Fachpolitikern noch nicht mehrheitsfähig und sind noch nicht ausdiskutiert worden. Um Qualitätskriterien, wie zum Beispiel die

Zahl der Fahrgäste pro Jahr, den diskriminierungsfreien Zugang und anderes, auf ihre Eignung und objektive Erfaßbarkeit zu bewerten, sind noch Untersuchungen nötig.

Deshalb hat die PDS-Fraktion den Entwurf zur Novellierung des Gesetzes durch einen diesen Ansatz aufnehmenden Entschließungsantrag ergänzt. So bilden Beschlußempfehlung und Entschließungsantrag für uns eine Einheit.

Eine zweite Novelle ist bis Ende 2002 auf jeden Fall notwendig, da zum Beispiel die Übertragung von SPNVMitteln an Verkehrsverbünde und anderes, wie die Rolle der Nasa, nicht exakt gesetzlich geregelt ist.

Die wichtigsten Signale dieser Novellierung sind allerdings folgende:

Erstens. Der öffentliche Personennahverkehr in diesem Land war und bleibt eine Pflichtaufgabe. Der Diskussionsbeitrag aus dem Fachministerium bezüglich der Aufgabe der Pflicht ist vom Tisch. Die Daseinsvorsorge ist für uns immer eine Pflichtaufgabe.

Zweitens. Die anteilige Finanzierung der Betriebskostenzuschüsse für den öffentlichen Straßenpersonennahverkehr wird auf Vorschlag der PDS-Fraktion von 40 Millionen DM auf 50 Millionen DM erhöht und gesetzlich gesichert. Davon werden bekanntlich 40 Millionen DM aus den Regionalisierungsmitteln und 10 Millionen DM aus landeseigenen Mitteln zur Verfügung gestellt. Das ist jedenfalls in diesem Jahr so.

Ich bitte um Zustimmung zu der Beschlußempfehlung in der Drs. 3/2752 und zu dem Entschließungsantrag in der Drs. 3/2781. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS - Zustimmung von Herrn Sachse, SPD, und von Herrn Bischoff, SPD)

Für die DVU-FL-Fraktion ist ebenfalls ein Redebeitrag nicht angemeldet worden. - Es bleibt auch dabei. Dann spricht für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Herr Sachse. Bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus der Sicht der SPD-Fraktion wird heute hoffentlich mit großer Zustimmung ein qualitativ gutes Gesetz aus dem Jahr 1996 - ich lege Wert auf diese Feststellung und widerspreche ein bißchen dem Automatismus, den Herr Kasten von vornherein hier hineingelegt hat, daß wir dringend in einer Zeitschiene weitere Veränderungen durchführen müssen - in nur einem Paragraphen konkretisiert.

Ziel war es, auf ein Urteil des Landesverfassungsgerichtes zum angemessenen Anteil des Landes bei der Betriebskostenfinanzierung zu reagieren und den Aufgabenträgern nunmehr unabhängig von den jährlichen Haushaltsberatungen eine stärkere und langfristig vorhersehbare Planungssicherheit zu geben. Dabei ist festzustellen - auch darauf lege ich Wert -, daß es bisher keine Verunsicherung der kommunalen Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen gegeben hat.

Das Land hat für den ÖPNV seit 1996 mehr finanzielle Mittel als in den Jahren davor ausgegeben und hat damit als Partner der Kommunen immer einen angemessenen Beitrag zur Gestaltung des in der Zuständigkeit der Kommunen liegenden ÖPNV im Straßenverkehr

geleistet und somit auch zur Stabilisierung der Arbeitsplätze in den entsprechenden Verkehrsunternehmen beigetragen. Meine Damen und Herren, dies wird auch in Zukunft, nach der Novellierung so sein.

Bei der Novellierung ging es neben der juristischen Klarheit infolge des Urteils des Landesverfassungs-gerichts im Detail um das Finden eines Verteilungsschlüssels, der einfach anzuwenden ist und der keine umfangreichen Erhebungen notwendig macht. Die Finanzierung des ÖPNV wird sich stärker am Nutzer, nämlich den Einwohnern in einem Gebiet, orientieren. Gleichzeitig sollte der Schlüssel aber auch Besonderheiten, wie Straßenbahnverkehre, Bevölkerungsdichte und die besonderen Anforderungen des Verkehrs in kleinen und mittelgroßen Städten, angemessen berücksichtigen.

Die SPD hat hierbei Ergebnisse aus der Anhörung der fachkompetenten Spitzenverbände aufgenommen, so daß auch die Auffassung von Ausführenden und Betroffenen in die Diskussion einfließen konnte.

Zum einen wird nun, unabhängig vom jeweiligen Jahreshaushalt, ein angemessener Betrag zur Grundsicherung in Höhe von 40 Millionen DM eingestellt. Dieser Betrag orientiert sich an der Höhe der bisherigen Landesförderung für die Betriebskosten der straßengebundenen Unternehmen.

Zusätzlich erhalten die kommunalen Aufgabenträger für die Erarbeitung ihrer mit den benachbarten Kommunen abgestimmten Nahverkehrspläne eine jährliche Pauschale in Höhe von ca. 5 Millionen DM. Dies ist gegenüber dem im Jahr 1996 in Kraft getretenen ÖPNVGesetz eine echte Zusatzleistung.

Des weiteren wollten wir an die Bemühungen der vergangenen Jahre anknüpfen, nach Möglichkeit nachweisbare Leistungsanteile in die Grundförderung des straßengebundenen ÖPNV einfließen zu lassen. Insofern ist ein weiterer Förderblock auch für Verkehrsverbünde eingeführt worden, der einem Anteil von ca. 5 Mil-lionen DM entspricht.

Der Entschließungsantrag der PDS wird von uns unter dem Aspekt der Leistungsbezogenheit sehr begrüßt. Wir sind darauf gespannt, ob sich aus dem Auftrag an die Landesregierung belastbare und einfach nachvollziehbare Qualitätskriterien ergeben werden.

Wir sollten uns darüber im klaren sein, daß die heute hoffentlich mit großer Mehrheit - ich betone es nochmals - verabschiedete Finanzierungsregelung nicht statisch für alle Zeiten gelten kann, sondern daß eine qualitative Weiterentwicklung erfolgen muß, genauso wie sich auch der ÖPNV qualitativ weiterentwickeln wird.

Ich gebe zu, daß Fragen der Öko-Steuer, aber auch die enormen Aufwendungen im Investitionsbereich, die schon heute von der Landesregierung in großem Umfang geleistet werden - ich erwähne das Schnittstellenprogramm als Stichwort -, in die Bewertung der Betriebskosten eingehen müssen.

Wir werden uns künftig sicherlich auch über Fragen des europäischen Wettbewerbsrechts unterhalten müssen. Auch das wird in der Zukunft nicht einfach werden, und die Wirkungen sind noch nicht absehbar. Wir werden diese Entwicklung gemeinsam mit den Aufgabenträgern und Verkehrs-unternehmen begleiten. Dazu gehört auch, daß gegebenenfalls - ich sage das bewußt; das ist kein Automatismus - die Gesetze an neue Erfordernisse und Erkenntnisse angepaßt werden müssen.

Hier und heute möchte ich mich gern wiederholen, wenn ich sage: Ein qualitativ gutes Gesetz wird mit der vorliegenden Novelle weiter verbessert. Aus der Bearbeitung des Entschließungsantrages können sich leistungsbezogene Parameter ergeben, die die Subventionierung von kommunalen Verkehrsleistungen auf eine höhere Stufe heben.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der SPD)

Nach der Debatte der Fraktionen hat für die Landesregierung Herr Minister Dr. Heyer um das Wort gebeten. Bitte, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten ein gutes ÖPNV-Gesetz. Wir haben nun ein zumindest aus der Sicht der Kommunen besseres ÖPNV-Gesetz. Es gibt mehr Geld für die Aufgabenträger, und es gibt Finanzierungssicherheit.

Meine Damen und Herren! Ich hoffe, daß nach den Debatten, die im Landtag und im zuständigen Ausschuß geführt worden sind, nun auch alle demokratischen Parteien in den Kommunen darauf hinwirken, daß die Kommunen diese gesetzliche Regelung, die ihren Status verbessert, über alle Rechtsfragen hinweg akzeptieren.

Dieses Gesetz und das Geld, das wir zusätzlich ausgeben, wird dazu führen, daß der ÖPNV attraktiver wird. Ich begrüße ganz ausdrücklich den Entschließungsantrag der PDS-Fraktion. Wir werden über Qualitätsverbesserungen nachdenken müssen und diese Dinge genau beobachten. Ich hoffe, daß nun die kommunalen Aufgabenträger in dieser Hinsicht auch initiativ werden können. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Damit ist die Debatte zu diesem Gesetz abgeschlossen. Wir kommen zum Abstimmungsverfahren.

Wir stimmen zunächst über die einzelnen selbständigen Bestimmungen dieses Gesetzentwurfes ab, und zwar jeweils in der Fassung der Beschlußempfehlung des Ausschusses. Das Gesetz besteht aus zwei Paragraphen. Ich würde gern den § 1 insgesamt zur Abstimmung stellen, wohl wissend, daß er sechs Unterpunkte hat, die wiederum Unterpunkte haben. Wenn es keine Einwände gibt, würden wir über den § 1 insgesamt abstimmen. - Das ist der Fall.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einer großen Zahl von Stimmenthaltungen ist der § 1 ohne Gegenstimmen so beschlossen.

Ich rufe den § 2 auf. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der § 2 wurde ebenfalls bei einer großen Zahl von Stimmenthaltungen ohne Gegenstimmen beschlossen.

Wir stimmen dann über die Gesetzesüberschrift ab. Sie lautet: „Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Gestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs im Land Sachsen-Anhalt“. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Bei einigen Stimmenthaltungen ist die Gesetzesüberschrift ohne Gegenstimmen beschlossen.

Wir stimmen zuletzt über das Gesetz in seiner Gesamtheit ab. Wer dem Gesetz zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Bei einer sehr großen Zahl von Stimmenthaltungen ist das Gesetz ohne Gegenstimmen mit Mehrheit beschlossen. Damit ist das Gesetz in seiner Gesamtheit beschlossen.

Wir stimmen über den Entschließungsantrag in der Drs. 3/2781 ab. Der Entschließungsantrag besteht aus zwei Punkten. Darf ich diese zusammen zur Abstimmung stellen? - Es erhebt sich kein Widerspruch.

Wer dem Entschließungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen.- Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Stimmenthaltungen und einer größeren Zahl von Gegenstimmen ist der Entschließungsantrag mit deutlicher Mehrheit beschlossen.

Damit ist der Tagesordnungspunkt 6 abgeschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf:

Erste Beratung

Landesbedeutsames Netz des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV)

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 3/2762

Dieser Antrag wird von dem Abgeordneten Herrn Kasten eingebracht.