Protokoll der Sitzung vom 09.03.2000

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank. - Im Ältestenrat wurde dazu keine Debatte vorgesehen. Ich frage sicherheitshalber, ob es Wortmeldungen gibt. - Das ist offensichtlich nicht der Fall.

Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Wir stimmen zunächst über die selbständigen Bestimmungen des Gesetzes ab. Ich fasse soviel wie möglich zusammen. Ich bitte Sie, zu signalisieren, wenn Sie das nicht mehr wünschen.

Über § 1 Nrn. 1 bis 17 wird zusammen abgestimmt. Nr. 18 entfällt. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Bei einer größeren Zahl von Stimmenthaltungen ist das ohne Gegenstimmen beschlossen.

Ich rufe § 2 auf. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Ebenfalls bei einer großen Anzahl von Stimmenthaltungen ohne Gegenstimmen beschlossen.

Ich rufe § 3 auf. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Bei einer größeren Anzahl von Stimmenthaltungen ohne Gegenstimmen beschlossen.

Wir stimmen über die Gesetzesüberschrift ab. Sie lautet: „Gesetz zur Änderung des Zweiten Hochschulzulassungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt“. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einer großen Anzahl von Stimmenthaltungen ohne Gegenstimmen beschlossen.

Wir stimmen zuletzt über das Gesetz in seiner Gesamtheit ab. Wer diesem Gesetz zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ebenfalls bei einer großen Anzahl von Stimmenthaltungen ohne Gegenstimmen beschlossen. Meine Damen und Herren! Damit ist der Tagesordnungspunkt 5 erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Gestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs im Land Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drs. 3/2446

Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr - Drs. 3/2752

Entschließungsantrag der Fraktion der PDS - Drs. 3/2781

Ich erteile dem Abgeordneten Herrn Sachse als Berichterstatter des Ausschusses das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion ist am 16. Dezember 1999 in den Landtag eingebracht und federführend in den Ausschuß für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr sowie mitberatend in die Ausschüsse für Inneres, für Finanzen sowie für Recht und Verfassung überwiesen worden. Die Ausschüsse verständigten sich zu Beginn auf einen möglichst zügigen Beratungsablauf, um den Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen noch für das Jahr 2000 Planungssicherheit hinsichtlich einer Finanzierungsregelung zu geben, die den Vorgaben des Landesverfassungsgerichtes genügt.

Von Anfang an wurde unter zeitlichen Gesichtspunkten sehr effektiv und konstruktiv beraten. Es wurden zwei Sondersitzungen durchgeführt. Dies spricht für den gemeinsamen Willen aller politischen Kräfte, in diesem Bereich eine tragfähige Lösung zustande zu bringen.

In einer gemeinsamen Anhörung mit dem Innenausschuß am 26. Januar 2000 wurden bewußt nur die Spitzenverbände um ihre fachliche Einschätzung gebeten. Die Anhörung ergab einige Detailhinweise. Die Frage der Angemessenheit der vorgesehenen Kostenregelung bzw. der Interessenquote wurde grundsätzlich angesprochen.

In der ersten Beratung am 4. Februar 2000 wurde die vorläufige Beschlußempfehlung an die mitberatenden Ausschüsse erarbeitet. Dabei wurde von der SPD-Fraktion ein Änderungsantrag zum Gesetzentwurf vorgelegt. In dem Änderungsantrag wurden die in der Anhörung vorgetragenen Detailhinweise berücksichtigt. Das betrifft im wesentlichen die Themen Differenzierung kleiner und mittlerer Städte, Flächenbezogenheit über die Einwohnerdichte und Verkehrsverbünde.

Den Bedenken des Landkreistages und des Städte- und Gemeindebundes bezüglich der Interessenquote der Kostenregelung vor und nach Inkrafttreten des Gesetzes im Jahre 1996 konnte nicht gefolgt werden.

Die PDS-Fraktion stimmte dem Änderungsantrag zu. Die CDU-Fraktion äußerte, sie habe gegen ihn keine grundsätzlichen Einwände. Sie bemängelte jedoch, daß der Stadt Halberstadt gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf weniger finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, die großen Städte Halle und Magdeburg aber finanziell besser gestellt werden sollen. Diese Bedenken wurden von den Vertretern der Landesregierung sowie von Abgeordneten der SPD-Fraktion ausgeräumt.

Der Änderungsantrag der Fraktion der SPD wurde einschließlich einer redaktionellen Änderung in § 15 Abs. 6 des Gesetzentwurfs nach Anregung des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes in der Fassung des Änderungsantrages mit 8 : 0 : 2 Stimmen als vorläufige Beschlußempfehlung beschlossen.

Auch in den mitberatenden Ausschüssen gab es keine Gegenstimmen zu der vorläufigen Beschlußempfehlung.

In einer zweiten, abschließenden Beratung zur Erarbeitung der Beschlußempfehlung an den Landtag in der heute vorliegenden Fassung im federführenden Ausschuß am 28. Februar 2000 lagen dem Ausschuß die Beschlußempfehlungen der drei mitberatenden Ausschüsse vor. Während sich die Ausschüsse für Inneres sowie für Finanzen der vorläufigen Beschlußempfehlung

unverändert angeschlossen hatten, empfahl der Ausschuß für Recht und Verfassung, den § 2 des Gesetzentwurfs neu zu fassen. Er schlug vor, die Formulierung - ich zitiere - „Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft“ durch folgende neue Formulierung zu ersetzen - ich zitiere -:

„Dieses Gesetz tritt am 1. Mai 2000 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verordnung über die Zuweisungen zur Förderung des öffentlichen Straßenpersonennahverkehrs vom 14. Januar 1997 (GVBl. LSA S. 379) außer Kraft.“

Der federführende Ausschuß übernahm die Empfehlung des Ausschusses für Recht und Verfassung.

Diskutiert wurde in der abschließenden Beratung insbesondere über die Frage, in welcher Art und Weise die für das Jahr 2000 im Haushaltsplan eingestellten Mittel in Höhe von 50 Millionen DM sowie der anteilige leistungsabhängige Betrag von 5 Millionen DM ausgezahlt werden sollten.

Der Ausschuß hat das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Gestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs im Land Sachsen-Anhalt in der Fassung der vorläufigen Beschlußempfehlung unter Berücksichtigung der Empfehlung des Ausschusses für Recht und Verfassung mit 9 : 0 : 4 Stimmen beschlossen.

Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir zum Schluß, dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst, der uns in ausgezeichneter Weise zielführend beraten hat, Dank zu sagen. Dies ist im wesentlichen mit der Person von Herrn Vogt verknüpft. Dank noch einmal an dieser Stelle im Namen des Ausschusses.

Ich bitte um Ihre Zustimmung zu der vorliegenden Beschlußempfehlung.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Sachse. - Im Ältestenrat ist dazu eine Fünfminutendebatte vereinbart worden. Sie wird in folgender Reihenfolge der Fraktionen durchgeführt: CDU, FDVP, PDS, DVU-FL, SPD. Für die CDU-Frak-tion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Daehre.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Sachse, vielen Dank. Auch das muß an dieser Stelle einmal gesagt werden. Sie haben durch Ihre Initiative die Novellierung vorangebracht und auch zügig zu Ende geführt.

Meine Damen und Herren! Mit dem Urteil vom 17. September 1998 hat das Landesverfassungsgericht die Kostenregelung des § 15 des ÖPNV-Gesetzes wegen Verstoßes gegen das Konnexitätsprinzip für verfassungswidrig erklärt. Nachdem die Landesregierung zunächst so getan hat, als ginge sie das Urteil kaum etwas an, ist es unter anderem auch dem Druck der CDU zu verdanken, daß nun endlich, anderthalb Jahre nach dem Urteil, eine verbesserte Kostenregelung geschaffen wird.

Das Konnexitätsprinzip ist in Artikel 87 Abs. 3 der Landesverfassung verankert. Unjuristisch ausgedrückt, meine Damen und Herren, besagt der Grundsatz: Wer bestellt, muß auch bezahlen. - Die Vorschrift erfüllt eine Schutzfunktion für die Kommunen in der Weise, daß der Gesetzgeber bei jeder Aufgabenübertragung die

damit verbundenen finanziellen Belastungen berücksichtigen muß.

Der Gesetzgeber kann diesem Schutzgebot nur nachkommen, wenn die Regelung über die Kostendeckung für die Kommunen erkennbar und nachprüfbar ist. Zu den verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen gehören Angaben, die den Kommunen konkrete Berechnungsmöglichkeiten in die Hand geben. Erst dadurch wird eine hinreichende Planungssicherheit ermöglicht, die insbesondere die Finanzierungssicherheit einschließt.

Ein weiteres Erfordernis ist ein angemessener Ausgleich für die Mehrbelastungen. „Angemessen“, meine Damen und Herren, bedeutet nach den Ausführungen des Landesverfassungsgerichtes jedenfalls nicht, daß den Kommunen voller Kostenersatz geleistet werden muß. Es sei verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn den Kommunen eine Interessenquote bei der Kostendeckung verbleibe.

Der alte § 15 des ÖPNV-Gesetzes hat diesen Anforderungen nicht genügt. Die Zuwendungen standen immer unter Haushaltsvorbehalt. Die Erstattung konnte also 0 bis 100 % der Kosten umfassen. Die alte Regelung gewährleistet damit weder eine angemessene Erstattung der Mehrbelastungen noch eine verfassungsrechtlich gebotene Berechnungssicherheit für die Kommunen.

Die jetzt für § 15 des ÖPNV-Gesetzes vorgesehene Neuregelung wird zumindest dem Kriterium der Berechnungssicherheit gerecht. Die Zuwendungen werden gemäß Absatz 3 nach Einwohnerzahl und Bevölkerungsdichte in bestimmter Höhe berechenbar und planungssicher gesetzlich festgeschrieben. Lediglich Zuweisungen für spezielle Förderungen, wie Anlauffinanzierung und Modellversuche, werden gemäß Absatz 6 unter Haushaltsvorbehalt gestellt. Dies ist aus verfassungsrechtlicher Sicht unserer Meinung nach auch unbedenklich.

Allerdings stößt auch die Neuregelung unter dem Gesichtspunkt eines angemessenen Interessenausgleiches auf verfassungsrechtliche Bedenken. Die weitaus größere Kostenlast haben nach wie vor die Kommunen zu tragen.

Bei der Interessenquote darf nicht vergessen werden, daß Sie, meine Damen und Herren von SPD und PDS, hohe Standards zu Lasten der Kommunen verbindlich im ÖPNV-Gesetz festgeschrieben haben. Ob der nun gut 20prozentige Kostendeckungsanteil des Landes unter diesem Gesichtspunkt noch als angemessen bezeichnet werden kann, ist, meine Damen und Herren, mindestens zu hinterfragen.

Im übrigen erscheint aus der Sicht der CDU eine Ungleichgewichtung zugunsten der Träger zu erfolgen, bei denen Straßenbahnverkehr stattfindet. So erhält zum Beispiel die Stadt Halle, meine Damen und Herren, mit 7,7 Millionen DM fast ebenso hohe Zuwendungen wie der gesamte Bereich des Regierungsbezirkes Dessau mit ca. 8 Millionen DM.

Meine Damen und Herren! Die Union wird Stimmenthaltung praktizieren. Wir werden sehen, wie sich das Gesetz in den nächsten Wochen und Monaten bewährt. Ob wir mit dem Gesetz dem Urteil des Verfassungsgerichtes gerecht geworden sind, werden die nächsten Wochen zeigen.

Ich möchte aber noch auf eines hinweisen, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion: Wir werden in

den nächsten Jahren mit einem weiteren Faktor rechnen müssen, und das ist die Öko-Steuer. Ab dem Jahre 2002 wird es im Bereich des ÖPNV eine sehr starke Belastung geben. Ob wir dann unter diesem Gesichtspunkt wieder vor der Tatsache stehen, eine weitere Novellierung des ÖPNV-Gesetzes vornehmen zu müssen, muß abgewartet werden.

Ich denke aber, wir sollten uns in den nächsten Wochen und Monaten die Auswirkungen der Öko-Steuer auf den öffentlichen Personennahverkehr anschauen; denn alle sprechen davon, daß der ÖPNV attraktiv sein soll - das ist ein sehr schnell gesagtes Wort -, aber darüber, was man unter Attraktivität versteht, gehen die Meinungen sehr weit auseinander. Also warten wir die nächsten Wochen und Monate ab.

Eine letzte Anmerkung - die Lampe blinkt. Meine Damen und Herren! Das Verfassungsgericht hat sein Urteil vor dem Hintergrund von Zuweisungen in Höhe von 47 Millionen DM gefällt. Jetzt sind Zuweisungen in Höhe von 50 Millionen DM vorgesehen. Es stellt sich die Frage, ob wir damit dem Urteil tatsächlich gerecht geworden sind.

Im Moment erhalten die meisten Aufgabenträger höhere Zuweisungen. Das ist sehr gut. Aber wir werden uns in den nächsten Wochen und Monaten die Auswirkungen ansehen. Jedenfalls ist es ein Schritt in die richtige Richtung.

Deshalb noch einmal herzlichen Dank dafür, daß Sie als SPD-Fraktion den Mut hatten, nun endlich die Novellierung des ÖPNV-Gesetzes in Angriff zu nehmen. In den letzten drei Monaten haben wir gezeigt, daß wir, wenn wir wollen, gemeinsam etwas auf den Weg bringen können. Aber es hätte auch noch besser werden können. - Danke schön.